Kapitel 5

E in Klopfen an der Tür veranlasste Connor Alby, aufzustehen und den Schädel wieder einzupacken. »Ich muss den an einen sicheren Ort bringen. Du machst die Tür auf.«

Raven schaute ihn verwirrt an. »Hast du etwa Angst, dass jemand einen alten Schädel klaut?«

»Wenn jemand das hier sieht, wird er anfangen, Fragen zu stellen. Ich bin nicht in der Stimmung, alte Geschichten zu erzählen.«

Raven wartete geduldig, bis ihr Großvater im Flur verschwunden war, bevor sie die Tür öffnete. Ein junger Mann mit langen, schmutzig blonden Haaren, die ihm bis über die Ohren reichten, und einem natürlichen Lächeln auf den Lippen blinzelte durch die Fliegengittertür. William Moss zupfte an seinem schlechtsitzenden, khakifarbenen Hemd. »Hey.«

»Hey, William. Komm rein.« Sie schob die Fliegengittertür auf und ließ den Teenager eintreten. »Was machst du hier mitten am Tag? Solltest du nicht arbeiten?«

»Solltest du nicht deine Hausarbeiten erledigen? Du solltest dich ranhalten, du hast auch noch Schule.«

»Heute haben wir keinen Unterricht. Gestern war hauptsächlich Orientierung. Morgen werden wir dann ins kalte Wasser gestoßen.«

»Ich hatte erwartet, dich draußen zu treffen. Ich habe beide Scheunen und den Schuppen überprüft. Einer der Gehilfen sagte mir, dass du noch hier bist. Hey, was ist mit deiner Schulter passiert?«

»Ich bin mit einem Elfen aneinandergeraten wegen einer Ziege. Ich habe gewonnen und jetzt gibt es einen sich die Wunden leckenden Elfen da draußen, dem es sehr leid tut, mich angegriffen zu haben.«

William hob die Hand zum Abklatschen, lachte und ließ die Hand wieder sinken. »Vielleicht später.«

»Ich werde gleich ein paar meiner Pflichten erledigen. Einen guten Arm habe ich ja noch. Mit wem hast du da draußen gesprochen?«

William spähte angestrengt aus dem Fenster. »Ich weiß nicht, wie er heißt. Nicht so alt wie die anderen Arbeiter, sehr dünn.«

»Schmuddeliges Gesicht?«

»Ja.«

»Das ist Edward. Hat er sich sauer angehört?«

Der junge Mann lachte. »Ja. Als ob du die Arbeit vernachlässigen würdest.«

Raven lachte ungläubig. »Ich sollte seine Hosen mit ein paar Feuermurmeln anzünden. Bis zehn Uhr morgens habe ich schon mehr gearbeitet als er den ganzen Tag.«

»Hey, William!« Connor kam mit leeren Händen ins Zimmer zurück. »Wie geht es dir, mein Junge?«

»Mir geht es gut, Sir. Und Ihnen?«

»Nichts, womit ein alter Viehzüchter nicht umgehen kann.« Er schaute Raven an und warf ihr einen harten Blick zu, den sie erkannte. William fing seinen Blick auf und lächelte Raven an.

»Geht es deinen Eltern gut?«

»Ja, Sir. Das Geschäft auf dem Drachenhof läuft so gut wie immer.«

Der alte Mann rieb seine Hände aneinander. »Es ist eine gute Saison für uns alle. Unsere Milch verkauft sich gut. Ich kann mir vorstellen, dass Drachen gefragt sind.«

William zeigte ein strahlendes Lächeln. »Immer, Sir und es gibt nie sehr viele, die die Tests bestehen, selbst in einem guten Jahr.«

»Warum bist du hier, junger Moss?«

»Ich brauchte einfach eine Pause. Darf ich mich setzen?« Connor nickte. »Danke. Es tut gut, sich auszuruhen.«

Raven schaute auf die alte Uhr auf dem Kaminsims. »Es ist ja nicht so, als wäre es schon spät am Tag. Es ist gerade erst Morgen. Wieso bist du schon so müde?«

Er legte seine Füße auf einen Hocker und sah die beiden achselzuckend an. »Einer unserer Gehilfen, Fester Solomon, ist heute nicht zur Arbeit erschienen.«

