6

Der Flur war genauso finster wie beim letzten Mal, und auch das Lautgemisch aus Schreibmaschinenanschlägen und gedämpften Stimmen hatte nichts von seinem stoischen Gleichmaß verloren. Es war Freitagmorgen. Holland starrte gegen die braune Flügeltür und atmete tief durch. Dann klopfte er an. Die Aufforderung zum Eintreten erfolgte prompt, und er schob sich in den Konferenzraum.

Die große Uhr an der holzgetäfelten Wand zeigte exakt acht Uhr. Wie bei der ersten Unterredung erwarteten ihn Oberst Malycha und der Major aus dem Stadion. Die Offiziere trugen ernste Mienen zur Schau, und sie wirkten ungeduldig. Als wollten sie endlich vorankommen.

Er salutierte, und auch diesmal wies Malycha ihm den einzelnen Polsterstuhl vor dem Tisch zu.

»Nun, Genosse Holland?«, kam der Oberst ohne Umschweife zur Sache. »Haben Sie über unseren Vorschlag nachgedacht?«

»Jawohl.«

»Dann sind wir jetzt ganz Ohr. Wie ist Ihre Entscheidung ausgefallen?«

Holland hoffte, dass seine Stimme frei von jeglicher Schwäche war, als er antwortete: »Genosse Oberst, ich nehme das Angebot an. Ich bin stolz, in der neuen Arbeitsgruppe dienen zu dürfen. Und ich verspreche, mein Bestes zur Erfüllung der damit verknüpften Pflichten zu geben.«

Es blieb still.

Die beiden Offiziere tauschten kurze Blicke aus.

Dann wandte sich der Oberst wieder Holland zu. »Nichts anderes haben wir von Ihnen erwartet.« Er fixierte ihn. »Können wir davon ausgehen, dass Ihre Entscheidung freimütig und vorbehaltlos gefallen ist?«

»Absolut und ohne jeden Zweifel.« Holland wunderte sich, wie leicht ihm die Worte jetzt über die Lippen kamen. Tatsächlich hatte er noch eine Weile mit sich gerungen, welchen Weg er zukünftig einschlagen sollte. Aber je mehr er die Argumente gegeneinander abgewogen hatte, desto deutlicher war ihm geworden, dass er diese Chance ergreifen wollte. Es war nicht der Spatz in der Hand, der mit der Taube auf dem Dach konkurrierte. Es war eine zweite Taube, die er nun in seinen Fingern hielt, und sie war so geheimnisumwittert wie vielversprechend.

»Gut.« Der Oberst nickte gemessen. »Sie haben den richtigen Entschluss gefasst.« Er lehnte sich zurück und sah Holland durchdringend an. »Mit Ihrer heutigen Entscheidung wird sich einiges für Sie ändern. Der Dienst, den Sie ab jetzt versehen werden, ist in nichts mit Ihrem bisherigen Berufsalltag vergleichbar. Alles, was Sie künftig hören, sehen oder tun, unterliegt strengster Geheimhaltung. Die Formation, für die Sie arbeiten, ist selbst innerhalb unserer Behörde nur wenigen Menschen bekannt.« Der Oberst ließ eine Pause entstehen. »Sie werden Aufgaben lösen, für deren Bewältigung Sie höchste physische und psychische Fähigkeiten entwickeln müssen«, fuhr er dann fort. »Aber es ist ein Einsatz im Schatten. Auch wenn Sie sich bei Ihrer Arbeit auszeichnen – niemand wird je davon erfahren.«

Holland wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Also schwieg er. Dass die neue Arbeitsstelle sehr speziell war, hatten sie ihm bei dem vorangegangenen Treffen schon angedeutet. Nach dem, was er jetzt hörte, handelte es sich selbst in den Mauern seiner Behörde um ein absolut geheimes Unternehmen. Das beeindruckte und beunruhigte ihn gleichermaßen. Doch er hatte sich entschieden, und jetzt gab es nur den Weg nach vorn. Schließlich sagte er: »Genosse Oberst, gestatten Sie eine Frage?«

»Bitte.«

»Jetzt, nachdem ich zugesagt habe … Diese Aufgaben, von denen Sie sprechen – worum handelt es sich dabei genau?«

