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A ngie beobachtete, wie seine Hand ausholte, um auf das schnittige schwarze Fahrzeug hinzuweisen, an das er sich gelehnt hatte.

Sie stieß einen kontrollierten Atemzug aus und verschränkte die Arme vor der Brust. »Was genau willst du von mir?«

Für wenige Sekunden blickte er sie finster an. Sein maskuliner Ausdruck erzeugte ein sexuelles Knistern. Dann wurden seine Gesichtszüge ebenmäßig und seine Augen leer. »Du hast meine Haare versaut.«

Wieso hat er so lange gewartet, um sich darüber zu beschweren? Sie stellte sich noch aufrechter hin und nahm sofort Anstoß daran. »Scheiße, das habe ich ganz sicher nicht getan.«

»Fluchst du immer ohne Grund?«, fragte er scharf, als wäre es sein höchstes Recht, sie so in die Mangel zu nehmen.

»Nur, wenn ich verdammt nochmal Lust dazu habe«, pfefferte sie zurück, um ihn – wieso auch immer – zu provozieren.

Seine Nasenflügel blähten sich auf, und sein Blick fiel auf ihre Brüste, um dann weiter hinunter auf die Wölbung zwischen ihren Beinen zu wandern. Dieser Moment, als er sie beobachtete, begann sich für Angie surreal anzufühlen, als wolle er die nächstgelegene horizontale Fläche finden und sie darauf hinunterstoßen. Alles, was sie tun konnte, war, zu versuchen, das Zittern ihrer Beine zu kontrollieren und den Bedarf an Sauerstoff, den sie in und aus ihren Lungen presste, zu mäßigen. Nach einem kurzen Schweigen fragte er: »Trägst du immer Schwarz?«

Angie holte bei seinem unverhohlen sexuellen Gesichtsausdruck tief Luft und konterte schnell: »Baggerst du immer Frauen an, die du kaum kennst?«

»Nur wenn ich sie flachlegen will, und ich bagger dich nicht an «, antwortete er schroff in einem feindseligen Ton.

Ihre Augen flackerten, und ihr Blick auf ihn verengte sich bei dieser absichtlichen Beleidigung. »Du bist ganz schön unhöflich. Geh weg von meinem Auto und verpiss dich von hier.«

Er schien die Bemerkung über seinen Charakter zu ignorieren und kehrte zum Thema Haarschnitt zurück, den sie ihm verpasst hatte. »Schau, was du mit meinen Haaren gemacht hast.« Er drehte sich um, bis sie sein Profil sehen konnte.

Von dort, wo sie stand, konnte sie nichts Falsches an seinem Haarschnitt erkennen. Er war verdammt nochmal perfekt, genau wie der Rest von ihm. Damian hatte breite Schultern, die auf einem schlanken Körper saßen, ein kantiges Gesicht mit so maskulinen Zügen, dass sie schlucken musste, bevor sie eine Antwort formulieren konnte. »Was stimmt daran nicht?«

»Du hast es vermasselt. Es sieht scheiße aus.«

»Das ist doch Schwachsinn. Soll das etwa eine lahme Ausrede dafür sein, mich nochmal im Salon besuchen zu können?«

Er hob eine Augenbraue. »Und wenn es so wäre?«

»Dann würde ich denken, dass du mich stalkst.«

Er starrte sie an, als ob er versuchte in ihre Gedanken einzudringen. »Das ist nicht der Grund, warum ich hier bin, aber du musst meine Haare wieder richten.«

»Meinetwegen.«

»Ich meine es ernst, Schätzchen.«

»Ich bin nicht dein Schätzchen. Nenn mich nicht Schätz…«

Er stieß ein Lachen aus, das keinerlei Humor erkennen ließ. »Wer zum Teufel würde dich als Schätzchen wollen? Ich bezweifle, dass dir jemals jemand genug vertrauen könnte, um neben dir einschlafen zu können. Du würdest ihm wahrscheinlich einen Speer durch sein verdammtes Herz jagen.«

Angie konnte sich nicht entscheiden, ob er einfach nur unhöflich oder übertrieben und unausstehlich gemein war. Sie konnte definitiv ein Blitzen sexueller Anziehung in seinen Augen sehen, egal was er sagte. Sie entschied sich für die Reaktion, die ihm keinen Einstieg zu dem gewähren würde, was sie meinte, was er wirklich von ihr wollte. »Fick dich.«

Eine tödliche Stille machte sich um ihn herum breit, und während seine Augen aufleuchteten, formte sich sein Mund zu einem scharfen Strich. »Nur zu, Baby.«

Eine Welle der Hitze rollte durch ihren Körper, aber sie ignorierte sie. Falls das eine Anmache war, dann war es eine, wie sie sie noch nie erlebt hatte. »In deinen Träumen, Mister. Hau ab.«

»Ich gehe nirgendwohin, bis du zustimmst, meine gottverdammten Haare wieder zu richten.«

Sie seufzte erschöpft. »Okay, gut. Komm am Freitag – und ich bring es in Ordnung.«

»Ich brauche bis morgen früh einen sauberen Haarschnitt.«

»Tja, das ist ein Problem, weil ich erst am Freitag wieder arbeite.«

»Dann richte sie mir heute Abend noch. Jetzt am besten. Wir können direkt in meine Wohnung gehen.«

