Die von Lance entworfenen Pläne,
die einer vergrößerten Version der chinesischen Mauer glichen, hatten sie dann doch auf das Machbare zurückstreichen müssen. Machbar, das bedeutet: keine Mauer, kein Stacheldraht, dafür ein fünf Meter tiefer und ebenso breiter Ring-Graben rund um die Basis, der einen Durchmesser von 500 Metern hat. Der Graben wird von einer einzigen Zufahrt überquert. Damit er ein echtes Hindernis darstellt, haben sie die Innenseite vermauert. Dort trifft man nun auf eine hohe, fast senkrechte Wand. Lance ist gerade dabei, die letzten Meter dieser Wand fertigzustellen. Dazu haben sie große Verschalungen aufgestellt, gegen die sie nun von der Innenseite feinen Sand schütten. Hier ist der Radlader in seinem Element, während einer der Rover die Verschalung senkrecht halten muss. Statt Beton nutzen sie einfach Wasser, das sie über den Sand kippen. Ihre Vorräte sind ja nun fast unerschöpflich, und für diesen Zweck müssen sie das wertvolle Nass nicht einmal reinigen. Der nasse Sand gefriert ziemlich schnell und hinterlässt bei den Minusgraden auf der Oberfläche eine harte Wand, wenn sie schließlich die Verschalung entfernen. Zum Schutz vor der Sonne decken sie die Oberseite zusätzlich mit Feldbrocken ab.
»Ein Stück zur Seite, bitte«, sagt Lance. Er ist beeindruckt, wie Ewa die schwere Wand zur Seite schiebt. Natürlich weiß er, dass ihr die Kraftverstärker in ihrem Anzug helfen. Sie haben beschlossen, die anderen drei Exemplare, die Ewa mitgebracht hat, für Notfälle aufzubewahren.
Er inspiziert die frische Wand. Wo noch Sand bröckelt, sprüht er aus einem beheizten Behälter Wasser dagegen. Wie lange die Konstruktion wohl halten wird? Er hätte gern richtige Mauern errichtet, am besten aus mit Hitze gesintertem Sand, aber das hätte zu lange gedauert. Sie werden ihr Bollwerk sicher regelmäßig ausbessern müssen.
»Nächster Abschnitt«, sagt er.
Ewa rückt die Verschalung ein weiteres Stück vor. Sharon setzt das Hinterteil des Rovers zur Unterstützung dicht davor.
»Sarah, du bist dran«, sagt Lance. Sarah kann von der Innenseite aus nicht erkennen, ob sie so weit sind. Sie kippt mit dem Radlader Sand vor die Verschalung, der schließlich mit Wasser gehärtet wird.
Sie sind schon gut eingespielt. Lance hätte den Graben auch gern mit etwas gefüllt, aber sie haben nichts gefunden, das bezahlbar und bei diesem Temperaturen flüssig wäre. Sharon, die auch Chemikerin ist, hat ein paar Kilogramm Sprengstoff synthetisiert. Daraus haben sie Minen hergestellt, die sie im Graben verteilen wollen. Große Schilder sollen dann vor der Gefahr warnen. Sarah ist nicht sehr glücklich darüber. Sie befürchtet, dass sie damit bloß eine Art Rüstungsspirale in Gang setzen. Aber die anderen haben sie überstimmt.
Bei Schichtende
gegen Abend ist Lance müde und zufrieden. Er ist mit Sarah im Pavillon verabredet. Sie wollen sich zusammen den Sonnenuntergang ansehen, ein besseres Abendprogramm gibt es nicht.
Lance wartet bereits in dem gläsernen Bau. Sarah ist spät dran. Schließlich klopft es an der Luke. Er öffnet ihr und hilft ihr nach oben. Lance lächelt und lächelt. Sarah ist so wunderschön! Das Kleid steht ihr hervorragend. Sie setzt sich zu ihm auf den Schoß auf den einzigen Stuhl.
»Fass mal an«, sagt sie leise, »es hat sich gerade bewegt.«
Sie legt seine Hand auf ihren Bauch. Lance erschauert vor Ehrfurcht. Heute haben sie eine Mauer gegen den Tod errichtet. Aber das hier, das ist viel mächtiger, das ist das Leben.