»Lassen Sie mich ein wenig ausholen.« Malycha zog die Augenbrauen zusammen. »Ich nehme an, dass Sie als engagierter Sportler im vorletzten Jahr die Berichterstattung über die Olympischen Spiele verfolgt haben. Die Spiele in München.«

»Ja«, antwortete Holland verwundert. »Selbstverständlich.«

»Dann sind Ihnen auch die Ereignisse bekannt, die dort am 5. September um kurz nach vier Uhr morgens ihren Anfang nahmen?«

»Ja.« Holland schluckte. »Das Attentat …«

»Richtig.« Der Oberst senkte den Kopf und spielte mit seinem Kugelschreiber. »Der heimtückische Überfall, bei dem acht Freischärler im Olympischen Dorf fast ein Dutzend Sportler in ihre Gewalt brachten.«

Holland wurde von einer merkwürdigen Unruhe ergriffen. Sofort waren die Bilder wieder da. München. Der 5. September 1972. Der unheilvolle Dienstag. Noch immer erinnerte er sich an dieses Datum, als wäre es gestern gewesen. Zusammen mit Silvio, der nicht nur sein bester Freund, sondern auch sein Polizeikollege war, hatte er nach dem Dienst voller Vorfreude den Fernsehraum aufgesucht, um wie an den Tagen zuvor die Olympiaübertragung zu verfolgen. Aber anstelle der Wettbewerbsberichte verkündete ein Reporter mit Grabesstimme, dass sich eine Gruppe Bewaffneter im Morgengrauen Zutritt zum Quartier der israelischen Mannschaft verschafft und die Sportler als Geiseln genommen hatte. Das Gebäude, in dem sich die dramatischen Ereignisse abspielten, lag der Unterkunft der DDR-Athleten genau gegenüber. Hinter dem Berichterstatter konnte man durch das Glasfenster des Studios verfolgen, wie Sicherheitskräfte das Gelände um einen terrassenförmigen Wohnkomplex abriegelten. Die Situation war bedrückend und unübersichtlich gewesen. Erst viele Stunden später hatte sich das ganze Ausmaß der Tragödie offenbart, als ein improvisierter Befreiungsversuch der Polizei auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck in einem furchtbaren Blutbad endete.

»Das war grauenhaft«, presste Holland mit trockener Stimme hervor.

»Siebzehn Todesopfer. Die Spiele unterbrochen. Das Ansehen des größten internationalen Festivals des Sports von einer Gewaltorgie überschattet.« Die Worte des Obersts waren kühl und emotionslos.

Holland fiel auf, dass Malycha nicht von dem palästinensischen Terrorkommando sprach, das den Anschlag verübt hatte, oder von den israelischen Geiseln, sondern nur von Freischärlern und Todesopfern. Ihn selbst hatte damals das Attentat gerade wegen der Beteiligten sehr verwirrt. Im Politunterricht war immer betont worden, wie sehr das palästinensische Brudervolk unter der Aggression Israels litt. Zweifellos verdiente es in seinem gerechten Verteidigungskampf all ihre Sympathie und Solidarität. Auch Holland empfand so. Der Anschlag in München jedoch war kein gerechter Kampf gewesen, keine Auseinandersetzung mit Aggressoren. Hier hatte ein schwer bewaffnetes Kommando unschuldige Sportler ermordet. Doch in der öffentlichen Diskussion wurde dieser Umstand seither gänzlich vermieden, und auch im Kollegenkreis unterhielt sich niemand darüber. Beinahe so, als wolle man so schnell wie möglich ein Tuch des Vergessens über die Ereignisse breiten.

Und nun hatte der Oberst das Attentat wieder ans Licht geholt. Holland wartete gespannt, worauf das Gespräch hinauslief.

»Genosse Holland«, sprach Malycha weiter. »Was, meinen Sie, war die Ursache für dieses sinnlose Blutvergießen?« Er blickte lauernd über den Konferenztisch, der wie eine Barriere zwischen ihnen stand.

