Heute ist
Ewa zum ersten Mal wieder aufgestanden. Sie hat die Firma und die Liebe zu ihren Passagieren wohl doch etwas überschätzt. Es gibt nur eine einzige Kabine, die so geräumig ist wie ihre. Das wird dann wohl die Kapitänskajüte sein. Die anderen, in die sie bereits einen Blick geworfen hat, sind deutlich kleiner. Fast alle Räume sind bis zur Decke mit irgendwelchen Vorräten gefüllt. Man hat wirklich versucht, den Platz optimal zu nutzen. Zwischen den verschiedenen Etagen des Schiffes verkehrt ein Lift. Sie darf ihn benutzen, allerdings bleibt ihr die oberste Etage versperrt. Dort befindet sich vermutlich die Kommandozentrale. Ewa interessiert sich aber sowieso mehr für die Lagerräume, die im unteren Teil des Schiffes eingerichtet wurden. Die Container, in denen das meiste aufbewahrt wird, sind praktischerweise ausführlich beschriftet. Die Schiffssteuerung hätte ihr wohl kaum umfassend Auskunft gegeben. Aber sie hindert sie auch nicht am Herumstöbern.
Gerade hat Ewa eine Doppeltür geöffnet. Der Raum dahinter ist höher als die anderen. Es riecht nach Gummi und Öl. Der Inhalt des Lagerraums ist hinter schweren, am Boden zusätzlich festgemachten Planen verborgen. Sie zieht mühsam eine davon zur Seite und steht vor einem Reifen, der fast so hoch ist wie sie selbst. Das muss die Garage sein! Ewa streift durch den Raum.
»Kannst du mir sagen, was das alles ist, Freitag?«
»Ich könnte die Einzelteile mit meiner Bilderbibliothek vergleichen.«
»Dann mach das.«
»Das Rad hier könnte zu einem Radlader gehören.«
»Radlader?«
»Brauchst du, um eine Menge Boden zu bewegen.«
»Also zum Beispiel, um etwas auszugraben?«
»Oder einzugraben.«
»Gut.«
Ewa geht tiefer in den Raum und zieht eine weitere Plane herunter.
»Und das hier?«
Zu sehen ist eine Art liegender Turm, der aus einzelnen Metallstreben gefertigt ist. Ewa fühlt sich an einen Strommasten erinnert.
»Könnte ein Bohrer sein.«
Ewa spürt dem Hall ihrer Stimme nach. Der Raum ist ziemlich vollgestellt, aber akustisch wirkt er leerer als die anderen.
»Ein Bohrer? Sie wollen nach Wasser bohren?«, fragt sie.
»Das ist anzunehmen. Die Wissenschaft vermutet eine Grundwasserschicht in größeren Tiefen.«
Das erspart ihnen, nach oberirdischen Wasservorräten zu suchen, wie Rebecca und Theo sie gefunden haben, denkt Ewa. Sie können flexibel entscheiden, wo sie ihre Kolonie errichten, zum Beispiel hier. Vermutlich gibt es hier Erzlagerstätten. Wenn die Wasserversorgung gesichert ist, werden andere Ressourcen wichtiger. Ewa spürt, wie eine Idee in ihr reift. Wie lange dauert es noch, bis das Raumschiff mit den Kolonisten hier eintrifft? Sie hat noch mindestens zwei Monate. In dieser Zeit wird sie versuchen, die Maschinen zu entführen. So kann sie zumindest einen Teil des Schadens wieder gutmachen, den sie angerichtet hat – wenn das Ding in ihrem Kopf nicht dazwischenfunkt.