Connor saß in seinem Stuhl und sah besorgt aus. »Das ist seltsam. Ihr habt so tolle Arbeiter da drüben.«

William schüttelte den Kopf. »Er ist nirgends zu finden. Fester hat wohl beschlossen, auf einen anderen Hof zu ziehen, aber das ist merkwürdig. Er war einer unserer Besten. Immer pünktlich, nie zu spät. Ich kann es mir nicht erklären.«

»Wir haben vor kurzem auch einen Helfer verloren.« Connor schnalzte mit der Zunge. »Seltsam.«

»Wen haben wir verloren?« Raven schaute überrascht auf.

»Den Neuen, Isaac Irving. Sein Mitbewohner behauptet, er hätte ihm alle seine Sachen vermacht. Wenn ihm das Geld und der Wein ausgeht, taucht er wieder auf und nimmt seine Sachen zurück. Das passiert von Zeit zu Zeit.«

»Deshalb bin ich hier und mache eine Pause. Ich habe schon weit vor Sonnenaufgang hart gearbeitet. Ich habe einen Drachen, der sich einfach nicht fügen will, ein echter Sturkopf. Wunderschönes Geschöpf.« Er schüttelte müde den Kopf. »Ich wollte nur ein paar Minuten weg und dann gehe ich zurück.«

»Ihr jungen Leute! Zu meiner Zeit haben wir keine Pausen bekommen. Wir mussten sichergehen, dass wir vor Einbruch der Dämmerung fertig wurden. Immer, in jedem Fall vor der Dämmerung.«

»Opa«, tadelte Raven gutmütig und stupste ihn an, »das müssen wir immer noch. Der Schwarm mag der Vergangenheit angehören, aber jede Generation lehrt uns weiterhin, Angst zu haben.«

»Das war nicht meine Idee«, entgegnete ihr Großvater unwirsch. Raven tauschte einen Blick mit William aus.

»Ich bin gleich wieder da, William.« Raven ging den Flur entlang zu ihrem Zimmer. Sie stellte sich in die Mitte des Raumes und schloss die Augen. »Nur noch einen. Was soll schon passieren? Redigendum dolor .« Warme, beruhigende Energie strömte durch ihre Schulter und linderte den Schmerz. Sie seufzte erleichtert auf und zog sich ein frisches Hemd über ihre Tunika, während sie ihr Zimmer verließ und zurück in den Flur ging. »Du kannst ein paar Minuten mit mir mitgehen, wenn du willst. Ich muss zurück an die Arbeit.«

Der junge Mann hob die Augenbrauen. »Mit dem Ding an deiner Schulter? Bist du sicher?«

Behutsam schob sie ihren Arm in die Jacke. »Die Arbeit macht keine Pause. Das hast du gerade gesagt. Außerdem gibt es genug zu tun, ohne dass man dabei etwas heben muss. Ich werde es heute ruhig angehen lassen, Opa. Kannst du mir dabei helfen?« Sie reichte William ein Stück Musselin und er half ihr, eine Schlinge zu formen. »So, das wird schon gehen. Ich kann trotzdem helfen.«

Der alte Mann nickte und versuchte, nicht zu lächeln. »Wahrscheinlich. Ich werde den Arbeitern Bescheid geben.«

An der Tür schlüpfte sie in ihre Stiefel und murmelte vor sich hin. »Ich kann meine Last schon noch tragen.«

Connor räusperte sich und stand auf. »Ja und alle wissen es, auch wenn sie es nicht zugeben wollen. Die meisten der Hofarbeiter erledigen nicht einmal die Hälfte der Arbeit, die du machst. Wenn einer von ihnen einen Armbrustbolzen in die Schulter bekäme, würde er sich zwei oder drei Tage freinehmen und in die Kneipe gehen. Verdammtes Pack. Schön, dich zu sehen, William. Grüß deine Familie von mir.«

»Hat mich auch gefreut, Sie zu sehen, Sir. Das werde ich.«

»Komm, William.« Raven schob die Fliegengittertür auf und trat hinaus in den Sonnenschein. Sie blinzelte, während ihre Augen sich an die Helligkeit gewöhnten. »Was glaubst du, ist mit eurem Hofarbeiter passiert?«

William beeilte sich, um zu ihr aufzuschließen. »Ich weiß es nicht. Es ist verwirrend.«

Sie gingen an zwei Männern vorbei, die an einem Gerät arbeiteten und Raven senkte ihre Stimme. »Hast du von dem Aussiedlerhof gehört, der verlassen aufgefunden wurde? Es gibt keine Hinweise darauf, was mit der Familie passiert ist, die dort lebte.«

»Nein und woher weißt du das?«

»Lokaler Klatsch und Tratsch.«

»Immer akkurat«, bemerkte William grinsend.

