6

D amian stöhnte zur gleichen Zeit wie Angie. Er hob seinen Körper ein Stück an, um mit seiner Hand ihre Klitoris erreichen und stimulieren zu können, in der Hoffnung, seinen Schwanz noch ein weiteres Stück in sie hineinschieben zu können, so weit, bis er sich vollständig in ihr befand. Eine Mischung aus Befriedigung und Erregung loderte durch seine Blutbahnen. Er stützte sich auf seine Hände, die Ellenbogen durchgedrückt, und betrachtete sie.

Ihre Augen waren geschlossen. Sein Bedürfnis war jedoch so stark, dass er es nicht zurückhalten konnte. »Angie, öffne deine Augen.«

Sie zögerte zwei Sekunden lang, aber dann öffnete sie ihre Augen und sah zu ihm auf. »Er ist drin«, verkündete er mit einem triumphierenden Ton, den er nicht verbergen konnte. »Und es fühlt sich gut an. Es fühlt sich verdammt perfekt an.« Er glitt heraus, um dann wieder in sie hineinzustoßen, woraufhin sie ihre Augen wieder schloss.

»Nein«, stöhnte er. Ihre Augen sprangen auf und sie sah ihn durch schwere Lider an. »Tue ich dir weh?« Ohne eine Antwort abzuwarten und mit der Überzeugung, dass es nicht so war, fuhr er fort: »Ich weiß, dass es dir gut geht.«

Sie nickte mit dem Kopf.

Er hielt sich mit einem Arm aufrecht, ließ seine Hand wieder zu ihrer Klitoris gleiten und massierte sie erneut, die Fülle seines Schwanzes in ihr. Durch diese doppelte Intimität erreichte sein Verlangen eine weitere Dimension. »Willst du nochmal kommen?«

Ihre Augen zuckten, aber sie blieb ruhig, und er sagte: »Ich glaube, du willst nochmal kommen.«

Kopfschüttelnd flüsterte sie: »Ich glaube nicht, dass ich das kann.«

»Ach nein?«

Sie schluckte sichtlich und schüttelte den Kopf.

Sie mochte Zweifel haben, aber Damian hatte keine, als er ihre süße, glitschige Nässe spürte, die seinen Penis umgab. Er begann mit festen, kurzen Stößen, und mit jedem Stoß traf er diese Stelle tief in ihr, von der er wusste, dass sie sie verrückt werden ließ. Sekunden später stöhnte sie laut auf, und eine Minute später schlossen sich ihre Augen, und seine auch.

Die Erregung der sexuellen Hitze hatte sie beide gepackt. Jede seiner Bewegungen war das Resultat eines instinktiven Reflexes. Sein harter und fester Penis streichelte das Innere ihrer Vagina. Damian nahm sich, was er brauchte, was er glaubte haben zu müssen, um weiter atmen zu können. Mit einem letzten, harten und gnadenlosen Stoß katapultierte er sie beide in eine Welt der außergewöhnlichen Ekstase. Sie stieß einen hohen, weiblichen Schrei aus, während er sich weiterhin in ihr hielt und sich den Spasmen der Befreiung hingab, um ihr über den Rand in ein so tiefes Vergnügen zu folgen, dass er sich wie betäubt fühlte.

Zurück in der Realität, versuchte er wieder, einen klaren Kopf zu bekommen, denken war ihm jedoch unmöglich. Er zog sich so sanft wie möglich aus ihr heraus, rutschte zur Seite und ließ sie tief durchatmen. Er atmete so schwer, als wäre er gerade zwanzig Kilometer gelaufen, und ohne sich vorab über Angies Befinden zu erkundigen, riss er sie zu sich und hielt sie mit einem Arm um ihre Taille fest an seine Seite gedrückt, während er auf dem Rücken lag.

Ein Gefühl von Inbesitznahme überkam ihn, das er sofort zu unterdrücken versuchte. Abgelöst wurde es jedoch von einer dunklen, schlummernden Emotion aus der Tiefe seiner Seele, und er spürte, wie Aggression in seinem Blut aufstieg. Schon beim Herausziehen seines Schwanzes aus ihrer Scheide, einem so simplen Akt, verspürte er einen inneren Konflikt. Innerlich kämpfte er regelrecht gegen den Zwang an, sich nicht von ihr lösen zu wollen.

Tausend Gedanken trafen ihn von allen Seiten. Die Tatsache, dass das der verdammt nochmal beste Sex gewesen war, den er je gehabt hatte, konnte er nicht bestreiten. Die Erinnerung glitt über ihn hinweg und ließ seinen Penis sogar jetzt noch zu einer ausgewachsenen Erektion verhärten. Das Gefühl von ihr war wie eine Sucht. Sie war so weich und feminin, und die Tatsache, dass er einen verdammten exklusiven Anspruch auf sie erheben wollte, schnürte ihm das Herz zusammen, aber sein Kopf bekämpfte dieses Verlangen. Nichts hatte sich geändert, und daran musste er sich erinnern. Sie war für ihn immer noch unpassend. Er hatte wohl gerade den besten Sex aller Zeiten gehabt , aber Sex war nicht alles, was zählte. Er musste sich an all die anderen Werte erinnern, die in einer Beziehung wichtig waren, wie zum Beispiel Kompatibilität, Freundschaft und dieses schwer zu erfassende Gefühl, von dem er immer gehört hatte, aber nicht so recht daran glaubte: Liebe.

