I
ch wache in einer fremden Umgebung auf. Hell strahlt das Licht durch das Fenster. Ich schließe meine Augen, um den frühen Morgenstrahlen zu entkommen, als ein Duft von Chorizo und Eiern meine Sinne belebt. Hm. Ich strecke die Arme über den Kopf, das Gesicht immer noch in die Matratze gedrückt, und spüre den Schmerzen nach, die in meinem Körper nachklingen.
„Wer kocht da? Mom?
“, frage ich mich stirnrunzelnd.
Das kann nicht sein. Welchen Tag haben wir heute… Samstag? Da arbeitet sie doch in…
Dann fällt mir ein, dass sie nirgendwo arbeitet, weil sie nicht mehr da ist.
Mich überkommt schlagartig eine Welle der Traurigkeit. Ein Schluchzer entweicht meiner zugeschnürten Kehle. Bevor der Kummer mich auffressen kann, fühle ich, wie Finger sanft meinen Rücken entlang nach unten wandern. Ein stoppeliger Kiefer kratzt an meiner Haut. Mit einem Mal holen mich die Erinnerungen an letzte Nacht ein und mit wem ich sie verbracht habe. Roman rollt mich auf den Rücken, spreizt meine Beine und reizt meinen Körper mit geübten Fingern. Ich wölbe mich ihm entgegen, gebe mich den Empfindungen hin, und schiebe den Schmerz in meiner Brust beiseite.
Er huldigt meinem Körper und ich verliere mich in ihm. In seinem Geschmack. Seiner Berührung. Ich atme den Geruch von Sonne, Koriander und Moschus ein, der so einzigartig für ihn ist, und es ist, als ob ich sterben würde, wenn ich ihn nicht einatmen könnte.
Ich dränge ihn, schneller zu machen. Härter. Und er gibt dem nur zu gern nach. Er fickt mich immer wieder bis kurz vor den Orgasmus, ohne mich jedoch von dieser speziellen Klippe springen zu lassen, während ich mich an ihn klammere und mich vor dem Fall fast fürchte.
Jedes Mal, wenn ich kurz davor bin, hört er auf, bis ich ein sich windendes Bündel aus Lust bin, das nur an das Verlangen denken kann, von dem es durchströmt wird.
Er ist mit mir heute Morgen genauso grob wie letzte Nacht, nur dass er diesmal seinen Hunger nicht verbirgt. Sein tiefes Verlangen danach, mich zu verschlingen. Es sollte mir Angst machen, aber das tut es nicht. Ich brauche das hier ebenso sehr wie er.
Ich bin kurz vorm Orgasmus, so nah und doch so weit davon entfernt, als Roman seine Stöße verlangsamt.
Ich schreie vor Frust aus, will verzweifelt Erlösung spüren.
„Möchtest du kommen, Vanille?“
Ich nicke nur, weil ich keine zusammenhängenden Worte herausbringen kann. Ich klammere mich um ihn und bin auf der Jagd nach etwas, das direkt vor meiner Nase ist.
„Bettele danach. Bettele danach und vielleicht, nur vielleicht, lass ich dich kommen.“ Seine Worte sind barsch, sein Tonfall spöttisch.
Ich fletsche die Zähne, weil ich es hasse, dass er diese Macht über mich hat. Ich schüttele den Kopf und weigere mich, die Worte auszusprechen, die er hören möchte. Ich will kommen, aber nicht so. Nicht, wenn ich auf seine Gnade angewiesen bin.
Seine Augen werden schmal, ein Muskel zuckt in seinem Kiefer, als er seine Stöße wieder verlangsamt.
„Bettele danach, Baby.“ Er reibt sein Gesicht an meinem Hals und knabbert an meinem Kiefer. „Oder ich werde es dir nicht geben.“
„Nein.“
Etwas tief in mir weigert sich, seinem Befehl Folge zu leisten, um ihm zu zeigen, dass er nicht der Einzige ist, der die Kontrolle ausübt. Ich weiß, dass er mich will. Das hier. Was immer es ist. Er will es genauso sehr wie ich. Ich kann spüren, wie er vor Verlangen bebt.