»Ja, nun, es ist schwer zu verkennen, dass ein Bauernhof einfach leer ist. Das ist ihr ganzes Leben. Es sieht so aus, als wären sie einfach mitten am Tag auf und davon. Alle sind weg, das Essen steht noch auf dem Tisch. Sie haben sich in Luft aufgelöst. Hier lang, ich gehe zu den Kleinen in der Scheune.«

»Das ist verrückt. Was denkst du, könnte es gewesen sein?«

Raven zuckte mit den Schultern. »Vielleicht dasselbe Ding, das euch euren Gehilfen genommen hat. Dasselbe, das uns auch unseren genommen hat.«

»Eine Verschwörung, ich weiß ja nicht. Warum sollte sie jemand haben wollen? Um eine Schurkenarmee aufzubauen?« Er ließ ein leichtes Lachen hören, aber als Raven ihn ansah, erlosch das Lächeln auf seinen Lippen.

»Okay, ich geb’s zu. Ich habe die gleichen Gerüchte gehört, als ich in der Stadt war.« William ging voraus und zog die Scheunentür für sie auf. »Aber ich weiß nicht, ob ich sie glauben soll.«

»Danke.« Sie betrat die Scheune. »Was hast du gehört?«

»Irgendwas mit Plünderern oder vielleicht die Rückkehr des Schwarms.« Er lachte, als er den letzten Teil sagte.

»Ja. Ich wette, dass es da draußen Beweise gibt, nur hat noch niemand danach gesucht.«

»Komm schon, den Schwarm gibt es nicht mehr, weißt du noch?«

»Niemand weiß es genau, weil es außerhalb der Mauer passiert.« Sie blieb stehen und sah William an. »Wir sollten uns das ansehen.«

William blieb stehen. »Hör auf, herumzualbern.«

»Ich meine es ernst! Wir warten, bis es dunkel wird, damit niemand merkt, dass wir weg sind. Wir schleichen einfach raus und sehen uns um.«

»Schau mal, ich glaube auch nicht an die Geschichte mit dem Schwarm, aber das heißt nicht, dass nicht irgendetwas da draußen ist, das seinen Groll an den Viehzüchtern auslässt. Es könnte eine Gruppe Krieger aus einem anderen Königreich sein, was trotzdem tödlich wäre.«

»Dann sollte das auch jemand wissen. Wir nehmen ein paar Drachen mit, damit es schnell geht. Das ist sicherer.« Sie öffnete den Pferch für die Babyziegen. Zwei von ihnen stürzten sich auf ihre Füße und knabberten an ihren Zehen, die anderen hüpften auf allen Vieren und sprangen übereinander. »Das wäre keine große Sache.«

Der junge Mann blieb außerhalb des Geheges am Tor stehen. »Schlechte Idee. Du bist eine Magierin in Ausbildung, Raven, keine Drachenreiterin oder Kriegerin.« William sah, wie Raven den Kiefer zusammenbiss und versuchte rasch, das Thema zu wechseln. »Du hast einen Schuss von einem Elfen abbekommen, Raven. Geh es langsam an. Hat das ein Pfeil mit deiner Schulter gemacht?«

Sie schnaubte und zuckte zusammen, während sie noch versuchte, ihren Ärger zu verbergen. »Ja. Der Elf hat ziemlich gut gezielt, aber obwohl ich unbewaffnet war, konnte er mich nicht überwältigen.«

William stützte seine Arme auf die Umzäunung des Geheges. »Das ist das Schöne an der Drachenzucht. Keine Elfen. Was soll ein Elf mit einem Drachen anfangen? Das verdammte Ding würde den Elfen eher auffressen, als mit ihm zu gehen.« Sie lachten beide.

