James Fenimore Cooper
 (1789 bis 1851)

Der letzte Mohikaner

 

 

 

Erstes Kapitel

 

Mein Ohr ist offen und mein Herz bereit. Nur weltlichen Verlust, nichts Schlimmres kannst du melden. Sage, ist mein Reich verloren?

Shakespeare

 

Es war eine Eigentümlichkeit der Kriege, welche in den Kolonien Nordamerikas geführt wurden, dass die Mühseligkeiten und Gefahren der Wildnisse zu bestehen waren, ehe noch die feindlichen Heere sich begegnen konnten. Ein breiter Gürtel von scheinbar undurchdringlichen Wäldern trennte die Besitzungen der feindlichen Provinzen von Frankreich und England. Der kühne Pflanzer und der geübte Europäer, der an seiner Seite focht, kämpften oft Monate lang mit reißenden Waldströmen oder suchten raue Gebirgspässe gangbar zu machen, um Gelegenheit zu finden, ihren Mut in mehr kriegerischem Kampfe zu zeigen. Aber wetteifernd mit der Ausdauer und Selbstverleugnung der erfahrenen eingeborenen Krieger lernten sie jede Schwierigkeit überwinden, und es konnte scheinen, dass mit der Zeit kein Winkel in den Waldungen so finster, kein Versteck so abgelegen wäre, in das jene nicht zu dringen wagten, die ihr Blut verpfändet hatten, ihre Rache zu sättigen oder der kalten, selbstsüchtigen Politik entfernter Monarchen Europas Geltung zu verschaffen.

Vielleicht gibt kein Distrikt auf der ganzen Strecke der dazwischen liegenden Grenzen ein lebendigeres Bild von der Grausamkeit und Wildheit der barbarischen Kriege jener Zeiten als das Land, welches zwischen den Quellen des Hudsons und den anstoßenden Seen liegt.

Die Vorteile, die hier die Natur für die Bewegungen der Kämpfenden bot, waren zu augenfällig, um nicht benutzt zu werden. Der langgedehnte Wasserspiegel des Champlain erstreckte sich von den Grenzen Kanadas bis tief in die benachbarte Provinz Neuyork hinein und bildete eine natürliche Straße auf der Hälfte des Landstrichs, dessen die Franzosen Meister sein mussten, um an ihre Feinde herankommen zu können. Unweit seinem südlichen Ende empfängt er die Zuflüsse eines anderen Sees, dessen Wasser so klar sind, dass die Missionare der Jesuiten sie ausschließlich gewählt hatten, um die sinnbildliche Reinigung der Taufe zu vollziehen, was ihm den Namen des Sees du Saint Sacrement gegeben hat. Die minder eifrigen Engländer glaubten, seinen klaren Quellen genug Ehre anzutun, wenn sie ihnen den Namen ihres regierenden Fürsten, des zweiten aus dem Hause Hannover, gaben. Beide Völker vereinigten sich aber, den schutzlosen Eigentümern dieser bewaldeten Räume ihr natürliches Recht auf Verewigung seines ursprünglichen Namens Horican zu rauben.