Moses hat zwei Paar Handschuhe genommen, nicht wegen der Scherben, sondern wegen des Geruchs. Multivitaminlösung ist an sich ungefährlich, aber wenn man den Geruch einmal an den Händen hat, geht er tagelang nicht mehr weg.
Er steht also mit zwei Paar Handschuhen da, weil jeder weiß, dass jeder zehnte Handschuh undicht ist, und putzt mit einem Packen Zellstoff. Er wischt die Scherben, die Flüssigkeit und das Desinfektionsmittel, das er daraufgekippt hat, um den Geruch zu neutralisieren, auf und wirft alles in den Mistkübel. „Und nur wegen der blöden Vitamininfusionen.“ Er verteilt noch einmal Desinfektionsmittel auf dem Tisch.
„Hallo.“ Meta steht in Jeans und einem Nirvanashirt in der Türe. „Hier riecht es aber gut.“
„Findest du, ja?“
„Was ist das?“
Moses verzieht das Gesicht. „Multivitaminlösung.“
„Sorry, dass ich zu spät bin.“
„Macht ja nichts. Konntest du schlafen?“
„Warum fragst du?“
„Viele Leute schlafen nach dem Nachtdienst schlecht.“
„Die Nacht war gut“, sagt Meta. „Der Tag, meine ich. Du siehst aber auch müde aus.“
„Ja“, sagt Moses, „bin ich auch.“
„Hast du eigentlich immer alleine Nachtdienst?“ „Seit zwei Jahren, ja. Als Michaela und Kathi gegangen sind, haben sie uns die Dienste gekürzt, weil sie niemanden mehr gefunden haben.“
„Und das geht einfach so?“
„Hat wohl jemand ausgerechnet. Soundso viele Minuten pro Bewohner pro Nacht, und so weiter. Nur dass noch nie jemand von denen in der Pflege gearbeitet hat.“ Er wischt noch einmal über die Arbeitsfläche. „Und wie gehts dir sonst? Also mit der Station hier, mit T.?“
„Gut. Besser, als ich dachte, ehrlich gesagt.“
„Sicher? Ist schon heftig, wenn man zum ersten Mal hier ist.“
„Sicher. Ich mochte es, einfach für ihn da zu sein und zu spüren, wie sehr ihm das hilft. Weißt du, was ich meine?“
„Na dann.“ Moses wischt noch einmal mit Zellstoff über den Tisch. „Cooles T‑Shirt übrigens.“
„Findest du es unpassend?“
„Nein, wirklich cooles Shirt.“