Bei seinem letzten Kirchenbesuch hatte er geglaubt, dass ihm nichts geschehen könnte. Dass mit Lauras Tod niemand mehr am Leben war, der ihn belasten könnte. Dass alle Spuren für immer verwischt waren. Genau genommen glaubte er das noch immer. Man würde ihm nichts nachweisen können. Dennoch war er zutiefst verunsichert. Und die Verunsicherung hatte einen Namen: Emilio Baron von Hitzfeld-Hechenstein. Den vollen Namen hatte er sich eingeprägt. Schließlich hatte er von ihm eine Visitenkarte, da stand er zur Gänze drauf.

Wie es schien, hatte sich der Mann in den Fall regelrecht verbissen. Man fragte sich, warum. Weder war er von der Polizei, noch dürfte er von irgendjemandem bezahlt werden. Also musste er einen an der Klatsche haben. Eine andere Erklärung gab es nicht. Dieser Baron Emilio hatte eine krankhafte Fixierung. Vielleicht hatte man ihn als Kind zu heiß gebadet? Oder seine Vorfahren waren Kreuzritter und hatten ihm den Drang vererbt, gegen das vermeintlich Böse zu Felde zu ziehen. Mit erhobenem Schwert. Aber der Baron hatte nur einen jämmerlichen Gehstock. Er war also eher ein Ritter von der traurigen Gestalt. Unterschätzen sollte er ihn trotzdem nicht. Fanatiker waren grundsätzlich gefährlich. Kam hinzu, dass der Mann zweifellos blitzgescheit war. Das machte ihn noch gefährlicher.

Mit gefalteten Händen kniete er auf der Kirchenbank und dachte nach. Ein Pfarrer schlurfte vorbei und nickte ihm freundlich zu. Wahrscheinlich hielt ihn der Geistliche für ein besonders gottesfürchtiges Schaf. Aber da hatte er sich getäuscht. Wie konnte er auch ahnen, dass hier ein Sünder kniete, der gegen das fünfte Gebot verstoßen hatte. Und

Er hatte schon einmal erwogen, diesen Baron Emilio zu eliminieren. Nicht aus Mordlust, sondern einem kühlen Kalkül folgend. Er hatte den Gedanken verworfen, weil er die Aufmerksamkeit fürchtete, die sein Tod hervorrufen würde. Weshalb er immer noch zögerte. Aber was half ihm seine Zurückhaltung, wenn er irgendwann in Handschellen abgeführt wurde? Dann wäre es zu spät. Und er würde sich selbst verfluchen, weil ihm der Mumm gefehlt hatte, diesen einen letzten Schritt auch noch zu gehen.

Es galt also, die Chancen und Risiken abzuwägen. Außerdem brauchte er eine Idee, wie man den Baron möglichst geräuschlos ins Jenseits befördern könnte. Er musste lächeln. Nun ja, geräuschlos musste es nicht sein, nur effektiv. Und er sollte mit der Ausführung nicht zu lange warten.