„Hören Sie gerne Musik?“ Meta legt ihr Handy auf T.s Nachtkasten. „Ich habe gelesen“, sagt sie, „dass Musik beruhigend wirkt. Also bei dementen Menschen. Nicht dass ich jetzt ... Ich höre auch immer Musik, wenn ich nicht schlafen kann.“ Sie nimmt ihr Handy vom Nachtkasten. „Was hören Sie gerne? Ich suche uns eine Playlist mit Klassik, entspannend, mit Klavier.“ Sie tippt auf dem Handy. „Aber wir können natürlich hören, was Sie wollen, ja?“ Sie tippt noch einmal auf den Bildschirm, stellt dann ein wenig leiser. „So gut?“
Herr T. ächzt und versucht, sich vom Rücken auf die linke Seite zu drehen. Das gelingt ihm nicht, er ist zu schwach, dann sinkt er wieder zurück und versucht, mit der Hand etwas über sich zu greifen, wobei Meta nicht weiß, ob er die Haltegriffe meint oder nach etwas greift, was nur er sehen kann.
„Brauchen Sie etwas?“, sagt Meta. Keine Antwort. Sie steht auf, nimmt die Schnabeltasse mit Tee vom Nachttisch und hält sie Herrn T. vors Gesicht. „Möchten Sie?“ Er öffnet nicht einmal die Augen und stöhnt wieder.
Meta berührt seine Lippen mit dem Schnabel, aber T. presst die Lippen aufeinander. „Tee“, sagt Meta, „es ist nur Tee, machen Sie doch den Mund auf, es wird Ihnen guttun.“ Sie legt die Hand auf seinen Unterarm. „Bitte“, sagt sie, „trinken Sie einen Schluck und dann schlafen Sie ein bisschen.“
Herr T. macht keine Anstalten, den Mund zu öffnen. Durch die geschlossenen Lippen presst er ein Stöhnen hervor und wieder versucht er, sich auf die Seite zu drehen.
„Ich helfe Ihnen“, sagt Meta, stellt die Schnabeltasse weg und holt sich Latexhandschuhe aus der Box beim Eingang. „Einen Moment.“
Ein paarmal hat sie schon gesehen, wie man Leute dreht. Sie will Moses nicht belästigen, der hat sicher genug zu tun. „Wir haben das gleich“, sagt sie und bietet T. die Hand an. Er klammert sich an ihrem Unterarm fest, seine Fingernägel schmerzen. „Nicht so fest“, sagt Meta und greift mit der anderen Hand auf T.s Hüfte, spürt den Rand der Windel, seine Haut. „Los gehts“, sagt sie und versucht, T. mit einem Ruck zu ihr zu drehen.
T. presst weiterhin die Lippen aufeinander, stöhnt, immer lauter, bis es schließlich klingt, als würde er schreien und jemand ihm den Mund zuhalten. Er atmet durch die Nase, stoßweise, tief, und dann schreit er wirklich.
„Alles gut“, sagt Meta, „alles gut“, und sie spürt, wie sie zu schwitzen beginnt, unter den Handschuhen, an der Stirn.
Herr T. windet seine Hand heraus und hält sich an den Seitengittern des Betts fest. „Aaaaa uuuu“, schreit er, „aaaaa uuuu.“ Meta lässt seine Hüfte los, geht ums Bett herum, drückt den Schwesternknopf dreimal. „Alles gut“, sagt sie, „ich wollte nicht, Entschuldigung, alles gut ...“ Meta dreht sich um, geht ins Badezimmer, nimmt einen Waschlappen vom Stapel beim Spiegel und tränkt ihn mit kaltem Wasser. Sie versucht, sich zu sammeln, aber T. schreit, schreit seinen spitzen Ton und wird immer lauter.
Meta drückt den Waschlappen aus und bleibt kurz in der Badezimmertüre stehen, geht die paar Schritte zu T.
„Hey“, sagt sie und wischt ihm mit dem kühlen Lappen über die Stirn. Ihre Hand zittert und sie berührt mit dem Zipfel des Lappens T.s Auge. Er öffnet den Mund, kreischt, quietscht und fällt in einen Jammerton, tief aus der Brust. „Hilfe ist unterwegs“, sagt sie und dann: „Ich bin ja da, bin ja da, ich bin da.“ Herr T. rüttelt, soweit es seine Kräfte erlauben, an den Bettgittern und schreit.