ACHTZEHN
N ach der Schule bin ich von Aarons Worten immer noch wie benommen. Ich habe unglaublich viel Zeit zur Verfügung, also grübele ich natürlich darüber nach. Ich kann nicht glauben, wie dreist er ist. Ich bin keine Hure. Ich schlafe nicht mit jedem. Roman ist buchstäblich der zweite Mann, mit dem ich je geschlafen habe, und ich werde mich ganz bestimmt nicht wie irgendeine Dorfmatratze herumreichen lassen. Ich gehöre nicht zu diesen Mädchen.
Ich tigere in meinem Zimmer so sehr herum, dass auf dem beigen Teppichboden schon eine Laufspur zu erkennen ist. Schließlich entscheide ich, dass es reicht. Ich kann mich von seiner Meinung nicht total auffressen lassen. Ich weiß, wer ich bin. Wenn er ein Arsch sein will, dann soll er doch. Ich brauche ihn nicht.
Ich schalte den Laptop ein, erledige ein paar Hausaufgaben und aktualisiere den Lebenslauf, bevor ich ihn an mindestens ein Dutzend örtlicher Unternehmen schicke. Ich benötige einen Job. Die ganze Freizeit macht mir irre. Ich brauche Beschäftigung. Mein Blick bleibt an den Sneakern hängen, die ich bei Target gekauft habe, und mir kommt eine Idee.
Zuerst ziehe ich die weiße Skinny-Jeans und die lavendelfarbene Bluse aus, die ich heute getragen habe, dann schmeiße ich mich in eine Leggings, ein Band-T-Shirt und ziehe die neuen Target-Sneaker an. Ich fluche, als mir bewusst wird, dass ich keinen Sport-BH habe, aber dann muss eben der, den ich gerade anhabe, ausreichen. Ich stecke die Haare zu einem schlampigen Knoten hoch, schiebe das Smartphone in die versteckte Reißverschlusstasche der Leggings und schnappe mir die drahtlosen Ohrhörer und eine Wasserflasche.
Janessa hat mir heute eine Kalendermitteilung geschickt, um mich zu informieren, dass Gerald heute meine Anwesenheit beim Abendessen wünscht, und ich habe bestätigt, dass ich da sein werde. Allerdings weiß ich noch nicht genau, wo da sein wird, da unter Ort offen stand. Die Uhrzeit weiß ich aber. Sie hat das Essen für sechs Uhr geplant, also muss ich in etwas mehr als einer Stunde zurück sein, wenn ich genügend Zeit zum Duschen und Zurechtmachen haben möchte.
Ich jogge die Treppe hinunter, stöpsele die Earbuds ein und dröhne mich mit altem Zeug von Linkin Park zu. Numb übertönt meine Gedanken, als ich nach draußen gehe und mich dem Rhythmus der Musik überlasse. Für Ende November ist es immer noch ziemlich warm, und innerhalb von fünfzehn Minuten hat sich eine dünne Schweißschicht auf meinem Körper gebildet. Mein Atem geht schwer, meine Beine verkrampfen sich, doch ich zwinge mich zum Weiterlaufen. Ich brauche das. Ich war noch nie eine großartige Joggerin. Aber ich weiß bereits, dass ich das hier wieder tun werde.
Fünfzehn Minuten werden zu dreißig, bevor ich stolpernd zum Stehen komme. Die Hände auf die Knie gestützt, sauge ich Luft in meine Lungen ein. Die Sonne geht unter, Straßenlaternen erhellen die Straßen der Vorstadt. Ein Auto brummt in der Ferne, kommt näher, doch ich mache mir erst die Mühe aufzuschauen, als ich merke, dass es angehalten hat und nun neben mir im Leerlauf steht.
Ich richte mich zu meiner vollen Größe auf und stemme die Hände hinten in die Hüften, während ich versuche, zu Atem zu kommen. Gleichzeitig wappne ich mich dafür, wahnsinnig schnell davonzurennen, falls es nötig ist. Doch dann sehe ich, dass es Aaron in seinem WRX ist.
Er schaut mich von oben bis unten an, sein Mund ist zu einer dünnen Linie zusammengepresst. „Du siehst scheiße aus.“
Ich zeige ihm den Mittelfinger, da mir Höflichkeit im Moment zu anstrengend ist.