»Ähm … das brutale Vorgehen der … Freischärler?«, stammelte Holland unsicher. Er befürchtete schon, sich in dem verqueren politischen Konflikt doch noch positionieren zu müssen, als der Oberst ihm die Antwort abnahm.

»Die eigentliche Ursache für dieses Blutvergießen war das komplette Versagen der westdeutschen Polizei! Die vollkommene Überforderung der Sicherheitskräfte. Ein Fest des Dilettantismus. Hier standen einem Trupp kaltblütiger Mörder von Anfang an Tür und Tor offen. Und selbst als sie ihr wahres Gesicht gezeigt hatten, gab es niemanden, der in der Lage gewesen wäre, ihnen in den Arm zu fallen.« Malycha hielt inne, um seine Worte wirken zu lassen. Dann beugte er sich nach vorn und sprach weiter, wobei er jeden Satz betonte: »Weil so etwas in unserer Republik niemals passieren darf, müssen wir uns auf alle Eventualitäten vorbereiten. Das, Genosse Holland, wird Ihre zukünftige Aufgabe sein. Krisen zu bereinigen, die uns von gewalttätigen Elementen aufgezwungen werden. Menschen zu retten, wenn der gewöhnliche Sicherheitsapparat an seine Grenzen kommt. Und die Angreifer schnell und effektiv unschädlich zu machen.«

»Jawohl«, entgegnete Holland. Obwohl er diese Ankündigung erst einmal verdauen musste, bemühte er sich, stark und entschlossen zu wirken. Er drückte den Rücken durch und schickte schnell ein klares »Zu Befehl!« hinterher.

»Ab jetzt erhalten Sie Ihre Anweisungen von Major Zacharias«, erklärte Malycha und deutete auf den Mann neben sich. »Er leitet Ihre Einsatzgruppe.«

Zacharias. So hieß der Mann aus dem Stadion also.

Der Major stand auf. Jetzt erst war zu erkennen, wie durchtrainiert der Offizier war. Er streckte Holland die Hand entgegen. »Genosse Holland«, sagte er, und in seinen Zügen lag ein feierlicher Ernst. »Willkommen in der Diensteinheit IX

Holland erhob sich ebenfalls und schlug ein. Zacharias’ Händedruck glich einer Schraubzwinge.

Der Zeiger der Wanduhr rückte hörbar vor und hinterließ einen spitzen Hall. Wie eine Weiche, die sich soeben neu gestellt hatte, schoss es Holland durch den Kopf. Oder ein Hammerschlag, der ein Geschäft besiegelte. Für einen kurzen Augenblick verharrte er in Gedanken.

Diensteinheit IX.

Ein Kommando, das offiziell nicht existierte.

Wohin würde ihn dieser neue Weg führen?

»Unterzeichnen Sie zuerst die Geheimhaltungsverpflichtung«, befahl der Major und schob ihm eine blassrote Mappe zu. »Dann lernen Sie Ihre Kameraden kennen.«

Die unscheinbare Tür, vor der sie nun standen, war Holland noch nie aufgefallen, allerdings hatte er in dem mächtigen gelben Gebäuderiegel auf dem Gelände der BDVP bisher auch kaum zu tun gehabt. Sie befanden sich in einem schmucklosen Eingangsflur im Erdgeschoss des kasernenartigen Blocks, der die schlichte Bezeichnung »Haus L« trug. Nach dem Ende der Unterredung im Konferenzraum hatte ihn Major Zacharias direkt hierhergeführt. Nun legte er den Finger auf ein kleines blechernes Tastenfeld und gab einen Zahlencode ein. Es piepte kurz, dann sprang die Tür mit einem rasselnden Geräusch auf.

»Folgen Sie mir«, sagte Zacharias. »Hinter dieser Mauer liegen unsere Diensträume. Die gesamte Abteilung ist Sperrbereich.«

Holland ließ den Major vorangehen und betrat zum ersten Mal das Domizil der geheimnisumwobenen Einsatzgruppe, zu der er nun auch bald gehören würde. Hinter ihm fiel die Sicherheitstür mit einem metallischen Schmatzen ins Schloss.