Ihr Magen krampfte sich zusammen und ihre sowieso schon sehr fragile Selbstkontrolle war kurz davor, zusammenzubrechen … aber sie hielt ihm weiter stand. »Nachdem du mich gerade bedroht hast? Das soll wohl ein Witz sein.«

Beleidigt von diesem Vorwurf, richtete er sich zu seiner vollen Größe auf, von seiner lässigen Aura war nichts mehr zu spüren. »Wie zur Hölle habe ich dich bedroht?«

»Was sollte denn der Quatsch mit dem Fremden und schaden und dass es draußen dunkel ist?«

»Um Gottes willen, das waren doch keine Drohungen, das war Besorgnis«, kamen ihm die Worte ungeduldig aus der Kehle.

»Besorgnis?«

Arrogant hob er eine einzelne Augenbraue. »Denkst du, du bist kugelsicher, Süße? Ist es dir schon mal in den Sinn gekommen, dass du in dieser Aufmachung unerwünschte Aufmerksamkeit erregen könntest?«

Er blickte weg und sah sich auf dem Parkplatz um, bevor er seinen Blick wieder auf sie richtete. Wer war dieser Kerl, dass er glaubte, er könne einfach so mit seiner Meinung über ihren Lebensstil herausplatzen? Sie versuchte, ihren Ton zu mäßigen. »Wir sind in einer sicheren Nachbarschaft. Es wird nichts passieren.«

Mit gequälter Miene schüttelte er den Kopf, wechselte dann aber das Thema. »Ich muss mit dir reden.«

Endlich. So langsam kamen sie vorwärts. Sie wusste, dass es nicht um seine verdammten Haare ging. »Über?«

»Ich möchte das nicht hier besprechen. Willst du woanders hingehen?«

Da er schon so lange Kunde in dem Salon war, in dem sie arbeitete, würde sie ihm eine Minute ihrer Zeit schenken, aber irgendwo mit ihm hingehen? »Ähm, nicht wirklich.«

»Hör zu, ich will dir nichts Böses, aber du musst mir einen Gefallen tun.«

Okay, so langsam schien die Sache doch noch interessant zu werden, sodass selbst Angie nicht mehr anders konnte, als nachzuhaken. »Einen Gefallen?«

»Ja«, antwortete er knapp.

Angie musterte ihn einen Moment lang und versuchte, ihn einzuschätzen. Als sie ihm antwortete, entschied sie sich dafür, etwas Humor mit ins Spiel zu bringen. »Hat das etwas damit zu tun, dass ich den Leuten immer einen ausgezeichneten Haarschnitt verpasse?«

Ein ernster Ausdruck verhärtete seine Züge. »Nein. Es hat etwas mit der Tatsache zu tun, dass ich dich trotz deines Totenkopf-Accessoires und deines lila Lippenstifts immer noch unbedingt ficken will.«

»Wie bitte, was? «

»Ich sagte, ich will dich ficken …«

»Ich habe dich schon beim ersten Mal verstanden. Das alles macht überhaupt keinen Sinn. Was sollen denn dann die ganzen Beleidigungen?«

Seine Augen verhärteten sich, und ein dunkler, sexueller Blick trat in den Vordergrund. »Ich will dir nicht zu nahe treten, aber es ist die Wahrheit. Du siehst aus wie die Ausgeburt des Bösen.«

Sie hob ihr Kinn und warf ihm einen bösen Blick zu. »Schön, dass du das bemerkt hast, das macht die Sache allerdings nicht wirklich klarer.«

Sein Blick glitt an ihrem Körper hinunter, bevor er sich wieder zu ihrem Gesicht hob. »Für mich bist du der Inbegriff von unpassend , und somit genau das, was ich brauche. «

Angie konnte ihre Verwirrung nicht verbergen. »Hä?«

»Du siehst aus wie die Tochter des Teufels, und doch bist du so verdammt sexy. Völlig unpassend für einen Mann wie mich.«

»Verstehe.« Angie stieß das Wort in einem Atemzug aus, ein Strudel aus Erregung und Enttäuschung drehte sich in ihrem Bauch. »Ich gebe zu, dass das nicht ganz mein Element ist.« Sie atmete tief ein. »Ich weiß nicht, was zum Teufel du von mir willst, ich kenne noch nicht einmal deinen Nachnamen, aber was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass du mich beleidigst.«

»Ich wollte dich nicht beleidigen.« Er hielt einen Moment inne und betrachtete sie. »Wir sind einfach aus zwei verschiedenen Welten …«

»Ja, und ich denke, wir sollten es dabei belassen«, antwortete Angie kurz.

Er fuhr fort, als hätte sie ihn nie unterbrochen: »Es wäre völlig glaubhaft, dass ich dir nicht widerstehen kann.« Seine Augen glitten noch einmal über sie, und als sie wieder zu den ihren aufstiegen, sah sie dort eine Warnung widergespiegelt. »Völlig falsch, aber dennoch glaubhaft.« Er stieß sich von dort ab, wo er stand, ging die fünf Schritte, die sie voneinander trennten, und streckte seine Hand aus.