Er lehnt sich hinüber und öffnet die Tür auf der Beifahrerseite. „Komm schon. Ich fahre dich nach Hause.“
„Ich wohne nur ein paar Straßen von hier entfernt.“
Er zieht eine Braue hoch, als ob er sagen will: „Na und?“
„Meinetwegen.“ Ich steige ein und lasse mich sofort in den kühlen Ledersitz sinken. Die kalte Klimaanlage bläst mir ins Gesicht und ich schließe mit einem Seufzer die Augen.
„Ich wusste gar nicht, dass du joggst.“
„Tue ich auch nicht. Ich musste nur… den Kopf frei kriegen.“
Er schweigt, also öffne ich meine Augen und werfe ihm einen Blick aus den Augenwinkeln zu. Er hält vor der Villa an, die Geralds aufwändiges Zuhause darstellt, und ich öffne die Tür. „Danke, dass du mich hergefahren hast.“
Bevor ich aussteigen kann, hält er mich zurück, indem er eine Hand auf meinen Arm legt. „Warte.“
Ich halte inne und drehe mich zu ihm um, die Tür immer noch offen.
Er reibt sich mit beiden Händen das Gesicht, bevor er seinen Blick wieder auf mich richtet. „Ich hasse die Teufel.“
In mir brodelt die Wut hoch, und ich erinnere mich plötzlich an das, was er heute zu mir gesagt hat und warum ich immer noch sauer auf ihn sein sollte. „Kapiert.“ Ich steige aus und schlage die Tür hinter mir zu.
Der Motor verstummt, und Aarons Tür öffnet sich, doch ich gehe schon zur Haustür. „Allie, warte“, ruft er mir zu, ich bleibe nicht stehen. Ich bin fast an der Tür, als sie sich öffnet und mir Geralds strenge Miene entgegenblickt, sodass ich plötzlich innehalte.
„Alejandra, schreist du hier so herum?“
Seine hellen Augen richten sich erst auf mich, dann auf den Jungen, der ein paar Schritte hinter mir steht. „Tut mir leid.“ Ich schrumpfe unter seinem wachsamen Blick zusammen. „Wir wollten dich nicht stören.“
„Denke an den Anstand. Wir haben Nachbarn.“
Ich ziehe ein betrübtes Gesicht und nicke. „Tut mir leid“, murmele ich. Ich hasse es, dass dieser Mann, den ich kaum kenne, es schafft, mich nur fünf Zentimeter groß fühlen zu lassen. Ich will mich gerade an ihm vorbeidrücken, als ich merke, dass Aaron neben mich tritt.
„Ich heiße Aaron Henderson, Sir. Ich gehe mit Allie zur Schule. Freut mich, Sie kennenzulernen.“ Aaron streckt seine Hand aus, die Gerald überraschenderweise mit einem festen Händedruck akzeptiert, während er Aaron abschätzend ansieht.
„Du bist Allens Sohn?“, fragt er.
Aaron nickt. „Ja, Sir.“
Moment mal. Was geht hier vor sich?
„Ich freue mich, dass meine Tochter anständige Freunde findet. Ich war besorgt, als ich zugestimmt habe, sie zur öffentlichen Sun Valley High, statt zu einer privaten Schule zu schicken. Aber dein Vater hat mich daran erinnert, dass er für dich die gleiche Entscheidung getroffen hat. Danke, dass du dich um sie kümmerst.“
Aaron nickt. Ich werfe ihm einen fragenden Blick zu. Entweder sieht er ihn nicht oder er ignoriert ihn.
„Also, äh, danke fürs Fahren.“ Ich winke Aaron zu und winde mich innerlich, weil das so unbeholfen wirkt. Dann tut Gerald das Undenkbare und lädt ihn zum Essen ein.
„Allie, warum gehst du nicht einfach schon mal und machst dich für das Abendessen zurecht? Aaron und ich sind in meinem Arbeitszimmer, wenn du fertig bist.“
Was?
Aarons Gesicht hellt sich bei der Einladung auf. Gerald tritt zurück, um die Tür weiter zu öffnen und uns beide einzulassen. Aaron marschiert herein, als ob er hier schon dutzende Mal war.
