STEHAUF-Regeln

Was hat meinen Eltern geholfen? Wie konnten sie überhaupt wieder einen Tag ihres Lebens genießen? Und wie konnten sie – aus meiner Sicht heraus – so tolle, lustige und lebensfrohe Menschen sein?

Mein Vater zeigte ja zu Beginn der Trauerphase ein paar Stehauf-Möglichkeiten, die zumindest für Menschen, die eine solche Situation nicht erlebt haben, vielleicht ungewöhnlich klingen mögen:

 

In belastenden Situationen, sei es, dass man auf wichtige Prüfungsergebnisse wartet oder auf die Zusage für einen Job oder schlimmer: auf gute Untersuchungsergebnisse vom Arzt, drehen sich die Gedanken meist nur um dieses eine Thema. Alles andere wird ausgeblendet. Das Problem rückt zu einhundert Prozent in den Fokus.

Mein Vater fand irgendwann »Ablenkung« in seiner Arbeit. Ein für ihn notwendiger Schritt in Richtung Normalität.

Als ich ein paar Wochen später auf die Welt kam, waren meine Eltern ebenfalls abgelenkt. Ob sie wollten oder nicht. Da war jetzt ein kleines Baby, und das braucht nun mal die volle Aufmerksamkeit. Alle Eltern wissen, was ein Baby für eine Familie bedeutet.

Also, ich kann da nur aus meiner Erfahrung heraus sprechen: Nach der Geburt meines ersten Sohnes war ich phasenweise – also eine zwei Jahre lange Phase – fremdbestimmt. Plötzlich legte ein kleines, mal hungriges, mal stinkendes Baby meinen Tagesablauf fest. Das hat gute und schlechte Seiten. Wie alles im Leben! Im Fall meiner Eltern hatte es überwiegend positive Seiten. Ihr Fokus wurde anders ausgerichtet, und damit waren sie von ihrer Trauer abgelenkt.

Bitte stellen Sie sich einmal hin. Nehmen Sie Ihre rechte Hand und reiben Sie sich damit den Bauch. So als ob Sie zeigen möchten, dass Ihr Essen gut schmeckt. Mit der anderen, der linken Hand, klopfen Sie sich gleichzeitig auf den Kopf. Die meisten von Ihnen kennen diese Konzentrationsübung. Es ist schwer, zwei Dinge mit derselben Intensität zu machen.

Gleiches gilt für Gefühle. Wenn Sie sich voll und ganz auf ein Neugeborenes konzentrieren müssen, dann können Sie nicht gleichzeitig voll und ganz in Ihrer Trauer aufgehen. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, sei einmal dahingestellt. Sie erinnern sich, dass ich zu Beginn sagte, meine Aufgabe ist es nicht, zu bewerten. Ich möchte Ihnen nur zeigen, was in diesem Fall geholfen hat.

 

 

Ihre STEHAUF-Regeln aus dieser Geschichte: