Eine Mitschrift:
Gaspery Roberts: Okay, Aufnahme läuft. Danke, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen.
Alan Sami: Aber gern. Danke fürs Mittagessen.
GR: Nun, nur der Aufzeichnung zuliebe: Sie spielen Geige?
AS: Ja, das tue ich. Ich spiele im Luftschiffterminal.
GR: Für Almosen?
AS: Weil es mir gefällt. Das Geld brauche ich nicht.
GR: Aber Sie sammeln das Geld in dem Hut zu Ihren Füßen …
AS: Na ja, Leute haben mir Kleingeld zugeworfen, also habe ich irgendwann beschlossen, meinen Hut umgekehrt auf den Boden zu legen, damit das Kleingeld nicht sonst wo landet.
GR: Darf ich Sie fragen, warum Sie spielen, wenn Sie das Geld nicht brauchen?
AS: Na ja, Söhnchen, weil ich gern spiele. Ich liebe es, Geige zu spielen, und sehe gern Leute.
GR: Wenn ich darf, würde ich Ihnen gern einen Clip vorspielen.
AS: Musik?
GR: Musik mit einigen Umgebungsgeräuschen. Ich spiele es Ihnen vor, und Sie erzählen mir, was Sie mir darüber sagen können. Wäre das für Sie in Ordnung?
AS: Klar. Legen Sie los.
(…)
GR: Das sind Sie, richtig?
AS: Ja, da spiele ich im Luftschiffterminal. Die Qualität der Aufnahme ist allerdings lausig.
GR: Wie können Sie sich so sicher sein, dass Sie das sind?
AS: Wie kann ich mir …? Echt jetzt? Nun, Söhnchen, weil ich die Musik kenne und weil ich ein Luftschiff höre. Dieses Wuuusch am Ende.
GR: Bleiben wir noch einen Moment bei der Musik. Das Stück, das Sie da spielen, können Sie mir mehr darüber erzählen?
AS: Ist mein Wiegenlied. Ich habe es komponiert, ihm aber nie einen Titel gegeben. Es war etwas, das ich für meine Frau verfasst habe, meine verstorbene Frau.
GR: Ihre verstorbene … Tut mir leid.
AS: Danke.
GR: Gibt es … ich meine, haben Sie das Stück jemals aufgenommen? Oder die Noten aufgeschrieben?
AS: Weder … noch, warum?
GR: Nun, wie gesagt, ich arbeite als Assistent eines Musikhistorikers und erforsche Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Musik, die in den Luftschiffterminals verschiedener Gegenden der Erde gespielt werden.
AS: Und das machen Sie noch mal im Auftrag welcher Institution?
GR: Der University of British Columbia.
AS: Daher Ihr Akzent?
GR: Mein Akzent?
AS: Er hat sich gerade verändert. Ich habe ein Ohr für Akzente.
GR: Ach so, ich stamme von Kolonie Zwei.
AS: Interessant. Meine Frau kam von Kolonie Eins, aber ich muss sagen, sie hat sich ganz anders angehört. Wie lange machen Sie diese Arbeit schon?
GR: Als Rechercheassistent? Ein paar Jahre.
AS: Mussten Sie dafür studieren? Oder wie kommt man sonst zu so einem Job?
GR: Gute Frage. Ehrlich gesagt, ich hatte mich ein bisschen verrannt, eine Sackgasse. Ein Job bei einer Hotel-Security, eigentlich ganz okay. Ich stand in der Lobby und musste Leute beobachten. Aber dann, na ja, dann bot sich mir diese Gelegenheit, etwas, das ich so interessant fand wie nichts zuvor. Also habe ich mich fünf Jahre lang ausbilden lassen, habe Linguistik studiert, Psychologie und Geschichte.
AS: Das mit Geschichte verstehe ich ja, aber warum Psychologie und Linguistik?
GR: Na ja, Linguistik, weil die Menschen in unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich gesprochen haben, und da bei alter Musik oft auch Gesang eine Rolle spielt, kann Linguistik ziemlich hilfreich sein.
AS: Klingt naheliegend. Und Psychologie?
GR: Aus persönlichem Interesse. War eigentlich nicht wichtig. Überhaupt nicht. Ich weiß auch gar nicht, warum ich das gesagt habe.
AS: Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zu viel.
GR: Moment mal, haben Sie mich gerade eine Dame genannt?
AS: Das ist Shakespeare, Söhnchen. Also bitte, ich dachte, Sie hätten studiert?