Die Zimmer links und rechts waren verschlossen, aber Zacharias zählte im Vorbeigehen ihre Funktionen auf: Schreibstube. Unterkünfte für die Einsatzkräfte. Waschraum. Waffendepot. Alles in allem ein überschaubares Quartier. »Das dort ist mein Büro«, beendete der Major seine kurze Führung. Dann wies er auf die einzige Tür, die nur angelehnt war. »Und hier ist der Aufenthaltsraum. Unsere ›Wohnstube‹.«

Zacharias deutete eine einladende Armbewegung an, und sie gingen in das längliche Zimmer, dessen Hauptmöbel ein Sprelacart-Tisch mit einer Handvoll Stühlen war, während sich die Wohnaccessoires auf einen Fernseher und eine schmächtige Zierstaude im Hydrotopf beschränkten.

»Genosse Major!«, erschallte es unvermittelt, und zwei Männer schnellten von ihren Sitzen hoch. Einer von ihnen war ein Hüne von mindestens einem Meter neunzig. Der andere hatte eine kleine und sehnige Statur.

Zacharias nickte ihnen kurz zu, und die stramme Haltung der beiden löste sich um eine kaum spürbare Nuance. Dabei strahlten sie ein respektvolles, aber unmissverständliches Selbstbewusstsein aus. Sie trugen Trainingsanzüge, und schon auf den ersten Blick erkannte Holland ihre athletische Konstitution.

Der Major sah zu ihm herüber. »Ich möchte Sie mit unseren Einsatzkräften bekannt machen. Das dort sind die Genossen Babeck und Ferchow.« Dann wies er auf ihn und wandte sich an die zwei gegenüber. »Und das ist Genosse Holland. Unser Neuzugang.«

»Hallo!«, kam es unisono von den Männern im Sportanzug. Ihre Mienen ließen weder Sympathie noch Misstrauen erkennen. Nacheinander gaben sie Holland die Hand und stellten sich noch einmal mit vollem Namen vor.

Volker Babeck. Der Riese.

Und Hannes Ferchow. Der Drahtige.

»Sind die anderen unterwegs?«, fragte Holland.

»Nein.« Der Major sah ihn spöttisch an. »Weiter gibt es niemanden. ›Die anderen‹ sind Sie. Und ein Genosse, der ebenfalls neu dazukommt. Er wird in wenigen Minuten eintreffen.«

»So klein ist die Gruppe?«, entfuhr es Holland.

»Die Menge sagt nichts über die Qualität«, entgegnete der Major scharf, und die wenigen Worte schienen Vorwurf und Credo in einem zu sein. »Unsere Sollstärke beträgt eins zu vier. Ein Kommandeur und vier Kämpfer. Fünf entschlossene Spezialisten. Das ist mehr, als Sie vielleicht glauben.«

Holland staunte, aber er sagte lieber nichts. Ein Häuptling und vier Indianer. Sollte das die Faust der Behörde sein? Die Antwort auf Schwerverbrecher und Terroristen?

»In anderen Bezirken gibt es weitere Gruppen wie uns«, erläuterte Zacharias, der Hollands Gedanken zu erraten schien. »Wir können einzeln agieren oder als gemeinsamer Verband. Flexibel und den jeweiligen Erfordernissen angepasst. Aber das werden Sie alles noch früh genug mitbekommen.«

»Wird die Potsdamer Einheit jetzt erst aufgestellt?«, erkundigte sich Holland.

»Nein. Unsere Gruppe gibt es schon eine kleine Weile. Aber zwei Kollegen sind kürzlich ausgeschieden.« Der Major fixierte ihn mit unergründlicher Miene. »Sie waren ihrer Aufgabe nicht gewachsen.«

»Aha.« Holland musste schlucken. Der Wink mit dem Zaunpfahl war unmissverständlich.

Babeck und Ferchow schwiegen und sahen zu Boden. Für einige Augenblicke herrschte eine betretene Stille. Plötzlich schepperte ein Telefonklingeln durch die Räume, und Holland erschien es wie eine Erlösung. Der Major verschwand in seinem Dienstzimmer, nur um kurz darauf wieder herauszukommen und in Richtung Sicherheitstür am Eingang zu gehen. Man konnte ein zaghaftes Klopfen vernehmen, gefolgt von einigen unverständlichen Worten. Dann kehrte Zacharias ins Besprechungszimmer zurück und blieb neben Holland stehen.