Mit einem Knurren knallt er seinen Mund auf meinen, unsere Lippen treffen in einem wütenden Kuss aus Zunge und Zähnen aufeinander, bevor er mir in die Unterlippe beißt, und zwar stark genug, um mich japsen zu lassen. „Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
Ich öffne den Mund, um eine freche Antwort zu geben, doch ehe ich auch nur ein Wort sagen kann, ändert er unsere Stellung. Mit seinem Schwanz in mir rollt er uns herum, sodass ich auf ihm sitze und gezwungen bin, ihn zu reiten. Für einen Sekundenbruchteil bin ich erleichtert. Ich kann das Tempo angeben und das tue ich auch. Ich winde meine Hüften gegen sein Becken, und er stößt in mich hinein, schiebt sich tiefer, bis er in drei groben Stößen unter mir erzittert. Ich fluche, weil ich weiß, dass er gekommen ist, und ich verflucht nichts tun kann, um ihn daran zu hindern. Ich schiebe mich auf seinem nun erschlaffenden Schwanz hoch und runter, und er verschränkt die Arme im Nacken, um die Show zu genießen. Aber nichts wird passieren, weil sein Schwanz weich wird und, verdammt, ich bin noch nicht gekommen. Wut brodelt in mir. Ich spanne meinen Kiefer an und grabe meine Fingernägel in seine Brust, als ich mich von ihm hochdrücke.
Er schafft es fast, sein Zusammenzucken zu verbergen. „Du hättest danach betteln sollen“, sagt er.
„Du bist ein Arsch.“
„Ich habe nie behauptet, dass ich keiner bin“, ruft er meinem Rücken zu, als ich meine Klamotten zusammensuche, um mich anzuziehen. Verdammt unmöglich.
„Oh, und übrigens, Henderson war heute Morgen hier und hat nach dir gesucht.“ Ich halte inne, aber bevor ich fragen kann, was er wollte, redet er weiter: „Mach dir keine Sorgen. Ich habe ihm gesagt, dass ich mich um dich gekümmert habe.“
Emilio bietet mir einen Frühstücksburrito an,
als ich zur Tür herauskomme, aber ich lehne ab. Ich bin nicht das kleinste bisschen hungrig. Ich esse nicht viel, seit Mom gestorben ist, und nach dem, was mit Roman passiert ist, habe ich wirklich keinen Appetit. Ich schäume vor Wut, weil er sich Befriedigung verschafft hat und mir meine verweigert hat. Wer glaubt er, wer er ist? Blöder Teufel.
Ich mache mich auf die Suche nach Aaron, auch wenn ich nicht sicher bin, wie er mich empfangen wird. Ich kann nicht glauben, dass Roman das gesagt hat.
Arschloch.
Ich marschiere über die Lichtung und halte nach Aaron Ausschau. Ich bin sauer auf mich selbst, weil ich es zulasse, dass Roman mich so aufregen kann, und fest entschlossen, die Sache mit Aaron persönlich auszubügeln. Die einzige Freundschaft zu vermasseln, die ich in dieser Stadt habe, kann ich mir nicht erlauben.
Ich finde ihn schnell. Er sitzt auf der Heckklappe eines Autos, trinkt ein Bier und witzelt mit ein paar Kerlen herum, die ähnlich gekleidet sind wie er. Sie sehen alle so aus, als ob sie sich gerade bei Zumiez, dem
Laden für Skateboarder, eingekleidet haben, also nehme ich an, dass sie wie Aaron Skater sind.
Sobald er sieht, dass ich zu ihm komme, stellt er sein Bier ab und legt sich auf die Ladefläche des Pick-Ups zurück. Ich kann seine Augen nicht sehen, da sie hinter blau verspiegelten Ray Bans verborgen sind. Aber seine nach unten gerichteten Mundwinkel sind ein Hinweis darauf, dass ich keinen herzlichen Empfang erwarten kann.
„Hey“, sage ich und winke ein bisschen. Echt jetzt, Allie? Ein Winken?
Weil das auch gar nicht peinlich ist.
„Hey.“
Ich stehe da und trete von einem Fuß auf den anderen. Er sagt nichts weiter, und die drei Kerle starren mich nun an, als ob ich drei Köpfe hätte und dazu noch ein Tütü trüge.
„Können wir reden?“, frage ich.
Er zuckt mit den Schultern. „Klar. Nur zu.“
Okay. Ich denke, das war zu erwarten. Ich lecke mir die Lippen und wünschte, ich könnte seine Augen sehen, könnte einschätzen, wie wütend er im Moment auf
mich ist.
„Aaron.
“ Ich ziehe dabei seinen Namen in die Länge.
Er gibt ein genervtes Seufzen von sich. „Meinetwegen. Gut.“ Er springt von der Heckklappe, bevor er zu seiner Hütte geht und sich dort an das Geländer der Veranda lehnt. „Was kann ich für dich tun?“ Er wedelt sein Bier in einer überschwänglichen Geste herum.
„Du musst dich nicht wie ein Arsch benehmen“, murmele ich und verschränke meine Arme vor der Brust.
Er schweigt, und mir wird klar, dass er nichts sagen wird. Großartig. Jetzt ist es an mir zu seufzen. „Hör mal, ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich dich letzte Nacht sitzen gelassen habe. Ich habe das Mädchen auf deinem Schoß gesehen, als du am Lagerfeuer gesessen hast, und mir gedacht, dass du das Zimmer für dich allein haben wolltest.“ Ich zucke mit den Schultern und gebe mir Mühe, so schuldbewusst wie möglich auszusehen. „Ich wollte dich nicht ignorieren.“
Schweigen.
