Marcel Hartlage
–
Vore
Ausgeschrieben lautet es Vorarephilie: Der sexuelle Lustgewinn durch die Vorstellung, bei lebendigem Leib verschlungen zu werden.
Die Definition lässt sich erweitern auf das bloße Beobachten eines solchen Aktes, oder darauf, selbst jemanden zu verschlingen – doch Mia hatte sich seit jeher in der Opferrolle dieses Vorgangs gesehen und fand darin den größten Kick. Dass sie diese Vorliebe besaß, hatte sie mit fünfzehn – vor knapp zwei Jahren – während eines Filmabends bei einer Freundin herausgefunden, als sie und ein paar andere Mädels sich gemeinsam Peter Jacksons
King Kong
angeschaut hatten, den mit Naomi Watts und Jack Black. Es war die Szene in der Schlucht, nachdem die Helden vom Baumstamm in die Tiefe gefallen waren und überall um sie herum monsterhafte Insekten aus Felsspalten und Erdlöchern krochen. Die Einstellung, in der riesenhafte, mit Zähnen besetzte Würmer über den Koch der Schiffscrew herfielen, sich an seinen Armen und Beinen festsaugten, und sein gesamter Kopf im Rachen eines solchen Tieres verschwand – während er noch lebte und dagegen anschrie. Ihre Freundinnen hatten gekreischt und sich vor Ekel die Augen zugehalten, Mia jedoch hatte den Akt mit einem morbiden Interesse – und einem seltsamen Ziehen im Unterleib – vom Anfang bis zum Ende verfolgt. Sie hatte sie danach nicht mehr aus dem Kopf bekommen, sie auf YouTube immer wieder rauf und runter angesehen und einmal sogar davon geträumt. Am nächsten Morgen war ihr Slip klatschnass gewesen.
So hatte es angefangen.
Sobald sie sich im Internet über dieses Phänomen informiert hatte, war es um sie geschehen. Sie hatte sich auf eine wilde, verdreckte Odyssee begeben – anfangs schamerfüllt und schüchtern, später lechzend und haltlos, ein willenloses, keuchendes Tier vor dem Bildschirm –, und je tiefer sie gewühlt hatte, desto mehr hatte sie entdeckt, und desto klarer war ihr geworden, dass sie nicht alleine mit ihrem Interesse war – bei Weitem nicht.
Es gab etliche Künstler, die diesen Fetisch in Bild-, Video- und Comicform auslebten, die ihre favorisierten Promis, Models oder Filmfiguren in die Mägen von Krokodilen oder fleischfressenden Pflanzen steckten, wo sie dann in aller Rücksichtslosigkeit sich selbst überlassen wurden, entweder in schierer Panik oder orgiastischer Verzückung. Heldinnen wurden von riesenhaften Anakondas verschlungen und wanden sich hilflos in der engen, schleimigen, klaustrophobischen Hitze. Tentakelartige Wesen verschlangen junge, übersexualisierte Mädchen, die sich anschließend im fleischigen Korpus jenes fremden Wesens vor Hilflosigkeit (oder plötzlich aufkeimender Geilheit) aneinanderklammerten. Es gab finstere Szenarien, in denen Männer für bloßen Lustgewinn hungrigen, sabbernden Reptilienmonstern geopfert wurden, wo im Innern eines Magens gevögelt und masturbiert wurde. Es gab animierte Pornos, in denen geschrumpfte Mädchen verschluckt und durch schäumende, ätzende Magensäure gewirbelt wurden, während ihre Peiniger bis zur Besinnungslosigkeit miteinander fickten und ihren japsenden Todesschreien lauschten wie ein Baby im Bauch seiner Mutter.
Eben jene Zersetzung durch Magensäure, die Degenerierung und Verdauung bei lebendigem Leib, machte Mia besonders an. Die Kompromisslosigkeit und brutale Endgültigkeit darin. Der Sadismus und die Schmerzen. Es war eine reichhaltige Palette, ein Sammelsurium aus Ekel und Absonderlichkeit, und Mia – die zu diesem Zeitpunkt längst akzeptiert hatte, dass diese Dinge sie erregten –, konnte sich an all dem nicht sattsehen. Manchmal saß sie nachts stundenlang vor ihrem PC und fingerte sich bis zur Erschöpfung. Häufig musste sie sich im Moment ihres Höhepunkts eine Faust in den Mund stecken, damit ihre Eltern sie nicht hörten, oder sie tat es heimlich auf dem Mädchenklo in der Schule, wo sie minutenlang durch die etlichen Bilderordner auf ihrem Smartphone wischte. Einmal war sie dadurch eine halbe Stunde zu spät zum Unterricht gekommen, die Wangen noch heiß und gerötet. Ein Teil von ihr wusste, dass sie es mit ihrem Konsum übertrieb, dass sie selbst in diesem äußeren Spektrum sexueller Paraphilien einen Sonderfall darstellte, doch sie hatte schon vor Langem aufgehört, sich darum zu scheren. Die Verdorbenheit des Ganzen, die Sucht, machte es nur umso berauschender.