Wie auch immer, das war nicht wirklich wichtig. Das waren Probleme, mit denen er sich langfristig auseinandersetzen musste. Alles, woran er jetzt denken musste, war das Kurzfristige, zumindest für den Moment. Er konnte spüren, dass sie sich in seinen Armen verdammt wohl fühlte, also würde er sie vorerst dort behalten. Plötzlich erinnerte er sich daran, was er ihr bei dem Versuch, sie ins Bett zu bekommen, gesagt hatte. Es muss nichts Ernstes sein . Er wusste, dass es das Mantra war, nach dem er leben musste. Noch während er diesen Gedanken hatte, stellte er dessen Umsetzbarkeit in Frage. Könnten sie so eine zwanglose Affäre wirklich problemlos führen? Als sich sein Arm noch fester um sie schloss, musste er sich eingestehen, dass er damit gewisse Schwierigkeiten haben könnte. Doch warum sollte es nicht einfach sein, die Dinge zwanglos zu halten?

Vielleicht, weil es sich für ihn nicht zwanglos anfühlte?

Und er wusste nicht, ob es sich für ihn jemals zwanglos anfühlen könnte, wenn es um Angie ging.

* * *

Hätte jemand Angie vor ein paar Monaten gesagt, dass sie einmal genervt davon sein würde, Damians Mutter immer wieder darauf hinweisen zu müssen, dass sie und Damian nur Freunde waren, hätte sie ihm nicht geglaubt.

Aber es stimmte … es fiel ihr verdammt schwer. Jedes Mal, wenn die ältere Frau zum Haareschneiden zu ihr kam, führten sie das gleiche Gespräch.

Immer, wenn Mrs. Rule auf dem Friseurstuhl ihres Arbeitsplatzes Platz nahm, überkam Angie aufgrund der Lüge, die sie aufrechterhalten musste, ein Anflug von Unbehagen. Wenn es nur diese eine Nacht zwischen Damian und ihr gewesen wäre, wäre es wahrscheinlich einfacher gewesen. Aber es war nicht nur eine Nacht . Vielleicht, wenn es zwischen ihnen nur ein oder zwei Wochen lang heiß und intensiv gewesen wäre. Aber es waren nicht nur ein oder zwei Wochen gewesen . Es waren bereits Monate vergangen. Eine monatelange heiße Affäre, bei der sie fast jede Nacht gemeinsam verbracht hatten. Jede Nacht, insofern keinem von beiden etwas dazwischenkam, landeten sie zusammen im Bett.

Damian war in der Nacht nach ihrem ersten Date ohne jede Vorwarnung in ihrer Wohnung aufgetaucht, und innerhalb weniger Minuten hatte Angie sich splitternackt an ihn geklammert, mehr als bereit für Runde zwei. Aus einer Verabredung waren zwei Verabredungen geworden, und aus Wochen wurden Monate.

Vielleicht war es nur etwas Beiläufiges, vielleicht auch nicht, aber es war verdammt sicher nicht nur eine Freundschaft, wie sie seiner Mutter gegenüber jedes Mal betonte, wenn die ältere Frau in den Salon kam. »Ja, ich finde ihn sehr gutaussehend«, antwortete sie und biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, während sie die Strähnchen färbte, die dem Haar der älteren Frau den dringend benötigten Pep verpassen würden. Es hatte eine Weile gedauert, sie davon zu überzeugen sich auf Highlights einzulassen, aber jetzt liebte die ältere Frau sie und vertraute ihre Haare nur noch Angie an.

»Warum genau seid ihr beiden dann nur Freunde?«, fragte Justine Rule zum gefühlt hundertsten Mal, ihr Tonfall war von Frustration geprägt.

Angie versuchte das warnende Klirren in ihrem Kopf zu ignorieren, das ihr sagte, dass aus diesem Gespräch nichts Gutes entstehen konnte. Zumindest versuchte sie bei all den Lügen, die unaufhörlich aus ihrem Mund quollen, immer so nah wie möglich an der Wahrheit zu bleiben. »Wir haben nicht viele Gemeinsamkeiten, nehme ich an.«

»Er mag Sie, das merke ich. Am Abend meiner Dinnerparty konnte er seine Augen nicht von Ihnen lassen, Liebes«, sagte die ältere Frau mit einer Zärtlichkeit in ihrer Stimme, die Angie ein noch schlechteres Gewissen machte.

Sie spürte eine Schamesröte ihre Wangenknochen hinaufklettern. »Ich bin sicher, Sie übertreiben. Wir kennen uns nicht so gut. Nur aus dem Salon, wirklich.«

»Er muss gewollt haben, dass Sie in dieser Nacht bei ihm sind. Ich verstehe das einfach nicht. Hat er auch nur angedeutet, dass er Sie gerne wiedersehen möchte?«

Ein Kloß setzte sich in ihrem Hals fest. Mrs. Rule schien heute nur einen Gedanken zu haben, und Angie konnte sie nicht ablenken, wie sie es sonst tat. Verflucht sei Damian, weil er nicht ehrlich zu seiner Mutter sein wollte! Auch auf diese Frage musste Angie mit einer dreisten Lüge antworten, und das war ihr sehr unangenehm. »Nein, er hat in dieser Nacht nicht wirklich viel erwähnt. Ich hatte den Eindruck, dass er nur eine Begleitung für den Abend brauchte.«

»Sie wissen, warum, nicht wahr?«, fragte Mrs. Rule verschwörerisch.