„Wenn du mich nicht mehr hier haben möchtest, packe ich meine Sachen und rufe mir ein Uber zurück in die Stadt.“
Keine Antwort.
Wunderbar.
„Wie auch immer.“ Ich mache mich auf, um in die Hütte zu gehen und mein Zeug zusammenzupacken. Ich bete, dass ich ein Uber hierher in diese gottverlassene Wildnis bestellen kann, aber dann hält mich eine Hand an meinem Ellbogen zurück.
Ich halte inne, doch ich will mich nicht zu ihm umdrehen.
Der Schotter knirscht unter seinen Füßen, als er näherkommt und einen Schritt um mich herum macht, bis wir voreinander stehen. Er reibt sich den Nacken und wirkt fast nervös, aber ich deute das sicher falsch.
„Sorry. Ich habe mich wie ein Arschloch benommen.“ Einer seiner Mundwinkel zieht sich zu einem entschuldigenden Lächeln nach oben.
Echt?
„Mir tut es auch leid. Ich wollte wirklich keine Zicke sein und dich ignorieren.“ Es stimmt. Selbst wenn ich zugegebenermaßen mich nicht von ihm
ferngehalten habe, weil ich ihm nicht die Tour vermasseln wollte. Aber das werde ich ihm nicht erzählen. Er muss auch nicht wissen, dass mir gutes Aussehen und heiße Tattoos den Kopf verdreht hatten. Wäre nicht das erste Mal, dass ich im betrunkenen Zustand schlechte Entscheidungen getroffen habe. Zuerst Ryker. Jetzt Roman. Würg.
Und wenn ich ehrlich zu mir bin, war das sicherlich auch nicht das letzte Mal. Und wenn ich wirklich, wirklich ehrlich bin, dann hatte Alkohol nichts damit zu tun. „Alles wieder gut?“, frage ich und schiebe meinen inneren Monolog beiseite. Ich kann mich und mein schlechtes Urteilsvermögen auch noch später niedermachen. „Ich hänge gern mit dir ab. Ich habe hier nicht viele Freunde, und es wäre schön, wenn ich das mit dir nicht verlieren würde.“
Er atmet tief aus. „Ja. Ich weiß, dass ich überreagiere, es ist nur einfach“, er hält inne, „ich habe keine guten Erfahrungen mit den Teufeln gemacht, weißt du?“
Ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch, denn, nein, das weiß ich nicht und habe keine Ahnung, was für Probleme sie miteinander haben. Ich weiß nur, dass das auf Gegenseitigkeit zu beruhen scheint.
„Das sind alles Arschlöcher. Ganz besonders Roman. Ich will nicht, dass dir jemand wehtut. Diese drei können Mädchen gegenüber grausam sein, wenn sie erst mal bekommen haben, was sie wollten.“ Er wirft mir einen wissenden Blick zu.
Ich kann’s nicht ändern, dass mir nun die Hitze in die Wangen schießt, also schaue ich weg. Wird das passieren? Wird sich Roman eine andere suchen, jetzt, wo er seinen Spaß gehabt hat? Wenn es so ist, dann wäre das nicht überraschend.
Doch ich will keine Beziehung. Für so etwas trage ich im Moment zu viel emotionalen Ballast mit mir herum. Ich wollte Spaß haben, und letzte Nacht habe ich ihn bekommen. Klar, heute Morgen war scheiße, und Roman hat sich wie ein totaler Arsch benommen, aber damit kann ich leben.
Aaron streckt seine Hand aus und streicht eine Haarsträhne, die aus meinem Zopf gerutscht ist, hinter mein Ohr.
Ich kann immer noch nicht seine Augen sehen und habe keine Ahnung, was er denkt, also folge ich meinem Bauchgefühl. „Du musst dir keine Sorgen machen. Wir sind hierhergekommen, um Spaß zu haben, nicht wahr? Du hast jemanden flachgelegt. Ich wurde flachgelegt. Wir müssen da keine große Sache draus machen. Ist Wie-war-nochmal-ihr-Name, die du abgeschleppt hast, die Liebe deines Lebens?“
Er schnaubt auf.
„Das habe ich mir gedacht. Wir sollten aus einer Mücke keinen Elefanten machen. Wie wäre es, wenn wir heute zusammen abhängen? Nur du und ich und was auch immer für Freunde du hier hast, die du tatsächlich magst? Teufel verboten.“
Sein Lächeln wird breiter, sodass ich ein paar Grübchen entdecke, die mir vorher noch nicht aufgefallen waren. „Echt?“
„Echt.“