»Pah, das war aber auch ein lästiger kleiner Scheißer.«

»Das sind sie meistens.« William sah zu, wie Raven die Ziegenbabys eins nach dem anderen untersuchte, ihr dickes Fell streichelte und ihre Gliedmaßen und Gesichter inspizierte.

»Sieh dich an, du knuddelst all diese Babyziegen, als wärst du ein Softie.«

»Ich mache nur meine Arbeit.«

»Nein, das weiß ich. Aber du stammst aus einer Familie von so starken, wichtigen Zauberern und du kümmerst dich um diese zarten, niedlichen kleinen Tiere. Währenddessen treibe ich mich mit großen, feuerspeienden, schuppigen Biestern herum, die jeden von uns mit einem Hieb töten könnten.«

Raven untersuchte die Beine einer kleinen, schwarzen Ziege, die zwischen ihren Füßen stand. »Ja, da hast du Glück gehabt. Wenigstens hast du deinen Weg gewählt. Niemand sagt dir: ›Du bist eine Alby und das bedeutet, dass du ein Magier in Ausbildung bist‹.«

»Das tut mir leid. Ich habe es nicht böse gemeint …«

»Weiß ich«, unterbrach sie ihn. Sie stellte sich aufrecht hin und klemmte sich ein Zicklein unter den freien Arm. »Es ist nur so, dass ich auch Träume habe, weißt du. Vielleicht will ich wirklich Magierin werden, vielleicht aber auch nicht.« Vielleicht will ich auf einem Drachen hoch über den Wolken reiten.

William stand auf und begutachtete einen langen Kratzer an seinem Arm. »Drachen zu dressieren ist harte Arbeit. Wir haben diesen einen Drachen, der einfach nicht lockerlässt. Er wehrt sich jedes Mal, wenn wir versuchen, mit ihm zu reden. Er will nichts tun, was wir von ihm verlangen. Es wird zu einem echten Problem und früher oder später muss er die Prüfungen ablegen. Drachen sind auch scheiße.«

Raven setzte das Ziegenjunge ab und sah zu, wie sie alle herumhüpften und hoch in der Luft übereinander sprangen. »Oh und Ziegen sind besser?« Sie zuckte mit den Schultern. »Schau sie dir an. Das ist so ziemlich alles, was sie zu bieten haben.«

Er öffnete das Tor für sie. »Hey, das ist ein Familienunternehmen gegen ein anderes. Ich habe mir den Umgang mit Drachen genauso wenig ausgesucht wie du dir den mit Zwergziegen. Das ist unser Los im Leben. So ist es nun mal.«

»Dein Vater hat dich vor die Wahl gestellt und du wolltest im Geschäft bleiben.« Sie trat aus dem Stall und schloss das Gatter hinter sich. »Für mich sind es natürlich nicht mehr allzu lange die Ziegen.«

»Wie das?«

»Ich hatte gestern meinen ersten Tag bei Fowler.«

»Ach ja, das Alby-Erbe.« Sie gingen beide aus der Scheune. »Eine Berufung, die man nicht so leicht ablehnen kann. Aber das wird noch eine Weile dauern.«

»Ich weiß es nicht. Ich habe schon einen großen Eindruck auf den Schulleiter gemacht. Er hat mich gelobt. Das bedeutet etwas Gutes. Vielleicht überspringe ich eine Klasse und fange mit fortgeschrittenen Zaubersprüchen an.«

»Du musst vielleicht schon noch ein paar Dinge mit den anderen Anfängern lernen.«

»Da draußen ist eine große Welt und ich will sie erkunden. Wenn es eine Bedrohung gibt, will ich helfen, sie aufzuhalten.«

»Du bist eine Alby, klar. Das hast du von deinen Eltern. Sie haben sich beide Respekt verschafft, wo immer sie waren.«

Raven schaute in den Himmel. »Ja. Ich wünschte, sie wären noch da. Mein Großvater versteht das nicht. Er versucht immer, mich im Zaum zu halten, mich davon abzuhalten, etwas zu tun. Er lehrt mich einen Zauberspruch, dann folgt er mir überallhin und mahnt mich zur Vorsicht. Oder er zeigt mir, wie man eine Waffe benutzt und predigt mir, sie sparsam einzusetzen. Er sagt mir, dass ich genau wie meine Mutter bin. Unendlich neugierig. Ich verstehe schon, dass er damit sagen will, dass ich eigensinnig bin und mich immer in etwas verbeiße.«

