Viele Sommer später …
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Als ich die Tür zum Zimmer meiner Sekretärin öffnete, waren die Ereignisse, die mein Leben zu einem vorläufigen Tiefpunkt führen würden, bereits eingetreten. Sie mussten mich nur noch als Nachricht erreichen. Ich befand mich in einer ähnlich absurden Lage wie eine dieser Comicfiguren, die unversehens über den Rand des Abgrunds gerät und bloß noch nicht hinunterstürzt, weil sie noch nicht bemerkt hat, dass sich unter ihr kein fester Boden mehr befindet.
Helles Morgenlicht fiel schräg durch die Fenster des Büros. Draußen brach der Sommer an. Meine Sekretärin, die sanfte, liebenswürdige Frau Tenhagen, die für den ganzen Stress der letzten Monate nichts konnte, saß an ihrem Schreibtisch und unterhielt sich mit Markus, unserem stets gutgelaunten Labormanager, der in seiner Freizeit am liebsten in die Berge zum Paragliding fuhr. Neben Markus stand eine blutjunge Frau in gelbem T-Shirt, die ich nicht kannte. Und neben ihr standen die beiden ebenfalls erstaunlich jungen Webdesigner mit ihren Hornbrillen, die wir kurzfristig für den Relaunch unserer Website engagiert hatten. Neben ihnen wiederum stand im Moment noch niemand, doch dieses Manko würde bestimmt bald behoben werden.
»Morgen allerseits. Guten Morgen, Frau Tenhagen.«
»Guten Morgen, Herr Dr. Weynbach.«
»Frau Tenhagen, könnten Sie bitte den Termin mit Novotech auf den späten Nachmittag verschieben, Michael wollte mich dringend sprechen. Ich schau jetzt erst mal bei ihm vorbei.«
»Natürlich.«
»Danke.«
Damit wollte ich mich auf den Weg machen, doch Frau Tenhagen reichte mir eine Unterschriftenmappe und einen Stift. »Wenn Sie das bitte noch eben abzeichnen würden, Herr Dr. Weynbach, dann könnte ich es abschicken.«
»Klar«, sagte ich.
»Und dann noch einmal da und da. Und hier noch. Danke, das war’s.«
»Also, die nächste halbe Stunde bin ich bei Michael.« Als ich losging, merkte ich, dass der ganze Tross hinter mir herkam.
»Nicolas, hast du eine Minute?«, fragte Markus und winkte mit einer hellbraunen Mappe.
»Hm«, murmelte ich, obwohl ich eigentlich nein sagen wollte. »Worum geht’s denn?«
»Herr Weynbach?«, rief leise einer der beiden Webdesigner in meinem Rücken dazwischen. »Wir wollten Ihnen nur kurz die Veränderungen auf der Webseite zeigen, die wir gestern Abend noch vorgenommen haben. Die Methusalem-Produktlinie steht jetzt ganz im Vordergrund. Sieht richtig schick aus!«
»Es geht um die Auf‌teilung der Labore im Keller«, legte Markus nach. »Ich weiß, wie wichtig Michaels Projekte sind, nur belegt er mittlerweile mehr als die Hälfte des Raums da unten, und die anderen brauchen halt auch Platz.«
Um zügig zu Michaels Büro am Ende des Flurs zu gelangen, musste ich mich schleunigst von dem Tross losreißen. »Markus, wie wär’s, wenn du einen Vorschlag machst, wie die Auf‌teilung idealerweise aussehen könnte? Einen, mit dem alle glücklich sind«, versuchte ich es diplomatisch. Und zu den beiden Webdesignern: »Danke für Ihren Einsatz. Könnten Sie sich mit Frau Tenhagen kurzschließen? Ich schätze, am Abend dürf‌te sich etwas Zeit finden lassen, dann würde ich bei Ihnen vorbeischauen.«
»Cool, machen wir. Danke, Herr Weynbach!«
Markus reichte mir seine Mappe und grinste.
