GESCHICHTE

UNTERWÄSCHE IM WANDEL DER ZEIT

Hier sind wir nun in der Unterwäscheabteilung angekommen – bei dem Schlüpfer und damit jenem Ding, das der Akademie den Namen gab.

Wusstest du, dass die Unterhose, der „Liebestöter“, die Reizwäsche, wie die Damenwäsche auch genannt wird, erst seit relativ kurzer Zeit unser täglicher Begleiter ist? Ohne Unterhose liefen die Frauen bis in die 1830er-Jahre herum. Üblich war nur ein Unterhemd.

Die ersten Brunzhosen, wie das Beinkleid der Damen bezeichnet wurde, sorgten für guten Luftzug zwischen den Beinen, denn der Schritt war offen. Was zunächst seltsam klingt, hatte den Vorteil, einfacher Wasser lassen zu können, ohne umständlich die Brunzhose unter den Rockschößen herunterzuzerren. Die Monatshygiene, befestigt an einem separaten Gurt, konnte einfacher gewechselt werden.

Wäsche war für das Bürgertum und Adlige. Für die normale Bevölkerung waren derartige Modeartikel lange nicht erschwinglich. Die aus Leinentuch gefertigten Schlüpfer dürften heutigem Tragekomfort nicht genügt haben. Noch kratziger als das Leinen sind wohl nur die selbst gestrickten Nierenwärmer gewesen, zahlreiche Strickanleitungen kursierten in Druckartikeln.

Präsentation.

Die Leinenunterwäsche konnte gut ausgekocht und gesäubert werden. Findige Frauen kamen schnell auf die Idee, das neue Accessoire auch als Halterung für die Menstruationshygiene zu verwenden.

Brigitta Hochfelden beschreibt im Buch der Wäsche9 nicht nur Schnittmuster für den Schlüpfer, sondern auch „Wäschestücke für besondere Zeiten“. In diese wurde eine Befestigung für Leinenbinden eingearbeitet. Die Prototypen waren aber immer noch zwischen den Beinen geöffnet, die Einlagen kamen nur während der besonderen Zeit zum Einsatz.

AUSFLUG

Menstruationshygiene

Bis zur Erfindung der Schlüpfer wurde die Menstruationshygiene gebunden, und daher kommt auch der Begriff der Binde. An einen Leibgurt wurden Wäschestücke aus saugfähigem Material zwischen die Beine gebunden. Als saugfähige Materialien kamen Stoffstücke, aber auch Moose und Schwämme zum Einsatz. Das Ganze wirkte dann wie ein Halfter: ein Gürtel um die Taille, daran Wäschestücke befestigt und zwischen den Beinen durchgeführt. Frauenärztinnen wie Anna Fischer-Dückelmann empfahlen selbst genähte Binden und gaben die Schnittmuster gleich an ihre Patientinnen weiter, so etwa zu finden in ihrem Buch Die Frau als Hausärztin von 1901.

Als um 1900 in den USA die ersten Binden aus Zellulose aufkamen, monierten Mediziner:innen bereits die hohen Kosten für diese Monatshygiene. In Deutschland hat es bis sage und schreibe 2020 gedauert, dass die Luxussteuer auf Tampons und andere Menstruationshygiene endlich entfiel. Seitdem zahlen wir statt 19 % nur noch 7 % Mehrwertsteuer auf Periodenprodukte, in manchen Ländern werden gar keine Steuern erhoben.

Überhaupt gibt es quer durch die Jahrhunderte sehr viele Patente, die Frauen halten, wenn es um Produkte zur Menstruationshygiene geht. 1937 entwickelte Leona Chalmers einen Cup – eine Menstruationstasse aus hartem Gummi, den Vorläufer der heutigen Artikel. Den Tampon hat wiederum ein männlicher Kollege patentiert – der US-amerikanische Arzt Earle Haas im Jahr 1931. Nach Deutschland kam der Tampon – besagter o. b.® (ohne Binde) – durch das Zutun von Carl Hahn 1947 nach der Lektüre einer amerikanischen Zeitschrift, in welcher er eine Werbeanzeige gelesen hatte.

