Hellu umklammert den Hörer. Das spiralförmige Kabel spannt sich um ihre Brust. Das Gerät ist ein Relikt aus einer anderen Zeit, und das Gefühl des stabilen Plastikhörers an ihrem Ohr lässt sie an ihre Kindheit denken. An die langen Telefonate mit Freundinnen und die ständige Mahnung ihres Vaters, die Leitung freizugeben.
»Hello?«, sagt eine Frauenstimme auf Englisch.
»Yes?«
»Entschuldigung, dass Sie warten mussten. Wir haben ein sehr striktes Protokoll für die Weitergabe von Informationen. Im vorigen Monat hat es der Reporter einer großen Tageszeitung geschafft, Einzelheiten einer Ermittlung auszuspionieren, indem er sich als Assistent der Staatsanwaltschaft ausgab. Na, daraufhin gab es natürlich einen irrsinnigen Shitstorm, entschuldigen Sie den Ausdruck, Leute wurden gefeuert, und deshalb …«
»Ich verstehe«, sagt Hellu und klopft nervös mit dem Stift auf das Mousepad. Es ist das dritte und letzte Telefonat. Während der Gespräche hat sich ihre Spannung in Entsetzen verwandelt.
»Aber kurz und gut, die Antwort auf Ihre Frage lautet Ja«, fährt die Stimme fort. »Dienst Landelijke Operationele Samenwerking bestätigt, dass Miep Loos in Kleidung gefunden wurde, auf die Ihre Beschreibung passt.«
Hellu schluckt, um ihre trockene Kehle anzufeuchten.
»Darf ich Sie bitten, mir Fotos vom Tatort zu schicken? Wir senden Ihnen gern auch unsere«, sagt sie.
»Natürlich.«
»Und ich würde Ihnen empfehlen, sich mit den Gewaltdezernaten der Polizei von Lwiw und Sankt Petersburg in Verbindung zu setzen. Ich schicke Ihnen die Informationen gleich in verschlüsselter Form. Wir haben den Verdacht, dass der Mörder von Miep Loos nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal zugeschlagen hat.«
Nachdem das Gespräch beendet ist, blickt Hellu zum Fenster hinaus und seufzt tief. Wenn die Wände reden und sich Notizen machen könnten, würden sie irgendwann einmal erzählen, dass an einem Nachmittag im November in diesem Raum eine äußerst bedrückte Hauptkommissarin gesessen hat.