T jark hörte die Badezimmertür zufallen und nahm sein Handy. Er überlegte, ob er Femke die Aufnahme senden sollte, entschied sich dann aber dagegen. Femke würde sich fragen, woher er die Aufnahme hatte – und daraus schließen, dass er mit Vural zusammen sein musste. Das könnte die Situation zum gegenwärtigen Zeitpunkt verkomplizieren, überlegte Tjark. Und senden konnte er das später immer noch.
Er wählte Femkes Nummer. Kurz darauf ging sie dran. Es hörte sich an, als sei sie gerade im Auto unterwegs.
»Tjark, was ist da in Oldenburg passiert? Ich habe gehört, dass …«
»Pscht. Keine Ahnung, spielt auch keine Rolle. Hör zu, morgen um elf Uhr wird eine Übergabe am Klubhaus der Kojoten stattfinden. Weißt du, wo das ist?«
»Übergabe? Klubhaus? Woher weißt du …«
»Femke. Spielt keine Rolle. Elf Uhr morgen. Ihr müsst euch im Hintergrund halten, okay? Haltet die Augen und Ohren offen, aber lasst euch nirgends blicken. Überwacht das aus der Distanz, und …«
»Wer übergibt da wen?«
»Ich gehe davon aus, dass Vural dort sein wird. Shirin ebenfalls. Hoffe ich. Und die Kojoten.«
»Was du woher weißt?«
»Ihr habt mich gebeten, euch zu helfen. Das tue ich. Mehr kann ich nicht sagen. Haltet nur in jedem Fall Abstand.«
Femke seufzte tief. »O Mann, ich will nicht wirklich wissen, woher du diese Info hast, oder?«
»Willst du nicht.«
»Ist das verlässlich?«
»Absolut.«
»Tjark, wir haben gerade das Okay für eine Kommission bekommen. Schon morgen kann es losgehen, und was auch immer da im Hintergrund abläuft, ich …«
»Eine Kommission ist super. Aber vielleicht braucht ihr die gar nicht. Elf Uhr. Kojoten-Klubhaus.«
Damit beendete er das Gespräch. Er konnte Femke bildlich vor sich sehen, wie sie am Steuer ihres Autos saß, wahrscheinlich gerade auf dem Weg nach Hause, und ihn verfluchte. Aber wie war das noch mit den Geistern, die man rief?
Aus dem Badezimmer hörte Tjark das Wasser rauschen. Wahrscheinlich machte sich Vural gerade etwas frisch. Nach der Dusche klang es jedenfalls nicht. Das sollte Tjark ebenfalls tun. Und sich einen Liter Kaffee kochen, denn heute Nacht würde er voraussichtlich kein Auge zutun, um Vural im Blick zu behalten. Er durfte ihm auf keinen Fall entwischen.
Außerdem würde er sich einen Plan zurechtlegen müssen für diese Übergabe.
Tjark drehte sich um, goss Wasser in den Tank der Kaffeemaschine, füllte Pulver in einen Filter, schaltete die Maschine ein. Er hörte, wie sich die Badezimmertür wieder öffnete. Vurals Gesicht war feucht, seine Haare ebenfalls.
Vural kam in die Küche. »Kaffee?«
»Genug für uns beide.«
»Ich trinke keinen Kaffee.«
»Dann bleibt mehr für mich«, sagte Tjark und ging an Vural vorbei.
»Der Tank ist randvoll. Das ist fast ein Liter.«
»Ich werde einiges an Kaffee brauchen, um wach zu bleiben.«
»Wach – wofür?«
»Wegen dir.«
Vural lachte leise, nickte dann und zuckte mit den Achseln. »Wie du meinst.«
»Ich bin auch mal kurz im Bad. Die Tür lasse ich auf. Also keine Dummheiten und die Finger weg von den Messern und allen anderen scharfen Gegenständen.«
»Ich bitte dich nicht erst um Hilfe, um dich dann abzuservieren, Mann.«
»Besser so«, sagte Tjark und ging ins Bad.
Vural betrachtete die Kaffeemaschine, die gerade damit begann, vor sich hin zu keuchen und ihren Job zu tun. Seine Hände steckten in den Hosentaschen.
»Klar«, sagte Vural. »Lass dir Zeit.«