Ein Puzzle im Matsch

Es muss ein großartiges Bild gewesen sein, wie Rosemarie und ich uns im strömenden Regen lachend in den Armen lagen und im Matsch um den toten Slembski tanzten. Dann zogen wir ihn aus der Erde. In den zwei Tagen, in denen er unter dem Transporter gelegen hatte, hatte er sich seinen Spitznamen redlich zurückverdient. Ich will Sie nicht lange auf die Folter spannen (ich weiß ja, wie das ist): Wir wickelten Slembski aus der Folie und fanden in seiner üppig ausgestopften Jacke und in zwei Gürteln, die er um seinen Oberkörper geschlungen hatte, Geld. Es war viel Geld. Es war sehr viel Geld. Es war sehr, sehr viel Geld. Es war so viel Geld, dass Rosemarie und mir sofort klar wurde, dass wir nie wieder arbeiten müssten, wenn wir es schafften, uns abzusetzen.

Als wir wieder halbwegs normal denken konnten, überlegten wir, wie wir die Sache anstellen sollten.

„Lass uns das Geld nehmen und abhauen“, sagte Rosemarie.

„Warte, Schatz. Wenn wir jetzt einen klaren Kopf behalten und uns ein wenig Mühe mit dem Verwischen unserer Spuren geben, kommt uns vielleicht keiner auf die Schliche. Jedenfalls nicht, bevor wir längst über alle Berge sind.“

„Ich möchte lieber in die Sonne fliegen“, erwiderte Rosie und lachte.

„Darüber sind wir uns einig“, sagte ich und wir lachten beide.

„Was hältst du davon, wenn wir den Hutträger und Slembski zu Harry in den Transporter setzen und den Wagen anzünden?“, fragte ich.

„Na ja, bei dem Regen wird das schwierig. Und dann würde die Polizei das Benzin finden, mit dem wir kläglich versucht hätten, das Feuer zu machen. Ist also keine gute Idee.“

„Stimmt alles. Ich wollte mich auch nur vor der besten Lösung unseres Problems drücken.“

„Und die wäre?“

„Wir müssen die drei vergraben.“

Rosemarie schüttelte den Kopf. „Wie stellst du dir das vor? Bei dem Regen?“

„Das ist ja das Problem. Wir müssen sie mitnehmen und es später machen.“

„Vergiss es, John! Auf so eine Scheiße habe ich keine Lust. Ich kutschiere doch nicht mit drei Leichen im Auto durch die Stadt und warte auf besseres Wetter. Wir brauchen eine andere Lösung.“ Rosie hatte recht. Das Risiko, erwischt zu werden, wäre kurzfristig gestiegen. Langfristig wäre es aber deutlich gesunken. Denn wenn die drei spurlos beseitigt worden wären, hätten wir uns keine Sorgen mehr machen müssen. Doch eine Diskussion darüber war sinnlos. „Wie wir es auch drehen und wenden: Wir müssen jetzt und hier eine Lösung finden“, insistierte Rosemarie.

„Okay, dann lass uns abhauen. Sollen die Herren Polizisten doch das Puzzle zusammensetzen und herausfinden, warum einer mit ‘ner Kugel im Kopf im Transporter sitzt, einer mit gebrochenem Genick hier rumliegt und einer erstochen und plattgedrückt wurde. Bis sie eine Verbindung zu uns aufgebaut haben, liegen wir schon am Strand.“

Rosie nickte. „Nix wie weg hier!“

Wir fuhren mit dem Mercedes zu einem alten Schrotthändler, den ich seit vielen Jahren kannte. Er hatte schon einige Autos für mich verschwinden lassen und stellte keine Fragen. Zwischen uns war immer alles ganz einfach: Er bekam ein Auto. Und ich bekam die Garantie, dass es nie wieder auftauchte. So war es auch dieses Mal, nur dass ich ihm noch einen Gefallen abtrotzen musste: Er fuhr uns zu einem Hotel, wo wir dann völlig durchnässt um ein Zimmer baten. Da wir Rosemaries Koffer dabei hatten, sahen wir aus wie Touristen, die vom Regen erwischt wurden und sich jetzt ins Trockene retteten.

Wir blieben nur eine Nacht und flogen am nächsten Morgen. Seitdem sind wir meistens an Orten, an denen es warm und trocken ist. Es geht uns sehr gut.

Mehr kann ich Ihnen leider nicht verraten. Ich bin nicht besonders glücklich darüber, zum ersten Mal in meiner Laufbahn als Mörder, Spuren hinterlassen zu haben. Wenn wir die Sache sauber hinter uns gebracht hätten, würde ich mich heute wohler fühlen. Ich weiß, dass Sie gerne mehr über mich erfahren hätten: Wie ich aussehe. Wie alt ich bin. Oder meinen vollen Namen.

Wahrscheinlich noch einen Haufen anderer Dinge.

Aber bitte bedenken Sie: Sie wissen viel mehr über mich, als ich über Sie. Und das Risiko, Ihnen noch mehr über mich zu erzählen, ist mir ehrlich gesagt zu groß.

Bitte nehmen Sie mir das nicht übel.

Denn meine erste Frage haben Sie immer noch nicht beantwortet:

Sind Sie ein Freund von Dick Tossek?