Doch wie bei allen Dingen kam irgendwann die Gewohnheit, die Abgestumpftheit.
Nach zwei Jahren hatte sie einen Punkt erreicht, an dem das bloße Fantasieren einfach nicht mehr reichte.
Das Problem war, dass die Realität ihr einen Riegel vorschob. Nichts davon war im echten Leben umsetzbar. Es gab keine übergroßen Insekten, keine Monster oder Aliens, keine zwanzig Meter langen Anakondas mit einer Vorliebe für junge Mädchen und erst recht keine riesenhaften nackten Frauen, bei denen sie sich auf die Zunge setzen und ums Verschlucken betteln konnte (eine gewisse unterwürfige Haltung gefiel ihr bei diesem Prozess). Die Realität war ein langweiliger, grauer Ort, an dem ihre Freundinnen kichernd die Köpfe zusammensteckten, nur weil ihnen ein süßer Junge mal ein Lächeln schenkte. Selbst im Bett, wo sie auf verzweifelte Alternativen zurückgegriffen hatte, um sich bei Laune zu halten, durfte sie auf nicht mehr hoffen als etwas rauen Sex und ein paar Würgespiele. Zu mehr ließ sich Dominic – ihr derzeitiger und bisher auch einziger Freund – nicht herab.
»Ich kann dir doch nicht wehtun, Mia. Das ist krank.«
»Ein paar Schläge und Ohrfeigen. Was ist dabei?«
Wenn du wüsstest, was du in meinem Kopf alles mit mir anstellst …
»Ich liebe dich doch«, kam jedes Mal seine Bilderbuchantwort. »Ich kann verstehen, dass du Sachen ausprobieren willst, aber … das geht mir ehrlich gesagt ein bisschen zu weit. Es tut mir leid.«
Es war ein sonniger Samstagnachmittag, als sie sich dazu überwand, endlich einen Schlussstrich zu ziehen. Sie konnte nicht ewig Rücksicht auf ihn nehmen und dadurch ihre Bedürfnisse vernachlässigen. Deshalb weinte sie Dominic keine Träne nach, als sie ihm nach kurzer Überlegung eine Nachricht schrieb, um ihre Beziehung zu beenden. Er war ein netter Junge, und dass er sie liebte und beschützen wollte, respektierte sie, doch konnte sie seine Fürsorge nicht gebrauchen … zumindest nicht im Moment. Womöglich war es sogar besser. Sie hatte nie wirklich Gefühle für ihn gehegt, ihn mehr als Alibi gehabt, weil Mädchen in ihrem Alter eben Beziehungen führten und ihre Freundinnen sonst unaufhörlich die Kupplerinnen gespielt hätten. Mit einer anderen wäre er besser dran. Sie schickte die Nachricht ab, warf ihr Handy neben sich aufs Bett und starrte an ihre Zimmerdecke. Strähnen ihres langen dunkelbraunen Haares klebten an ihren Lippen.
Was jetzt?
, dachte sie.
Kurzerhand entschloss sie sich, ihre Freundin Sadie zu besuchen. Mit ihrer Nachricht hatte sie sowieso eine Kette unausweichlicher Ereignisse in Gang gesetzt – Drama, Herzschmerz, womöglich sogar nichtsnutzige, nicht enden wollende Gespräche mit Dominics fettem Kumpel Lance –, da konnte sie ihrer besten Freundin auch direkt von der Trennung erzählen, um es hinter sich zu bringen.
Sadie lebte auf einem Hof außerhalb der Stadt, umringt von Ackerland und Wäldern (bei ihr hatten sie damals
King Kong
geschaut).
Als Mia vor dem Haus parkte, sah sie, dass das Tor zum Pferdestall offenstand. Sadie war begeisterte Reiterin. Sie besaß einen stolzen Hengst namens Tristan, ein anmutiges Geschöpft mit braunem Fell und schwarzer Mähne. Sie war gerade dabei, ihn zu bürsten, als Mia eintrat und ihr alles erzählte.
»Mann, das tut mir ja echt leid für euch.« Sadies Reiterhose schmiegte sich eng um ihre langen Beine. Mia hatte sie immer schon ein bisschen um ihre Figur beneidet. »Ihr habt mir nie den Eindruck gemacht, dass es … na ja, schlecht laufen würde.«
»Es lief nicht schlecht«, sagte Mia. Sie hatte auf einem Strohballen neben dem Tor Platz genommen und inhalierte den Duft des Heus. »Es hat … einfach nicht gepasst, schätze ich. Ich hatte es mir erfüllender vorgestellt.«
Sadie sah sie an. »War er nicht … also …?«
»Gut im Bett?« Mia lachte. »Er war gewöhnlich – weder ganz unten, noch ganz oben. Ich hatte ihm vorgeschlagen, neue Sachen auszuprobieren, um ein bisschen Schwung in die Sache zu bringen … aber das wollte er nicht. Es war einfach langweilig«, erklärte sie.