»Kommen Sie herein«, sagte er laut.

Ein sportlicher junger Mann trat hinter ihm ins Zimmer.

Aber … Das ist doch nicht möglich!

Holland traute seinen Augen nicht.

Vor ihm stand Silvio. Sein Freund und Trainingspartner.

»Meine Herren, darf ich vorstellen – Silvio Fröhlich. Unser fünfter Mann«, verkündete Major Zacharias, und alle nannten noch einmal ihre Namen und schüttelten sich die Hände. »Jetzt sind wir vollständig«, meinte der Kommandeur dann. »Vertragen Sie sich gut! Sie verbringen demnächst viel Zeit miteinander.«

Silvio warf Holland einen flüchtigen Blick zu. »Lass uns nachher reden«, schien der zu bedeuten.

»Eine Sache noch.« Zacharias musterte abwechselnd Holland und Silvio. »Sie werden feststellen, dass wir hier einen sehr kameradschaftlichen Umgangston pflegen. Aber eines möchte ich gleich von Beginn an klarstellen: Ein Befehl ist ein Befehl. Was ich anordne, wird umgehend ausgeführt. Auch wenn es manchmal wehtut. In der Diensteinheit IX gibt es keine Ausreden. Wenn Sie das verinnerlichen, dann kommen wir gut miteinander aus.«

Ohne ein weiteres Wort machte der Major kehrt und verschwand in seinem Büro.

Einige Sekunden sprach niemand. Dann unterbrach Volker Babeck die entstandene Pause. »Untereinander sagen wir ›Du‹.« Er deutete in den Flur. »Kommt mit. Ich zeige euch euer Zimmer.«

Sie folgten dem Hünen, der zielstrebig auf eine Tür auf der gegenüberliegenden Seite zuhielt und sie geräuschvoll aufschwingen ließ. »Voilà. Euer Salon.«

Holland und Silvio verharrten im Türrahmen und blickten in den Raum. Er war schlicht und schmucklos gehalten, die Wände leuchteten weißlich gelb und besaßen einen umlaufenden Ölsockel. Alle Einrichtungsgegenstände gab es genau zweimal. Zwei Schränke. Zwei kleine Schreibtische. Zwei Stühle. Zwei Feldbetten.

»Gemütlich«, entfuhr es Silvio, und er lächelte schief.

»Nicht wahr?« Babeck grinste zurück. »Macht es euch bequem. Die neue Bekleidung liegt in den Schränken; eure Konfektionsgrößen wurden schon durchgestellt. Linker Spind Holland, rechter Spind Fröhlich.« Er tippte sich mit zwei Fingern grüßend an die Schläfe. »In dreißig Minuten haben wir Krafttraining. Bis nachher.«

Damit verschwand er.

»Die lassen ja nichts anbrennen«, stellte Holland fest.

»Nein. Lassen sie nicht«, sagte Silvio. Er blieb einen Moment still, dann sah er Holland an und erklärte mit betretener Stimme: »Du, wegen dieser Stelle hier … Es tut mir leid. Ich konnte dir vorher nicht Bescheid sagen. Die haben mich zum Schweigen verdonnert. Und ich wusste bis eben nicht einmal, dass du auch dabei bist.«

»Kein Problem.« Holland zuckte mit den Schultern. Dennoch verspürte er ein Gefühl tiefer Enttäuschung, weil Silvio ihn nicht in seine Pläne eingeweiht hatte. Gleichzeitig wurde ihm schmerzlich bewusst, wie ungerecht dieser Gedanke war, denn auch er hatte seinem Trainingspartner keinen reinen Wein eingeschenkt. War das der erste Effekt der neuen Arbeit? Dass man seinen Freunden nicht mehr die Wahrheit sagen konnte? Holland schüttelte unmerklich den Kopf. »Jetzt sind wir ja hier«, meinte er dann und boxte Silvio kumpelhaft gegen den Oberarm. »Schauen wir mal, was uns in diesem Laden erwartet.«