„Äh…“
Aaron fängt meinen Blick auf und nickt mir leicht zu.
Okay dann. „Ich schätze, ich gehe mal duschen.“
Keiner von beiden antwortet. Auf fast väterliche Weise umfasst Gerald Aarons Schulter, als er ihn weg von mir in sein Arbeitszimmer führt.
Ich jogge die Treppe hoch und kaum habe ich meine Zimmer fest hinter mir geschlossen, reiße ich mir auch schon die verschwitzten Klamotten vom Leib. Warum will Gerald mit Aaron in seinem Arbeitszimmer reden? Er kennt offensichtlich seine Eltern, aber…
Ich wasche mir im Eiltempo die Haare und dusche so schnell wie noch nie in im Leben. Irgendetwas an der Vorstellung, Aaron und Gerald miteinander allein zu lassen, lässt in meinem Kopf Alarmglocken läuten. Und was hat es mit dem Sich-um-seine-Tochter-kümmern auf sich? Warum hat Aaron nicht schon eher erwähnt, dass sich unsere Väter kennen?
Ich trockne mich in Rekordzeit ab, bevor ich meine Haare zu einem nassen, unordentlichen Knoten aufstecke. Vermutlich wird das Abendessen hier stattfinden, da Gerald Aaron eingeladen hat, sich zu uns zu gesellen. Ich werfe ein knielanges, hellblaues Kleid mit langen Ärmeln über, binde mir einen Gürtel um die Taille und ziehe ein paar Riemensandaletten an.
Ich mache mir nicht die Mühe, mich zu schminken, bevor ich zu Geralds Büro gehe. Als ich näherkomme, kann ich Gemurmel hören, jedoch nichts verstehen. Ich war vorher noch nie in Geralds Arbeitszimmer. Er hat immer den Eindruck erweckt, es sei tabu und ich wollte mich nie aufdrängen. Nach dreimaligem Klopfen drücke ich die Klinke hinunter und trete ein.
Gerald sitzt an seinem Schreibtisch, eine Zigarre in der einen Hand und ein Glas voller bernsteinfarbener Flüssigkeit in der anderen. Er lächelt. Ich habe ihn noch nie lächeln sehen, aber was immer Aaron gesagt hat, amüsiert ihn eindeutig.
Aaron sitzt Gerald gegenüber in einem Ledersessel, ebenfalls mit einem Glas Likör in der Hand, auch wenn es unberührt wirkt.
„Ähm…“
„Alejandra, komm herein“, sagt Gerald mit seinem dröhnenden Bariton. „Aaron hat mir gerade von dem Campingausflug erzählt, auf dem ihr beide zusammen wart.“
Ich runzele die Stirn, weil ich mir Sorgen mache, dass Gerald einen falschen Eindruck bekommt und ich am Ende Schwierigkeiten bekomme. Er hatte mir zwar seine Erlaubnis gegeben, aber ich hatte absichtlich nicht erwähnt, dass ich mit einem Jungen wegfahren würde, und war davon ausgegangen, er würde annehmen, ich hätte Freundinnen gefunden. Doch er wirkt trotzdem zufrieden, nicht schockiert oder aufgebracht. Mom hätte mich umgebracht. Sogar Julio durfte ich nur zu Besuch haben, wenn meine Zimmertür sperrangelweit offenstand. „Oh“, bringe ich nur hervor, bevor ich mich in dem Sessel neben Aaron niederlasse. Er lächelt mir beruhigend zu. Ich bin nicht sicher, was ich davon halten soll.
Aaron fühlt sich sichtbar wohl. So, als ob das für ihn eine alltägliche Sache wäre. Er hat seine üblichen schwarzen Volcom-Jeans und ein anthrazitfarbenes Hurley-T-Shirt an, wie immer der Skater und absolut das Gegenteil von Gerald, der einen maßgeschneiderten Anzug und ein schneeweißes Anzughemd mit weinroter Krawatte trägt. Und doch plaudern die beiden, als ob sie alte Freunde seien. Aaron hält sich sogar gerader, als ob er nicht nur ein gewöhnlicher Schüler wäre.
