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Es hatte zu regnen begonnen, stürmte sogar, Tropfen prasselten aufs Dach wie tausend nervös trommelnde Finger. Ab und zu ein kräftiger Luftzug, der an den Außenwänden entlang und um die Hausecken pfiff. Immer wieder heulte der Wind plötzlich laut auf, dann war es, als würde er durch die undichten Fensterrahmen dringen und sich einen Weg durch den dunklen Raum bahnen, in dem ich lag, weiter durch die Türritzen in den Flur, wo er durch die offenen Fenster wieder nach draußen verschwand oder sich in der Villa verlor.
Aus der Ferne kam ein Donnergrollen. Dann abermals dieses nervige Klappern. Missmutig stand ich auf und ging auf den Flur hinaus, wo ich vor dem Schlafengehen die Fenster aufgerissen hatte, um wenigstens ein bisschen für Abkühlung zu sorgen. Mondlicht fiel herein und spiegelte sich in den Regenpfützen auf den Dielen. Heftige Windstöße bauschten die langen weißen Vorhänge – im bläulichen Licht der Nacht wirkten sie wie tanzende Gespenster.
Als ich das letzte Fenster geschlossen hatte, hörte ich plötzlich Klänge. War das ein Klavier? Ich horchte und erkannte tatsächlich die Melodie, die ich schon in der Nacht zuvor gehört hatte. Es war also doch kein Traum gewesen!
Woher kamen diese Töne? Sie schienen von weit her zu kommen, gedämpft, und ein sanftes Echo schwang mit ihnen. Was für eine schöne Melodie, dachte ich, so zerbrechlich, fast ätherisch. Manchmal riss sie ab, wie von einem Windstoß verweht, doch gleich darauf hörte ich sie erneut.
Wer spielte um diese Zeit Musik?
Ich öffnete ein Fenster und lauschte nach draußen, jetzt aber hörte ich bloß noch das Rauschen des Regens. Als ich das Fenster schloss, war die Musik sonderbarerweise wieder da, wie ein Tinnitus, nur angenehm.
Ich tappte ein paar Schritte durch den düsteren Flur, woraufhin die Musik etwas lauter wurde. Ich ging weiter, bog nach rechts und schritt durch den Durchgang, der das Herrenhaus mit dem hinteren Scheunenanbau verband. Hier gab es keine Fenster, und es war stockdunkel. Wie ein Blinder tastete ich mich vorsichtig vorwärts, der immer lauter werdenden Melodie folgend. Tastete mich an der Wand entlang, bis die Melodie allmählich leiser und noch leiser wurde, dann kehrte ich um, auf der Suche nach jener Stelle, an der ich sie am deutlichsten hörte.
Auf einmal erspürten meine Finger eine winzige Vertiefung in der Wand. Ich blieb stehen, um mich herum Schwarz, und drückte gegen die Wand. Ein Klicken, die Wand gab nach – und ich trat hindurch.