Vor dem Haus, in dem Lisa Yamamoto wohnt, sind mehrere Stellplätze frei, und Jusuf parkt so nah an der Haustür wie möglich. Bevor Jessica aussteigt, zieht sie den Reißverschluss höher, damit die nassen Schneeflocken nicht auf ihrem Hals landen. Die blassgrüne Farbe des sechsstöckigen Eckhauses, das vor ihnen aufragt, erinnert an einen abgestandenen Gemüsesmoothie. Fast direkt neben der Haustür befindet sich eine kleine Rasenfläche, die ein einsamer kahler Baum schmückt. Dahinter rauscht der Verkehr auf der stark befahrenen Topeliuksenkatu vorbei.
»Da drüben hab ich mal gewohnt«, sagt Jusuf, als er die Autotür zuschlägt.
Jessica dreht sich zu Jusuf um, der in die Richtung zeigt, aus der sie gerade gekommen sind.
»Wo?«
»An der Ecke Minna Canth und Messenius.«
»Tatsächlich? Wann?«
»Vor zehn Jahren. Als Anna und ich aus Söderkulla in die Stadt gezogen sind.« Jusuf steckt die Hände in die Taschen seines Hoodies. Seine Jacke hat er im Auto gelassen, wahrscheinlich möchte er nicht, dass die nagelneue Lederjacke nass wird. Er schüttelt den Kopf und blickt mit wehmütiger Miene in seine Vergangenheit. Jessica weiß nicht, ob er die Absicht hat, über das Thema – über sich selbst und Anna und ihre gescheiterte Beziehung – zu reden, beschließt aber, keine weiteren Fragen zu stellen.
»Wo ist denn hier die Klingel?«, fragt Jessica, doch im selben Moment bewegt sich etwas hinter dem Türfenster, bald darauf öffnet ein alter Mann die Tür und hält sie Jessica und Jusuf im Hinausgehen auf.
»Haben die Handwerker sie noch nicht repariert?«, fragt er mit einer für sein Alter überraschend kräftigen Stimme.
»Was?«, fragt Jusuf den Alten, der neben ihnen stehen bleibt. Die Feuchtigkeit scheint ihn nicht zu stören.
»Die Klingel«, sagt der Mann und schwenkt den Arm. »Wird allmählich Zeit, verflixt nochmal.«
Jessica und Jusuf wollen gerade eintreten, als der Mann sie noch einmal anspricht.
»Moment mal, sind Sie von der Polizei?«
Er zeigt auf die Ausweise, die den beiden um den Hals hängen.
Jessica nickt. Im Regen, aus dem inzwischen ein Nieseln geworden ist, wird der Mantel des Mannes an den Schultern nass.
»Sind Sie wegen dem Lärm hier?«, fragt der Alte.
»Dem Lärm?«
»Ja. Heute früh hat wieder jemand kräftig gegen die Wände gedonnert.«
»Wieder?«
»Derselbe Lärm war in der Nacht zum Sonntag zu hören, verflixt nochmal.«
Die mit Raumspray gesüßte Luft hängt so schwer in der Wohnung, dass Jessica am liebsten ein Fenster öffnen würde. Das Wasser rauscht in den Leitungen, und aus dem Bad dröhnt das störend laute Rumpeln der Waschmaschine. In Momenten wie diesem sind lange Pausen im Gespräch eine Selbstverständlichkeit, man muss sie kommen und vergehen lassen, muss sie respektieren. In diesen Pausen achtet man ganz besonders auf die Geräusche in der Umgebung.
»Erzählen Sie das Ganze nochmal in eigenen Worten, von Anfang an«, bittet Jessica und lehnt sich mit verschränkten Armen an die Fensterbank.
Die junge Frau auf dem Sofa bürstet sich pausenlos die blonden Haare, ganz offensichtlich eine Ersatzhandlung, die das Gefühl der Hilflosigkeit durch eine nützliche Tätigkeit mildern soll. Während Jessica auf die Antwort wartet, blickt sie sich in dem gemütlichen Wohnzimmer mit der geräumigen und praktisch wirkenden Kochnische um. Die moderne Einrichtung, in der skandinavische Elemente dominieren, passt gut zu zwei jungen, urbanen Frauen. Die Dreizimmerwohnung hat zwei Schlafzimmer, für jede eins.
