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Meta ist fasziniert. Angelika drückt zwei Blutdrucktabletten aus dem Blister in den Plastikdispenser, der vor ihr auf dem Tisch liegt. Es ist der dritte Dispenser und sie hat nicht eine Tablette danebenfallen lassen, trifft jede Vertiefung aus zehn Zentimetern Höhe. Meta ist vor zehn Minuten gekommen und hat sogar vergessen, ihre Tasche abzustellen.

„So elegant“, sagt sie.

„Hm?“ Angelika blickt nicht auf.

„Sie machen das so elegant.“ Meta nimmt die Tasche auf die andere Schulter. Sie hat heute Zeitungen mitgebracht und eine Flasche mit gutem Cognac von zu Hause.

„Die Tabletten, meine ich.“

Angelika lächelt. „Ist nicht gerade der schwierigste Teil hier.“

„Sind die für heute Abend?“

Angelika nimmt eine andere Packung aus dem Schrank. „Die sind für morgen.“

„Wann haben Sie frei?“, fragt Meta.

„Ich habe schon frei“, sagt Angelika.

Meta sieht Moses an, der im Nebenzimmer mit einem alten orangen Stethoskop spielt. „Und warum machen Sie das noch?“

„Moses mag die Tabletten nicht“, sagt Angelika, „und mir macht es nichts aus.“

Moses leckt seinen Zeigefinger ab und blättert seine Zeitung um. „Zu große Finger“, sagt er, „oder zu kleine Tabletten.“

Angelika stellt die Medikamentenpackungen zurück in den Schrank. „Außerdem freut er sich. Er bleibt für die Morgenpflege auch immer länger.“ Sie geht zu Moses, klopft ihm auf die Schulter. „Frau L. wird dich bald brauchen. Sie hat wieder gefiebert und war ziemlich verwirrt.“

„Oje. Vielleicht rufe ich Pomp an“, sagt Moses.

„Wie du meinst.“ Sie hustet und zeigt auf das Stethoskop. „Das hier wird er sich ohnehin bald holen wollen. Du weißt, wie er ist, wenn er seine Sachen verliert.“

„Vielleicht verstecke ich es irgendwo.“

„Ja klar, unser Stationskobold.“ Sie streicht mit ihrer vom Desinfektionsmittel feuchten Hand über Moses’ Gesicht.

„Hey!“

„Ruhigen Dienst, Pumuckl.“ Angelika geht den Gang hinunter, leicht vornübergebeugt. Vor der Garderobentüre richtet sie sich auf, lässt die Schultern kurz kreisen und atmet auf, als sie die Klinke hinunterdrückt.