Ganz vorsichtig legte Angie ihre Hand in seine, wo sie von einem festen Händedruck umschlossen wurde. »Damian Rule.«

Angie leckte sich über die Lippen, während ihr ein Schauer aus Bangen und Aufregung über den Rücken lief. »Angie Ross.«

»Schön, dich offiziell kennenzulernen, Schätzchen. Hast du etwas Zeit für mich? Es gibt ein Restaurant die Straße runter. Ich verspreche, ich werde dich nicht lange aufhalten.«

Angie wusste genau, dass sie ablehnen sollte. Aus einem Treffen zwischen ihnen konnte nichts Gutes entstehen. Er war beleidigend, feindselig und für sein eigenes Wohl viel zu gutaussehend. Ablehnen konnte sie jedoch nicht. Der Grund dafür war einfach: Sie war neugierig. Sie wollte unbedingt wissen, was zum Teufel er wirklich von ihr wollte.

Sie zuckte mit den Schultern und nannte das nächstgelegene Restaurant mit angeschlossener Bar, von dem sie annahm, dass er es mögen würde.

»Ja, das meinte ich«, stimmte er ihrer Wahl zu.

Sie zog ihre Hand aus seiner. »Ich treffe dich dort.«

* * *

Damian setzte sich im Restaurant in einen Eckbereich und verhielt sich unauffällig, während er auf das Grufti-Mädchen wartete. Sie traf fünf Minuten nach ihm ein, und obwohl es die Höflichkeit gebot, aufzustehen, sobald sie hereinkam, erlaubte es ihm seine sehr spürbare körperliche Reaktion auf sie nicht, sich von seinem Platz zu erheben.

Es war eine unerwartete Reaktion, die er in den Griff bekommen musste. Sicherlich würde er nicht mehr so prompt auf sie reagieren, wenn er mehr Zeit mit ihr verbringen würde; und er hatte bestimmt nicht vor, das zu verhindern. Er würde nicht mit ihr schlafen. Würde. Er. Nicht . Der Grund dieses Treffens war für ihn ein rein geschäftlicher. Er wollte mit ihr eine Vereinbarung abschließen, und die konnte er nicht mit einem Austausch von Körperflüssigkeiten besudeln, egal wie hart sie ihn werden ließ.

Ohne falsche Scheu glitt sie auf den Stuhl ihm gegenüber. »Hey.«

»Ich habe mir schon einen Drink bestellt, was willst du?«

Sie blickte von ihm weg und sah den Kellner an, der an ihre Seite gekommen war. Damian spürte den sofortigen Verlust der Verbindung zu ihr, als sie den Blickkontakt abbrach und dem Neuankömmling ein elektrisierendes Lächeln zuwarf. Damian verspürte einen heißen Anflug von Wut, selbst als sein inneres Gleichgewicht zu kippen drohte, da seine Sinne von der Schönheit ihres Gesichtes vollkommen betäubt schienen. Er wollte dieses Lächeln ganz für sich.

»Ich nehme eine Cola Light, bitte«, sagte sie zu dem anderen Mann in einem so weiblichen und angenehmen Ton, dass Damian die Fäuste ballte.

Der Kellner starrte sie einen Moment lang an – nach Damians Empfinden etwas zu lange –, und als der jüngere Mann sich abwandte, um zu gehen, versuchte Damian, sich wieder zu fangen. »Meinst du nicht, du solltest etwas Stärkeres nehmen?«

Sie hob eine einzelne, perfekte Augenbraue. »Werde ich denn etwas Stärkeres brauchen?«

»Nein, ich dachte nur, das würde die Sache etwas einfacher für uns machen.«

»Betäubung durch Alkohol? Nicht heute Abend, danke. Ich muss fahren und ich hab heute noch nicht viel gegessen.«

Nachdem die Getränke vor ihnen platziert waren, fragte Damian nach zwei Speisekarten. Er war nicht hungrig, aber sie war es ganz offensichtlich.

Als sie wieder allein waren, bemerkte er ihre versteifte Haltung und versuchte, diese etwas aufzulockern, indem er ihr seine vorige Lüge offenbarte. »Du hast meinen Haarschnitt nicht versaut.«

Sie studierte die Speisekarte und machte sich nicht die Mühe, aufzublicken. »Kein Scheiß. Warum hast du das überhaupt gesagt?«

»Es ist mir spontan in den Kopf gekommen. Du sahst aus, als würdest du gleich abhauen, und ich dachte, es würde dich noch ein paar Minuten aufhalten.«

Ihre Augen flogen zu seinen, und sie fragte neutral: »Was willst du von mir?«

Er wollte diese Frage noch nicht beantworten. »Ich hoffe, du bestellst etwas. Ich mag den Gedanken nicht, dich von deinem Abendessen abzuhalten.«

Sie hielt seinem Blick eine Sekunde lang stand und sah dann noch einmal in die Speisekarte. Der Kellner kam wieder, und sie bestellte eine Vorspeise.

»Willst du sonst nichts mehr?«, fragte Damian. Die kleine Portion würde nicht einmal ausreichen, um einen Vogel am Leben zu erhalten.

»Hast du vor, die Hälfte davon zu essen?«, warf sie ein.

»Vielleicht«, sagte er, denn die Vorstellung, sich mit ihr ein Essen zu teilen, erschien ihm besonders sinnlich.

