cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform.

1. Auflage 2014

© 2014, cbj München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagbild und Innenillustrationen: Ute Krause

Umschlaggestaltung: Anette Beckmann

hf · Herstellung: uk

Satz und Innengestaltung: Anette Beckmann

Reproduktion: Lorenz & Zeller, Inning a.A.

ISBN 978-3-641-12944-6

www.cbj-verlag.de

Inhalt

Der Wunsch

Der erste Auftrag

Der zweite Auftrag

Und noch ein Auftrag

Die Überraschung

Der Wunsch

„Ein Haustier?!“, rief Mama Drei. „Das kommt mir ganz bestimmt nicht in die Höhle!“

„Bitte“, bettelte Minus. „Bitte, bitte. BITTE!“

„Auf keinen Fall!“

„Nur ein winziger Bronto? Oder ein klitzekleiner Flugsaurier?“

„Und wer bitte schön macht den Käfig für deinen Flugsaurier sauber? Und wer geht mit deinem Bronto spazieren? Hmh?“, schimpfte Mama. „Das bleibt dann wieder alles an mir hängen.“

„Schau dir doch nur dein Zimmer an. Wer räumt das denn auf?“

„Das hat doch damit nichts zu tun!“, rief Minus.

Manchmal war Mama völlig unlogisch.

„Kein Haustier, und damit basta“, sagte Mama.

Minus seufzte. Wie konnte Mama nur so gemein sein? Dabei wünschte er sich doch nur eines im Leben – ein Haustier.

Sogar mit einem Urfisch wäre er zufrieden.

„Ich werde euch beweisen, dass ich mich sehr wohl um ein Tier kümmern kann“, murmelte Minus wütend.

Und schon bald hatte er einen Plan …

Im Urwald pflückte er Blätter von den Urbäumen und schrieb in seiner schönsten Schrift auf jedes Blatt:

Minus macht iren

Saurier glüklich.

Washen, flegen,

spazirn geen.

Darunter schrieb er seine Adresse.

Bald hingen überall seine Zettel. Neugierige blieben stehen und lasen, was Minus geschrieben hatte.

Einige nahmen die Blätter sogar mit. Minus war gespannt. Ob sein Plan klappen würde?

Der erste Auftrag

Am nächsten Morgen klingelte es. Herr Fossil stand vor der Tür.

„Minus?“, fragte er.

Minus nickte aufgeregt.

„Das ist T.R.“, sagte Herr Fossil. „Er riecht leider etwas streng. Aber er gehorcht aufs Wort. Ob du ihn baden könntest?“

„Kein Problem“, antwortete Minus.

Herr Fossil reichte Minus die Leine.

„Ich hole ihn in einer Stunde ab.“

Minus zog an der Leine … und zog noch etwas mehr … Er zog so kräftig, dass er ins Schwitzen kam. Doch die Leine bewegte sich nicht.

T.R. ist sehr stark, dachte Minus. Und er stinkt! Zum Glück fiel Minus in dem Moment ein, dass Herr Fossil gesagt hatte, dass T.R. aufs Wort gehorchte.

„Komm, T.R.!“, rief er.

Da kam er auch schon.

Minus schluckte.

So einen großen Saurier hatte er noch nie gesehen.

Wie sollte er den bloß in die Wanne bekommen?

„Sitz!“, sagte Minus.

T.R. setzte sich auf die Fußmatte und wedelte mit dem Schwanz. Er war wirklich gut erzogen. Das machte die Sache leichter.

„Komm!“, rief Minus noch mal, und T.R. folgte ihm artig ins Badezimmer.

Minus ließ Wasser in die Wanne laufen.

Plötzlich jaulte T.R. laut auf und sprang …

… ins Wohnzimmer.

Wahrscheinlich mag T.R. nicht baden, dachte Minus. Deswegen stinkt er auch so.

Minus versuchte, ihn unter dem Tisch hervorzulocken. Aber T.R. wollte nicht.

