Die Grimmepreisnominierte Autorin Grit Lemke hat den Dialog mit den Menschen aus ihrer Heimatstadt Hoyerswerda nach dem Mauerfall nicht abreißen lassen. Virtuos verschränkt sie die Stimmen ihrer komplexen Generation, die durch die Wende und das Pogrom 1991 aus der Bahn geschleudert wird, zu einer mitreißenden Oral History. 1970 zieht die Familie der Erzählerin nach Hoyerswerda. Die Mutter hat eine Arbeit beim Gaskombinat Schwarze Pumpe, alle freuen sich, »nun auch mal in einer Neubauwohnung mit Warmwasser und Klo« zu wohnen. Hoyerswerda ist eine DDR-Musterstadt. Aus dem Heideboden gestampft, aus Bauelementen zusammenmontiert. Morgens rollen die Eltern in Schichtbussen davon, auf die Kinder passt gefühlt niemand und jeder auf. Die Erzählerin wird Teil der Szene um Gerhard Gundermann, den »Springsteen des Ostens«. Doch der Wiedervereinigung folgen Massenentlassungen, die Neonazi-Szene nutzt das gesellschaftliche Vakuum, bis im September 1991 das Unfassbare passiert: Es kommt zu Ausschreitungen gegen ausländische Vertragsarbeiter und Flüchtlinge, an denen sich auch Anwohner beteiligen, während die Polizei zunächst untätig bleibt. . .
Grit Lemke, geboren in Spremberg, aufgewachsen in Hoyerswerda, arbeitet als Dokumentarfilmregisseurin und Autorin. Ihr Film Gundermann Revier wurde 2020 für den Grimmepreis nominiert.