»Lisa ist am Samstag zur Party gegangen. So gegen sechs«, sagt Essi leise.
»Zu wessen Party?«, fragt Jessica, obwohl sie die Vermisstenmeldung zweimal gelesen hat. Jusuf setzt sich in sicherer Entfernung von Essi auf das Sofa.
»Zu Tims Veröffentlichungsfeier.«
»Tim?«
»Tim Taussi. Das ist dieser Rapper. Kex Mace’s.«
Jessica wirft Jusuf einen Blick zu. Kex Mace’s ist in Finnland jedem bekannt, der nicht völlig abgeschottet lebt. Die bis ins Letzte durchgestylten Songs und die übertriebenen, die amerikanische Gesellschaft verherrlichenden Texte finden jedoch vor allem bei jungen Frauen Anklang. Teilweise auch bei Männern, wie zum Beispiel bei Fubu, mit dem Jessica sich vor einiger Zeit gelegentlich getroffen hat. Fubus Musikgeschmack war zwar nicht der Grund für ihre Trennung, hat die gemeinsamen Abende aber auch nicht gerade schöner gemacht.
»Kennen Sie ihn?«, fragt Jusuf.
Essi sieht Jusuf aus glasigen Augen an, als wäre die Frage überflüssig.
»Tim? Ja.«
»Warum sind Sie nicht mitgegangen?«, fährt Jusuf fort.
»Ich war zu müde«, antwortet Essi und legt die Bürste auf den Tisch. »Ich hatte ein bisschen Schnupfen.«
»Okay«, sagt Jessica. Sie betrachtet die etwa zwanzigjährige Frau, eine hübsche Blondine mit Pagenkopf, einer kleinen Nase und großen braunen melancholischen Augen.
»Ich war unter der Dusche, so gegen neun oder zehn Uhr am Abend, als die Tür ging. Da dachte ich, Lisa wäre nach Hause gekommen, aber hier war niemand. Natürlich habe ich geglaubt, ich hätte mich verhört, aber jetzt ist alles so seltsam …« Essi presst die Lippen zusammen.
»Ist es möglich, dass jemand in die Wohnung gekommen ist? Haben Sie gemerkt, dass irgendetwas verschwunden ist?«, fragt Jusuf, aber Essi schüttelt den Kopf.
»Als ich dann am Morgen wach wurde«, erzählt sie weiter, »war es ungefähr acht. Auf dem Weg zur Küche habe ich gemerkt, dass die Tür zu Lisas Zimmer offenstand. Sie macht sie über Nacht immer zu, immer. Ich hab reingespäht und gemerkt, dass sie nicht im Bett lag. Hätte ja sein können, dass sie schon wach war. Aber die Tagesdecke lag auf dem Bett. Da ist mir klar geworden, dass sie überhaupt nicht nach Hause gekommen war. Ich wäre nämlich bestimmt wach geworden, wenn sie schon am Morgen wieder gegangen wäre.«
»Kommt das oft vor? Dass Lisa irgendwo anders übernachtet?«
»Nicht oft. Manchmal. Aber dann schickt sie mir meistens eine Nachricht. Damit ich mir keine Sorgen mache. Sie nimmt das ziemlich genau.«
»Ziemlich genau?«
»Na ja, manchmal treibt sie es eben zu wild, oder der Akku ist leer oder sowas. Aber irgendwie hab ich geahnt, dass diesmal was nicht stimmt.«
»Und Sie haben sie angerufen?«
»Zuerst hab ich ihr eine Nachricht geschickt. Aber als die bei WhatsApp nach einer Stunde noch nicht durchgegangen war, hab ich angerufen. Da war ihr Handy ausgeschaltet. Oder jedenfalls nicht zu erreichen.«
Jessica hört lautes Hupen auf der Topeliuksenkatu. In ihren Wimpern hängt ein Fussel, der sie am Auge kitzelt. Sie zupft ihn weg und betrachtet ihn einen Moment lang aus nächster Nähe, bevor er auf den Boden fällt.
