22. 9. 2042, Spaceliner 1
»Lange nicht gesehen«, sagt Isaac und umarmt erst Chad, dann Jean.
»Ja, es wird immer schwieriger, sich unbeobachtet loszueisen«, sagt Chad. »Durch die Geschichte, die wir uns mit Terran ausgedacht haben, ist Summers noch paranoider geworden.«
Es klopft. Jean und Isaac zucken zusammen. Chad lacht.
»Keine Sorge«, sagt er, »das muss Terran sein. Dass Summers seine Kabine verwanzt hat, hat ihn auf unsere Seite gebracht.«
»Bist du sicher?«, fragt Jean.
»Ja, das bin ich«, antwortet Chad und öffnet die Tür.
»Nun ist es ja sowieso zu spät«, sagt Isaac.
»Was ist zu spät?«
Terran tritt in den engen Container, der durch seine Präsenz gleich um die Hälfte schrumpft.
»Hallo Terran«, sagt Chad. »Ich möchte dir meine Freunde vorstellen: Isaac aus der Forschungsabteilung und Jean, unsere ehemalige Kapitänin.«
»Das freut mich sehr«, sagt Terran und strahlt. »Ich war nie damit einverstanden, dass Sie abgesetzt wurden. Wir konnten uns keinen besseren Captain wünschen.«
»Danke«, sagt Jean und gibt ihm die Hand. »Wie kommt es, dass Sie zu uns stoßen? Letztens meinte Chad noch, sie hielten sich zur Vorsicht lieber aus allem heraus.«
»Ja, das dachte ich auch. Aber dass Rick mir eine Wanze unter das Bett geklebt hat ... er war am Anfang mein Kollege, ich habe ihn eigentlich ganz gern gemocht. Er war immer sehr zurückhaltend und hat sich nie aufgedrängt. Als er dann plötzlich Administrator wurde, hat mich das sehr verwundert.«
»Hast du irgendeine Idee, warum ihn Ballantine dazu gemacht hat?« Jean berührt ihn dabei vertraulich am Arm.
»Er hat etwas gegen ihn in der Hand. Vielleicht hat er ihn auch verwanzt und benutzt das Abgehörte nun gegen ihn. Aber die Wahrheit kann uns wohl bloß der Senator sagen, und der wird einen Teufel tun.«
»Dann müssen wir wohl weiter Stoff sammeln«, meint Chad. »Und wie ist die Stimmung bei der Crew und den Kolonisten so?«
»Summers macht das sehr geschickt. Er holt die Mehrheit auf seine Seite, indem er sie gegen eine Minderheit aufhetzt. Eine meiner Kolleginnen ist zum Beispiel nicht ganz schlank. Sie leistet nicht weniger als alle anderen, aber er macht immer wieder Witze über sie. Natürlich widerspricht ihm niemand, und sie hat schon das Selbstvertrauen verloren, das sie immer hatte. Seitdem erscheint sie immer seltener zum Dienst.«
»Das ist in der Zentrale auch zu spüren«, sagt Chad. »Da ist der Feind aber etwas weiter weg. Unser Versorgungsschiff auf dem Mars hat nämlich gemeldet, dass da jemand zwei Fahrzeuge gestohlen habe, eine Frau von der MfA. Die Dinger stehen da im Moment sowieso bloß herum, aber seitdem nennt er die MfA-Leute bloß noch Wegelagerer und Diebe. Und die meisten stimmen ihm darin zu, dass man da einen harten Kurs fahren müsse.«
»Was hält er denn von den vier NASA-Astronauten?«, fragt Jean. »Mit einer Frau aus der Crew war ich früher gut befreundet.«
»Die laufen wohl noch unter seinem Radar«, meint Chad, »oder er hält sie für ungefährlich, weil sie nur zu viert sind.«
»Das ist gut«, sagt Jean, »ihnen kann nichts Besseres passieren, als dass er sie unterschätzt. So schwerfällig die Behörde auch ist, die Ausbildung bei der NASA ist doch noch meilenweit besser als das, was dieses Unternehmen hier so nennt.«