»Scheiße, was hattest du denn vor? Ihn fesseln und auspeitschen?«
Mia zuckte mit den Achsel. »Zum Beispiel?«
»Du bist pervers.« Sadie grinste sie an. Mia war klar, dass ihre Freundin sie nicht ernst nahm.
»Das wird er dir übelnehmen.«
Der Hengst schnaubte erfreut, als Sadie ihm mit der Kardätsche über die Flanken strich. »Per WhatsApp mit ihm Schluss zu machen, das kränkt sein Ego. Er wird sich bei seinen Freunden ausheulen, und die wiederrum werden dann auf
dich
zukommen.«
»Ist mir schnuppe.«
»Willst du es dir wirklich nicht noch einmal überlegen?«
»Ich mache keinen Rückzieher mehr, Sadie. Ich bin jetzt frei. Ich kann mich austoben.«
»Na schön. Kann ich dir dabei denn helfen? Oder hast du schon Pläne, von denen du mir nichts sagen willst?«
Mias Augen wanderten über das Pferd. Sein nussbraunes Fell schimmerte ölig und schön im hereinfallenden Sonnenlicht. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie einen Gedanken in ihrem Hinterkopf aufblitzen, eine furchteinflößende gewaltige Vision, doch sie verschwand schnell wieder, und hektisch schob Mia ebenso die Intention beiseite, sie wieder hervorzuholen.
Ihr Mundwerk, auf das sie in diesem Augenblick nicht achtete, verriet sie jedoch: »Vielleicht.«
***
Das Echo ihrer spontanen, fast schon beiläufigen Trennung verfolgte sie die gesamte nächste Woche über. Sie hatte wirklich unterschätzt, was für eine Klette Dominic war, und wie stark seine Freunde ihm unter die Arme griffen. Zunächst suchte er sie noch ganz im Vertrauten auf, bat darum, mit ihr zu reden, sich auszusprechen, einen gemeinsamen Spaziergang zu machen. Er verstehe nicht, was das auf einmal solle. Warum hatte sie ihn so kalt abserviert? Bedeutete er ihr denn nichts mehr? Liebte sie ihn denn nicht mehr?
Ich kotz im Strahl!,
ging es ihr durch den Kopf. Nachdem sie ihn immer und immer wieder abwies, wich seine Trauer mehr und mehr der Wut, und bald schon hetzte er ihr seine Freunde auf den Hals, genauso wie von Sadie prophezeit. Dominics Kumpels – an der Zahl vielleicht vier, fünf Typen – warfen ihr vernichtende Blicke auf den Korridoren zu, hoben absichtlich die Stimmen, wenn Mia an ihnen vorbeikam, verbreiteten sogar Gerüchte über sie in der Cafeteria. Bald schon tuschelte die gesamte Schülerschaft über sie. Sie hatte nicht erwartet, dass es so schlimm werden würde. Ihr Ruf an der Schule war eigentlich recht akzeptabel (sie war hübsch, und das verschaffte ihr einen Vorteil), und tatsächlich kränkte sie die Vorstellung, dass ihr poliertes Image Risse bekam. Als sie am Freitag in den Bus stieg, rempelte Lance Brown, ein fettschwabbeliger Koloss von über hundertzwanzig Kilo, der sich Dominics bester Freund nannte, sie von hinten an, sodass sie stürzte und ein paar schadenfrohe Lacher kassierte.
»Kaltes Miststück«, sagte Lance im Vorbeigehen und ließ sie liegen. Mit feuerrotem Gesicht hob Mia ihren Rucksack auf und verkroch sich auf einem Sitz.
In den Nächten suchten heiße Träume sie heim. Obwohl sie sich nur deshalb von Dominic getrennt hatte, weil die Beziehung mit ihm sie sexuell frustriert hatte, hatte das nichts an ihrem anderen Problem bereinigt. Im Gegenteil: Dominic hatte sie über Wochen hinweg abgelenkt, sie dazu gebracht, ihre Fühler in anderweitige Gefilde auszustrecken (auch wenn sie dadurch kaum Resultate erzielt hatte) und ihre tiefsten Neigungen zeitweise zu verdrängen, sich ihnen nur in Momenten der absoluten Schwäche hinzugeben, wie bei einem Juckreiz, der immer stärker wurde, bis man sich kratzte.
Nun, wo ihr nicht einmal mehr der Sex mit ihm blieb, wälzte sie sich unbefriedigt und frustriert durch die Laken, verloren in einem Meer ausgebrannter Fantasien. Hinzu kamen die Gesichter von Dominic und seinen Freunden, die sich wie Salz hineinstreuten und selbst die brauchbaren Bilder – in erster Linie solche von Würmern, deren Rachen Mia erkundete – ungenießbar machten. An einem Donnerstagabend erwachte sie schweißgebadet um ein Uhr nachts, blickte sich hektisch im vom Mondlicht erhelltem Zimmer um und keuchte. Das T-Shirt klebte ihr wie eine zweite Haut am Leib.
