Eigentlich läuft Moses nicht mehr, auch wenn der Schwesternruf einen Notfall anzeigt. Meist sind es nur verwirrte Bewohner, die den Knopf in die Finger kriegen und ihn alle paar Sekunden drücken.
Er atmet schwer, bleibt kurz vor der Türe stehen und geht hinein, ohne anzuklopfen.
Meta steht neben dem Bett und hält T.s Hand, der versucht, sich ihrem Griff zu entwinden, und er schreit. „Moses“, sagt Meta, „ich weiß nicht, ich habe, ich weiß nicht, was er will, es war doch alles gut –“
Moses kniet nieder und betrachtet den prallvollen Harnbeutel. „Oje“, sagt er, „aber das haben wir gleich.“
Meta streichelt T.s Hand. „Ich habe ihm wehgetan“, sagt sie, „ich habe ihm –“
Moses steht auf, geht ins Bad, holt einen Plastikkübel und stellt ihn unter den Urinbeutel, dann öffnet er das Ventil. „Sicherheitshalber“, sagt er.
Der Urin, der in den Kübel plätschert, ist hellgelb, fast klar.
Meta spürt die Übelkeit aufsteigen, lässt T.s Hand los, geht zum Fenster. Sie hält den Kopf an den Spalt und atmet. Die Luft ist warm und riecht nach Staub, nach Öl und, ganz leicht, nach Gras.
„Fertig.“ Moses nimmt den Kübel, geht ins Badezimmer und leert den Inhalt in die Toilette. Herr T. liegt wieder ruhig da und nestelt an den Knöpfen seines geblümten Nachthemds.
„Wie viel hat er denn getrunken?“, fragt Moses. „Schon einiges“, sagt Meta, „sicher zwei, drei Becher. Ich dachte, er hat vielleicht einen trockenen Mund.
War das nicht gut?“
Moses schüttelt den Kopf. „Doch, doch.“
„Hat er deswegen geschrien? Wegen dem Urinbeutel?“
Moses schüttelt den Kopf. „Manchmal“, sagt er, „ist es einfach so. Irgendeine Erinnerung, ein Traum, was weiß ich ... Und dann kommt die Angst.“
„Ich habe ihm Musik vorgespielt, vielleicht die falsche.“
„Meta“, sagt Moses, „du hast nichts damit zu tun.“ Er zieht seine Hand langsam unter T.s Hand hervor. „Manchmal muss man es einfach mit ihm aushalten. Nicht weglaufen.“ Er richtet sich auf und stöhnt. „Die Knie.“