Sie wandte sich wieder dem Kellner zu. »Ich nehme das Grillhähnchen mit Ofengemüse.«

Nachdem der Mann sich zum Gehen abgewendet hatte, zügelte Damian seine Erregung und versuchte, zur Sache zu kommen. »Ich brauche am Samstagabend deine Hilfe. Hast du Zeit?«

Ihre Augen verengten sich zu argwöhnischen Schlitzen. »Welche Art von Hilfe?«

»Ich brauche ein Date für eine Dinnerparty.«

Das Mädchen war schlau. Damian konnte sehen, wie sie die wenigen Dinge, die er bereits preisgegeben hatte, miteinander kombinierte. Wenn sie nicht den ganzen Hintergrund erkannte, so fand sie doch zumindest den Großteil heraus.

Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Es schien, als würde sie versuchen, lässig zu wirken, aber Damian kaufte ihr das nicht ab. Mit flacher, kontrollierter Stimme wiederholte sie seine Aussage von zuvor: »Eine Frau wie ich ist unpassend für einen Geschäftsmann wie dich«, und fuhr dann fort: »Und trotzdem soll jemand glauben, dass du ernsthaft an mir interessiert bist.«

Damian neigte den Kopf leicht zur Seite. »So weit korrekt.«

»Wen willst du täuschen?«

Das Mädchen war gut, sie verstand schnell. »Wir versuchen, meine Mutter zu täuschen.«

Sie schüttelte leicht den Kopf und stieß ein leises Lachen aus. »Es gibt kein ›Wir‹. Ich habe noch nicht zugestimmt.«

»Ich bezahle dich für deine Zeit«, bot er ihr unvermittelt an.

»Du müsstest mich für meine Zeit bezahlen. Der Samstag ist mein lukrativster Tag im Salon, und ich möchte ihn nicht verkürzen.«

»Eintausend Dollar jetzt, und eintausend Dollar, wenn der Abend vorbei ist.«

»Heilige Scheiße . Zwei Riesen nur für eine Dinnerparty?« Misstrauen zeichnete sich in ihren Gesichtszügen ab. »Sonst nichts?«

»Nur eine Dinnerparty. Nichts anderes. Es muss allerdings so aussehen, als könnten wir es nicht erwarten, allein zu sein. Also wenn du denkst, du wärst dieser Herausforderung gewachsen …«

Es war offensichtlich, dass Angie zumindest über das Angebot nachdachte. Er konnte sehen, wie ihre Gedanken um die zwei Riesen kreisten, die sie an einem einzigen Abend für wenig bis gar keine Arbeit verdienen könnte. Er sah außerdem, wie sie ihren Blick an ihm auf und ab gleiten ließ, als würde sie darüber nachdenken, mit ihm allein zu sein. Damian spürte das sofortige Beben in seinem Genitalbereich, als er sich das Gleiche vorstellte. Es würde ihm nicht schwerfallen, er hatte schon oft daran gedacht, mit ihr allein zu sein. Ihre Lippen öffneten sich langsam, und auf ihrem Gesicht machte sich ein höchst aufreizender Ausdruck breit, der seine Hose zu eng werden ließ. Ihre Stimme kam heraus, fast sinnlich und nichts, was er bisher von ihr gehört hatte: »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich eine Menge Leute davon überzeugen könnte, dass ich auf dich stehe.«

Er beobachtete fast gebannt, wie sie mit einer Hand eine Haarlocke nahm und sie um ihren Finger zwirbelte. Sie hielt die Strähne nahe an ihren Mund, was es ihm unmöglich machte, nicht auf ihre vollen Lippen zu schauen. Es war ein offensichtliches Gesuch nach sexueller Aufmerksamkeit. Es war außerdem mehr als offensichtlich, dass sie ihm gerade eine Vorführung darbot – und verdammt, wenn sie nicht gut war. Sie hob eine Schulter auf verführerische Weise an und fuhr fort: »Ich nehme an, für zwei Riesen könnte ich es schaffen, für ein paar Stunden so zu tun, als wärst du kein kompletter Volldepp.«

Damian hob eine Augenbraue. Ihre Worte selbst waren zwar beleidigend gewesen, aber die Art, wie sie sie gesäuselt hatte, hatte den Anschein erweckt, als könne sie es kaum erwarten, ihm die Kleider vom Leib zu reißen … mit ihren Zähnen. Ja, wenn sie das beibehalten könnte, würde sie ihre Sache gut machen. Seine Mutter würde es ihm abkaufen, Köder und Haken. Sie würde endlich kapieren, dass er keine romantischen Gefühle für Courtney hegte und ihn endlich damit in Ruhe lassen.

»Also wirst du es machen?«, fragte er.

»Klar, warum nicht?«

Damian war froh, dass er bekam, was er wollte, obwohl ihm nicht gefiel, wie geldgierig das Mädchen zu sein schien. Als er die zwei Riesen erwähnte, hatte sich ihr Tonfall rasant geändert. Er empfand es als abtörnend, was ihm jedoch lediglich in die Karten spielte, denn er brauchte etwas, um die scharfe Kante der Anziehung zu stumpfen, die er fühlte, wenn er in ihrer Nähe war.

Er zog seine Visitenkarte heraus, schrieb seine private Handynummer auf und reichte sie ihr. »Meine Kontaktdaten. Ich lasse dich am Samstagabend um Punkt sechs von einem Chauffeur abholen. Ruf an und teile meiner Sekretärin deine Adresse mit. Wenn du persönlich mit mir sprechen willst, ruf mich auf dem Handy an.«

»Was soll ich denn anziehen?«

»Na so etwas, natürlich«, sagte er und deutete auf das Outfit, das sie trug.

Sie verengte ihre Augen in Verwirrung. »Ähm, die Party wird ziemlich formell sein, richtig? Oder sind es nur wir und deine Mutter?«

»Nein, zu ihren Dinnerpartys kommen normalerweise zwölf bis sechzehn Gäste.«

Sie nahm einen tiefen Atemzug. »Dann muss ich zumindest ein Cocktailkleid tragen, denke ich.«

»Okay. Aber ein schwarzes, und behalte den Grufti-Stil bei.«

»In Ordnung, aber eine herausgeputzte Erscheinung würde wahrscheinlich besser wirken.«

»Schwarze Haare und lila Lippenstift?«

»Wenn du das möchtest«, stimmte sie dumpf zu.

»So ist es.«

* * *

Das Auto, das Angie am Samstagabend abholte, hatte etwas, was sie nicht erwartet hatte: Damian auf dem Rücksitz. Aus welchem Grund auch immer hatte sie angenommen, dass sie ihn erst auf der Party treffen würde.

Als sie sich auf den Sitz neben ihm setzte, versuchte sie die Tatsache zu ignorieren, dass er sie von Kopf bis Fuß begutachtete. Sie versuchte, ihre Nerven zu beruhigen, und konzentrierte sich auf das Geld, das sie verdienen und mit dem sie Janice helfen würde, sich aus ihrer misslichen Situation zu befreien.

Sie schnallte sich an, und als er immer noch nicht sprach und das Auto sich in Bewegung setzte, lehnte sie sich in ihren Sitz zurück. Sich der Tatsache bewusst, dass seine feurigen Augen über ihren Körper wanderten, drückte sie ihre Handflächen gegen das Leder und fragte herausfordernd: »Gefällt dir, was du siehst?«

Sein Kiefer spannte sich an, seine Schultern wurden stramm. »Definitiv. Deswegen bist du ja auch hier.«

»Weil deine Mutter das glauben muss?«

Er nickte mit dem Kopf zur Bestätigung, seine Gesichtszüge blieben unverändert.

Sie schluckte schwer und versuchte, das Hämmern in ihrer Brust zu ignorieren, das durch die Nähe zu ihm ausgelöst wurde. »Also, wie lautet die Geschichte?«

»Es gibt keine ›Geschichte‹. Die Wahrheit ist völlig ausreichend, bis auf den Teil, dass ich dich hierfür bezahle.«

»Okay.« Sie räusperte sich und verlangte eine Antwort auf die Frage, die sie quälte, seit sie diesem Plan zugestimmt hatte. »Es wird aber keine Küsse geben oder so, oder?«

Einen Moment lang zeigte er einen leeren Blick, dann lächelte er verrucht, und seine geraden, weißen Zähne unterstützten die Perfektion seines Lächelns. »Du möchtest den öffentlichen Austausch von Zärtlichkeiten also lieber vermeiden?«

Sie atmete aus und versuchte, sich genau zu erinnern, warum sie die Intimität von Berührungen zwischen ihnen nicht riskieren konnte. »Ja.«

Er runzelte die Stirn. »Ich denke nicht.« Sein Gesichtsausdruck beruhigte sich zuerst, wurde dann jedoch ernst. »Ich nehme an, du willst, dass ich dich nach dieser Nacht wieder hergebe, richtig?«

Von seiner Andeutung überrumpelt, rutschte ihr das Herz in die Hose, aber sie schaffte es, mit dem Kopf zu nicken. Ihre Augen klebten an seinen.

Auf ihre nonverbale Bestätigung antwortete er barsch: »Dann nein, keine unnötigen Berührungen.« Daraufhin streckte er eine Hand aus und hob ihr Kinn an, um ihr Gesicht zu dem seinem zu neigen. Ihre Nerven lagen blank, und Angie versuchte, die Lust zu unterdrücken, die seine Berührung in ihr auslöste. »Du hast dich ganz gut herausgeputzt, aber ich erinnere mich deutlich daran, dass ich den Grufti-Stil verlangt habe«, sagte er mit einer Stimme, die sowohl Irritation als auch einen Hauch von Vorwurf enthielt.

Ihr Herz pochte in ihrer Brust, als seine Hand über ihre Wange hin und her glitt. Die Fingerkuppen fühlten sich rau und äußerst männlich an. Es kostete Angie jedes noch übrig gebliebene Quäntchen Verstand, um sich auf das Gespräch zu konzentrieren. »Das ist so viel Grufti wie möglich, um immer noch meine Würde zu bewahren. Ich bin siebenundzwanzig, nicht siebzehn.« Ihr Atem stockte, als sich seine Finger auf ihrer Haut anspannten, und sie musste ihre Stimmbänder zwingen, weiterzuarbeiten. »Schwarzes Kleid, durchsichtige schwarze Strümpfe, schwarze Haare und Nägel. Was willst du noch?«

Sein Blick fiel auf ihren Mund und verweilte dort, bevor er wieder hochschnellte und sie mit einem harten, unnachgiebigen Ausdruck anstrahlte. »Ich erinnere mich genau, dass ich den lila Lippenstift wollte.«

Als der verlockende Duft seines Aftershaves sie überkam, schüttelte sie den Kopf. »Er hat einfach nicht zu dem Kleid gepasst«, sagte sie leise.

