I
n Dominiques Escalade fahre ich auf den Shadle Creek-Lagerplatz ein. Mir wäre mein eigener, uralter El Camino lieber gewesen, aber Doms Kiste ist geräumiger. Und da sind wir also. Emilio sitzt auf dem Beifahrersitz, während sich Dominique quer über den ganzen Rücksitz ausgestreckt hat und lauter, als ein Rasenmäher schnarcht. Normalerweise lässt er mich nicht fahren. Er ist nämlich ein Kontrollfreak. Aber er ist völlig fertig. Das sind wir alle.
Wir haben das Spiel heute Abend haushoch mit 24:3 gewonnen. Wir haben sie in Grund und Boden gestampft. Wegen des Spiels kommen wir später am Campingplatz an, als mir lieb ist. Wenigstens ist die Fahrt hierher ohne Zwischenfälle verlaufen.
„Wach auf, cabrón.
Wir sind da.“
Dominique stöhnt, setzt sich aber auf und reibt sich verschlafen die Augen. Wir starren alle drei die Hütten an, die vor uns im Kreis angeordnet sind. Jeder von uns hat einen anderen Gesichtsausdruck. Emilio ist komplett überdreht und hat die Tür auf seiner Seite schon schwungvoll geöffnet. Seine Haare sind noch nass vom Duschen nach dem Spiel. Als er aus dem Auto herausspringt, schleudert er mir Wassertröpfchen ins Gesicht.
Arschloch.
Dom ist wie immer gelassen, aber als er hinten seinen Kram herausholt, wirft er mir einen Blick von der Seite zu. Knapp eine Sekunde später weiß ich, warum. Mein Blut kocht und die Wut brodelt in meiner Brust.
Allie ist hier und gerade mit Aaron Henderson aus der ersten Hütte getreten. Verdammter Henderson.
Allein der Anblick dieses Arschlochs lässt mich rotsehen. Ich habe ihr doch gesagt, sie soll sich von ihm fernhalten.
Ich knirsche mit den Zähnen und umgreife das Lenkrad fester.
„Alter, komm schon“, ruft Emilio, knallt seine Tür zu und schnappt sich von hinten seine Tasche. Dom fängt meinen Blick im Rückspiegel auf.
„Willst du das Mädchen das ganze Wochenende über mit Blicken ficken?“, fragt er.
„Verpiss dich.“ Ich zeige ihm den Mittelfinger.
Er schnaubt, klettert vom Rücksitz und schnappt seine Tasche, bevor er Emilio zu unserer Hütte folgt. Ich nehme sie nur noch am Rand meines Sichtfelds wahr, aber ich lasse Allie nicht aus den Augen. Gut sieht sie aus. Wirklich gut. Sie trägt andere Klamotten als in der Schule. Die weißen Jeans und das Flattertop hat sie gegen eine zerrissene schwarze Jeans und ein einfaches T-Shirt eingetauscht. Das T-Shirt ist vorn tief ausgeschnitten und zeigt den Ansatz ihres Dekolletés. Ich sehe im Geiste schon ihre nackten Brüste vor mir.
Ich reibe mir mit der Hand übers Gesicht. Ich sollte aufhören, sie abzuchecken. Emilio ist mir die ganze Woche damit auf die Nerven gegangen, dass wir uns aufs Spielfeld konzentrieren müssen. Und ja, wir haben heute Abend zwar gesiegt, aber ich habe nicht meine volle Leistung gebracht, und sie ist der Grund dafür.
Ich habe mich die ganze Woche von ihr ferngehalten. Wie ein verdammter Feigling bin ich ihr im Schulflur aus dem Weg gegangen. Das war riskant, vor allem, weil sie sich bei Kemp darüber hätte beschweren können. Aber sie war still, so wie ich das erwartet hatte. Was sie sogar noch faszinierender macht. Sie hat mich nicht verpetzt, wodurch sie mir das Nachsitzen erspart hat. Anders als andere Mädchen hat sie nicht um Aufmerksamkeit gebettelt, weil ich ihr die kalte Schulter gezeigt habe.
Nein. Stattdessen hat sie sich unauffällig verhalten und so getan, als ob ich überhaupt nicht existiere. Keine zufälligen Blicke in meine Richtung. Kein
sehnsüchtiges Schmachten.
Ich weiß nicht, warum, aber ich kann sie einfach nicht aus meinem Kopf bekommen, und das kotzt mich verdammt an. Ich habe gedacht, wenn ich sie meide, würde ich mich weniger zu ihr hingezogen fühlen. Jetzt, wo ich sie sehe, kapiere ich, dass das nichts gebracht hat. Wenn es etwas verändert hat, will ich sie jetzt noch mehr. Ich möchte, dass sie sich nach mir genauso verzehrt wie ich mich nach ihr.
Langsam wird das zur Besessenheit.
Was tue ich mir hier an?
