Kapitel 6
Die Hallen der Wissenschaft

Jack stand vor der großen Treppe des East Side Gymnasiums und hielt kurz inne, um auf seine Telefunk-Uhr zu sehen. Es war fast Viertel vor neun. Wenn es hier ähnlich wie in seiner Schule in England zuging, würde der Unterricht gleich anfangen.

Während die Jungen und Mädchen eilig die Treppenstufen hinaufstiegen, sah sich Jack ihre rot, grün und grau gemusterten Uniformen an und verglich sie mit der Kleidung des Jungen auf dem Bild. Ja, dachte Jack, es gibt keinen Zweifel. Der Junge, der den Knochen aus dem Museum gestohlen hat, ist Schüler an dieser Schule.

Jack mischte sich unter die Kinder und versuchte, nicht aufzufallen. Er folgte den Schülern die Treppe hinauf und durch die große rote Holztür. Während um ihn herum die Schranktüren laut klapperten, entdeckte Jack ein Schild, auf dem Direktorenbüro stand. Ein Pfeil deutete nach links. Jack ging in die Richtung und kam zu einer Tür mit einem Namensschild – Direktorin Judith Danner. Er klopfte zweimal.

Eine strenge Stimme antwortete: „Ja?“

Vorsichtig öffnete Jack die Tür. An einem Schreibtisch saß eine Frau. „Direktorin Danner?“, fragte er.

„Ja. Wer will das wissen?“, erwiderte sie und betrachtete Jack über den Rand ihrer Brille hinweg. „Du siehst nicht so aus, als würdest du auf unsere Schule gehen.“

„Das tue ich auch nicht“, antwortete Jack. „Mein Name ist Jack Stalwart“, erklärte er und zeigte seinen Ausweis vor. „Ich arbeite für eine weltweite Geheimorganisation, die GGS. Ich habe den Auftrag, das Verschwinden eines Dinosaurierknochens aufzuklären, der aus dem Naturkundemuseum gestohlen wurde. Ich glaube, dass derjenige, der den Knochen entwendet hat, Ihre Schule besucht.“

„Einer meiner Schüler?“ Die Direktorin sah Jack verwundert an.

„Ja“, bestätigte Jack und zeigte ihr das Bild des Jungen. „Ich glaube, dass dieser Schüler gestern während eines Ausflugs im Museum einen Zeh des Allosaurus-Skeletts an sich genommen hat. Das Bild habe ich von der Überwachungskamera.“

Die Direktorin betrachtete das ausgedruckte Bild und schüttelte den Kopf. „Ich kann es nicht glauben. Das ist Thomas Eberly, einer unserer besten Schüler in den Naturwissenschaften. Die letzten beiden Jahre hat Thomas den Naturwissenschaftswettbewerb unserer Schule gewonnen. Alle warten schon auf seinen diesjährigen Beitrag. Letztes Jahr hieß sein Projekt Wie die Kakerlake die Eiszeit überlebte. Er hat dafür viel Anerkennung bekommen und sogar den zweiten Platz im Naturwissenschaftswettbewerb des Staats New York belegt.“

„Wissen Sie, in welchem Klassenraum ich ihn finden kann?“, fragte Jack. „Ich muss mit ihm sprechen.“

„Leider ist Thomas heute nicht in die Schule gekommen“, antwortete Direktorin Danner. „Er liegt mit Grippe zu Hause im Bett.“

„Ich muss trotzdem mit ihm sprechen“, sagte Jack. „Haben Sie seine Adresse?“

„Normalerweise würde ich diese Information nicht herausgeben. Aber da du für die GGS arbeitest …“ Ihre Stimme verstummte bei der Suche nach der Adresse. „Hier ist sie“, sagte sie schließlich und zog ein Papier aus einem der Aktenschränke. „Er wohnt in einem Haus in der 33. Straße, dort, wo sie die Park Avenue kreuzt. Zehn Blocks nach Norden von hier.“

„Vielen Dank, Direktorin Danner“, sagte Jack und wandte sich zur Tür. „Sie haben mir sehr geholfen.“

Jack trat aus dem Büro. Er musste die ganze Zeit an den Jungen denken. Ob eine Verbindung zwischen Thomas’ Wissenschaftsprojekt und dem gestohlenen Zeh bestand?

Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden, dachte Jack, und rannte, so schnell es ging, durch die Schule zur Eingangstreppe.