»Und um halb fünf am Sonntagnachmittag haben Sie sich bei der Polizei gemeldet«, stellt Jusuf fest.
»Da hatte ich schon absolut alle Bekannten angerufen. Und keiner wusste, wann sie von der Party weggegangen ist und wohin. Bei der Nachfeier war sie nicht – jedenfalls nicht bei Tims Nachfeier in Ullanlinna. Das ist sicher.«
»Kennen Sie Jason Nervander?«, fragt Jessica.
»Ja, natürlich.« Essi seufzt verzweifelt auf. »Das ist so verdammt krank …«
Jessica wartet einen Moment, während Essi sich die Nase putzt und einen Blick auf ihr Handy wirft.
»Wissen Sie, ob Jason auf der Party war?«, fragt sie dann.
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht. Jason war eher in anderen Kreisen zugange.«
»Halten Sie es für möglich, dass Lisa und Jason gemeinsam verschwunden sind?«, fragt Jessica und geht langsam in Richtung Kochnische. An den weißen Wänden des Wohnzimmers hängen große gerahmte Manga-Zeichnungen von Gestalten, die mit ihren riesigen Augen und minimalistischen Nasen an die Zeichentrickfilme von Hayao Miyazaki sowie an Ginga Nagareboshi Gin und Pokémon erinnern.
»Dass sie sich absichtlich irgendwo verstecken?« Essi putzt sich wieder die Nase, diesmal kräftiger. Das Geräusch erinnert an einen kleinen Elefanten.
»Ja«, sagt Jessica und bleibt vor einem der Bilder stehen. Es zeigt ein Mädchen mit großen Augen, das ein blau leuchtendes Schwert zum Himmel streckt.
»Na ja, theoretisch wäre das schon möglich. Aber dann ist heute bei Instagram dieses Bild aufgetaucht.« Essi blickt unruhig zum Fenster. »Lisa würde sowas nicht zum Spaß posten, nicht mal als Aprilscherz.«
»Kommen wir auf Jason zurück. Wie gut kennen die beiden sich?«, fragt Jessica mit ruhiger Stimme.
»Die hatten mal was miteinander.«
»Eine Beziehung?«, erkundigt sich Jusuf, plötzlich hellwach.
Essi nickt. »Vor einem Jahr oder so. Aber das haben sie nie publik gemacht. Damals war Jason ziemlich oft hier.«
»Haben sie noch miteinander zu tun?«
»Glaub ich nicht. Ihre Trennung war ziemlich schmutzig.«
»Inwiefern schmutzig?«, fragt Jessica und geht von dem Schwertbild zum nächsten.
»Jason hat Lisa betrogen. Er hat sie angelogen, als sie ihn danach gefragt hat. Und dann wurde er erwischt. Lisa hätte es mir erzählt, wenn sie wieder Kontakt hätten.«
»Und trotzdem gehen die Leute, die Jason und Lisa kennen, davon aus, dass sie gemeinsam verschwunden sind«, sagt Jusuf.
»Die Leute sind eben blöd«, murmelt Essi mit weinerlicher Stimme. »Sie glauben zu wissen … Ziemlich wenige kennen Lisa wirklich. Die Menschen sehen Social-Media-Fotos von irgendwem und glauben, sie wüssten alles über ihn.«
»Stimmt«, sagt Jessica so leise, dass sie nicht sicher ist, ob man sie hört. Sie betrachtet nun eine Filzstiftzeichnung im Manga-Stil, die ein lächelndes blauäugiges Mädchen zeigt. Auf den weißen Locken liegt ein Kranz aus roten Rosen, und bei der Kleidung handelt es sich offensichtlich um eine japanische Schuluniform: Kniestrümpfe, ein kurzer dunkelblauer Rock und ein weißes, an eine Matrosenbluse erinnerndes Oberteil mit roten Schleifen. Obwohl die Zeichnung an einen Comic erinnert, ist sie alles andere als lässig. Ihr fehlen Verspieltheit und Ironie.