»Ähm …«, Angie zögerte.

»Damian mag es nicht, wenn ich mich in seine Angelegenheiten einmische. Aber manchmal kann ich einfach nicht anders. Ich liebe Courtney so sehr und möchte sie in meiner Familie behalten, und die Heirat mit einem meiner Söhne würde den Zweck erfüllen. Aber ich nehme an, für Damian ist sie wie eine Schwester. Wie auch immer, er wollte mir damit wahrscheinlich eine Lektion erteilen.«

»Vielleicht.« Angie zuckte mit den Schultern. Vielleicht betrachtete Damian das Mädchen tatsächlich als Schwester, aber für Angie war es offensichtlich gewesen, dass einer seiner Brüder das nicht tat. »Aber er ist ein erwachsener Mann, Mrs. Rule. Ich bin sicher, dass er zu gegebener Zeit selbst jemanden für sich finden wird.«

»Na ja, er braucht aber zu lange! Er wäre glücklicher, wenn er sich mit einer Frau niederlassen würde.«

Angie spürte, wie sich ein Knoten in ihrem Magen bildete, und konnte nicht anders, als zu fragen: »Hat er denn viele Dates?«

»Ach herrje, oh ja! Obwohl ich nicht weiß, ob ich es ›daten‹ nennen würde. Er hat viele Frauen, Liebes, aber sie schienen ihm nicht viel zu bedeuten. In letzter Zeit habe ich ihn jedoch mit keiner mehr gesehen. Das liegt bestimmt an Ihnen, Liebes. Ich glaube, dass Sie perfekt für ihn wären. Sie sind so attraktiv und … und«, sie hielt inne, als suche sie nach dem richtigen Wort, um Angies Stil zu beschreiben. »Und lebhaft!«

Angie lächelte die andere Frau im Spiegel an. »Danke schön.« In diesem Moment wurde ihr klar, dass Damian seine Mutter nicht ganz verstand. Er hatte Angie zu ihrer Dinnerparty mitgenommen, in dem Glauben, dass seine Mutter sie wegen ihres Aussehens nicht mögen würde, aber das war überhaupt nicht der Fall. Die Frau wirkte auf Angie überhaupt nicht voreingenommen, und das rechnete sie ihr hoch an.

Während sie Mrs. Rule die Farbstoffmütze auf den Kopf setzte, bevor sie sie zur Haartrocknungsstation führte, blickte Angie kurz zur Vorderseite des Ladens und sah ihren nächsten Termin, einen älteren Herrn, der schon seit Jahren zu ihr zum Haareschneiden kam. Sie lächelte zu ihm herüber, weil sie wusste, dass sie genug Zeit haben würde, ihn unterzubringen, während Damians Mutter unter dem Trockner saß.

Auf ihr Lächeln hin stand er auf und fing sie ab, als sie und Mrs. Rule den Raum durchquerten. »Wie geht es dir, Schätzchen?«, fragte er Angie, sein Blick glitt von ihr weg und landete auf Damians Mutter.

»Es geht mir gut, und dir?«, fragte Angie aufrichtig. Sie mochte diesen netten, alten Herrn. Er und sein erwachsener Sohn waren schon lange Angies Stammkunden und wussten ihre Arbeit zu schätzen.

Seine Augen wichen nicht von Mrs. Rule, und Angie war erschrocken, als sie die Röte auf dem Gesicht der älteren Frau sah. »Es wäre schön, wenn du mich vorstellen würdest«, sagte er mit rauer Stimme und stupste sein Kinn in Richtung seines Ziels.

Angie nahm einen tiefen Atemzug, eine Woge aus Belustigung und Entsetzen durchströmte sie. Warum hatte sie das Gefühl, dass es Damian nicht gefallen würde, wenn seine Mutter angegraben werden würde? Und dem Gesichtsausdruck des Mannes zufolge war es genau das, was gerade passierte. »Mrs. Rule, das ist mein langjähriger Kunde und guter Freund, Rick Harris. Mr. Harris, das ist Justine Rule.«

Mr. Harris nahm Mrs. Rules Hand und küsste sie sanft, woraufhin Angie in ein spontanes Grinsen ausbrach, als sich der Gesichtsausdruck der anderen Frau in Panik veränderte und ihre freie Hand zu ihrem Kopf hochflog, als würde sie sich erst jetzt an die Farbstoffmütze erinnern, die sie trug.

Angie hatte Mitleid mit ihr und führte die errötende und stotternde Frau zu ihrem Platz unter der Haartrockenhaube, wo Angie Heizung und Timer einstellte.

Sie wollte gerade gehen, hielt aber inne, als zitternde, weibliche Finger nach ihrer Hand griffen. Sie sah zu Justine hinunter. »Er sieht sehr gut aus für einen älteren Gentleman, nicht wahr?«, fragte Damians Mutter.

Angie wusste, dass sie nicht mehr über Damian sprachen. Sie blickte zu Rick Harris herüber und studierte ihn einen Moment lang. Für einen alten Kerl sah er echt gut aus, das hatte sie schon immer gedacht. Auch sein Sohn war außergewöhnlich gutaussehend. »Ja, das ist er.«

»Und ist er?«

»Ist er was?«, fragte Angie.