Ich hole eine Zigarette hervor und zünde sie an. Ich nehme einen tiefen Zug, halte den Rauch ein, bis mir die Augen brennen und atme dann aus. Verdammt. Ich schmeiße die Kippe aus dem Fenster und schiebe die Fluppen ins Handschuhfach, bevor Dom sie sieht. Wenn er oder Emilio mitbekommen, dass ich immer noch eine Packung bei mir habe, bin ich am Arsch.
Man kann kein großartiger Wide Receiver und gleichzeitig Raucher sein. Das schließt sich aus. Aber ich will verdammt sein, wenn ich jetzt nicht am liebsten die gesamte Schachtel auf einmal inhalieren würde.
Die Hütte, in der wir übernachten, gehört Dominiques Eltern. Es ist die schönste von allen. Mit zwei Etagen, vier Schlafzimmern und vier Badezimmern ist sie eher ein Ferienhaus als eine Hütte. Dom hat reiche Eltern. Genug, um sogar Gerald Ulrich Konkurrenz zu machen. Wir sind hier mindestens einmal im Monat. Es ist schön, mal allem zu entfliehen. Oder das wäre es, wenn dieses Wochenende nicht alle dieselbe Idee hätten.
Ich werfe noch mal einen wütenden Blick zu Henderson und Allie, bevor ich eine verspiegelte Pilotenbrille aufsetze und meinen Kumpeln folge. Ist mir egal, dass es schon dunkel wird. Niemand wird mich wegen der Sonnenbrille anmachen.
Die Lichtung wimmelt nur so von Leuten, die vom Schein des Lagerfeuers erhellt werden. Die meisten hängen bei ihren Autos ab oder haben sich in Grüppchen am Feuer versammelt. Keiner spricht mit mir, und als wir auf unsere Hütte zugehen, machen alle um mich und meine Jungs einen großen Bogen.
Einige Kerle, die ich aus dem Football-Team kenne, sind blöd genug, in meine Richtung zu nicken, als ob sie sagen wollen: „Wie geht’s.“
Ich erwidere die Geste nicht. Ich mag zwar mit ein paar dieser Arschlöcher auf dem Spielfeld reden, wenn ich unbedingt muss, doch ich werde sie bestimmt nicht außerhalb des Feldes ertragen. Ich bin keiner von ihnen. Werde ich nie sein. Will ich
auch nie sein. Sie nehmen das Spiel nicht ernst. Für sie ist das alles nur Spaß, aber für mich, Dom und Emilio ist Football unser ganzes Leben. Wir leben nur für Football.
Wir drei haben vor, Profis zu werden, und wir haben uns Stipendien an Universitäten gesichert, die im Hochschulsport top sind. Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir mit dem Team nicht herumhängen. Wir können es uns nicht leisten, uns in ihren Mist hineinziehen zu lassen.
Football muss immer an erster Stelle stehen.
Ein paar Juniormädels, die nur mit Bikinis bekleidet sind, kommen auf mich zu. Emilio, der etwas vor mir läuft, verlangsamt seine Schritte, während Dom die Veranda der Hütte schon erreicht hat und nach drinnen verschwindet. Mit Bierbechern in der Hand und breit grinsenden Gesichtern schwingen die Mädchen ihre Hüften, werfen mir flirtende Blicke zu und kichern albern.
Ich unterdrücke ein Stöhnen. In der Schule würden mich diese Tussis nur anstarren, mich allerdings in Ruhe lassen, es sei denn, ich käme auf sie zu. Aber ich kann sehen, dass sie schon getrunken haben.
Eine von ihnen ist besonders mutig: „Hey, Rom! Feierst du mit uns heute Abend?“, ruft sie mir zu.
Ich bemerke, dass Allie ihren Kopf herumreißt, als sie meinen Namen hört. Richtig, meine Hübsche. Ich bin hier.
Ich mache mir nicht die Mühe, mein Grinsen zu verstecken. „Vielleicht“, rufe ich dem Mädchen zu, weil ich Allies Reaktion sehen will. Sie schaut finster und dreht sich weg, während die Bikini-Tussi kichert. Blöde kichert. Ich schwöre, diese Weiber werden von Tag zu Tag dümmer, ich beäuge trotzdem ihren Vorbau. Sie mag doof sein, aber ihr Busen ist gut.
Vielleicht hilft ein kleiner Fick dabei, mir Allie aus dem Kopf zu schlagen?
„Komm doch später zu mir“, sagt sie, und ich nicke ihr unverbindlich zu.
Ich muss vögeln, aber die Vorstellung, sie zu ficken, weckt nicht mein Interesse. Allie hingegen… Fuck.
In der Hütte schaltet Dom das Licht ein, und wir werfen unser Zeug in die entsprechenden Räume. Die Bleibe ist für Leute außerhalb unserer Gruppe tabu. Manchmal nehmen wir ein paar Weiber für die Nacht mit, aber sie gehört nicht zu den Hütten, die Partygängern offenstehen.