»Ach – schon erledigt? Super, ich seh’s mir an.« In meinem Sakko vibrierte mein Handy, ich zog es heraus. Valerie. Ich drückte den Anruf weg. Keine Zeit im Moment und keinen Nerv.
»Gern geschehen. Und dann wollte ich dir noch unsere neue Praktikantin, Frau Eisenhauer, vorstellen.«
Ich blickte auf die junge Frau im gelben T-Shirt, die neben Markus herlief. »Willkommen«, sagte ich, versuchte zu lächeln und reichte ihr im Gehen die Hand. »Alles gut? Wo hat man Sie denn untergebracht?«
»Alles gut, Herr Dr. Weynbach. Ich bin im Team von Dr. Michael Genfer.«
»Das Methusalem-Projekt? Freut mich zu hören«, sagte ich, als mein Handy erneut vibrierte. Ich ließ es vibrieren.
Wir waren mittlerweile vor Michaels Büro angekommen, und Markus und die neue Praktikantin verabschiedeten sich. »Guten Start!«, rief ich ihr nach. Und zu Markus: »Ich melde mich.« Dann klopf‌te ich an Michaels Tür und trat in sein Büro.
*
Michael saß an seinem Schreibtisch am Fenster, die Finger an der Tastatur. »Sekunde, bin sofort bei dir«, sagte er hastig, während er mit einer Irrsinnsgeschwindigkeit auf seiner Tastatur weitertippte. Die Jalousien waren wie immer geschlossen. Eine Marotte, die er möglicherweise von mir übernommen hatte. Mich jedenfalls störte Sonnenlicht beim Arbeiten. Bei immer gleichem Kunstlicht hingegen konnte man sich aufs Wesentliche konzentrieren.
Ich setzte mich auf das schwarze Ledersofa, vor dem ein niedriger Beistelltisch stand, auf dessen Existenz man jedoch nur indirekt schließen konnte, weil er vollständig mit Magazinen bedeckt war, Science , Nature , Cell und viele andere mehr, manche noch in Folie eingeschweißt, andere zerfleddert, mit geknickten Coverseiten.
»Michael, komm, lass uns anfangen«, sagte ich ungeduldig.
»Okay, fertig.« Er sprang von seinem Bürostuhl auf und kam mit großen Schritten auf mich zu.
Es war jedes Mal aufs Neue eindrucksvoll: die Verwandlung zum Riesen, wenn er aufstand. Michael war so groß, man hätte ihn halbieren können, und er hätte immer noch etwas Raumfüllendes gehabt.
Wie alt war er jetzt? Ende dreißig? Anfang vierzig? Auf jeden Fall hatte er nichts von seiner kindlichen Begeisterung eingebüßt. Kein bisschen zynisch geworden durch die Realität, dieser Zertrümmerin allzu großer Träume. Als könnte ihm das tägliche Chaos in der Firma nichts anhaben. Als würde er darin geradezu aufblühen.
Schon als er vor vielen Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu uns gekommen war, hatte er alle anderen in den Schatten gestellt. Allein die Leichtigkeit, mit der er neue komplexe Sachverhalte erfasste, war beeindruckend.
Aber es war weit mehr als das: Ihm lag das ganze Geschäft, es war, als wäre er in diesem Metier ganz in seinem Element, als sei der Job wie für ihn geschaffen. Und obwohl ich ihn schätzte und bewunderte, es gab Momente, in denen ich ihn beneidete. Um seine Energie, seinen Optimismus, seinen nachhaltigen Elan.
Warum versetzte es mir dagegen oft einen Stich, wenn ich morgens das Firmengebäude schon von weitem sah? Wenn ich an den völlig verplanten Tag dachte, der mir bevorstand? Oder wenn Frau Tenhagen mit ihrem Kalender und ihrem Stift zu mir kam, um die Termine des Tages mit mir durchzugehen. Manchmal träumte ich mich dann einfach auf und davon – Hauptsache, weit weg!
