23. 7. 2042, Spaceliner 1
»Ist es hier sicher?«, fragt Isaac.
»Sieh dich doch um«, antwortet Chad, »wo soll hier ein Mikro versteckt sein?«
Sie stehen in einem kargen Vorratsraum. Wände, Fußboden und Decke bestehen aus Metall. Isaac zeigt nach oben. Dort münden drei Rohre, die zum Lebenserhaltungssystem gehören. Die schmale Tür öffnet sich und Jean kommt herein.
»Um die Lebenserhaltung hat sie sich gekümmert«, sagt Chad und zeigt auf die ehemalige Kapitänin.
»Ja, mein neuer Job führt mich regelmäßig in die Innereien des Schiffs«, sagt Jean. »Speziell den Zulauf zu dieser Kammer habe ich gestern überprüft, der ist sauber.«
»Als Putzfee hast du anscheinend mehr Möglichkeiten als als Kapitänin«, sagt Isaac und lacht.
»Man kommt auf jeden Fall viel mehr herum und lernt das Schiff aus anderer Perspektive kennen.«
»Und du musst dich nicht mehr mit Ricky, dem Schleimer, treffen«, sagt Chad.
Er hat das Treffen in dieser engen Kammer arrangiert. Es war gar nicht so leicht gewesen, denn ihre Dienstpläne überschneiden sich auf magische Weise so, dass sie nie im selben Moment Zeit haben – ganz als ob es jemand darauf anlegen würde, ihnen den Kontakt zu erschweren. Chad hatte deshalb den Dienst tauschen müssen.
»Wie ist die Stimmung in den niederen Rängen?«, fragt er.
»Gar nicht so schlecht wie erhofft«, antwortet Jean. »Dass der Senator die Bezahlung verdoppelt hat, hat die Leute auf seine Seite geholt. Die haben noch gar nicht realisiert, dass nach dem Verstummen der Erde Geld jede Bedeutung verloren hat.«
»In der Führungsspitze vermisst dich auch niemand, Jean, es tut mir leid«, sagt Chad. Summers hat ihn aus unerfindlichen Gründen auf seinem Posten belassen, vielleicht, um ihn besser unter Kontrolle zu haben.
»Die Wissenschaftler sind skeptisch«, sagt Isaac. »Aber das ist auch nichts Neues. Sie halten schon immer jegliche Führung für inkompetent. Womit sie ja Recht haben. Von dir natürlich abgesehen, Jean. Ihr müsst euch vorstellen, vorgestern kam Summers mit einer tollen Idee zu uns. Er hätte irgendwo gelesen, dass der Marsmond Phobos in ein paar Millionen Jahren auf den Planeten abstürzen würde. Er fragte, ob wir das nicht beschleunigen könnten, bei so einem Aufprall würde ja eine Menge Wärme frei. So könne man vielleicht die Pole schmelzen und dadurch die Atmosphäre anreichern lassen. John hat ihm dann vorgerechnet, wie viel Staub das aufwirbeln würde, und dass dann wohl eher eine Kaltzeit die Folge wäre. Aber ich bin nicht sicher, ob wir ihn überzeugt haben.«
Chad schüttelt den Kopf. Das ist eine typische Idee, wie sie nur Laien haben können. Falls es jemals gelingen sollte, die Mars-Oberfläche angenehmer zu machen, ist das eine Jahrtausend-Aufgabe.
»Und wie läuft es so in der Zentrale?«, fragt Jean.
»Da mischt sich keiner der beiden Ricks ein, zum Glück. Jeder macht seinen Job, als wäre nichts geschehen. Das Schiff ist auf Kurs, und wenn nichts dazwischen kommt, landen wir am 14. November.«
»Ja, meine beiden Stellvertreter sind zuverlässig, die habe ich ja mit ausgesucht«, sagt Jean. »Ich bin heute sehr froh, dass ich den ersten Vorschlag der Firma nicht akzeptiert habe.«
»Aber mit der eigenen Meinung haben sie es nicht so«, meint Chad. »Ich provoziere manchmal ein bisschen, aber sie lassen sich nicht darauf ein.«
»Das Exempel, das Summers an mir statuiert hat, wirkt«, sagt Jean. »Aber weißt du, was ich neulich beim Putzen in einer Kabine entdeckt habe?«
»Illegale Pornohefte?«, fragt Isaac.
»Ein Abhör-Mikrofon, unter dem Bett. Das war bei Terran Carter, einem Techniker.«
»Hast du es entfernt?«, fragt Chad.
»Ich bin ja nicht dumm. Dann kommt der, der es installiert hat, ja sofort darauf, dass etwas nicht stimmt.«
»Hast du in anderen Kabinen nachgesehen? Vielleicht war das nicht die einzige Wanze.«
»Nein, normalerweise reinigen die Passagiere ihre Kabinen selbst, wie ihr ja auch. Aber dieser Terran war ein paar Tage auf der Krankenstation, und dann muss der Putzdienst ran. Ihr solltet aber unbedingt mal unter euren Betten nachsehen.«
»Danke für die Warnung«, sagt Chad. »Ich habe mich schon öfter gewundert, woher der Administrator seine Informationen hat. Ich dachte schon, er hätte Spione unter den Kollegen angeworben.«
»Das eine schließt das andere ja nicht aus, also sei lieber vorsichtig«, meint Jean.
»Es könnte ja jeder die Wanzen installiert haben, auch der Senator«, sagt Isaac. »Ich denke, wenn wir die Stimmung kippen lassen wollen, brauchen wir Beweise. Ob wir diesen Terran zur Zusammenarbeit überreden können?«
»Hast du eine Idee?«, fragt Chad. »Ich könnte ihn ja mal auf die Wanze ansprechen.«
»Wenn er mitmacht, können wir mit einer präparierten Botschaft beweisen, wer am anderen Ende lauscht«, sagt Isaac.
»Gut, dann spreche ich mit ihm. Wir treffen uns wieder, wenn ich seine Antwort habe.«