Alter Hafen, Marseille, Provence, Frankreich
E r konnte sich nur wundern, was aus diesem Commissaire geworden war. Bei ihrem ersten Zusammentreffen war Navarro ein grummeliger Säufer gewesen, den er für korrupt und gewalttätig gehalten hatte. Doch nun hatte der Provenzale blitzschnell reagiert, schon nach einer halben Stunde hatten seine Kollegen eine provisorische Einsatzzentrale am Hafen installiert, und nun rasten unentwegt Polizeiautos mit Sirenen über den Quai und beschallten den herannahenden Morgen. Die ersten Pendler in den Bussen sahen irritiert aus den Fenstern, überall wurden Straßensperren aufgebaut. Sie hatten die Autobahnen gesperrt, genau wie den Hafen der Stadt. Auch der Flughafen wurde gesperrt, was Unsinn war, denn so viel Gold ließ sich schlecht durch eine Sicherheitskontrolle schleusen. De Trappier, der vorher so eitle Sicherheitschef, saß jetzt zusammengesunken auf einem Poller direkt an der Mauer und sah aus, als überlege er, sich ins Hafenbecken zu stürzen. Navarro hingegen lief auf und ab und telefonierte, der Schwede sah, wie er noch einen Wortschwall in den Hörer brüllte und dann wütend auflegte.
»Was ist passiert?«, fragte er. Der Franzose hatte für den Schweden doch etwas zu schnell gesprochen, und er hatte die Worte nicht verstanden.
»Ich wollte, dass sie das Boot des Scheichs aufhalten. Hier stimmt irgendetwas nicht. Doch die Regierung hat es abgelehnt.«
»Gab es dafür eine Begründung?«
»Sie wollen keine diplomatischen Verwicklungen. Wenn ich das schon höre! Denen geht der Arsch auf Grundeis!«
»Ich kann versuchen, Unterstützung aus Den Haag anzufordern.«
»Na, mit Ihnen ist ja doch was anzufangen. Ja, tun Sie das. Ich brauche hier alle Kräfte, die ich kriegen kann. Verdammt, es geht um eine halbe Milliarde.«
Isaakson wählte die Nummer seines Chefs. Es klingelte mit französischem Sound. Merkwürdig.
»Ja? Isaakson? Ich wollte Sie auch gerade anrufen.«
»Wo sind Sie?«
»In Marseille.«
»Bei Zara? Wie geht es ihr?«
»Er operiert sie gleich.«
»Wer?«
»Ihr Mann.«
»Er ist dort?«
»Ich erkläre es Ihnen gleich.«
»Was meinen Sie damit? Ich mache mich jetzt auf den Weg, um den Franzosen bei der Fahndung zu helfen – aber ich wollte fragen, ob ich Verstärkung aus der Zentrale bekommen kann.«
»Vergessen Sie das Gold, Isaakson. Aber sagen Sie niemandem, dass ich das gesagt habe.«
»Ich fürchte, ich verstehe nicht.«
»Es wird keine Verstärkung geben. Alle Europol-Leute sind schon in der Provence. Sie hole ich auch gleich ab. Halten Sie sich bereit. In zehn Minuten bin ich am Hafen. Dann fahren wir.«
»Wohin?«
»Bis gleich.«