Zuweilen, wenn ich mal wieder genug von allem hatte, überkam mich sogar der Impuls, Michael den Laden einfach mir nichts, dir nichts zu übergeben. Woraufhin mich jedoch sofort das schlechte Gewissen packte, schließlich war es nicht irgendein Laden, von dem ich die Schnauze voll hatte. Nein, es war der Laden meines Vaters, und im Prinzip machten wir ja auch etwas Sinnvolles.
Ich schämte mich dann jedes Mal für meine eigene Unzufriedenheit. Warum konnte ich nicht einfach dankbar sein, dass ich einen – obendrein gutbezahlten – Job hatte? Reichte das etwa nicht? Und dennoch hatte ich nicht selten die größte Lust, alles stehen und liegen zu lassen und abzuhauen … in ein anderes Leben.
Michael hatte sich mir gegenüber in einen Sessel gesetzt. Ich blickte auf sein schmales Gesicht mit den hohen Wangenknochen, auf seinen schwarzen Haarschopf.
»Mann, Nicolas«, begann er unvermittelt, »du siehst ja richtig blass aus heute. Und dunkle Ringe unter den Augen hast du auch. Warum schläfst du nicht mal aus? Oder nimmst einen Tag frei?«
»Danke, Michael. Freut mich auch, dich zu sehen. Also, was gibt es so Dringendes?«
Michael atmete einmal tief durch, und sein Gesicht wurde ernst. »Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten und schlechte Nachrichten.«
Ich sah ihn irritiert an. »Dann gib mir vielleicht erst mal die schlechten.«
»Drei Testpersonen sind abgesprungen. Warum, weiß ich nicht. Damit war im Prinzip zu rechnen, aber nicht so früh! Wenn es so weitergeht, versaut uns das bald die Statistik.«
»Okay, dann könntest du mir ja jetzt die schlechten Nachrichten offenbaren.«
»Ich habe eine erste Analyse vorgenommen, und …« Ein Seufzen.
»Ich bin ganz Ohr.«
»Schaut nicht gut aus. Wir sehen einfach nicht die gewünschten Resultate.«
»Über welchen Zeitraum sprechen wir denn jetzt?«
»Ich spreche über die Daten von zwei Wochen.«
»Zwei Wochen. Ist das nicht ein bisschen verfrüht?«
»Vielleicht. Aber so langsam sollten wir gewisse Effekte sehen. Bisher jedoch lässt sich noch nicht einmal erkennen, dass sich die Substanzen im Blut anreichern würden.«
»Was?« Sprachlos saß ich da. Starrte Michael ins Gesicht. Blies meine Wangen mit Luft voll – und ließ die Luft dann langsam wieder entweichen.
Ich konnte es nicht fassen. Vor allem nicht die Lässigkeit, mit der Michael mir diese Hiobsbotschaft servierte. »Mit anderen Worten, unser Supercocktail wird einfach so wieder ausgeschieden? Gelangt gar nicht erst vom Darm in den Blutkreislauf?«
Michael zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen. In ein, zwei Wochen wissen wir mehr. Wenn du mich fragst, eigentlich mache ich mir keine allzu großen Sorgen. Dafür sind die Effekte, die wir im Labor beobachtet haben, zu robust.«
»Keine allzu großen Sorgen?!« Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte. »Das ist jetzt nicht dein Ernst. Du weißt schon, was hier auf dem Spiel steht, oder? Wir haben alles auf diese eine Karte gesetzt. Ich habe alles auf diese eine Karte gesetzt. Herrgott, Michael, die klinische Studie verschlingt Unsummen, unsere finanziellen Mittel sind bald ausgereizt. Die ganze Marketingkampagne ist schon fertig geplant. Ich meine, das Produkt ist so gut wie da, Michael, es ist da !« Ich schrie jetzt fast, was mir peinlich war, und ich versuchte, mich zusammenzureißen.