„Ich habe gesehen, dass dein Mädchen hier ist“, kommentiert Emilio mit einem scheiß breiten Grinsen, als ich zurück auf die Veranda gehe. Ich nehme das Bier, das er mir hinhält, und verfolge Allie mit den Augen, während sie mit Henderson zu einer Gruppe seiner Skaterfreunde hinübergeht.
Meine Hand umgreift fest das Bier, und ich beiße die Zähne zusammen. Der Wichser lächelt sie an, als er sich hinunter lehnt und ihr etwas ins Ohr flüstert.
„Ich habe kein Mädchen“, sage ich.
Das bringt mir ein Grunzen von Dom ein. „Warum ziehst du sie dann gerade mit deinen Augen aus?“, fragt er.
Ich strecke ihm den Mittelfinger meiner rechten Hand entgegen. „Du kannst meine Augen überhaupt nicht sehen, Arschloch. Ich schaue nicht einmal in ihre Richtung.“
„Lügner“, fügt Emilio hinzu. „Vögele sie doch einfach, damit du’s hinter dir hast.“
Ich verdrehe die Augen, auch wenn er’s nicht sehen kann. „Ich habe kein Interesse daran, sie zu ficken. Ich ...“
„Stimmt. Du willst ein Arschloch sein und mit ihr deine Spielchen treiben, nicht wahr? Brauchst du ein neues Lieblingsprojekt, auf das du dich konzentrieren kannst?“
„Was zum Teufel hast du denn für ein Problem, Mann?“ Ich schiebe meine Pilotenbrille hoch und funkele ihn wütend an.
Emilio lacht, aber in seinem Ton schwingt Schärfe mit. „Gar keins. Mach nur, was du für richtig hältst. Fick sie. Fick sie nicht. Ist mir egal. Nur entscheide dich endlich mal, damit wir das verdammte Wochenende genießen können. Ich bin für deine Spielchen zu müde, also, was immer du auch vorhast, lass mich in Ruhe damit.“
„Für mich gilt dasselbe“, fügt Dom hinzu. Er lehnt sich auf einem der hölzernen Verandastühle zurück, Beine breit ausgestreckt und ein Bier in der Hand, und tut so, als ob er nicht die kleinste Sorge hätte. „Wir waren uns einig, dass wir uns auf die Zukunft konzentrieren wollen. Du hast keine Zeit dafür, Mädchen nachzustellen. Vögele sie. Vögele sie nicht.“ Er zuckt mit der Schulter. „Mir ist das komplett egal. Heute warst du nicht bei der Sache, das weißt du selbst. Sie spukt dir im Kopf herum, also mach, was auch immer nötig ist, um sie da herauszukriegen.
Wenn das bedeutet, dass du deine Psychospielchen mit ihr spielen musst, dann tu es eben. Wir helfen dir diesmal dabei nicht.“ Er kippt sein Bier hinunter.
Ich knirsche mit den Zähnen. „Gut.“ Arschlöcher. Wir haben früher immer mit den gleichen Mädchen herumgemacht. Es war verdammt praktisch, aber meinetwegen. Es ist nicht nötig, dass sie in Allie dasselbe sehen wie ich.
Emilio stellt seine Bierflasche ab und greift sich eine neue. „Ich werde mir auch eine Braut zum Poppen suchen. Ich hab’s mir nach dem heutigen Spiel wahrlich verdient. Wir sehen uns später.“
Er rennt die Stufen herunter, hält direkt auf die Bikinimädchen zu und legt seine Arme um zwei von ihnen. Mich würde es nicht wundern, sollten heute Abend beide in seinem Bett landen. Emilio ist bekannt dafür, dass er schon etliche Dreier, manchmal auch Vierer, hatte.
„Ich find’s erstaunlich, dass sein Schwanz noch nicht abgefallen ist, wenn man bedenkt, in wie viele Löcher er ihn steckt“, sagt Dom.
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Das musst gerade du sagen.“
Er zuckt mit den Schultern. „Ich halte mich dieses Jahr zurück. Ich konzentriere mich auf das, was wichtig ist.“ Ich folge seinem Blick und sehe, dass er Kasey Henderson anstarrt. Er verfolgt ihre Bewegungen wie ein Löwe, der seine Beute beobachtet.
„Du willst Hendersons kleine Schwester?“
Er zuckt mit den Achseln, aber lässt sie nicht aus den Augen.
„Mann. Sie ist ganz neu hier, ein Freshman.“
Noch ein Achselzucken.
„Was auch immer. Wenn du eine Minderjährige willst, dann los. Dir bleiben zwei Monate, dann ist sie nicht mehr tabu, also solltest du dich besser beeilen.“
Er grinst. „Ich liebe Herausforderungen.“