Pfleger Moses schenkt Kaffee nach. „Mit Schuss?“, fragt er. Pomp sagt nichts, muss er auch nicht, weil Moses weiß, was sich gehört. Ein Schnaps für einen Toten, so hält er es schon lange. Moses holt die Flasche aus dem Kasten und schenkt Pomp ein.
„Heute kommt die Neue“, sagt Moses.
„Na super“, sagt Pomp, „gratuliere.“ Er kratzt sich im Nacken. Wenn er unsicher ist, kratzt er sich im Nacken und man könnte, wenn man genau hinsähe, erkennen, dass der Haaransatz auf der rechten Seite weiter oben beginnt. „Hätte nicht gedacht, dass hier noch jemand anfangen will.“ Er nimmt einen Schluck.
„Den Totenschein habe ich ausgefüllt.“
„Danke.“
„Sie war die Letzte.“
„Was meinst du?“
„Die letzte Bewohnerin von damals. Eine von den Leuten, die noch hierhergekommen sind, um zu leben, nicht nur zum Sterben.“
„Mit Sack und Pack und den eigenen Möbeln.“
„Ja“, sagt Pomp, „die Möbel. Weißt du noch, als sie eingezogen ist?“
„Hat den Garten im Hof in Beschlag genommen.“
„Und hat gleich ihre Walderdbeeren angebaut.“
„Ihre Erdbeeren, ja. Wie lange ist das her? Zehn Jahre?“„Eher fünfzehn.“
Pomp schüttelt den Kopf.
Die beiden sitzen eine Zeitlang schweigend da, bis Pomp sagt: „Und was soll die Neue hier machen?“ „Sitzwache“, sagt Moses.
„Sitzwache? Ist lange her, dass wir sowas hatten.“
„Für Herrn T.“
Pomp nimmt einen Schluck. „Für T. Großartig.“
„Was meinst du damit?“
„Ist nur seltsam.“ Pomp dreht den Kaffeebecher, bis er das Logo des Heimbetreibers nicht mehr sehen kann. „Einerseits sperren sie bald alles zu und andererseits dann sowas. Und für T. noch dazu. Außerdem dachte ich, dass er aufgehört hat zu schreien?“
„Er ist nur dann ruhig, wenn er nicht alleine ist.
Oder wenn er schläft.“
„Jetzt schreit er nicht.“
„Eben. Er schläft. Jetzt schon. Das heißt, er wird später die ganze Nacht wach sein.“
„Dir kann man auch nichts recht machen.“
„Haha.“
Pomp kratzt sich noch einmal. „Na ja. Und mit einer Sitzwache soll das funktionieren?“ „Hoffentlich.“