»Das ist mir schon klar, Nicolas, deswegen wollte ich dir auch so schnell wie möglich einen ersten Zwischenstand geben. Also, wir setzen jetzt alles daran, dass –«
»Weißt du, wie groß das Interesse an dem Methusalem-Produkt ist? Wie viele Anfragen bei mir täglich reinkommen?«, unterbrach ich ihn barsch. »Stell dir vor, wir müssen unseren potentiellen Kunden offenbaren, dass unsere Wunderpille leider nur Hefezellen und Mäuse verjüngt, das allerdings auf robuste Weise!« Ich hielt inne. Das Blut pochte in meinen Ohren. Die Muskeln meines Gesichts hatten sich verspannt, als stünden sie unter Strom. Die Spannung reichte bis in die Beine hinein, und ich musste an mich halten, um jetzt nichts zu sagen, was ich gleich darauf bereuen würde.
Ich faltete meine Hände wie zum Gebet, um zu verhindern, dass ich einen Wutanfall bekam, denn den hatte Michael wahrlich nicht verdient.
»Michael«, sagte ich mit bebender Stimme. »Wenn das Methusalem-Projekt scheitert, dann war’s das für uns. Dann können wir den Laden dichtmachen. Das ist dir schon klar, oder?«
Michael sah mir erschrocken, aber dennoch selbstbewusst in die Augen. »Das Projekt wird nicht scheitern.« Pause. »Nicolas, wann habe ich dich das letzte Mal enttäuscht?«
Ich blickte zu Boden. »Noch nie.«
»Ich werde jetzt nicht damit anfangen.«
Wortlos stand ich auf und ging zur Tür.
»Nicolas?«
Ich legte meine Hand auf die Türklinke.
»Nicolas, alles okay?«
»Ich muss los«, murmelte ich, öffnete die Tür und trat hinaus.
Im Flur musste ich mich erst mal an die Wand lehnen, um meine Fassung wiederzufinden.
Mein Weg nach unten hatte begonnen, noch aber war ich nicht am Boden angekommen.
Noch nicht.
Das kam jetzt.
*
Kopfschüttelnd schritt ich den leeren Flur entlang. Versuchte, meinen immer wieder aufkeimenden Ärger und meine Angst zu unterdrücken, was mir nur mäßig gelang.
Ich ging ein paar Schritte, blieb stehen, atmete tief durch, ging weiter, blieb wieder stehen, drehte mich um und ging erneut ein paar Schritte. Nervös blickte ich auf die Uhr. Mir stand eine Telefonkonferenz mit einem möglichen Kooperationspartner bevor, aber ein paar Minuten hatte ich noch, und ich musste einfach etwas von meiner negativen Energie loswerden und mich beruhigen.
»Ruhig, Nicolas«, flüsterte ich mir selbst zu. »Ganz ruhig …« Doch je länger ich den Flur auf und ab schritt, umso irritierter fühlte ich mich. Und dann merkte ich, was es war, das mich dermaßen auf die Palme brachte: Es war das Porträt, das am Ende des Flurs hing. Das Porträt meines Vaters.
Sonst blendete ich es immer aus und ging achtlos daran vorbei. Ich sah es gar nicht mehr. Jetzt spürte ich den väterlichen Blick vorwurfsvoll auf mir ruhen.
Trotzig blieb ich vor dem Bild stehen. Fuhr mir mit den Händen durchs Haar, verschränkte sie im Nacken und sah ihn herausfordernd an. Ihn, meinen Vater, den großen Firmengründer. Der immer alles im Griff gehabt hatte. Ich starrte ihm in die Augen und merkte, wie meine Kiefermuskeln meine Zähne knirschen ließen.
Schaute ich auch so ernst und streng wie er? Wirkte ich auch so alt und langweilig? Mein Vater konnte sich immerhin zugutehalten, etwas Eigenes geschaffen zu haben: Weynbach Pharmaceuticals , seine Firma, sein ganzer Stolz. Wohingegen ich einfach nur sein Lebenswerk übernommen und fortgeführt hatte. Ja, ich hatte vielleicht etwas frischen Wind in den angestaubten Laden gebracht. Aber war das in dieser Situation überhaupt noch von irgendeinem Wert?