Der Gedanke, der im Verlauf der letzten Tage immer mehr wie eine verbotene Frucht herangewachsen war, drang nun mit erschreckender Klarheit an die Oberfläche.
Ich tue es!,
dachte sie, und ihr Herzschlag beschleunigte sich, als ihr klar wurde, dass sie es ernst meinte.
Mia stand auf und schlich nach unten.
Sie ging auf Zehenspitzen in die Küche, schnappte sich ein Tranchiermesser und schlich durch die Hintertür in den Garten. Als sie draußen stand und die Nachtluft einatmete, war ihre Möse bereits feucht. Sie konnte nicht fassen, was sie hier gerade tat. Sie konnte nicht fassen, was sie im Begriff war, zu tun. Doch alles in ihrem Kopf kreiste nur noch um diesen einen Gedanken, um jene verbotene Vorstellung, und nichts in ihr – am allerwenigsten ihre Vernunft – hatte noch eine Chance, sie zu stoppen.
Sie schluckte, ihre Kehle war wie ausgedorrt, als sie weiter durchs Gras schlich und über den Zaun in den angrenzenden Waldstreifen verschwand. Sie trug noch immer bloß ihr T-Shirt und ihren Slip, doch das kümmerte sie nicht. Die Freizügigkeit erregte sie noch mehr.
Sadies Haus lag mehr als drei Meilen von ihrem entfernt. Mia legte die Strecke abseits der Straßen zurück, mied offene Stellen und Laternen und hielt sich, wann immer möglich, im Unterholz. Wenn Autolichter durch die Nacht huschten, warf sie sich auf den Boden oder hinter die nächste Böschung. All das tat sie wie in Trance – es war eine unwirkliche, schauderhafte Reise. Als sie Sadies Zuhause nach über einer Stunde erreicht hatte, waren ihre Knie bereits aufgeschürft und ihre Arme und Beine von Mückenstichen übersät, ihr T-Shirt eingerissen und verdreckt. Sie kauerte sich in ein Gebüsch am Waldesrand und lugte durch die Zweige. Im Gebäude brannte kein Licht. Die Stalltür war geschlossen. Grillen zirpten neben ihr in den Sträuchern.
Mia trat aus den Schatten. Sie zitterte am ganzen Leib.
Nur der Vollmond bezeugte, wie sie vorsichtig an die Stalltür trat und langsam, mit rasendem Herzschlag, den Haken aus dem Schloss zog. Mit einem leisen Knarren glitt die Tür einen Spalt auf. Ein tiefer Schauer der Erregung und Angst durchfuhr Mia, bevor sie ein letztes Mal zum Wohnhaus hinübersah und dann in den Stall schlüpfte. Sie zog die Tür hinter sich zu und verriegelte sie von innen.
Tristan schnaufte friedlich.
Mia wandte der Tür den Rücken zu. Mondlicht fiel durch die Ritzen in den Wänden und gewährte ihr etwas Helligkeit. Der Duft des Heus kitzelte ihre Nase und mischte sich zu der Melange aus Schweiß und Dreck, die sie umgab. Stroh raschelte unter ihren nackten Zehen, während sie zaghaft einen Fuß vor den anderen setzte. Sie konnte kaum atmen. Ihr Brustkorb fühlte sich an, als würde er jeden Moment unter ihrem pochenden Herzen platzen.
Tristan blieb ruhig, als Mia zu ihm in die Box trat. Sie hatte schon öfter auf ihm gesessen, sie fürchtete sich nicht vor ihm und wusste, wie sie auf ihn zuzugehen hatte. Das Pferd musterte sie seelenruhig mit seinen dunklen, warmen Augen, und Mia musterte es ebenso, leckte sich die Lippen, krallte ihre verschwitzten Finger um den Griff des Messers.
Jeder Gedanke, jeder aufkeimende Funke der Vernunft oder des Zögerns, jede Klarheit ihres Verstands und jedwede Rationalität, die ihr und allen anderen Menschen auf dieser Erde innewohnte, all das versank in einer Wolke aus Rausch und Wollust, in einer Kurzschlussreaktion, die alle Besinnung pulverisierte, als Mia vorpreschte und auf das Tier einstach. Tristan wieherte erschrocken auf, als die Klinge sein Gesicht traf, er schüttelte sich und schlug aus. Mia sprang zurück, stach aber sofort erneut zu, dann nochmal und nochmal, bis ihr warmes Blut entgegenspritzte. Sie zielte auf den Hals und grub das Messer tief hinein. Tristan ging in die Knie, brach zuckend zusammen und quiekte, dass er sich beinahe wie ein Schwein anhörte. Hektisch setzte Mia einen weiteren Schnitt an, diesmal lang und tief, sodass sich eine Lache aus Blut aufs Stroh ergoss und um ihre Schenkel rann. Der Geschmack von Eisen legte sich auf ihre Zunge. Sie verlor keine Zeit, krabbelte zwischen die Beine des Tieres und rammte Tristan die Klinge in den Bauch.