Mir schwirrt der Kopf. Ich rutsche im Sessel hin und her und falte die Hände in meinem Schoß. Geralds Augen richten sich auf meine Bewegung, bevor er mit seinem prüfenden Blick mein Aussehen in sich aufnimmt. „Ich sehe, Janessa hat dir angemessene Kleidung besorgt.“
Ich nicke.
„Aber es scheint mir, als ob ein Gang zum Friseur angebracht wäre.“
Ich reiße den Kopf zu ihm herum. „Wie bitte?“
Er wendet sich an Aaron. „Frauen brauchen oft Frauen Hilfe, wenn es darum geht, präsentabel auszusehen. Verurteile meine Tochter nicht zu sehr. Sie wurde nicht so erzogen, wie es sich gehört hätte. Doch so ein Projekt kann lohnend sein. Alejandra ist unser Rohdiamant.“
Meine Wangen glühen. Ich kann nicht glauben, dass er mich gerade jetzt kritisiert. Vor Aaron.
Aaron lacht, doch ich kann hören, wie gezwungen es klingt. „Das ist eines der Dinge, die ich an Ihrer Tochter so mag, Sir. Sie ist nicht wie die anderen Mädchen, mit denen ich aufgewachsen bin. Sie fühlt sich wohl in ihrer Haut.“
Gerald sieht aus, als ob er gerade in eine Zitrone gebissen hätte. „Hm. Ja. Nun gut, sie könnte trotzdem ein paar Lektionen dazu vertragen, wie sich eine junge Dame zu verhalten hat. Wirklich, Alejandra. Du siehst aus, als ob du ein Vogelnest auf deinem Kopf beherbergst.“
Ich zwinge mich, die Hände in meinem Schoß zu behalten, statt den Knoten auf meinem Kopf in Ordnung zu bringen. Mir ist egal, was er denkt. Er ist ein Niemand für mich. Ein Samenspender, der beschlossen hat, viel zu spät aufzukreuzen. Ich spanne den Kiefer an und recke mein Kinn hoch. „Mir war nicht klar, dass ich meinen eigenen Vater beeindrucken muss, wenn ich in meinem… Zuhause bin.“ Mein Tonfall ist neutral, doch das hier ist nicht mein Zuhause. Es ist eine vorübergehende Bleibe, bis ich dahin gehe, wo auch immer ich nach dem Abschluss hingehen werde.
„Du musst jederzeit präsentabel aussehen, sogar zu Hause. Man kann nie wissen, wer vielleicht vorbeikommt. Nun schau dich nur an. Und du hast einen Gast hier. Einen Gast, von dem du durchaus wusstest, bevor du nach unten gekommen bist.“ Er schüttelt seinen Kopf, seine Oberlippe angewidert verzogen. „Wenn ich früher von dir gewusst hätte, hätten wir das noch in den Griff bekommen können, aber wenn du so weitermachst, wirst du genau wie deine Mutter werden.“
Er hätte mich genauso gut schlagen können, so wie er von ihr spricht, als ob es eine Beleidigung wäre, wenn ich irgendwie nach meiner Mutter komme. Es ist keine Beleidigung. Meine Mutter war eine stolze, fleißige Frau. Sie war mitfühlend und liebevoll, und sie hat sich immer, immer Zeit für mich genommen, obwohl sie zwei Jobs gleichzeitig hatte. Was mehr ist, als ich von dem vor mir sitzenden Mann behaupten kann. Er hat siebzehn Jahre meines Lebens verpasst, und doch kann ich an einer Hand abzählen, wie oft ich ihn seit meinem Umzug nach Sun Valley gesehen habe.
Ich schäme mich nicht für meine Mutter. Ich strebe danach, so wie sie zu sein.
Ich beiße mir auf die Wangeninnenseite, bis ich den durchdringenden Geschmack von Kupfer schmecke. Meine Wut wird größer, und mit ihr kommt eine überwältigende Welle von Emotionen. Ich zwinkere schnell mehrmals, um eine klare Sicht zu behalten, und erhebe mich aus meinem Sessel. „Wenn du mich bitte entschuldigst. Ich habe vergessen, dass ich noch Hausaufgaben zu erledigen habe.“
Gerald nimmt meinen Abgang nicht einmal zur Kenntnis, weil er zu vertieft ist in dem Thema, das er nun mit Aaron begonnen hat. Ich stürme hoch in mein Zimmer und öffne den Laptop, um ein weiteres Dutzend Lebensläufe zu verschicken. Ich brauche einen Job. Ich werde nicht zulassen, dass ich hier länger als nötig festsitze.