»Ich zahle dir 2.000 Dollar. Ich möchte den lila Lippenstift. Hast du ihn in deiner Tasche?«

Das hatte sie … sie hatte ihn noch schnell eingepackt, nur für den Fall. »Ja.«

»Gut, dann trage ihn auf«, befahl er, und sein Finger glitt über ihre Unterlippe.

Angie fummelte am Verschluss ihrer kleinen schwarzen Umhängetasche herum und zog den Lippenstift heraus. Ihre Nerven lagen jetzt schon blank. Er ließ seine Hand sinken, und sie begann, die auffällige widerliche Farbe aufzutragen. Sie brauchte keinen Spiegel – ihre damalige Stiefmutter hatte ihr als Teenager beigebracht, wie man Lippenstift auch ohne einen Spiegel aufträgt. Sie war der Meinung gewesen, dass das etwas war, was jede Frau im Notfall können sollte. Mit zitternder Hand dauerte es etwas länger. Als es geschafft war, schaute Angie wieder zu ihm und wartete auf eine Reaktion.

Sein Blick verschärfte sich, während er sie betrachtete. In seinen Augen war ein gefährliches Leuchten zu erkennen, und seine Lippen wurden schmal, als wäre er über irgendetwas verärgert. In ihren Adern pumpte das Blut wie wild, als er zischte: »Ja, du siehst wirklich verdammt heiß aus.«

Ihr Puls beschleunigte sich ungleichmäßig. Wie in Trance sah Angie zu, wie er ein Seidentaschentuch aus seiner Tasche zog und begann, über ihre Lippen zu wischen, wobei er den Stoff so lange über ihre Haut hin und her rieb, bis keine Spur von Farbe mehr zu sehen sein konnte. Als er fertig war, lehnte er sich zurück. Sein Blick war verwegen und abschätzend zugleich. Angie hatte Mühe, Worte zu fassen. »Warum hast du das getan?«

Im selben Moment, in dem sie sich eingestand, dass sie sich nach seiner Berührung sehnte, sprach er mit rauer Stimme: »Du hattest recht. Es passt nicht. Es gibt das eine sexy … und es gibt das andere sexy. Du brauchst keine Hilfe, und ich brauche keine Komplikationen.«

Ihr Herz wurde schwer vor Enttäuschung, auch wenn sie wusste, dass er recht hatte. Er brauchte vielleicht keine Verkomplizierung, aber sie brauchte auch ganz sicher niemanden wie ihn in ihrem Leben. Auch wenn der Gedanke, mit ihm ins Bett zu gehen, so verlockend war, dass er eine Flut der Sehnsucht durch ihre Blutbahn schickte.

Das Auto hielt vor einem Haus, das von Lichtern und Menschen erfüllt war. Die Atmosphäre wirkte festlich, und das, obwohl sie noch nicht einmal aus dem Fahrzeug ausgestiegen waren. Sie strich den Rock mit ihren Händen glatt und versuchte, ihre unbändigen Gefühle unter Kontrolle zu bringen.

* * *

Angie umklammerte ihr Sektglas mit zitternden Fingern. Sie hörte nur mit halbem Ohr dem Gespräch zu, das um sie herum geführt wurde.

Ihr wurde sofort bewusst, dass dies ein Fehler gewesen war. Es war mehr als offensichtlich, dass Damians Mutter versuchte, ihn mit der jungen Frau zu verkuppeln, die Angie als Courtney Powell vorgestellt worden war.

Als sie ins Haus gingen, hatte Mrs. Rule niedergeschlagen gewirkt, als sie Angie mit ihrem Sohn gesehen hatte. Und während Mrs. Rule Angie herumführte, hatte Damians Mutter die jüngere Frau Angie als meine Patentochter und Damians liebe, liebe Freundin vorgestellt, wodurch sie Angie den nicht ganz so subtilen Hinweis vermittelte, dass ihr Sohn bereits vergeben war.

In der Erwartung, dass sie dieses Courtney-Mädchen aus irgendeinem Grund – den sie jedoch nicht finden konnte – nicht mögen würde, war Angie überrascht, dass das Mädchen recht nett zu sein schien. Als sie einander vorgestellt wurden, gab es einen offensichtlichen Ausdruck der Erleichterung auf dem Gesicht des jüngeren Mädchens, als sie erkannte, dass Damian ein Date mitgebracht hatte – und sie schenkte Angie ein herzliches Lächeln.

Seine Mutter schien allerdings sichtlich enttäuscht zu sein, weswegen Angie aufgrund ihrer Lüge ein plötzliches Schuldgefühl überkam, mit dem sie nicht gerechnet hatte.