Ein verkrampftes Zucken ging durch das Pferd und pflanzte sich bis in Mias Unterleib fort.
Mit aller Kraft zerrte sie die Klinge weiter durch das warme, sehnige Gewebe aus Haut und Muskeln. Das Pferd atmete nur noch flach. Als ihr die Wunde groß genug schien, warf Mia das Messer beiseite und grub ihre Arme mit wohligem Stöhnen bis zu den Ellenbogen hinein, wühlte durch das warme, dampfende Fleisch, riss die Wunde mit zusammengebissenen Zähnen noch weiter auf. Darmgebinde und andere, ihr unbekannte Innereien quollen heraus. Der Gestank war exorbitant. Als der Bauchraum leer war, verlor sie keine weitere Sekunde. Sie zog sich das vollgeschwitzte Shirt über den Kopf, strampelte sich aus ihrem tropfnassen Slip und drängte sich mit dem Gesicht voran in die blutige Masse. Klebriges, widerspenstiges Fleisch stülpte sich wie ein Muskel um ihren Kopf. Ihr blieb die Luft weg. Verzweifelt mühte sie ihre Schultern durch die Wunde und grub sich mit ihren Fingern tiefer in den sterbenden Körper. Sie schmeckte Pferdeblut in ihrer Kehle, und einem wilden Impuls folgend leckte sie über die breiige, knorpelartige Masse vor sich, ohne zu sehen, was es überhaupt war.
»Friss mich.«
Ihre Stimme war dumpf, kehlig, flehend.
»Friss mich lebendig, bitte …«
Sie zwängte sich immer tiefer hinein. Ihre Brüste versanken in dem Loch, gefolgt von ihrem Brustkorb und ihrem Bauch. Als sie mit dem gesamten Oberkörper im Leib des Pferdes lag, zog sich ihre Fotze unwillkürlich zusammen. Die Enge, die Hitze, ihre Atemnot und die Intensität, gepaart mit der Unwirklichkeit und dem Nervenkitzel des gesamten Abends, alles lief zusammen und explodierte in tausenden hellen Farben. Sie kam, noch während sie verzweifelt ihre Beine ans Fell des Tieres presste. Sie zuckte spastisch und ergab sich den schaudernden, heißen Kontraktionen, die durch ihren Körper jagten wie Blitze, sie grölte gegen die Innereien des toten Pferdes und wühlte besinnungslos mit ihren Lippen darin herum. Als sie impulsiv in das Fleisch biss, kam sie ein zweites Mal. Ihr Schrei war laut, wurde jedoch von den fleischigen Wänden erstickt.
Gott! Oh Gott, ja!
Die Wirklichkeit sickerte nur langsam wieder über sie herein – jedoch begleitet von der Gewissheit, dass sie womöglich einen hellen Lärm verursacht hatte. Ungelenk und panisch zwängte sie sich aus dem Leib des Pferdes, nestelte sich mit ihren Beinen durch blutiges, verklebtes Stroh und rutschte mit ihren wunden Brüsten über Gedärme und Fleischhaufen. Als sie wieder an der frischen Luft war, tankte sie einen Moment lang gierig Sauerstoff. Sie war voller Blut und Nässe. Die Innenseiten ihrer Schenkel waren komplett von Vaginalsekret verklebt.
Mit zittrigen Beinen suchte sie das Messer und ihre Kleidung zusammen, taumelte mehr durch das Heu als dass sie es durchschritt, fand die Sachen und schwankte zur Tür. Sie drehte sich nicht um. Sie stieß die Tür auf, machte sich nicht die Mühe, sie zu schließen und hechtete mitten über den Hof und in den Wald. Je weiter sie sich von dem Grundstück entfernte, desto schneller wurde sie. Äste schlugen ihr ins Gesicht, Dornen stachen in ihre Beine, Zweige und Brennnesseln zerfetzen ihre Füße. Nichts davon kümmerte sie. Irgendwann stolperte sie, brach zusammen und blieb einfach dort liegen, wälzte sich lachend durch das stechende Laub und schob sich unverwandt zwei Finger in die Scheide. Unter dem Nachklang ihres Adrenalins besorgte sie es sich ein weiteres Mal, so heftig und laut, dass die Vögel aus den Baumkronen über ihr aufschreckten und in unmittelbarer Nähe zu ihr eine Gruppe Waldmäuse davonwuselte. Mia dachte nicht darüber nach, als sie den Tierchen lachend hinterhersprang, nach ihnen packte und ihnen durch ein Gestrüpp aus Dornen folgte, ehe sie kurzerhand eine zu fassen bekam. Es war ein kleines, quiekendes Ding, kaum größer als ihre Handfläche, und sie schlug es einmal rasch gegen den nächsten Stamm, bevor sie es am Schwanzende packte, den Kopf in den Nacken legte, es hoch über ihren Mund hob – und es im Ganzen schluckte.
