S cheiße!« Tjark ballte die Faust.
»Da kann man nix machen«, sagte der Mitarbeiter am Fährhafen in Bensersiel. »Die Fähre hätte noch eine Fahrt machen sollen. Wurde aber gestrichen. Ik kann nix an doon. Der Sturm kommt, und die Fähre bleibt an der Insel. Vor morgen geht da nichts mehr.«
»Fuck!«
Der Mitarbeiter am Ticketschalter zuckte nur mit den Achseln und erklärte Tjark, dass er ja nicht allein sei, und deutete auf einige Urlauber, die mit ihrem Gepäck ratlos im Fährhaus standen, miteinander redeten oder telefonierten.
»Und jetzt?«, fragte Fee hinter Tjark.
Tjark mahlte mit den Backenzähnen. Er musste verdammt noch mal auf die Insel kommen. Und wenn nicht mit der Fähre, dann … dann …
Er wendete sich zu Fee, fasste sie an den Schultern. »Fee. Danke für alles. Du solltest zurück zum Job – aber nicht ganz so schnell fahren, okay?«
»Kommst du klar?«
»Komme ich«, erwiderte Tjark – und lief los.
Er musste vom Fähranleger um das gesamte Außenbecken herumlaufen, eine Brücke zur anderen Seite überqueren und erreichte schließlich den Jachthafen. Fred musste vorhin hier gewesen sein, als er anrief. Wo er jetzt war – keine Ahnung. Wahrscheinlich Ceylan und Femke beim Zugriff unterstützen und ihnen ein Update über die Situation geben.
Aber für das alles interessierte sich Tjark im Moment nicht. Vielmehr interessierte er sich für das kleine Boot der Seenotrettung mit dem Aufdruck SAR , das eben ein kleines Motorboot in den Hafen geschleppt hatte. Tjark wusste, dass die Retter auf Langeoog stationiert waren. Wie es aussah, war in den Wellen aber jemand in Seenot geraten. Man war zu Hilfe gekommen.
Tjark nahm wahr, dass am Ende der Mole zwei Männer in signalroter Kluft wieder auf das Seenotrettungsboot stiegen – vermutlich, um zurück zu ihrem Standort zu fahren, bevor der Sturm endgültig zuschlug.
Tjark legte einen Zahn zu. Im Laufen winkte er zu den Männern und rief »He!« und »Stopp!«.
Sie hielten tatsächlich inne und warteten, bis Tjark außer Atem und schwitzend bei ihnen ankam.
»Ich muss auf die Insel«, keuchte er.
Die Männer lachten. »Das können Sie sich abschminken.«
»Polizei«, keuchte Tjark. »Notfall. KHK Tjark Wolf.«
Der größere der beiden legte den Kopf schief und musterte Tjark. »Sie kenne ich doch?«, fragte er.
Tjark zuckte mit den Schultern.
»Sie waren doch der … Damals, als die Fähre von diesem Verrückten geentert wurde. Mit dem Sprengsatz. Sie haben das geregelt, richtig?«
Tjark nickte. »Das war ich.«
»Schiet«, murmelte der Mann und kratzte sich im Nacken. »Ist denn wieder was los, oder wie?«
»Ich verfolge jemanden … auf der Insel. Die letzte Fähre ist abgesagt worden, also …«
Die beiden Seenotretter blickten einander in die Augen, zuckten mit den Achseln.
Der Große sagte: »Dann mal los, Herr Wolf«, und ging an Bord.
Tjark nickte. Betrachtete das Boot, spürte den starken Wind, sah die weißen Wellenkämme auf der Nordsee. Ihm wurde kalt.
Er und das Meer: eine ewige Hassliebe.
Scheiß drauf, dachte er. Und stieg auf das Boot.