Das Ziel meines Vaters war die Entwicklung von Wirkstoffen zur Bekämpfung weitverbreiteter Altersleiden gewesen, mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson – damals ein vielversprechender, geradezu heroischer Ansatz. Er hatte ja nicht vorhersehen können, dass es auf diesem Feld praktisch nur Fehlschläge geben würde.
Nach aufwendiger Forschungsarbeit und verdammt viel Glück war es uns dennoch gelungen, ein lukratives Patent zu verkaufen. Als dann Michael zu uns gestoßen war, hatten wir beschlossen, das Unternehmen neu zu positionieren. Der mit Abstand größte Risikofaktor für Altersleiden, so unsere Überlegung, ist das Alter selbst. Und so waren wir zu dem eigentlich naheliegenden Schluss gekommen, dass wir unser Augenmerk statt auf spezifische Alterserkrankungen, auf den wahren Übeltäter richten sollten: den Alterungsprozess als solchen.
Michael war Feuer und Flamme gewesen und hatte das »Methusalem-Projekt«, wie wir es zunächst eher spaßhaft getauft hatten, mit hohem Tempo vorangetrieben. Buchstäblich Tausende von natürlichen Substanzen hatten er und sein Team geprüft, die das Potential in sich bargen, den Alterungsvorgang zu verlangsamen.
Inzwischen war es uns gelungen, die Lebensspanne von diversen Organismen und Tieren (Hefezellen, Würmern, Mäusen) mit Hilfe verschiedener Kombinationen von Stoffen signifikant zu verlängern. In mühsamer Kleinarbeit hatten wir schließlich so etwas wie den optimalen Anti-Aging-Wirkstoffcocktail zusammengestellt.
Jetzt stand uns bloß noch ein Test bevor, der entscheidende – der am Menschen. Das war der Grund dafür, weshalb bei uns die Nerven blank lagen: Unter Aufbietung all unserer Kräfte und Ressourcen hatten wir in den vergangenen Monaten eine für uns eigentlich zu groß angelegte klinische Studie ins Leben gerufen. Der Test sollte uns zum Durchbruch verhelfen, barg jedoch auch, wie wir von Anfang an gewusst hatten und wie sich nun deutlich abzeichnete, ein immenses Risiko. Nicht nur, dass er unsere Kassen leer fraß. Nein, die größte Gefahr war: Wenn die »verjüngende« Wirkung unserer Methusalem-Pille wider Erwarten ausbleiben sollte, würde das nicht lediglich das Ende des Projekts, sondern auch das der Firma bedeuten.
Damit wäre das Erbe meines Vaters ruiniert. Ich würde eines Abends nach Hause kommen und Valerie und Julian verkünden müssen, dass es Weynbach Pharmaceuticals bald nicht mehr geben würde. Und was dann sein würde, wusste keiner.
»Scheiße«, sagte ich leise zu meinem Vater an der Wand. »Scheiße.«
In dem Moment vibrierte das Handy. Genervt ging ich ran:
»Valerie, ich bin grad ein bisschen im Stress. Was ist denn?«
»Nicolas, ich versuche schon die ganze Zeit, dich zu erreichen.« Die Stimme meiner Frau klang ungewöhnlich ernst, gepresst.
»Was ist los?«
»Ich weiß gar nicht, wie ich es dir sagen soll.«
»Was ist passiert? Ist was mit Julian?«, fragte ich erschrocken.
»Es geht um Onkel Valentin.« Schweigen, gespenstische Stille in der Leitung. »Er ist heute Nacht gestorben.«
Mein Körper erstarrte. Mir stockte der Atem. Für einen Augenblick war es, als legte sich über mich und den Rest der Welt eine dunkle Decke, die alles erstickte.
»Nicolas?«, hörte ich Valeries Stimme aus weiter Ferne. »Es tut mir so leid. Ich kann es noch gar nicht glauben. Es tut mir so wahnsinnig leid. Ich weiß, wie sehr du ihn geliebt hast.«