Zwanzig Minuten später klopft es an meiner Tür. Doch bevor ich der Person vor meiner Tür, wer immer es auch ist, zurufen kann, wegzugehen, tritt bereits Aaron ein. Sein bekümmerter Gesichtsausdruck ist der einzige Grund, weshalb ich ihn nicht anschnauze.
Er tappt zu mir, setzt sich neben mir aufs Bett, während ich mich auf den Rücken drehe und an die Decke starre. Er ist für einen Moment still, bevor er einen langen, leidgeplagten Seufzer ausstößt. „Es tut mir so leid“, sagt er.
Ich halte die Augen weiterhin stur auf die Lampe über mir gerichtet. Ein blöder, femininer Kronleuchter mit schmiedeeisernen Rosen und baumelnden Kristallen. „Warum? Befürchtest du ebenfalls, dass ich wie meine Mutter enden werde? Dass ich dazu verdammt bin, zu einer vom Fußvolk zu werden?“, spotte ich.
Er reibt sich über sein Gesicht. „Das habe ich nicht gemeint, und das weißt du.“
Ich hefte meinen Blick auf ihn. „Weiß ich das? Es kam mir so vor, als ob du und Gerald dicke Freunde wärt.“
Er seufzt. „Mein Dad arbeitet mit deinem zusammen. Sie spielen gemeinsam Golf. An Feiertagen wurde er zu uns nach Hause eingeladen.“ Ein Achselzucken. „Ich war noch nie hier, bis wir nach Shadle Creek gefahren sind. Ich habe eins und eins erst zusammengezählt, als er die Tür geöffnet hat. Sonst hätte ich vorher etwas gesagt. Ich… Ich weiß nicht, was ich noch sagen kann. Gerald ist ein Arsch. Er hätte das nicht sagen sollen und“, noch ein Seufzen, „ich hätte dir zu Hilfe kommen müssen. Es tut mir leid. Das war mies von mir.“
Ich setze mich auf. Er klingt ehrlich, aber… „Warum hast du es dann nicht getan?“
Seine grünen Augen blicken mich forschend an, zweifellos, um zu verstehen, was in meinem Kopf vor sich geht. „Weil ich ein Idiot bin. Unsere Eltern haben bestimmte Erwartungen. Ich glaube, ich bin einfach nur in die bequeme Rolle reingerutscht und wollte keine Unruhe stiften.“
Ich nicke, weil ich das kapiere, auch wenn es Mist ist.
„Hast du Hunger?“, fragt er genau in dem Moment, als mein Magen knurrt. Wir lachen beide.
„Ja. Das könnte man so sagen. Ich sollte mit meinem Dad zu Abend essen, aber ich glaube, ich werde ihm nach dem heutigen Tag einfach wieder aus dem Weg gehen.“
Er steht auf und streckt die Hand nach mir aus. „Komm. Ich kenne den perfekten Ort. Ein kleines Diner mit den besten Burgern der Stadt.“
Ich zögere. „Aaron, ich ...“
„Allie“, unterbricht er mich. „Ich war ein Arsch. Es tut mir leid. Nicht nur das, was eben passiert ist. Auch das von vorher, in der Schule. Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich habe mich wie ein Arschloch benommen, weil ich eifersüchtig war. Es wird nicht nochmal vorkommen. Ich verspreche es. Gib mir noch eine Chance, mit dir befreundet zu sein. Ich werde es diesmal nicht versauen.“
Ich nage unentschlossen an der Unterlippe und bin mir nicht sicher. Allerdings ist es nicht so, dass mir die Leute die Bude einrennen und mich darum anbetteln, mit ihnen befreundet zu sein. „Okay. Aber können wir nicht über meinen Dad reden? Und auch nicht über die Teufel? Und über nichts anderes, das einen von uns aufregen könnte?“
Er lacht in sich hinein. „Abgemacht.“