Je mehr Frauen den heimischen Herd verließen, umso wichtiger wurden zuverlässige Produkte, die Menstruationsflüssigkeit aufsaugen konnten – eine Fabrikarbeiterin konnte beispielsweise nicht nach Belieben die Toilette benutzen, um Binden zu wechseln. Einen anderen Grund für die Notwendigkeit der Entwicklung besserer saugender Materialien stellten die immer empfindlicheren Materialien der Schlüpfer dar. Der Schutz, von dem in der Werbung stets die Rede ist, schützt die Wäsche vor Verschmutzung. Die Intimzone schützen die Menstruationsprodukte nicht. Übrigens: Die Flügelchen an den Hygienevorlagen gibt es seit den 1980er-Jahren.

Schnell wurde das Beinkleid ein Modeartikel. Für emanzipierte Frauen war die Hemdhose, nach heutigen Maßstäben ein kurzer Jumpsuit, in den 1920er-Jahren regelrechte Popkultur. In den 1930ern kam ein neuer Tragekomfort auf. Das Beinkleid wurde nicht mehr mit Bändern geschnürt, sondern von einem Gummizug in Position gehalten.

Es dauerte nicht lang, und Kunstseide und andere Synthetik wurde der Hit der Unterwäschemode – egal ob Nylon (Westdeutschland) oder Dederon (Ostdeutschland), der Fortschritt war nicht aufzuhalten. Vorbei war es nun mit dem Auskochen der Wäsche für untenrum. Auch die Handwäsche wurde unmodern, dafür sorgte die Verbreitung der Waschmaschinen in den 1950er-Jahren. Die Waschzettel der Unterwäsche empfehlen seither selten mehr 40 °C.

Die Kehrseite: Solch niedrige Temperaturen überstehen so einige Keime, die mit der Intimzone nicht so engen Kontakt haben sollten. Aber auch Bewohner wie Candida albicans lachen über diese Reinigung und freuen sich auf ein Wiedersehen mit den Kumpels nach der vermeintlichen Wäsche.

Die heutige Unterwäsche soll entweder nicht auffallen oder gerade aufreizend sein. Der Stringtanga ist dabei nicht nur eines der überflüssigsten Kleidungsstücke – weniger Stoff geht nicht mehr –, er fördert auch den multikulturellen Austausch der lokalen Bewohner: vom After bis zur Harnröhre. Stoffe aus Polyester und Co. liegen wundervoll am Körper an, sodass sich diese möglichst nicht unter der Oberbekleidung abzeichnen.

Präsentation.

Alle diese Eigenschaften gehen zulasten der Belüftung deiner Intimzone – deine Mitbewohner, vor allem die einigermaßen nützlichen, wissen diesen Tragekomfort nicht wirklich zu schätzen, diverse Mitstreiter deines Mikrobioms japsen unter dem Sauerstoffmangel.

Die Frauenmode hat seit dem letzten Jahrhundert noch eins draufgesetzt – Hosen! Waren diese bis ins 18. Jahrhundert verpönt, wurde dieses Kleidungsstück danach als Zeichen der Emanzipation gefeiert. Auch in der Intimzone knallten die Sektkorken, allerdings oft nicht von jenen Mitbewohnern, die dir wirklich hilfreich sind.

>>> KURZ UND KNAPP <<<

Die Unterwäsche und die Menstruationshygiene hat sich in den letzten 150 Jahren sehr stark verändert. Synthetische Stoffe haben weitestgehend die kochbaren Materialien der Schlüpfer verdrängt und können selbst nach einer Wäsche für eine Wiederinfektion des Intimbereichs sorgen. Zu enge Unterwäsche bzw. Tangas können durch ihre Form eine Durchmischung der Mikrobiome begünstigen, und so können beispielsweise Darmkeime leichter in Vagina und Blase eindringen. Untenrum mal ohne freut die nützlichen Bakterien der Intimzone.