Sie kam ein drittes Mal in dieser Nacht, während sie das harte Zucken des Tieres im Hals spürte und sie ihre triefende Muschi mit vier Fingern gleichzeitig bearbeitete.
Unter wohligem Zucken rollte sie sich danach zusammen und schloss die Augen, während ihr ganzer Leib immer noch kribbelte, das Pferdeblut auf ihrer Haut trocknete und sie mit der rechten Hand zufrieden ihren Bauch rieb – gesättigt und zufrieden wie ein Ungeheuer, von dem sie sich heute Nacht nur durch Äußerlichkeiten unterschied.
***
Während der nächsten sieben Tage blieb sie zu Hause. Ihren Eltern gaukelte sie vor, sich eine hinterlistige Sommergrippe eingefangen zu haben, damit sie nicht aus dem Bett musste und die meisten ihrer Spuren, die sie sich während ihres nächtlichen Exzesses zugezogen hatte, verborgen blieben. Ihr tat alles weh, und in Momenten, in denen sie das Haus für sich alleine hatte und ein rasches Bad nahm – unter der Dusche konnte sie nicht stehen –, ertrug sie das heiße Wasser kaum länger als wenige Minuten. Sie sah verdammt nochmal aus, als hätte man sie dort draußen vergewaltigt.
Die Schrammen und Kratzer in ihrem Gesicht erklärte sie mit einem Sturz, den sie sich zugezogen hatte, als sie wegen ihrer vermeintlichen Krankheit des Nachts aufgestanden war, um frische Luft zu schnappen. Eine dumme Lüge, doch das spielte keine Rolle. Größere Probleme bereitete ihr Sadie, die sie in den ersten Tagen beinahe pausenlos anrief und immer wieder anbettelte, vorbeikommen zu dürfen. Sie war völlig am Ende, brauchte eine Schulter zum Ausheulen, wollte sich am liebsten für immer verkriechen. Mia sagte ihr jedes Mal, dass sie sich nur anstecken würde, tröstete sie am Telefon und zwickte sich die Nippel stets dann, wenn Sadie von Tristans Zustand erzählte und sie damit alles nochmal vor Augen hatte.
»Was für ein krankes Schwein tut so etwas? Wer metzelt auf so bestialische Weise ein armes Tier ab? Meinen armen Tristan?«
Es wurde sogar in den Lokalnachrichten gebracht – ein Umstand, der Mia sowohl beunruhigte als auch erregte. Sie hatte es ins Fernsehen geschafft! Sie zählte die Tage, an denen sie im Bett lag und auf das Verheilen ihrer Wunden wartete, Trost findend nur im Internet … und in ihrem Kopf.
Sie durchlebte es immer und immer wieder.
Als sie wieder zur Schule kam, waren zwei Wochen vergangen. Sadie war immer noch untröstlich, und Mia nahm sie jeden Morgen zur Begrüßung in den Arm, um ihr gut zuzureden und sie aufzuheitern. Im Hinterkopf dachte sie währenddessen nur daran, wie und wo sie ihr nächstes Vorhaben derartiger Größe umsetzen konnte, diesmal noch näher an dem, was ihre Vorliebe im Kern ausmachte. Im Unterricht ging sie ihre Optionen durch, durchflog im Geiste die umliegenden Bauernhöfe und Pferdebesitzer wie einen Katalog, wägte die Risiken und Distanzen ab. Schnell erkannte sie jedoch, dass das der falsche Weg war.
Wenn sie das Ganze steigern wollte, durfte sie es nicht bei Tieren belassen.
Während des gesamten Tages schob sie diesen Gedanken einer Kaugummikugel gleich durch ihren Kopf. Auch nach der Schule verbiss sie sich daran, und so bekam sie wieder einmal nicht mit, dass Lance ihr mit seinem Zentnergewicht beim Bus auflauerte.
»Vorsicht, Schlampe!« Er stellte ihr ein Bein. Sie stolperte und krachte mit dem Kinn auf den Boden.
»Wichser«, murmelte sie und suchte ihre Sachen zusammen. Als sie aufstand, sprang der Gedanke über, formte sich, nahm Struktur an. Sie wandte sich zu Lance um, bevor ihr Zweifel kamen oder sie einen Rückzieher machen konnte. Dafür war es sowieso längst zu spät.