Damians Mutter warf noch einen kurzen Blick durch den Raum, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Angie richtete. »Ein Gentleman.«

Angie lächelte, erleichtert, dass sie die ältere Frau in diesem Punkt beruhigen konnte. »Ja, er ist immer respektvoll. Er ist ein echter Schatz, wirklich.«

»Ist er verheiratet?«, fragte Mrs. Rule, während ihr Blick zwischen Mr. Harris und Angie hin und her huschte.

»Nein, seine Frau starb vor einigen Jahren.«

»Oh.«

Angie hielt inne, als sie Damians Mutter betrachtete. Die ältere Frau war recht hübsch, und sie pflegte sich gut. Es war offensichtlich, von wem Damian zumindest etwas von seinem guten Aussehen geerbt hatte. Angie musterte sie und konnte die widersprüchliche Bestürzung und Aufregung deutlich sehen, die die Frau empfand, weil sie so dreist beäugt wurde. »Was soll ich sagen, wenn er nach Ihnen fragt?«

»Ich weiß nicht … Ich weiß es nicht …«

Angie erbarmte sich, tätschelte ihre Hand und flüsterte verschwörerisch: »Ich lasse mir etwas einfallen, wenn es so weit ist. Ich verschaffe Ihnen etwas Zeit, okay?«

»Meinst du er wird fragen?«

Angie blickte zurück und konnte deutlich sehen, wie der Mann in ihre Richtung starrte. »Oh ja. Er wird fragen.«

Damians Mutter errötete erneut, und damit wandte sich Angie an Mr. Harris, um ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

* * *

An diesem Abend, nachdem sie ins Schlafzimmer getrieben, entkleidet und bis zum Gehtnichtmehr durchgevögelt worden war, umklammerte Angie das Laken an ihren nackten Brüsten und schaute zu Damian hinüber. Er schien entweder gerade einzuschlafen oder tief in Gedanken versunken zu sein. Angie wusste, was sie zu tun hatte. »Deine Mutter hat mich heute richtig ins Kreuzverhör genommen.«

Damians Arm verdeckte seine Augen. Er nahm ihn herunter, drehte sich zu Angie und fixierte sie mit seinem Blick. »Sie hatte heute schon wieder einen Friseurtermin?«

Angie nickte und schürzte die Lippen.

Seine Brauen zogen sich zu einem Stirnrunzeln zusammen. »Wie schlimm war sie?«

»Sie war nicht schlimm, Damian. Sie ist süß, aber sie hat eine Menge Suggestivfragen gestellt. Schon wieder.«

»Und?«

Angie zuckte mit den Schultern, wodurch Damians Aufmerksamkeit auf deren Nacktheit gelenkt wurde. Als unmittelbare Reaktion füllte sich ihr Bauch mit Schmetterlingen. Sollten Schmetterlinge nach einer Weile nicht eigentlich wieder verschwinden? Wann genau würde das denn bitte passieren? Sie versuchte, ihren widerspenstigen Körper unter Kontrolle zu bringen, und antwortete: »Sie hat mich viele Dingen gefragt. Sie wollte, dass ich darüber spreche, wie gut du aussiehst, sie wollte wissen, ob wir uns in letzter Zeit gesehen haben und ob du Interesse an mir gezeigt hast.«

Seine Stirn legte sich in Falten, und ein Muskel zuckte wütend in seinem Kiefer. Es war offensichtlich, dass er wütend über die Einmischung seiner Mutter war, und Angie wollte es nicht noch schlimmer machen. »Sie hat es nicht böse gemeint. Sie liebt dich eben sehr. Ich hielt sie wieder mit dem ›Freunde‹-Gerede hin, aber es fühlte sich wie eine Lüge an. Ich weiß schon, dass das alles zwanglos zwischen uns ist«, sie wedelte mit der Hand zwischen ihnen hin und her, »aber ich musste ihr gegenüber andeuten, dass wir uns überhaupt nicht gesehen haben, und damit fühle ich mich nicht wohl.«

»Was ist denn so schlimm daran? Der Termin ist vorbei, selbst wenn sie noch einmal in den Salon kommt, wirst du sie jetzt wahrscheinlich erst einmal für einen Monat oder länger nicht mehr sehen müssen.«

Angie schüttelte den Kopf. »Falsch. Sie kommt nächste Woche wieder.«

»Wozu, zum Teufel?«

»Sie sagte, dass sie unsere gemeinsame Zeit genießt und sich wieder einmal verwöhnen lassen möchte. Da sie keine Massagen mag «, wiederholte Angie die Worte seiner Mutter, »wird sie für eine Tiefenpflege und ein Styling vorbeikommen.«

»Scheiße«, stöhnte er durch zusammengebissene Zähne.

»Ich werde sie nicht weiter anlügen, Damian.«

»Was wirst du ihr sagen, Angie? Dass wir bei jeder Gelegenheit wie die Karnickel ficken, weil ich meine gottverdammten Hände nicht von dir lassen kann?«

Ein schmerzender Splitter durchbohrte ihr Herz. »Da lässt sich bestimmt eine bessere Formulierung finden.« Sie hielt inne, bevor sie fragte: »Was denkst du denn, wie ich mich dabei fühle?«

»Was ist daran falsch?« Eine Schicht aus Eis umgab seine Worte. »Es ist die Wahrheit.«

»Willst du damit sagen, dass du nur hierherkommst, weil du es nicht lassen kannst? Willst du damit sagen, dass du mich nicht sehen willst?«

Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er sie schweigend beobachtete.

