Vorwort der Herausgeber
Braucht die Welt noch eine Horror-Anthologie? Und müssen die Geschichten ausgerechnet Werke von Neulingen des Horror-Genres sein? Um die Antwort vorweg zu nehmen: JA! Denn nur wenn wir damit beginnen, den Nachwuchs zu fördern, kann Redrum Books sein selbstgestecktes Ziel »Make Horror Great Again« verwirklichen.
Heutzutage gehen Verlage auf Nummer sicher und investieren nur noch in etablierte Autoren auf der anderen Seite des Teiches. Doch wie viele Werke stecken zum Beispiel noch im mittlerweile zweiundsiebzigjährigen Stephen King? Wer tritt die Nachfolge der etablierten Größen an, wenn diese ihr letztes Wort geschrieben haben? Kann jemand aus dem Stegreif zehn bekannte deutsche Horror Autoren nennen, die auch international etabliert sind? Gar nicht so einfach …
Der deutsche Horror hat ein Problem. Es fehlen schlicht die Autoren. Das liegt nicht daran, dass niemand Horror schreiben will, sondern daran, dass viele Horror-Autoren keine Gelegenheit bekommen, ihre Geschichten zu veröffentlichen, außer als Selfpublisher. Und als solche stehen sie vor der großen Herausforderung, den Ansprüchen der Leser gerecht zu werden. Es fehlen die Dienstleistungen eines Verlages und wenn ein Autor kein Multitalent in allen Bereichen ist, oder sich diese nicht aus eigener Tasche leisten kann, leidet seine Geschichte unter fehlender Professionalität.
Der jährlich ausgelobte »Fiction-Award« hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Nachwuchs zu fördern. Der Fiction-Award reicht dem Anfänger eine helfende Hand, um ihn aus dem Morast der Bedeutungslosigkeit zu ziehen und einen Weg aufzuzeigen. Die nachfolgenden Geschichten beweisen, dass noch eine Menge Talent und Vielfalt in der von Videospielen dominierten, jungen Generation steckt. Und das ist es wert, unterstützt und gefördert zu werden.
In diesem Sinne bescheren wir euch pünktlich zu Halloween eine bunte Auswahl an Geschichten, die deutlich machen, wie viel Potenzial im Nachwuchs schlummert.
Da hätten wir zum einen Alida Gersonde mit
Zerfall
. Eine düster-dramatische Geschichte über das Ende einer Beziehung. Diese Story beweist eindrucksvoll, dass Horror kein Blut und Gedärm braucht, um zu funktionieren.
Vertigo Stray Cat liefert mit
Tommy
gekonnten Psychoterror. Eine fiese kleine Story, die einmal mehr die Angst vor Clowns in uns schürt.
Das Horror auch lustig sein kann, macht uns Manuel Schulte klar. Mit
Futterleid
liefert er eine teilweise urkomische Story ab. Es ist, nach eigener Aussage, »eine Geschichte voller Gewalt für Menschen, die keine Gewalt mögen«.
Was passiert, wenn man einen jungen, aufstrebenden Horror-Autoren von der Leine lässt? Er läuft verbal Amok. So wie Raven Roxx in
Monster?!
Ihr glaubt es nicht? Lest selbst.
Wer auf atmosphärischen Grusel steht, ist bestens bedient mit
Granny
von Juliette M. Braatz. Das ist klassischer Horror der auch gut als Episode in
Geschichten aus der Gruft
funktioniert hätte.
Alexander Wolf hat mit
Der Anrufer
erfolgreich das Geister-Genre reanimiert. Seine Geschichte steckt voller unheimlicher Einfälle, die Freunde von gepflegtem Grusel begeistern wird.
Freunde der härteren Kost bekommen mit
Vore
von Marcel Hartlage eine frische, unverbrauchte Idee über einen abstrakten Fetisch serviert, der das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Wir hoffen, dass euch ›Die glorreichen Sieben‹ des Jahres 2019 genauso begeistern werden wie uns. Wir hatten eine Menge Spaß bei der Auswahl und sind davon überzeugt, dass deutscher Horror auch international noch eine große Zukunft vor sich hat.
Irina Hommel & Dietmar Herberth
06. Oktober 2019