Cagnes-sur-Mer, Côte d’Azur, Frankreich
B ist du verrückt? Du kannst doch nicht herkommen. Das ist doch … Wahnsinn. Ich bezahle dich doch nicht, damit wir alle in den Knast gehen.«
Carlos Zuffa rückte mit dem Kopf nah an ihn heran, viel zu nah, sodass Shokran Al-Hamsi über seine Schwelle zurückwich.
»Für Ihre eigene Gesundheit empfehle ich Ihnen sehr, nicht so mit mir zu reden, Monsieur Al-Hamsi. Ich lasse nicht so mit mir reden, egal, wie viel mir Auftraggeber bezahlen.«
Al-Hamsi räusperte sich und atmete tief durch, er durfte keine Angst zeigen. Aber es war so: Dieser Mann war verrückt.
»Was machen Sie hier?«
»Wir hatten keine Wahl«, zischte er. »Wir mussten von der Straße.«
»Warum? … Warte…«
Al-Hamsi zählte eins und eins zusammen. Es war in allen Nachrichten.
»Verdammt. Hast du die Bullen erschossen?«
Zuffa zuckte mit den Achseln, aber senkte den Blick. Es war ihm unangenehm, es war ein Fehler gewesen.
»Sie haben uns angehalten, und in genau dem Moment ist die Kleine aufgewacht. Was sollte ich machen? Sie haben alles gefährdet.«
Al-Hamsi ließ einen arabischen Fluch los, er hätte diesen Kretin gerne erwürgt. Verdammt.
»Und dann kommst du direkt hierher? Das war doch gestern?«
»Nein, ich habe versucht, anderswo unterzukommen. Dann war ich sogar im geheimsten meiner Verstecke. Aber sie hat mich gefunden.«
»Sie? Die Fürstin?«
Carlos Zuffa nickte.
»Und ist sie … tot?«
»Nein, sie lebt.«
»Was sagst du da? Verdammt, du …«
Wieder fluchte er auf Arabisch.
»Ich habe ihren Partner erwischt, aber dann musste ich weg von dort. Ich musste das Mädchen bei uns behalten. Außerdem brauchen wir Zoë für den Transport.«
»Wir hätten den Transport doch ohnehin bekommen, verdammt.«
»Ich brauche jetzt einen sicheren Ort für das Mädchen. Niemand will mir helfen, weil alle Schiss vor Bolatelli haben.«
Al-Hamsi lachte, aber er glaubte sich seine Ironie selbst nicht.
»Bolatelli ist ein toter Mann. Aber trotzdem ist es Wahnsinn, herzukommen. Weißt du, wie die Bullen im Süden drauf sind, wenn man einen von ihnen umlegt? Die werden dich jagen. Und jetzt, wo du hier bist, werden sie uns jagen. Was sollen wir denn jetzt machen? Soll ich die Kleine etwa hier im Schloss verstecken?«
»Ehrlich gesagt: Fürs Erste wäre das die beste Idee.«
»Die Tochter des Paten in meinem Haus? Wenn das rauskommt, sind wir alle tot. Tot. Und zwar nicht auf die humane Weise.«
»Ich erlasse dir die Hälfte meines Honorars. Wir haben keine andere Chance. Draußen ist es zu gefährlich.«
»Mir geht es doch nicht um dein beschissenes Geld. Mir geht es um das Gold, um unseren Plan.«
»Genau. Und wenn sie uns draußen hopsnehmen, dann ist alles hinüber. Wir brauchen einen Platz. Bis wir die Sache starten.«
Al-Hamsi überlegte. Er blickte hinauf, in den ersten Stock, zu der Tür, hinter der sein Bruder dahinsiechte. Mehr Unglück konnte über dieses Haus nicht hereinbrechen. Er nickte.
»Gut. Bring sie herein. Aber dass euch nur niemand sieht.«