Vielleicht war er wasserscheu?

Da hatte Minus eine Idee. Er ging ins Bad und kippte die Flasche mit Badezusatz ins Wasser. Bald wuchs dort eine sehr schöne Schneelandschaft.

Dann blätterte Minus in seinem Saurierbuch.

Dort stand, was ein Tyrannosaurus Rex besonders gerne frisst: Fleisch!

Minus holte eine Wurst aus dem Schrank und …

… warf sie in die schöne Schneelandschaft.

T.R. freute sich über die Wurst und sprang ihr hinterher.

Das Wasser unter der Schneehaube bemerkte er nicht einmal. Dafür wollte er noch mehr Wurst haben.

„Sitz!“, sagte Minus und holte noch mehr Würste. Während T.R. die zweite und dann die dritte Wurst kaute, baute Minus einen Schaumsaurier mit einer Schaumkrone.

T.R. wollte auch eine Schaumkrone haben.

Als Herr Fossil klingelte, war T.R. frisch gebadet und duftete nach Fichtennadeln.

Herr Fossil war sehr zufrieden.

„Bravo“, sagte er zu Minus. „Bei mir badet T.R. überhaupt nicht gerne. Wie hast du das geschafft?“

Minus lächelte nur geheimnisvoll und bekam fünf Muscheln für seine Mühe.

Der zweite Auftrag

Kaum waren Herr Fossil und T.R. fort, da klingelte es schon wieder, aber nicht an der Haustür.

„Hallo Minus“, sagte die Stimme am anderen Ende. „Hier spricht Frau Meso. Mein Topsilein braucht dringend Auslauf. Hast du Zeit?“

„Bin gleich da“, sagte Minus.

Die Erde bebte ein wenig, als er vor Frau Mesos Höhle ankam. Von innen hörte er lautes Gebrüll. Vorsichtig trat Minus ein …

Topsi, der Triceratops, freute sich SEHR über Minus‘ Besuch.

„Er liebt Kinder über alles“, sagte Frau Meso und gab Minus die Leine.

„Bis später dann und viel Spaß!“

Minus legte Topsi an die Leine und dann ging Topsi mit Minus spazieren.

Topsi hatte es sehr eilig.

Wo will Topsi nur hin?, dachte Minus.

Und da wusste er es auch schon.

„Ich hatte vergessen, dir zu sagen, dass der Sudel-Sumpf sein Lieblingsplatz ist“, sagte Frau Meso. Sie gab Minus zwei Muscheln.

„Du darfst Topsilein auch schrubben, wenn du magst. Dafür bekommst du sogar fünf Muscheln“, fügte sie hinzu.

„Heute kann ich leider nicht“, sagte Minus schnell.

„Zu viele Hausaufgaben.“

Das war doch alles ganz schön anstrengend.

Und noch ein Auftrag

Doch zu Hause wartete schon die nächste Kundin.

„Das ist Stigi, mein süßer, süßer Stegosaurus“, sagte Frau Urgestein. „Er braucht dringend eine Stachel- und Krallenpflege. Und ich bin so lange beim Friseur.“

„Aber …!“, rief Minus.

Doch da war die Dame schon davongeeilt.

Stigi schob Minus beiseite und sprang ins Wohnzimmer. Neben dem Tisch lag noch die kaputte Vase, die T.R. zerbrochen hatte.

Stigi mochte Blumen.

„Nein, nicht Stigi!“, rief Minus.

Doch da waren die Blumen schon in Stigis Bauch.

Und dann entdeckte Stigi das Kinderzimmer.

„Raus da!“, rief Minus.

Stigi galoppierte ins Bad. Er sah jetzt aus wie ein Weihnachtsbaum.

„Nein, warte!“, rief Minus.

Zu spät. Stigi war schon in die Wanne gesprungen.

Minus hörte ein lautes Knirschen. Dann lief das Wasser aus der Wanne.