»Das ist es, nicht wahr? Du versuchst tatsächlich, auf Abstand zu bleiben.« Angie umklammerte das Laken, als sie sich aufsetzte und ein zweiter stechender Schmerz durch ihr Herz schoss. »Also, was genau findest du so anziehend? Das ganze Grufti-Zeug?« Sie hielt ihren Tonfall gleichmäßig und versuchte, ihren Schmerz nicht zu zeigen. »Weil du das noch nicht hattest, wodurch der Sex für einen gestandenen, zynischen Typen wie dich wieder aufregend wird?«

Sein Mund verengte sich vor Missfallen. »Das habe ich nicht gesagt.«

»Das musstest du nicht.« Sie schwang ihre Füße auf den Boden. »Ich werde jetzt duschen gehen. Du kannst dich selbst rausführen.«

Er stützte sich auf einen Ellenbogen ab und beugte sich vor, streckte mit einer plötzlichen Bewegung seinen Arm aus und umschloss ihr Handgelenk mit seinen Fingern. »Denkst du, du kannst mich so einfach abwimmeln, Baby?« Sein Mund verzog sich. Falls das ein Lächeln sein sollte, so enthielt es keinerlei Humor.

Als sein Griff fester wurde und er begann, sie mit einem starken, unerbittlichen Zug zu sich zu ziehen, beschleunigte sich Angies Herzschlag, und sie holte in langen Zügen Luft ein. Sie musste jetzt die Oberhand behalten, sie konnte ihn in dieser Sache nicht gewinnen lassen, auch wenn das bloße Gefühl seiner Haut an ihrer sie berauschte. »Ich habe kein Problem mit einer zwanglosen Beziehung, Damian.« Sie wurde von einer Verbitterung heimgesucht, die sie nicht fühlen wollte. »Ich habe ein Problem damit, dass du dich selbst hasst, weil du dich nicht von mir fernhalten kannst.«

Er zog sie so lange zu sich, bis sie das Gleichgewicht verlor und mit den Händen auf seiner Brust landete. »Das habe ich nicht gesagt, leg mir keine Worte in den Mund.«

»Wie auch immer«, entgegnete sie daraufhin enttäuscht. Wie zum Teufel hatte sie Gefühle für ihn entwickeln können, obwohl sie sich immer wieder ausdrücklich davor gewarnt hatte? Es war offensichtlich, dass er nicht dasselbe empfand. »Ich bin verschwitzt und müde. Ich brauche eine Dusche.«

»Ich bin noch nicht bereit, zu gehen.«

»Gut. Bleib.« Angie setzte sich auf und versuchte, ihr Handgelenk aus seinem festen Griff zu lösen. Er verengte die Augen in stiller Warnung, ließ Angie aber schließlich los, woraufhin sie ins Bad flüchtete, um zu duschen und hoffentlich ein wenig Ruhe zu finden.

* * *

Am Morgen danach sah Janice Angie überrascht an. »Was willst du machen?«

Angie rollte mit den Augen. »Ich möchte für eine Weile meine natürliche Haarfarbe zurück.«

»Warum? Ich dachte, du freust dich über das viele Trinkgeld, das dir dieser Look verschafft.«

Angie zuckte mit den Schultern. »Ich werde ihn ja nicht komplett aufgeben.« Dann besann sie sich eines Besseren. »Obwohl … vielleicht mache ich das, aber ich gehe es langsam an. Jetzt müssen erst mal die schwarzen Haare weg.« Mit einem Lächeln fügte sie hinzu: »Aber nicht die Musik, auf keinen Fall die Musik.«

Janice zuckte ebenfalls lächelnd mit den Schultern. »Du magst deinen alternativen Rock doch so sehr.« Und dann wurde sie ernst und fragte: »Geht es hierbei um Damian?«

»Vielleicht.« Angie wusste, dass es so war. Sie hatte ein wenig Spaß mit ihm gehabt, aber irgendwann hatte der zwanglose Aspekt eine Wendung genommen und funktionierte für sie nicht mehr. Anders als vereinbart, wurde diese Sache für sie langsam zu etwas Ernsthaftem, und wenn ihm das nicht gefiel und es ihm nicht auch so ging, sollten sie in Zukunft besser wieder getrennte Wege gehen. Es würde sie nicht umbringen. Sein Verhalten gab ihr ein schlechtes Gefühl, zerstörte ihr Selbstwertgefühl, und das wollte sie nicht zulassen.

Angie fühlte sich allmählich von ihm ausgenutzt. Sicher, vielleicht war das ihre eigene Schuld, den lockeren Aspekt der Vereinbarung konnte sie schließlich nicht sehr lange einhalten. Es gab da dieses alte Sprichwort, dass man sich nicht gleich eine ganze Kuh kauft, nur weil man ein Glas Milch möchte. Wenn man mehr als genug Milch umsonst haben konnte, wieso sollte man darüber nachdenken, die ganze Kuh verbindlich zu kaufen? Das war jedoch nicht alles. Damian öffnete sich Angie nur selten bis gar nicht. Er hielt seine Emotionen stets unter Kontrolle.