Die auf dem Bild verewigten großen Augen halten Jessicas Blick gefangen. Ein seltsames Gefühl überkommt sie: die Vorstellung, dass sich hinter diesen Augen etwas Entsetzliches verbirgt. Das ist ihr auch früher schon passiert. Wenn sie zu lange auf ein Gesicht starrt, verliert es seine Form, gerade so wie Worte, die man zu oft wiederholt. Die gebräunte Haut des Mädchens auf dem Bild erblasst, die hellen Haare durchlaufen das ganze Farbenspektrum und werden schließlich schwarz. Die Gesichtsknochen werden hauchdünn wie Backpapier, das man im Ofen vergessen hat und das bei der leisesten Berührung zerfällt. Eine dunkelrote Flüssigkeit läuft vom Schädel auf die Stirn, aus der Nase in den Mund und hinter den Ohren hervor auf die Wangen. Die Augäpfel und die perfekte Zahnreihe bilden weiße Inseln in der rot gefärbten Haut. Und während der Metamorphose ist ein widerliches Rasseln zu hören, als würden aus Tausenden Spinneneiern gleichzeitig kleine Achtfüßler schlüpfen und sich auf den Weg ins Gehirn machen.
Jessica schließt die Augen, und als sie sie wieder öffnet, hat das Mädchen funkelnde Augen und weiße Haare wie zu Beginn. Ihre Fingerspitzen prickeln. Sie hat kein Wort von dem mitbekommen, was Essi offenbar gesagt hat.
»Sorry«, murmelt Jessica, richtet den Blick auf den Rahmen, um den Blickkontakt mit dem Mädchen auf dem Bild zu vermeiden, und bemerkt etwas, das sie beinahe übersehen hätte: Am unteren Bildrand steht in Großbuchstaben L. Y. 2018.
»Bedeutet die Signatur L. Y. Lisa Yamamoto?«, ruft Jessica.
Essi nickt und hüstelt. »Die hat alle Lisa gemalt«, sagt sie und zeigt auf die Bilder an den Wänden. »In ihrem Zimmer sind noch viel mehr. Alle Wände voll. Die meisten gerahmt, ein paar sind noch nicht fertig.«
»Versteht Lisa Japanisch?«, fragt Jusuf nach kurzer Stille.
»Ja. Ich hab manchmal gehört, wie sie es spricht.«
»Mit wem?«
»Mit ihrem Vater«, antwortet Essi. »Und neulich war irgendein Japaner hier. Der hat ein Bild bei ihr bestellt oder so …«
Jessica und Jusuf sehen sich an. Dann holt Jessica ihr Handy aus der Tasche und tippt darauf herum, bis auf dem Display eine Vergrößerung des Fotos erscheint, das Rasmus ihr vorhin geschickt hat. Es zeigt einen relativ jungen japanischen Mann vor weißem Hintergrund. Akifumi. Vielleicht ist das Foto echt, vielleicht stammt es vom Account eines anderen Mannes oder aus einem Fotoarchiv und hat mit dem Verfasser des Kommentars nichts zu tun. Vielleicht hat der ganze Kommentar nichts mit der Sache zu tun. Aber im Moment ist er die einzige Spur.
»Könnte es dieser Typ gewesen sein?«, fragt Jessica und reicht Essi das Handy.
Die junge Frau betrachtet das Foto eine Weile, schüttelt dann aber den Kopf. »Kann ich nicht sagen … Ich hab ihn nicht gesehen. Ich hab sie nur gehört, ich war in meinem Zimmer, als er kam. Und die Tür war zu.«
»Aber Sie haben trotzdem mitbekommen, dass die beiden Japanisch miteinander sprachen?«
»Na ja, es klang anfangs so ungewohnt, dass ich an der Tür gelauscht hab. Aus reiner Neugier.«
»Hörte er sich wie ein junger Mann an?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich dachte, er wäre jung, weil er so ein starkes Rasierwasser hatte … Unser Wohnzimmer hat noch danach gerochen, als er schon wieder gegangen war.«
»Was für ein Rasierwasser? Können Sie es beschreiben?«
Essi wirkt nachdenklich. »Nein. Irgendwie süßlich. Sehr intensiv.«
Jessica schreibt süßlich in ihr Notizbuch.
»War das Gespräch friedlich?«, schaltet sich Jusuf ein.
»Sie haben nicht aufgeregt gewirkt, wenn Sie das meinen.«
»Okay. Wann war das?«, fragt Jessica.
»Vielleicht vor einer Woche.«
»Können Sie die Zeit möglichst genau eingrenzen? Vielleicht haben Sie gerade in dem Moment eine Nachricht oder eine Mail abgeschickt. Irgendetwas, wo man das Datum und die Uhrzeit sieht«, sagt Jusuf ruhig.
»Ich kann es versuchen. Aber warum? Glauben Sie, dass der Mann …«
»Wir glauben gar nichts. Aber wir würden den Mann gern befragen.« Jessica steckt das Handy wieder in ihre Jeanstasche. »Und die beiden haben also Japanisch gesprochen, sodass Sie nicht verstehen konnten, worüber sie geredet haben?«
»Genau.«
»Woher wussten Sie dann, dass es um ein Bild geht?«
»Lisa hat es mir erzählt, als der Mann gegangen war.«
»Dass er ein Bild gekauft hat?«
»Ja. Oder vielmehr bestellt.«
»Hat Lisa das Bild schon fertig?«
»Keine Ahnung.«
»Ist das oft vorgekommen? Ich meine, hat Lisa oft Bilder verkauft?«
»Ja, sie hat auf Instagram Werbung gemacht, und manchmal hat jemand eins gekauft.«
Die Wand zwischen dem Wohnzimmer und Lisas Zimmer ist komplett mit Dekoziegeln verkleidet. Auf dem Fußboden liegen eine Rolle Schutzpappe, ein Sack Mörtel und ein Spatel. Daneben eine Dose weiße Farbe und ein breiter Farbroller. Die überzähligen dünnen Ziegelsteine sind säuberlich aufgeschichtet.
»Sie haben gerade renoviert?«
Essi nickt.
»Das hat Lisa gemacht. Sowas kann sie richtig gut«, sagt sie und zeigt auf eine Stelle zwischen dem Wohnzimmer und der Kochnische. »Hier war eine große Wand, davon hat Lisa einen Teil abgerissen, damit das Ganze geräumiger wirkt. Das hat sie ganz allein gemacht.«
»Ziemlich viel Arbeit«, meint Jessica und betrachtet den kniehohen Vorschlaghammer mit Holzgriff, der in der Ecke steht.
»Das ist das Tolle an Lisa«, fährt Essi fort. »Ihr Instagram-Account lässt die Leute glauben, dass sie im Luxus lebt. Aber in Wahrheit hat sie keine Angst davor, sich die Hände schmutzig zu machen. Wir haben wirklich keine Handwerker gebraucht.«
Essi lächelt, doch ihr Gesicht wird bald wieder traurig. Wahrscheinlich ist die Wirklichkeit in ihr Bewusstsein zurückgekehrt.
»Können wir uns mal in Lisas Zimmer umsehen?«, fragt Jessica.
Essi sieht sie aus glasigen Augen an. Schließlich nickt sie, trinkt ihren Milchkaffee aus und sagt: »Ich geh inzwischen eine rauchen.«
»Ach ja, Essi, es hat wohl nichts mit Lisa zu tun, aber … Ein alter Mann hat vorhin an der Haustür gesagt, dass im Treppenhaus in der Nacht zum Sonntag und heute früh heftiger Lärm zu hören war. Lautes Klopfen. Haben Sie das auch gehört?«
Essi zieht den Mantel an, zwischen Zeige- und Mittelfinger ist eine Zigarette aufgetaucht.
»Ja, hab ich. Aber ich weiß nicht, woher es kam, und es hat auch nicht lange gedauert.«