Stigis Stacheln hatten Löcher gebohrt.

Nun saß Stigi fest.

Da soll er auch bleiben, dachte Minus.

Minus fischte seine Spielsachen aus der Wanne und wischte den Boden trocken.

Als er fertig war, war Stigi eingeschlafen.

Er schnarchte laut.

Minus holte Mamas Krallenfeile und feilte erst Stigis Stacheln und dann seine Krallen.

Kaum war die letzte Kralle fertig gefeilt, klingelte es an der Tür.

Stigi war sofort wach. Er stürmte mit der Wanne auf dem Rücken zur Tür.

Sein Frauchen hatte jetzt eine neue Frisur.

Für Stigi hatte sie dazu passende Schleifen mitgebracht. Frau Urgestein freute sich sehr, Stigi zu sehen. Nur über die Badewanne freute sie sich nicht.

Stigi schüttelte sich und die Wanne flog davon.

Minus bekam vier Muscheln, und Frau Urgestein versprach, bald wiederzukommen.

Minus räumte auf. Dann ging er einkaufen.

Die Muscheln reichten genau für einen Blumenstrauß, eine neue Vase und eine Flasche Badesalz.

Bald sah alles so aus wie vorher.

Naja, bis auf die Badewanne …

Erschöpft sank Minus auf sein Bett und schloss die Augen. So ein Haustier ist ganz schön viel Arbeit, dachte er. Viel zu viel Arbeit.

Ein Glück, dass seine Eltern ihm keins erlaubten.

Mama würde sich bestimmt freuen, weil Minus jetzt so vernünftig war.

Die Überraschung

Mama und Papa Drei kamen nach Hause.

Mama Drei freute sich sehr, dass Minus sein Zimmer so schön aufgeräumt hatte.

Und sie freute sich noch mehr, weil der Boden im Bad so schön glänzte, und für die neuen Blumen bekam Minus ein Küsschen.

Später sagte Mama Drei: „Frau Meso und Herr Fossil haben mir erzählt, wie gut du dich um ihre Haustiere gekümmert hast.“

„Frau Urgestein auch“, sagte Papa.

„Stigi war ganz begeistert.“

„Und ich habe mich in dir getäuscht“, sagte Mama. „Du kannst dich sehr wohl um ein Tier kümmern.“

Papa strahlte. „Und deswegen haben wir eine Überraschung für dich. Du bekommst ein Haustier.“

„Aber – das ist doch nicht nötig!“, rief Minus.

„Es ist schon da“, sagte Mama.

Minus wurde blass.

„Ist es etwa ein Tyrannosaurus Rex?“, flüsterte er.

„Nein“, sagte Mama. „Viel kleiner.“

„Oder ein Tri … Triceratops?“

„Viel langsamer“, sagte Papa.

Minus kam ein noch schlimmerer Gedanke.

„Etwa ein Stegosaurus?!“, hauchte er.

„Es hat keine Stacheln“, sagte Mama und nickte Papa zu.

Papa holte etwas aus seiner Tasche …

Es war so klein, dass Minus es nicht gleich erkannte.

„Das ist Lucy“, sagte Papa. „Ich glaube, ihr werdet euch gut verstehen.“

„Ein Urmensch! Wie niedlich!“, rief Minus begeistert. „Das ist ja viel, VIEL besser als ein Saurier!“

Und so war es auch! Minus und Lucy wurden schon bald die allerbesten Freunde.

Ute Krause, 1960 geboren, wuchs in der Türkei, Nigeria, Indien und den USA auf. An der Berliner Kunsthochschule studierte sie Visuelle Kommunikation, in München Film und Fernsehspiel. Sie ist als Schrift­stellerin und Illustratorin erfolgreich. Ihre Bilder- und Kinderbücher wurden in viele Sprachen übersetzt und für das Fernsehen verfilmt. Ute Krause wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. von der Stiftung Buchkunst, und für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.