Vorwort

Dieses Buch ist die dritte, grundlegend überarbeitete, aktualisierte und um mehrere Kapitel erweiterte Auflage eines 2007 erschienenen Werkes, das die Leser über die Grundzüge der Politik in Deutschland[1] unterrichtet. Wie andere Einführungen zum Thema erörtert auch dieser Band die politischen Institutionen und ihre Funktionsweise und analysiert die wichtigsten politischen Akteure und Einrichtungen: Zur Sprache kommen vor allem die verfassungspolitischen Grundlagen, die Wählerschaft, die Parteien, die Bundesregierung und die Opposition, die Bundeskanzler und die Bundespräsidenten, der Bundestag, der Bundesrat, die Interessenverbände und die Massenmedien sowie die Judikative mit dem einflussreichen Bundesverfassungsgericht an der Spitze und die politische Führungsschicht in Deutschland.

Allerdings geht dieses Buch weit über die vorliegenden Einführungen zur Politik in Deutschland hinaus. Denn es erörtert nicht nur politische Vorgänge und politische Institutionen, es untersucht auch Politik im Sinne von politischer Gestaltung. Zudem werden in diesem Buch die Zusammenhänge zwischen politischen Institutionen, Abläufen und Entscheidungsinhalt erkundet. Dazu dient die Analyse der Staatstätigkeit in besonders wichtigen Politikfeldern. Diese reichen von der Verfassungspolitik und den Staatsfinanzen über die Wirtschafts-, die Sozial-, die Bildungs- und die Umweltpolitik bis zum Markenzeichen der innenpolitischen Staatstätigkeit im heutigen Deutschland: der «Politik des mittleren Weges».[2]

Das vorliegende Buch handelt aber nicht nur von der Innenpolitik, sondern auch von der Außenpolitik, einschließlich der Europäisierungstendenzen des Regierungssystems. Zweierlei spricht dafür: Das internationale Umfeld und auswärtige Mächte haben die Politik der Bundesrepublik Deutschland von Anfang an tief geprägt. Zudem formte das Zusammenwirken von außen- und innenpolitischen Konstellationen die Bundesrepublik zu einem im internationalen Vergleich ungewöhnlich «offenen Staat»[3] und zu einer auch international Zeichen setzenden «Zivilmacht»[4].

Im weiteren Unterschied zu den meisten Einführungen zum Thema wird die Politik in Deutschland in diesem Buch, wo immer möglich und nötig, aus dem Blickwinkel des neuesten Standes des internationalen und des historischen Vergleichs betrachtet.[5]

Zudem wird das politische System Deutschlands auf den folgenden Seiten bewertet – anhand seiner Stärken und Schwächen im Lichte bewährter normativ-analytischer Messlatten politischer Leistungen[6] sowie, soweit Umfangsbeschränkungen dies erlauben, unter Berücksichtigung von Befunden des internationalen und des historischen Vergleichs. Das schließt die Überprüfung der Diagnose ein, die Politik in der Bundesrepublik Deutschland sei eine «Erfolgsgeschichte». Dieser Befund wird am Ende des vorliegenden Werkes durch eine Bewertung ersetzt, die neben den Vorzügen der Politik in Deutschland auch ihre Schwächen bedenkt.

Schließlich noch ein Wort zur Beobachtungsperspektive des Verfassers dieses Buches. Der Beobachtungsstandpunkt und die fachwissenschaftlichen Begriffe, Methoden und Theorien, mit denen die Fakten untersucht, die Dokumente ausgewertet und die Studien anderer Fachleute zu Rate gezogen werden, sind von einer Schule der Politikwissenschaft geprägt, die empirisch-analytisch ausgerichtet ist. Diese Schule strebt nach möglichst genauer und nachprüfbarer Beschreibung und Erklärung von politischen Institutionen, politischen Vorgängen und Staatstätigkeit, und zwar mit Hilfe von Hypothesen und Theoriebausteinen aus politikwissenschaftlichen und anderen sozialwissenschaftlichen Theorien mittlerer Reichweite. Die hier vorgelegte Studie zur Politik in Deutschland operiert insbesondere mit einem erweiterten politisch-institutionalistischen Ansatz, der sich in der politikwissenschaftlichen Erforschung von Institutionen und Staatstätigkeit bewährt hat.

Geschrieben wurde das vorliegende Buch nicht nur für das Fachpublikum, sondern für einen größeren Leserkreis. Es wendet sich gleichermaßen an Studierende, Lehrende und anderweitig tätige Absolventen des Faches Politische Wissenschaft und angrenzender Disziplinen, insbesondere der Soziologie und Wirtschaftswissenschaft, Erziehungswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Philosophie und Rechtswissenschaft, sowie an alle an Fragen der deutschen Politik Interessierten.

In dieses Buch wurde das einschlägige fachwissenschaftliche, vor allem das deutsch- und englischsprachige Schrifttum, eingearbeitet. Wie schon in der 2. Auflage wurden der hiermit vorgelegten 3., aktualisierten Auflage die Kapitel über Massenmedien (Kapitel 5.4) und Bildungspolitik (Kapitel 16) hinzugefügt. Hinzu kam das neue Kapitel über die Tendenzen und Grenzen der Europäisierung des Regierungssystems (Kapitel 19). In allen Kapiteln des Buches erstreckt sich der Untersuchungszeitraum auf die Zeit von der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 bis zum Redaktionsschluss im April 2016.

Bei der Anfertigung der 3. Auflage des Deutschland-Buches kam mir erneut zuverlässige Hilfe zugute. Vielmals danke ich Privatdozentin Dr. Ute Wachendorfer-Schmidt, meiner Frau, für die genaue Durchsicht und fachkundige Kommentierung des Manuskriptes. Dr. Sebastian Ullrich und Carola Samlowsky vom Verlag C.H.Beck danke ich für die Betreuung des Werkes. Für Korrekturlesen, Recherchen, Mithilfe bei der Literaturbeschaffung und Schreibarbeiten danke ich vor allem Ingeborg Zimmermann und Nils Holzbecher sehr herzlich. Zutiefst zu Dank verpflichtet bin ich zudem der Universitäts-Augenklinik Heidelberg – allen voran Prof. Dr. med. Gerd U. Auffarth, Privatdozent Dr. med. Saadettin Sel und Assistenzarzt Tawfic Swaid. Ohne ihre fachkundige Vorbereitung, Durchführung und Nachbehandlung mehrerer Augenoperationen seit Anfang dieses Jahres hätte ich dieses Buch nicht fertigstellen können.

Der Redaktionsschluss des Werkes war Anfang Juni 2016.

 

 

 

    1 «Deutschland» dient im Folgenden, soweit nicht ausdrücklich das Staatsgebiet des Deutschen Reichs bis 1945 gemeint ist, als Kurzbezeichnung für «Bundesrepublik Deutschland».

    2 Siehe Kapitel 18.

    3 Di Fabio 1998.

    4 Vgl. Maull 1992, 2006 sowie Kapitel 11 in diesem Buch.

    5 Vgl. Caramani 2014a, Powell/Strøm/Dalton 2015, Schmidt 2012a, Wagschal u.a. 2015, Wehler 2008.

    6 Vgl. Kapitel 20.