Seit einer Stunde kommt Meta nicht zur Ruhe. Sie ist eine Zeitlang sitzen geblieben, aufgestanden, herumgewandert, hat sich wieder hingesetzt, während Herr T. ruhig geschlafen hat. Seit mindestens einer halben Stunde hat er sich nicht einmal bewegt, auch die Hände sind ruhig. Am Hals, zwischen den Schlüsselbeinen, wo der Brustkorb beginnt, kann man seinen Puls sehen. Er geht unregelmäßig und schnell, mit unterschiedlich starken Schlägen, die einander abwechseln. Meta zählt mit.
Neunundsechzig Schläge pro fünfzig Sekunden, das macht ungefähr vierzehn Schläge pro zehn Sekunden, das macht etwas mehr als achtzig Schläge pro Minute.
Herr T. hüstelt, zieht Rotz auf und ist wieder still. Musik wäre jetzt schön, denkt Meta, Musik, frische Luft und ein Lehnstuhl draußen. Sie geht zur Terrassentüre und blickt in den Hof. Sie versucht den Türknauf zu drehen. Bewegt sich nicht. Wenn sie jetzt rauskönnte, wäre alles besser. Hinter ihr beginnt Herr T. zu wimmern.
Meta dreht sich um. T. hat die Augen geschlossen, er wimmert und stöhnt, öffnet den Mund, leckt sich die Lippen.
Meta starrt die Sprühfläschchen an, die Moses auf den Couchtisch gestellt hat. „Die hätten Sie jetzt gerne“, flüstert sie und denkt, er hat es nicht verdient, dass sie sich um ihn kümmert, er hat es nicht verdient, er hat es verdient, jeder hat es verdient, niemand sollte einen trockenen Mund haben, aber er hat es nicht verdient. Sie geht auf und ab, vor dem Fußende des Betts, geht zum Couchtisch, nimmt eines der Fläschchen in die Hand, sprüht in die Luft, riecht. Es ist nur Wasser.
Sie geht zwei Schritte auf T.s Bett zu. Es ist nur Wasser, nur Wasser, nur Wasser. Er hat es verdient, jeder hat es verdient. Sie beugt sich zu ihm, zögert. Ihre Hand zittert. „Öffnen Sie den Mund“, sagt sie. T. wimmert. Meta sprüht ihm die Lippen ein, er öffnet den Mund. Sie sprüht schnell, vier‑, fünfmal, er stöhnt, entspannt sich. Metas Herz schlägt bis zum Hals.
Das Wimmern wird leiser, Herr T. lässt das Bettgestell los und dreht sich auf den Rücken.
Er streckt die Hand nach ihr aus, ohne den Kopf zu drehen. Mit der zweiten Hand nestelt er an der Bettdecke.
„Ich kann nicht“, flüstert sie, so leise, dass Herr T. es wahrscheinlich nicht hören kann, „ich kann nicht.“