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Herr T. liegt regungslos im Bett. Meta nähert sich ihm. Sie erkennt kaum, dass er atmet. Sie beobachtet seinen Brustkorb, seinen Hals, und da ist wieder das Pulsieren seiner Adern am Hals, aber keine Atmung, die sie erkennen kann. Sie kommt näher, ganz langsam, mit dem Gesicht zu seinem Gesicht, und spürt, ganz leicht, seinen Atem auf der Wange. Meta richtet sich wieder auf. Ihre Hände zittern.

Sie wischt sich den Schweiß von der Stirn. Sein Gesicht wirkt kleiner als gestern, die Nase spitzer, die Wangen hohler.

Sie hält die Luft an, konzentriert sich und sitzt still, dann kann sie es hören. Ein Rasseln kommt jetzt aus T.s Brustkorb, alle paar Sekunden dieses Geräusch, und dann, kaum vernehmbar, ein Hüsteln.

Meta setzt sich auf die Couch. Sie sitzt niedriger als T. und blickt ein wenig zu ihm auf. Sie hebt ihre Handtasche vom Boden auf und legt sie sich in den Schoß.

„Na dann“, sagt Meta, „ich lese Ihnen jetzt vor, okay?“ Herr T. hält die Augen geschlossen und reagiert nicht. Meta schlägt den Gedichtband auf.

Sie beginnt zu lesen:

„Nur damit du Bescheid weißt // Ich habe die Pflaumen // gegessen // die im Eisschrank // waren // du wolltest // sie sicher // fürs Frühstück // aufheben –“

„Schön, nicht?“ Herr T. bewegt leicht die Lippen. „Ich lese weiter, ja?“

„Verzeih mir // sie waren herrlich // so süß // und so kalt.“

Sie blättert ein paar Seiten weiter. „Das hier ist auch schön.“

„Bald bin ich fertig mit der Welt – // doch mit diesen Straßen nie // und ihrem Geheimnis: den drei Körben // voll Strohblumen im hohen // Fenster ...“

T. bewegt sich nicht, er atmet jetzt ruhig, aber über den Gedichten, die Meta ihm vorliest, ist das Rasseln deutlich zu hören.