Warum hat ihn das Taxi am Square of Fire abgesetzt und nicht genau an der Adresse seiner neuen Wohnung? Vielleicht hat der Chauffeur sich nicht in die Rue des Myrtes gewagt. Vielleicht hat Zem auch ausdrücklich gesagt, dass er an dem Platz aussteigen möchte, weil er die letzten Meter zu Fuß laufen wollte. Es war Abend. Nachdem das Taxi abgefahren war, stand er lange still da und ließ die Geräusche auf sich wirken. Vor ein paar Monaten waren die Schweren Unruhen zu Ende gegangen, und bei den Menschen kehrte wieder der Alltag ein, sie begruben gesenkten Hauptes ihre Hoffnungen, ihren Traum von einer gerechteren Welt, von der fröhlichen Revolution, an die sie alle geglaubt hatten. Es hatte einige Zeit gedauert, bis sein Versetzungsantrag bewilligt worden war. Er hatte sich gedulden müssen. Er bereute nichts. Ihm war die Zone 2 unerträglich geworden. GoldTex hatte soeben Venezuela aufgekauft. Die Übernahme gestaltete sich nicht so schwierig wie die Griechenlands. Es war, als hätten die Leute sich damit abgefunden, dass das nun mal der Lauf der Dinge war, Widerstand gegen den globalen Trend zur Privatisierung von Staaten zwecklos war. Es war bereits davon die Rede, dass Bangladesch als Nächstes an die Reihe kommt. In Zone 3 trafen zahlreiche Venezolaner ein. An ihrem schüchternen, leicht verlorenen Gesichtsausdruck und ihrem Eifer, alles richtig zu machen, waren sie gut zu erkennen. Sie harrten zu acht oder zu zehnt in heruntergekommenen Löchern aus und sehnten sich nach etwas Besserem. Die Stadt wurde von einer Welle des Elends und des Lebensmuts erfasst.
Drei mit Koffern beladene Frauen fragten ihn am Square of Fire nach dem Weg. Sie suchten die Rue des Sept-Pôles, die die Straße, in der er künftig wohnen würde, kreuzte. Er zeigte sie ihnen und hätte fast dazugesagt, dass sie Nachbarn sein würden. Aber nur fast. Wozu sollte er das erwähnen? Jeder war seinem eigenen Schicksal überlassen. Sie zogen davon, und er sah ihnen nach. Er kannte dieses Gefühl der Unsicherheit. Alles war neu für sie. Er kannte die Unentschlossenheit, diese Art des Lächelns. Es war das Lächeln der Entwurzelten. Auch er gehörte zu diesem Volk. Die kurze Episode bestätigte ihm, dass es richtig gewesen war, in Zone 3 zu wechseln. Egal woher seine Mitmenschen stammten, er würde unter seinesgleichen sein.
Wenn der Abend hereinbrach, änderte sich das Straßenbild. Die Stimmung schwenkte um. Die Frauen hatten ihre Einkäufe erledigt und gingen nach Hause. Die Alten, die in Grüppchen beisammengesessen und besprochen hatten, was es Neues gab, verabschiedeten sich und lösten ihre Runde auf, die sich am nächsten Tag wieder zusammenfinden würde. Auf der Bildfläche erschien die etwas verlotterte Schar derjenigen, die ungeduldig der Nacht entgegenfieberten. Die Jugend ging aus. Und trieb ihre Machenschaften. Für eine kurze Weile begegneten sich die beiden Lager. Jedes stellte mit stummem Erstaunen fest, dass anscheinend noch eine andere Welt existierte.
An dem Abend hat er zum ersten Mal das Gefühl gehabt, dass er die Dinge verschärft wahrnimmt. Er stand reglos da und spürte den Geist all dieser Schatten, der einfachen Arbeiter, der alkoholkranken alten Männer, der ungewaschenen Kinder und der von den Verrichtungen des Tages erschöpften Frauen. Er blickte sie an, und ihm war, als hätte er den langen Weg von Griechenland auf sich genommen, um unter ihnen sein zu können. Um den Square of Fire zu erreichen und diejenigen anzusehen, die man nicht sieht. Vielleicht war er dazu bestimmt: die ausgemergelten Massen wahrzunehmen? Nicht dazu, sie zu beschützen, aber sie wenigstens nicht der Vergessenheit anheimfallen zu lassen. Ihr das Versprechen zu geben, den Mörder zu finden, das Unerhörte zu vergelten, wenn einer von ihnen getötet wird. Er würde sein Leben dafür aufs Spiel setzen. Das ist ihm an dem Abend klar geworden. Der Square of Fire ist sein Reich geworden. Mit einem einzigen Blick hat er sein Schicksal an diesen Platz gebunden und sich geschworen, dass er von nun an für diese kleinen Leute arbeiten würde und eines Tages alles hier enden sollte.