Sie musste wissen, ob er sie als die Person mochte, die sie war, oder als die Person, zu der sie sich entwickelt hatte. Denn wenn er sie nicht für das mochte, was sie war, musste sie aufhören, ihn zu treffen. Und seine Reaktion auf ihre bevorstehende Veränderung würde ihr zeigen, was er wirklich für sie fühlte. Sie ging nicht zurück zu ihrem konservativen Look, damit sie besser zu dem passte, was er von einer Frau wollte. Das war nicht der Fall . Sie würde sich selbst niemals so erniedrigen. Dies war der einfachste Weg, um herauszufinden, ob ihr normales, alltägliches Aussehen, die Person, die sie wirklich war, genug war, um sein Interesse an ihr zu wecken. So einfach war das.

»Also, geht es um ihn?«, fragte Janice nach.

»Ich will sehen, ob er mich oder nur das Grufti-Ich mag. Ist das so schlimm?«

»Nö, ganz und gar nicht.«

»Meinst du, wir schaffen das heute auch noch? Irgendwann zwischen den Kunden?«

»Ich kann mir die Zeit nehmen, wenn du es auch hinkriegst, aber du wirst hier vielleicht ein paar Stunden mit Farbe auf dem Kopf herumlaufen müssen.«

»Das ist kein Problem, wir sind hier schließlich in einem Friseursalon.«

Die Tür schwirrte auf, als der erste Kunde hereinkam, und Janice neigte den Kopf in Richtung des Mannes, der am Eingang stand. »Fangen wir doch gleich nach ihm an.«

* * *

Nach einem extrem geschäftigen Vormittag, an dem sie keinen Moment Zeit gehabt hatten, sich um Angies Haar zu kümmern, klingelte das Telefon, und Angie nahm ab, um eine extrem aufgeregte Justine Rule am anderen Ende der Leitung vorzufinden. »Wir waren gestern Abend essen«, sagte die ältere Frau ohne Einleitung.

Angie war verblüfft und erfreut zugleich. Sie wusste sofort, wen sie mit wir meinte. »Ist das Ihr Ernst?«

»Ja, und wir gehen heute Abend wieder aus.«

»Wow, das ist cool, Mrs. Rule.«

»Justine. Ich habe dich wiederholt gebeten, mich Justine zu nennen.«

»Ja, Ma’am. Justine«, korrigierte Angie in dem Wissen, dass sie Damians Mutter auf keinen Fall beim Vornamen nennen würde, zumindest nicht in absehbarer Zukunft.

»Ich muss dir eine Frage stellen, Liebes. So ein Gespräch mit meinen Freunden zu führen wäre mir unangenehm. Sie sind alle verheiratet und ziemlich konservativ. Ich habe darüber nachgedacht, Courtney zu fragen, aber das wäre fast so schlimm, wie Erin zu fragen, und dazu kann ich mich einfach nicht durchringen. Außerdem, ›zu viel Information‹ und so, so nennt ihr Kinder das doch, oder?«, ratterte sie herunter und fuhr dann fort: »Macht es dir was aus?«

»Nein, fragen Sie nur.« Angie hielt das Telefon zwischen Ohr und Schulter, während sie den Boden fegte. Sie war sich sicher, dass es bei der Frage um Kleidung oder Schuhe gehen würde, und darum, was stilvoll und angemessen war. Wie konnte seine Mutter nur so eine liebe Frau sein, wenn Damian hingegen manchmal solch ein Trottel sein konnte?

Justine hielt kurz inne und platzte dann damit heraus: »Um direkt auf den Punkt zu kommen … er wird bald mit mir schlafen wollen, nicht wahr? Die Leute warten nicht mehr lange auf Sex, oder?«

Angie verschluckte sich, und der Besenstiel fiel mit einem lauten Klappern zu Boden, als sie nach dem Telefon griff, um es davor zu bewahren, dasselbe zu tun. »Entschuldigung, wie bitte?«

»Oh je. Ich hätte es wahrscheinlich nicht so herausposaunen sollen. Aber ich habe sonst niemanden, den ich das fragen kann, und ich habe mir etwas Sorgen über meine Situation gemacht. Und weil ich mit dir so gut reden kann und du die Leute nicht gleich für ihre Taten zu verurteilen scheinst, bist du letztendlich selbst schuld.«

Angie ging in das Hinterzimmer, wo sie etwas Privatsphäre hatte, und schloss die Tür hinter sich. »Ist schon in Ordnung. Lassen Sie mich einen Moment nachdenken, das habe ich nicht erwartet, wissen Sie?«

»Ja, natürlich, Liebes, nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst.«

Angie versuchte, ihre Nerven zu beruhigen. Könnte sie so ein Gespräch mit jemandem führen, der einer ganz anderen Generation angehörte? »Also, ich hasse es, so forsch zu sein, aber da Sie mich etwas zum Thema Sex gefragt haben, werde ich Ihnen eine intime Frage stellen müssen, aber nur, damit ich mir ein klares Bild von Ihrer Situation machen kann.« Sie nahm einen tiefen Atemzug. »Wie alt sind Sie? Und wissen Sie, wie alt Rick ist? Ich habe ihn nie gefragt.«

»Ich bin vierundfünfzig, und er ist zweiundfünfzig. Das habe ich gestern Abend herausgefunden.«