Er schaute sie genervt an. »Geh mir aus dem Weg.«
Sie hielt ihn sachte auf. »Können wir reden? Bitte? Es geht um Dominic. Ich … ich vermisse ihn.«
»Rede mit ihm. Nicht mit mir.«
»Er meidet mich. Du bist sein bester Freund, Lance. Ich brauche vorher deinen Rat.« Sie klimperte mit den Wimpern – ein Signal, bei welchem dem Penner eigentlich sämtliche Alarmglocken losgehen sollten. Doch er war zu blind dafür oder wollte es vielleicht auch übersehen.
»Wir können zu mir«, sagte sie. »Und reden.«
***
Es war nicht schwer, ihn zu verführen. Eklig, ja, aber nicht schwer. Im Bett grunzte er wie ein Schwein, und als er auf ihrem Bauch abspritzte, quiekte er auch genauso. Mia dachte währenddessen an Tristans Sterbelaute, bevor sie in dessen Bauchhöhle gekrochen war und den Gestank von warmen Innereien inhaliert hatte. Es machte das Ganz nicht völlig unerträglich.
»Das hätte nicht passieren dürfen.« Als er wieder denken konnte, kamen die Gewissensbisse. Natürlich.
»Nein.« Sie zog die Beine an, mimte ein erschüttertes Gesicht. »Ich … keine Ahnung, was in mich gefahren ist. Es tut mir so leid.«
»Ich verschwinde besser.« Lance stand auf und suchte seine Sachen zusammen.
Mia beugte sich vor auf ihre Knie und schaute ihm vom Bett aus zu. »Ich bin nicht mehr mit ihm zusammen, weißt du. Es wäre also … es wäre in Ordnung.«
»Kein Wort zu ihm.«
Sie legte den Kopf schief. »Möchtest du, dass es sich wiederholt?«
Er hielt inne und starrte sie an. Sein schwabbeliger Bauch glänze vor Schweiß.
Mia schwang sich vom Bett, trat nackt und unbekümmert auf ihn zu. Sein Sperma trocknete auf ihren Brüsten wie Blut in der Sonne. »Du musst nur eine Kleinigkeit für mich erledigen, und ich bin dein.«
***
Mit Lance auf ihrer Seite hatte sie den nötigen Brückenpfeiler, um Dominic noch einmal in ihre Nähe zu bringen. Er vertraute auf das Urteil seines Kumpels, mehr als auf das ihrige, und mit dieser halbgaren Affäre hatte sie praktisch ein persönliches, übergewichtiges Schoßhündchen in ihm geschaffen, einen perfekten dummen Sklaven, der ihr nur wenige Widerworte gab und für den Sex mit ihr alles tat.
Er bearbeitete Dominic für sie. Inzwischen herrschte komplette Funkstille zwischen ihnen, und sie brauchte jemanden, der die Wogen wieder glättete und Vermittler spielte, um anzudeuten, dass sie wieder Kontakt suchte. Das gab ihr die nötige Zeit, um alle anderen Vorkehrungen zu treffen.
Am entscheidenden Abend wartete sie bei sich zu Hause auf die beiden. Ihre Eltern waren nicht da – ein gemeinsamer Angeltrip würde sie für das komplette Wochenende aus dem Haus halten, und mehr Zeit brauchte Mia für ihr Vorhaben nicht. Nervös leckte sie sich über die Lippen, während die Minuten dahinkrochen und sie auf die Einfahrt spähte.
Als die beiden in Dominics Volvo vorfuhren, zog sich alles in ihrem Unterleib zusammen. Sie stiegen aus und klingelten an der Tür, und Mia klatschte wie ein kleines Mädchen in die Hände und rannte in den Flur, um ihnen zu öffnen.
Dominics Miene war griesgrämig. »Was immer das hier auch wird, Mia …«
»Ich hab dich auch vermisst.« Sie versuchte es mit einem Wangenkuss, doch Dominic stapfte nur an ihr vorbei. Als Lance vor sie trat, leckte sie sich mit der Zunge über die obere Zahnreihe.
Sie führte die beiden in ihr Zimmer hinauf. Obwohl sie nur einen kurzen Rock und eine Bluse trug, sammelte sich bereits der Schweiß in ihren Kniekehlen. Das hier würde alles übersteigen. Wenn ihr das hier gelänge, würde es die ultimative Erfahrung werden, die absolute Verschmelzung ihrer Fantasien mit der Realität.
»Also, was willst du?« Dominic setzte sich auf ihr Bett. Mia gesellte sich in den Raum und schloss die Tür hinter sich, bevor sie sich mit dem Rücken dagegen lehnte und von ihm und zu Lance sah.
Showtime!
»Wir haben ein Verhältnis.« Sie nickte in Lance’ Richtung.
In der aufsteigenden Verwirrung drehte sie den Schlüssel und steckte ihn sich in die Rocktasche. Lance starrte Mia an, Dominic starrte ihn an, die beiden starrten einander an.
»Das ist der Grund, weshalb ich mit dir Schluss gemacht habe«, sagte sie.