Als sie nun in der Mitte des Wohnzimmers dieser Mini-Villa stand, nippte Angie am Champagner und versuchte, ihren Teil der Unterhaltung aufrechtzuerhalten, während ihre Gastgeberin sie sanft ausfragte. Damian war von einem Mann weggezogen worden, von dem sie annahm, dass es sich um einen Geschäftsfreund handelte. Er stand am anderen Ende des Raumes in einem größeren Kreis von Gästen, zu denen auch Courtney gehörte. Seine Mutter hatte das so eingefädelt, und Angie konnte an der angespannten Kieferlinie von Damian sehen, dass ihr Schachzug ihn verärgert hatte. Von dem jüngeren Mädchen schien er nicht genervt zu sein, er schien sie einfach zu … ignorieren. Angie konnte nicht anders, als ein bisschen Mitleid mit ihr zu haben, auch wenn es offensichtlich war, dass das andere Mädchen seine Aufmerksamkeit gar nicht wollte.

Angie stand wie angewurzelt an Ort und Stelle und wusste verdammt gut, dass sie dem nicht hätte zustimmen dürfen. Sie begann, die Stunden zu zählen, bis der Abend zu Ende war und sie genauso schnell wieder aus dem Leben dieser Menschen verschwinden konnte, wie sie aufgetaucht war. Wäre es nicht um Janice und diese scheinbar einfache Möglichkeit gegangen, unkompliziertes und schnelles Geld für ihre Freundin zu ergattern, hätte Angie diesem Plan niemals zugestimmt.

»Was machen Sie beruflich, meine Liebe?«, fragte Damians Mutter, während der Mann unmittelbar links von Angie das Gespräch mithörte und für ihren Geschmack etwas zu nah heranrückte.

»Ich bin Friseurin.« Sie nahm einen weiteren Schluck und setzte ein gekünsteltes Lächeln auf, während sie versuchte, sich, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, diskret von dem Mann zu entfernen.

»Sie besitzen einen eigenen Salon?«, fragte die ältere Dame.

»Nein.« Angie nannte den Laden, in dem sie arbeitete, obwohl sie sehr sicher war, dass diese Leute nicht einmal wussten, dass er existierte, geschweige denn, wo er sich befand.

»Und da haben Sie meinen Sohn kennengelernt?«, fragte sie ohne offensichtliche Feindseligkeit.

»Ja, Ma’am.« Angie zwang sich, das Lächeln auf ihren Lippen beizubehalten, während sie einen Tropfen Kondenswasser von ihrem Glas wegwischte.

»Ihr Make-up ist recht ungewöhnlich.« Die ältere Frau sah sie neugierig an, war dabei zu Angies Erleichterung aber niemals unhöflich.

»Danke. Ich schätze, das passt zu mir.«

»Aber ja, das tut es. Und ich habe es als Kompliment gemeint. Sie sind sehr hübsch«, sagte Mrs. Rule in einem sanften und aufrichtigen Tonfall.

Nun, das hat sie wirklich nett gesagt. Angie wusste ganz genau, dass sie nicht schön war, aber wie konnte sie diese Frau nicht dafür mögen, dass sie so tat, als wäre sie es? Nach ihrer früheren Überraschung, als sie herausgefunden hatte, dass ihr Sohn nicht allein gekommen war, hatte die ältere Frau nichts anderes getan, als zu versuchen, dass Angie sich willkommen fühlte. Was genau erhoffte sich Damian mit dieser List nur zu erreichen? »Danke. Ich liebe Ihr Kleid.« Angie war noch nie gut darin gewesen, Smalltalk zu halten, und sie hoffte, dass sie nicht zu unbeholfen klang.

»Oh, dieses alte Ding?« Mrs. Rule ließ ihre Hände in die Falten ihres Kleides gleiten. »Es ist eines meiner Lieblingskleider.«

Angie blickte sich in dem schön dekorierten Raum um. »Sie haben ein bezauberndes Zuhause.«

»Vielen Dank, Liebes. Ich liebe dieses alte Haus. Es ist der Ort, an dem wir unsere Kinder großgezogen haben.«

Angie ließ ihre Augen schnell durch den Raum gleiten. Das Haus mochte zwar alt sein, aber es war sehr geschmackvoll eingerichtet und hochmodern. Sie nahm einen Schluck Champagner und brachte das Thema zur Sprache, von dem sie sicher war, dass es die andere Frau zum Reden bringen würde, damit sie selbst es nicht mehr tun musste. »Wie viele Kinder haben Sie denn?«

»Eine Tochter – Erin, sie ist meine Jüngste. Sie konnte heute Abend leider nicht kommen. Und drei Söhne. Nick wohnt in der Stadt, er meinte allerdings, er würde es heute Abend auch nicht schaffen«, sagte sie mit einem Ausdruck, den Angie nicht deuten konnte. »Und mein jüngster Sohn, Garrett, ist außer Landes. Aber Courtney ist hier, und sie ist auch wie eine Tochter für mich.«

»Sie müssen sich alle sehr nahestehen«, sagte Angie, die nicht wusste, wie sie antworten sollte und sich für einen kurzen Moment fragte, wie es für Damian gewesen sein musste, mit so vielen Geschwistern aufzuwachsen. Sie selbst war ein Einzelkind, und ein Geschwisterchen zu haben war etwas, was sie vermisste, wenn sie einmal Zeit hatte, darüber nachzudenken.