Ein Gefühl der Heiterkeit überkam Angie. »Ein jüngerer Mann, Mrs. Rule? Heiß!«

»Ja, nun, mein Mann war zehn Jahre älter als ich, das ist also etwas ganz anderes.«

Als Vorbereitung auf die Beantwortung von Justines Frage atmete Angie tief ein. »Ja, wenn das Date gut verläuft, wird er sehr wahrscheinlich mit Ihnen schlafen wollen.«

»Das habe ich mir gedacht.« Angie konnte regelrecht sehen, wie die ältere Frau ihre Hände zusammenschlug. »Was soll ich nur tun?«

Damian würde Angie umbringen, wenn er jemals von dieser Unterhaltung erfahren würde. Scheiß auf Damian, er war ein Arschloch. »Ähm, wollen Sie denn mit ihm schlafen?«

»Ja, unter uns gesagt finde ich die Vorstellung schon ziemlich aufregend. Ich habe noch nie mit jemand anderem als meinem Mann geschlafen. Ich war jung, als wir geheiratet haben, und nachdem er gestorben war, war ich so am Boden zerstört, dass ich nie einen anderen wollte, obwohl ich mich manchmal schon sehr einsam fühlte. Er ist nun seit sieben Jahren tot, vielleicht ist es jetzt an der Zeit. Ich will nicht für immer alleine sein. Ich muss mein eigenes Leben führen und aufhören, mich an das Leben meiner Kinder zu klammern. Darüber wären sie sicherlich auch sehr froh. Ich kann sehen, dass es sie aufregt, wenn ich zu anhänglich und neugierig bin.«

Angie versuchte, so zu tun, als würde sie mit einer normalen Frau und nicht mit Damians Mutter sprechen. »Nun, ich bin kein Experte, was Sex und Beziehungen angeht. Ich habe eine Tante und einen Onkel, die ungefähr so alt sind wie Sie, aber sie sind schon ewig verheiratet, und ich bezweifle ernsthaft, dass sie viel Sex haben, und falls doch, will ich gar nicht darüber nachdenken. Ich kenne also eigentlich niemanden, der in Ihrer Altersgruppe neu im Dating-Geschäft ist, aber ich bin sicher, dass das auch in Ihrer Generation nichts Ungewöhnliches ist. Ich meine, bei all den Internet-Dating-Seiten und so.«

»Ich weiß nicht, warum ich mir solche Sorgen mache, aber ich bin mir einfach nicht sicher, wie es weitergehen soll.« Die Aufregung in der Stimme der anderen Frau war eindeutig zu hören.

»Okay, so sieht’s aus«, Angie versuchte offen mit ihr zu sein. »Ich gehe davon aus, dass in Ihrem Alter kein Risiko für eine Schwangerschaft besteht.«

»Überhaupt nicht.«

»Okay, Sie müssen aber trotzdem Kondome benutzen, wissen Sie? Zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten und HIV und anderen Krankheiten. Das ist Pflicht!«

»Oh verdammt, ich dachte mir schon, dass du das sagen würdest.«

»Mr. Harris scheint zwar ein Gentleman zu sein, aber ich habe gesehen, wie er Sie angesehen hat, und wer weiß, ob er seit dem Tod seiner Frau auch neu im Dating-Geschäft ist? Seit ihrem Tod sind schon viele Jahre vergangen, und ich weiß, dass er immer noch Gefühle für sie hat. Das bedeutet allerdings nicht, dass er nicht versucht hat, sich Trost bei anderen Frauen zu suchen, wissen Sie?« Angie schüttelte den Kopf über sich selbst und konnte nicht so recht glauben, dass sie dieses Gespräch führte.

Auf beiden Seiten der Leitung herrschte Stille, also fuhr Angie fort: »Ich sage nicht, dass ich sicher bin, dass er etwas mit anderen hatte, aber wir wissen es nicht mit Sicherheit, also müssen Sie ihn dazu bringen, ein Kondom zu benutzen.« Himmel, Angie kam sich vor wie eine Mutter, die ihrer Tochter eine Predigt hielt. Eine Tochter, von der sie nicht wirklich wollte, dass sie Sex hatte, aber sichergehen musste, dass sie vorsichtig war, wenn sie es doch tat. Oh Gott, sie würde eine schreckliche Mutter abgeben. Und wirklich … Angie war es egal, ob Mrs. Rule sexuell aktiv war oder nicht. Eigentlich fand sie es sogar irgendwie cool, wenn sie ihr Leben noch einmal so richtig genießen würde. Angie gefiel die Vorstellung, dass man auch nach der Menopause noch ein sexuelles Wesen sein konnte. Damian würde diese Vorstellung hingegen ganz und gar nicht gefallen. Aber was kümmerte sie das? Als sie sich die Nacht zuvor so aufgeregt hatte, hatte ihn das so wenig interessiert, dass er prompt eingeschlafen war.

»Soll ich lieber Kondome mitnehmen? Nur für den Fall?«, fragte Mrs. Rule etwas atemlos.

