Schreiben war nie mein Traum. Also jetzt schon. Jetzt finde ich es super. Aber ich kam ja nun auch durch einen schlimmen Schicksalsschlag dazu. Und davor hatte ich einen ganz normalen Beruf. Als gelernte Verlagskauffrau arbeitete ich ziemlich genau zehn Jahre lang als Anzeigenleiterin. Auf meiner Visitenkarte stand »Advertising Sales Director«, was natürlich wahnsinnig wichtig und so viel besser klang, aber die Wahrheit war: Ich habe Anzeigen verkauft. Kein Job, für den man sich schämen muss. Aber ein Job, in dem man ein wahrhaftiges Stehaufmännchen sein muss.
Ich hatte zwar das große Glück, immer tolle Magazine vermarkten zu dürfen, aber ich erzähle Ihnen bestimmt nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, dass der Printmarkt die letzten Jahre nicht unbedingt zu den Gewinnerbranchen zählte. Immer auf mein Umsatzziel zu kommen war daher alles andere als leicht. Es gab Wochen, da hörte ich fünfhundert Mal »Nein«, ehe ich ein »Vielleicht« oder geschweige denn ein »Ja« zum Auftrag hörte. Wenn man den Job zu nah an sich ranlässt, dann ist jedes »Nein« ein Scheitern. Und wenn Sie so oft an einem Tag scheitern, dann ist das Aufstehen ein Hochleistungssport. Wenn man aber liegen bleibt, dann kann man den Job auch gleich an den Nagel hängen. (Was ich dann ja schlussendlich auch gemacht habe, wenn auch aus anderen Gründen.) Wie schafft man es also, sich immer und immer wieder aufs Neue zu motivieren? Und das auch noch authentisch, freundlich und nicht aufgesetzt, denn das merken die Kunden am Telefon sofort.
Es geht nur mit Ausblendung und Fokussierung. Es geht nur, wenn das Vergangene für das Hier und Jetzt keine Rolle spielt. Soll heißen: Vor jedem Telefonat musste ich mich quasi selber neu starten und so tun, als sei es mein erstes Verkaufsgespräch an diesem Tag. Und das immer und immer wieder. Kunde Müller durfte am Telefon niemals merken, dass mir Kunde Schmitz, Meier und Schultz zuvor schon abgesagt hatten. Aber wie macht man das?
Das Allerwichtigste ist, dass Sie von dem, was Sie verkaufen, oder von dem, was Sie tun, überzeugt sind! Und dass Sie überzeugt davon sind, dass es für Ihren Kunden genau das Richtige ist. Dann ist es nämlich kein Verkauf, sondern ein persönlicher Gefallen, den Sie dem Kunden tun: nämlich ihm Ihr Produkt ans Herz zu legen. Und wenn Sie davon wirklich überzeugt sind, dann können Sie die Absagen auch anders einordnen.
Am Anfang meiner Ausbildung lernte ich Argumente für die klassischen Einwände auswendig. Das ist mit Sicherheit eine gute Grundlage, aber sie überlagert maßgeblich das, was für den Verkauf so wichtig ist: das Zuhören. Und zwar das aktive Zuhören! Es gibt das Zuhören mit der »Ich weiß eh schon, was kommt«-Einstellung, und es gibt das aufrichtige Zuhören, wenn man wirklich wahrnimmt, was der Kunde zu sagen hat. Denn aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen sagen: In dem, was der Kunde sagt, liegt Ihr Verkaufsargument. Nicht immer, aber immer wieder! Und Zuhören hat noch einen Vorteil: Wenn Sie Ihren Kunden verstehen, dann wissen Sie auch, was er möchte, und dann können Sie sich achtzig Prozent der Anrufe sparen. Dann reicht der eine maßgeschneiderte Anruf, um ein »Ja« zu hören!
Als ich damals drei Magazine zum Verkauf übernahm, gab es eine Excel-Übersicht mit Kunden und offenen Angeboten. So konnte man mit einem Knopfdruck sehen, wie viele Angebote wann gemacht worden waren und wie viel Prozent davon in Aufträge umgewandelt wurden. Meine erste Handlung war, diese Liste links liegen zu lassen. Denn wozu führt das?
In der Zeit, die mich das Ausfüllen kostet, habe ich zwei Telefonate geführt (und als sogenannte Teilzeitkraft weiß man um die Bedeutung der Produktivität!).
Dahinter verbarg sich eine »Ich kann nichts dafür«-Haltung und damit eine passive Einstellung des Verkaufsteams. Es wurden nämlich wahllos Angebote gemacht, damit man sagen konnte: »Schau her, ich arbeite mir die Finger wund und mache Angebote ohne Ende, aber die Kunden sagen alle ab!« Natürlich mag das mitunter zutreffen, was mir daran aber missfällt, ist der Fokus. Es kommt doch nicht darauf an, wie viele Angebote ich mache, sondern dass ich die richtigen mache!
Wenn Sie Ihrem Kunden – und das ist branchenunabhängig! – aufrichtig zuhören und der Ihnen erzählt, dass das Weihnachtsgeschäft ganz von alleine läuft, dann wissen Sie, dass Sie ihm wirklich eine Freude mit antizyklischer Werbung machen. Den brauchen Sie dann zur Weihnachtsausgabe schon mal nicht anzurufen. (Es sei denn, Sie kriegen es hin, dass er Sinn und Zweck von Imagewerbung und rückwirkender Verkaufsbestätigung versteht. Wenn Sie ein gutes Verhältnis zu ihm haben, kann das die Krönung eines Verkaufsgespräches sein!)
Wenn Sie das beherzigen, dann sind Absagen keine Absagen, sondern nur ein Verschieben auf einen anderen Zeitpunkt. Sie ordnen für sich selbst dann ein Gespräch ohne Auftrag anders ein. Es ist keine Niederlage, sondern eine Wiedervorlage. Es ist wie der Reset-Knopf, aber mit einem Smiley drauf.
Und wenn mein Chef um die Ecke kam und fragte: »Hat der Kunde XY gebucht?«, war meine Antwort nicht: »Nein«, sondern: »Für die aktuelle Ausgabe nicht, aber danach kommen ja auch noch welche.«