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Q

Als ich am Rand der kleinen Bühne stehe, so gerade eben im Schatten, blende ich einzelne Wörter aus und lausche der eigenen Musik des Cafés: dem vielschichtigen Murmeln der Gespräche, dem Zischen und Gurgeln der Cappuccino-Maschine, dem Klirren der Löffel an Keramikbechern und dem Klangspiel über der Tür.

»Denk immer an die unsterblichen Worte unseres weisen alten Kiffers Karl«, hatte Nils gesagt, als ich ihm kurz nach dem Stimmen unserer Gitarren meine Nervosität gestanden hatte. Er zeigte mit dem Ellbogen auf den Cafébetreiber. ›Das Publikum ist sich unausgesprochen einig, das nicht Perfekte zu feiern.‹ Denk mal nach: Welche andere Aktivität gibt es an der Lycroft Phelps, die nicht darauf ausgerichtet ist, zu gewinnen? Oder gute Noten zu bekommen?« Er gab mir einen Klaps auf die Schulter. »Außerdem sind wir spitze.«

Ich blinzele und werde aus meinen Gedanken gerissen, als Karl dem Mikrofon ein flauschiges Tap-Tap-Tap entlockt. Mein Herz schlägt schneller. Sofort verwandeln sich die Cafébesucher in Zuhörer. Charlotte, Alex und Hannah grinsen uns aus der ersten Reihe an. Max, Seb und ein paar andere Ruderer sitzen weiter hinten. Es gibt mir einen Kick zu wissen, dass der Wichser nicht mehr hier ist.

Karl räuspert sich. »Guten Abend, liebe Freunde, und willkommen zum letzten Donnerstagscafé in diesem Schuljahr!«

Die Gäste klatschen.

»Ich begrüße mit euch ein Gitarrenduo, das seit dem letzten Schuljahr nicht mehr hier aufgetreten ist. Q Walsh und Nils de Guzman!«

Er tritt zur Seite und zeigt mit großer Geste auf uns. Als wir zu unseren Hockern gehen und die Mikros ausrichten, höre ich, wie Alex, Hannah und Charlotte johlen. Das entlockt mir ein nervöses Lachen. Wie verabredet sagt Nils: »Hier kommt unsere Coverversion von This Will Be Our Year von den Zombies.« Wir sehen uns an. Wir schaffen das , strahlt er wortlos aus, bevor er an seine Gitarre tippt. »Eins, zwei, drei, vier.«

Meine Brust weitet sich. Ich spiele die Eröffnung, ein Riff aus drei Tönen, das sich in wechselnden Tonarten wiederholt. Es ist so anrührend und aufrichtig, es kriegt mich jedes Mal.

Riff-Wiederholung, Riff-Wiederholung. Nils schichtet Akkorde übereinander und fängt an zu singen. Er klingt fast wie der Sänger der Zombies und eine Minute lang gehe ich in der Schönheit auf. Ich kann nicht aufschauen, aber das Publikum spürt den Sog und ist ganz bei uns.

»This will be our year, it took a long time to come«, singt Nils.

Dad und ich haben immer schon gewusst, was Musik vermag. Sie holt Gefühle aus der Tiefe, die man vergessen hat, trägt einen durch die Zeit oder verführt dazu, das Jetzt zu lieben. Es kann geliebte Menschen zurückbringen, sogar eine Version des Ichs, die man für immer verloren glaubte. Musik kann dazu führen, dass man diese Version in die Arme schließt, sie an der Hand fasst und mitnimmt, sodass beide wissen, es wird alles gut.