»Nun, ich habe sie aufgezogen, seit sie siebzehn war. Ihre Mutter war meine beste Freundin.«

»Es tut mir so leid«, sagte Angie, nicht wirklich wissend, wie sie antworten sollte, als ein verzweifelter Blick über das Gesicht der anderen Frau glitt. Er enthielt so viel Schmerz, dass Angie annahm, das Mädchen sei verwaist. Sie blickte weg, um ihrer Gastgeberin eine Sekunde Zeit zu geben, ihre Fassung wiederzuerlangen.

Als ihr Blick durch den Raum schweifte, bemerkte Angie einen großen Mann, der durch eine Seitentür eintrat. Er schaute sich um, als würde er alles, was der Raum bot, mit einem einzigen Blick aufnehmen. Sie sog den Atem ein, als sie seine unbestreitbare Ähnlichkeit mit Damian erkannte.

Nachdem Mrs. Rule ihre Fassung wiedererlangt hatte und anfing, über ihren jüngsten Sohn und seine Reisen zu sprechen, beobachtete Angie heimlich, wie der Neuankömmling auf leisen Sohlen hinter Courtney glitt und seine Finger um ihr Handgelenk schlang. Das Gesicht des jüngeren Mädchens erblasste, während sie an Ort und Stelle erstarrte. Sie bewegte sich keinen Meter, und der Mann, zweifellos einer von Damians Brüdern, beugte sich zu ihr herunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Das Gesicht des Mädchens verlor jegliche Farbe und füllte sich dann sofort mit Hitze, und bevor Angie noch etwas feststellen konnte, zog der Mann sie urplötzlich aus dem Zimmer.

Das Manöver wurde so schnell und geräuschlos durchgeführt, dass Angie bezweifelte, dass jemand anderes es ebenfalls beobachtet hatte. Nicht einmal Damian schien zu bemerken, dass die Frau, die neben ihm gestanden hatte, nicht mehr da war, während er sich weiter mit den Männern um ihn herum unterhielt.

Mrs. Rule entschuldigte sich, um nach dem Essen zu sehen, und sofort wandte sich der Mann, der die ganze Zeit neben Angie geschwebt hatte, ihr zu und sorgte dafür, dass sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Er ließ seinen schleimigen Blick an ihrem Körper auf und ab gleiten, sodass ihr Magen einen dreifachen Salto schlug. »Du schneidest also beruflich Haare?«, fragte er in einem überheblichen, nasalen Tonfall.

Angie trat einen großen Schritt von ihm zurück. »Ja.«

Seine Augen funkelten, was ihr noch mehr Übelkeit bereitete. »Gibst du auch Massagen?«

Angie hatte keine Zeit, eine Antwort zu formulieren oder sich gar beleidigt zu fühlen. Ein Arm schlängelte sich von hinten um ihre Taille, als sie an einen harten, warmen Körper gezogen wurde, der ungefähr so viel Nachgiebigkeit hatte wie fein gehärteter Stahl. »Robertson«, zischte Damian unter seinem Atem. »Ich glaube nicht, dass mir dein Tonfall und deine Frage gefällt.«

Angie sah, wie das Blut aus dem Gesicht des anderen Mannes wich, als er einen Schritt zurücktrat. »Ich habe es nicht böse gemeint.«

»Nein?«, biss Damian hervor.

»Ich wollte mich nur mit ihr unterhalten.«

Der harte Blick auf Damians Gesicht machte sein zustimmendes Nicken zu einer Lüge. »Weißt du, ich habe mich nie für dich interessiert. Ich habe dich nur geduldet, weil meine Mutter deine Gesellschaft zu genießen scheint.« Angie spürte, wie sich seine Finger an ihrer Taille anspannten, als seine Worte bedrohlich wurden. »Aber ich kann für nichts garantieren, wenn du in irgendeiner Weise versuchst, mein Mädchen hier anzumachen. Wenn du sie noch einmal beleidigst, wirst du dich so schnell ohne einen Freund in dieser Stadt wiederfinden, dass es dir den Kopf verdreht. Hast du mich verstanden?«

Das Gesicht des anderen Mannes wurde immer blasser. »Ja.«

Robertson drehte sich um und verließ den Raum. Angie, immer noch von Damians schützendem Arm umgeben, schluckte und versuchte, die Szene, die sich gerade abgespielt hatte, zu verdauen. »Wow«, sagte sie, während sie sich ihm zuwandte und er auch noch seinen anderen Arm um sie legte, sodass er sie nun ganz in seinem Griff hatte. »Und ich dachte, ich wäre eine gute Schauspielerin.« Sie klopfte ihm auf die Schulter, weil sie sprachlos war und nicht wusste, was sie sonst tun sollte. »Das war unglaublich.«

Damian starrte Angie einen Moment zu lange an, und sie spürte, wie sich ihr Inneres in Brei aufzulösen begann. Seine Stimme, als er antwortete, war tief und sicher. »Das war kein Schauspiel.« Er schüttelte den Kopf, als wolle er ihn frei bekommen. »Ich weiß nicht, was zum Teufel es war, aber es war kein Schauspiel.«

Damit nahm er sie an der Hand und führte sie in den Speisesaal zu den anderen, die sich dort versammelt hatten.