Lance wandte sich ihr verdattert zu. Sein Mund stand offen. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Unter Dominics zusammengekniffenem Blick wich er an die Wand zurück und hob die Hände.
»Nein. Das stimmt nicht …«
»Ich hatte dir gesagt, dass ich unzufrieden war«, fuhr Mia fort. »Lance konnte mir geben, was ich brauchte. Er war ein Mann, Dominic.«
»Du Miststück lügst.« Dominic stand mit verschränkten Händen da.
»Er hat einen Leberfleck unter seinem Bauchnabel«, sagte sie lächelnd. »Ein kleines Muttermal an seinem Schwanz.«
»Das ist nicht wahr!« Lance war der Schweiß ausgebrochen. Abwechselnd hechteten seine Augen von ihr und zu Dominic. »Sie redet Unsinn, Dom!«
»Wir haben hart gefickt«, sagte sie, »und dabei hab ich keine einzige Sekunde an dich gedacht, Dominic. Ich habe seine Schläge genossen, seine Beleidigungen … all das, was du mir nicht geben konntest.«
Dominic ging auf Lance los. Nicht auf sie, genau wie sie vorausgesehen hatte. Dieser Penner würde ihr nie auch nur ein Haar krümmen.
Lächelnd schaute Mia zu, wie die beiden sich in einer Rangelei verhedderten und ungehalten durch ihr Zimmer stolperten. Einen Augenblick lang drückte sie sich an die Wand und schob sich eine Hand unter den Rock, um das Schauspiel ihrer kleinen eingefädelten Rache zu genießen. Es war das Vorspiel. Der Marsch durch den Wald. Die Hinreise ohne Wiederkehr.
Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Lance fiel zu Boden, und Dominic hockte sich auf ihn. Blut spritzte.
Mia nahm das Tranchiermesser, das sie hinter ihrem Bücherregal bereitgelegt hatte.
Als sie auf die rangelnden Jungen zutrat, tat sie es mit der Anmut eines Raubtieres – einer Bestie. Sie holte aus, gerade als Dominic sich schnaufend zu ihr umdrehte. Sie traf ihn an der Seite und bohrte ihm die Klinge in den Magen. Winselnd schrie er auf und fiel zur Seite. Lance, der unter ihm gelegen hatte und sie mit blutiger Visage ansah, hob abwehrend die Hände. »Nein, bitte!«
Sie rammte ihm das Ding in den Magen. Immer wieder.
Dominic schnaufte, hielt sich die klaffende Wunde. Irgendwann stand Mia auf, wischte sich keuchend das Blut aus dem Gesicht und sah ihn an.
»Ich werde dir zeigen, was ich meinte. Dafür bist du hier. Du wirst der sein, der mich schluckt, mein Schatz.«
Dominics Augen flatterten. Mia zerrte Lance neben ihn und brachte alles in Position.
***
Später wachte Dominic nur noch einmal auf. Das Licht im Raum war gedimmt. Kerzenschein flackerte über die Wände. Ein bestialischer Schmerz durchzuckte seinen gesamten Bauch und strahlte ihm bis ins Rückgrat.
Ihm fiel nicht auf, dass er gefesselt war. Dass er mit Angelschnüren und Paketpapier an den Körper seines Freundes gepresst wurde. Dass sie eine Symbiose eingegangen waren wie siamesische Zwillinge, zu einem zweiköpfigen Ungeheuer, einer Chimäre, einem willenlosen, verlangendem Geschöpf. Er merkte nicht, dass der Schmerz in seinem Bauch aus dem Krater rührte, den Mia von oben ausgehend bis in seinen Rücken geschnitten hatte, nur um von dort aus weiter in den Körper seines Freundes vorzudringen. Es war ein schlauchartiger, langer Tunnel. Ein Schlund.
Er hörte nicht die Laute aus seinem Innern. Das Stöhnen, das erstickte Keuchen, die dumpfen Ausrufe selbstvergessener, verzweifelter Ekstase.
Sie wühlte. Sie wühlte sich durch ihn und versank immer tiefer.
Am allerwenigsten bemerkte er die ausgerollte Schnur, die von ihm wegführte und sich wie eine Schlange über den Boden wand. Diese war an einem Plastikeimer befestigt, der über ihnen auf der Kante des Nachttisches balancierte. Er bemerkte nicht, wie sich der Bindfaden langsam aufrollte und unter Spannung geriet.
Als der Eimer kippte und sich die siebenunddreißigprozentige, vor Kurzem im Chemielabor der Schule entwendete, Salzsäure über ihn und das Loch in seinem Magen ergoss, spürte er es kaum. Die brennende Hitze, das kochende Gewebe, das schäumende, zerlaufende Fleisch – alles war längst verblasst hinter der flackernden, seligen Dunkelheit seiner Augen.
Die Schreie, die aus seinem Innern kamen, hörte er nicht mehr.
Schreie der Qual.
Schreie der Angst.
Schreie der Verzückung.