»Oh lieber Gott«, hauchte Angie seufzend aus und sah für ihre Zukunft einen Einkaufsbummel voraus. »Sind Sie mutig genug, sie zu kaufen?«

Am anderen Ende herrschte eine drückende Stille. »Ich bin mir nicht sicher.«

Angie versuchte, sich vorzustellen, wie es für eine vierundfünfzig Jahre alte Dame sein mochte, die kurz davor stand, zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder Sex zu haben, und hatte Mitleid mit ihr. »Okay, hören Sie, ich werde die Kondome heute Abend einkaufen. Kommen Sie morgen vorbei, dann gebe ich Ihnen die Packung.«

»Vielen, vielen Dank, Liebes, du hast was gut bei mir.«

»Sicher, aber halten Sie ihn heute Abend erst mal auf Abstand, okay? Sie werden noch nicht vorbereitet sein. Im Salon ist heute die Hölle los, ich kann hier leider nicht weg, sonst würde ich sie jetzt schon holen.«

»Das ist in Ordnung, ich werde morgen da sein, und ich weiß das mehr zu schätzen, als du dir vorstellen kannst. Ich wusste, dass du die perfekte Person für dieses Gespräch bist. Was muss ich noch tun, wenn es so weit ist?«

»Tun?« Oh je. Auf gar keinen Fall konnte sie das ernst meinen . »Ich weiß auch nicht, lassen Sie sich einfach von ihm führen, wissen Sie?«, antwortete Angie verzweifelt, bereit, den Hörer sofort aufzulegen.

»Okay, ja. Das habe ich auch gedacht, und nach heute Abend werde ich ein Kondom in meiner Handtasche verstecken, nur für den Fall.«

»Genau, nur für den Fall«, stimmte Angie zu.

»Also, Liebes, wo bekomme ich richtig schöne Unterwäsche her? Ich meine die wirklich schönen Teile. Zusammenpassende Sets. Spitze. Du weißt schon was ich meine.«

Als Angie sich vorstellte, wie Damian herausfand, dass sie seiner Mutter gesagt hatte, wo sie Dessous für einen Mann kaufen sollte, griff sie sich an die Schläfe und begann, sich den Stresskopfschmerz, der sich dort bildete, wegzumassieren. Natürlich hatte sie nicht vor, ihm jemals von diesem Telefongespräch zu erzählen. Zum Glück sprach seine Mutter wieder, bevor sie es tun musste. »Im Einkaufszentrum gibt es einen Laden namens Victoria’s Secret. Ich war noch nie dort, aber meinst du, das ist der richtige Laden dafür?«

Angie atmete erleichtert auf, denn sie wusste, dass sie gleich auflegen und dieses unangenehme Gespräch hinter sich lassen könnte. »Klar, versuchen Sie es auf jeden Fall zuerst bei Victoria’s Secret.«

* * *

Sie hatten an diesem Tag so viel Kundschaft, dass die schwarze Haarfarbe auch am Abend, als sie mit einer Apothekentüte in der Hand in ihre Wohnung kam, noch in Angies Haaren war. Sie stellte die Tüte auf dem kleinen Esstisch ab und huschte schnell unter die Dusche.

Heute Abend war Angie besonders nervös und immer noch sehr verärgert über Damians gefühlloses Verhalten in der Nacht zuvor. Sie wollte nicht hier sein, falls und wenn er auftauchte. Und sie war sich sicher, dass er kommen würde. Nun, sie wusste es nicht zu hundert Prozent, aber sie nahm es stark an. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf nahm sie, nachdem sie sich abgetrocknet und eine Jeans und ein T-Shirt angezogen hatte, ihr Handy zur Hand und schickte ihm eine SMS. Ich werde heute Abend nicht zu Hause sein. Wir sehen uns später. Das reichte an Information, richtig?

Falsch. Drei Sekunden später erhielt sie eine Antwort von ihm. Wo gehst du hin?

Ohne über ihre Antwort nachzudenken, tippte Angie sie ein. Raus.

Wohin?

Ihr Körper versteifte sich, als sie sich auf diese eine Wortforderung konzentrierte, und sie begann, erneut zu tippen. Mich zu fragen, wo ich hingehe, hat nichts mit zwanglos zu tun .

Seine Antwort kam augenblicklich. Scheiß auf zwanglos.

Sie atmete einmal tief durch. Zu behaupten, dass sie verblüfft war, wäre eine Untertreibung. Und obendrein hatte sie keinen blassen Schimmer, wie sie darauf reagieren sollte. Plötzlich hibbeliger als noch vor fünf Sekunden, schlüpfte sie in ein Paar Flip-Flops, schnappte sich ihre Tasche und ihre Schlüssel und bereitete sich darauf vor, die Wohnung noch in dieser Sekunde zu verlassen.

Sie öffnete ihre Wohnungstür, und sofort lief ihr ein Schauer den Rücken herunter. Damian stand auf der Türschwelle – über zwei Meter hohes pures Testosteron – und lehnte sich mit durchgestreckten Armen auf seine auf beiden Seiten des Türrahmens befindlichen Hände, wodurch er sie faktisch im Inneren der Wohnung gefangen hielt.

Angie überkam die waghalsige Idee, unter einem seiner Arme hindurchzuschlüpfen, und bevor sie sich eines Besseren besinnen konnte, versuchte sie ihr Glück und machte einen hastigen Satz in Richtung Freiheit.

Er umfasste sie jedoch an der Taille und hob sie von ihren Füßen. Mit nur einem Arm hielt er sie in der Luft. Seine Stärke war unbestreitbar, als er in ihre Wohnung ging und die Tür hinter sich zuschlug.