William hob eine Stange vom Tor zu einem anderen Pferch für ältere Ziegen an und befestigte sie wieder, sobald sie hindurchgegangen waren. »Es muss schwer sein, herauszufinden, wer man ist ohne seine Eltern.«

Raven verschränkte die Arme vor der Brust und blickte auf den Horizont hinaus. »Ich kenne es nicht anders. Opa hat sein Bestes gegeben. Schau mich nur an!«, sagte sie mit mehr Nachdruck als beabsichtigte und hob ihren guten Arm.

William sah überrascht aus und runzelte seine Stirn. »Ja, klar. Okay, ich hab’s verstanden.«

»War das zu dick aufgetragen?« Raven versuchte, ihn anzulächeln.

»Ich bin besser darin, zehn Sekunden bei einem knurrenden Drachen zu bleiben«, sagte er und rieb sich lächelnd den Nacken. »Du weißt, dass die Drachen, die wir züchten, ziemlich bösartig sind, oder? Sie spucken Feuerbälle, können dich mit einem Biss auffressen und Gott bewahre, dass du von einer ihrer Pranken getroffen wirst, wenn sie nach dir haschen. Sie reißen dir ein Ohr ab. Ich habe das bei einem Mann gesehen. Du willst nicht vom Mittagessen zurückkommen und ein Ohr auf dem Boden finden.«

»Okay.«

»Ich will damit sagen, dass Drachen sehr viel Macht haben. Es ist meine Aufgabe als Ausbilder, dafür zu sorgen, dass sie ihre Macht verantwortungsvoll einsetzen. Ich möchte sie nicht davon abhalten, mächtig zu sein, nicht dass ich das könnte . Ich will nur, dass sie verstehen, was ihre Kräfte bewirken können und wann sie sie einsetzen sollten.«

Sie machten sich auf den Weg zurück zum Hof. »Das mag sein, aber ich bin kein Drache, Junge. Ich bin eine Magierin.« Sie zeigte mit dem Finger auf William. »Sag nicht, ›in Ausbildung‹ …«

»Das würde ich nicht wagen. Du hast die Macht vielleicht schon, aber du musst lernen, wie du sie einsetzen kannst und zwar auf verschiedene Arten und auf verschiedenen Ebenen. Ich muss wieder an die Arbeit. Danke für die Pause.«

»Jederzeit. Viel Glück da drüben. Sag mir Bescheid, wenn du herausfindest, was mit dem Hofarbeiter passiert ist.«

»Versprich mir, dass du nicht auf eigene Faust außerhalb der Mauer nach Hinweisen suchst.«

»Ich verspreche es«, sagte sie und kreuzte die Finger hinter ihrem Rücken.

William winkte und schlenderte die Straße hinauf zu seinem Hof.

Raven kehrte in den Schuppen zurück, wo Edward gerade Werkzeuge sortierte. Frustriert trat er gegen die Wand.

»Gibt es ein Problem, Ed?«

Er schaute über seine Schulter. »Ahhh, es fehlt nur eine Mähmaschine.«

»Wir haben doch noch andere, oder?« Sie zeigte auf eine Reihe von Erntemaschinen.

Edward nickte, abgelenkt und wühlte immer noch herum. »Ja, aber wir brauchen jede einzelne davon. Dein Großvater will, dass alle Werkzeuge geordnet und im Schuppen aufbewahrt werden. Wir bekommen Ärger, wenn sie nicht alle hier drin sind, solange sie nicht benutzt werden.« Er nahm seinen Hut ab und hielt ihn an seine Brust, die andere Hand auf seine Hüfte. »Sie wird schon auftauchen. Das machen sie immer. Vielleicht kannst du ein oder zwei Zaubersprüche lernen, die uns helfen, sie wiederzufinden, hm? Was hältst du davon?« Er lächelte und entblößte dabei eine breite Lücke zwischen seinen beiden Vorderzähnen. »Hey, was ist mit deiner Schulter passiert?«

»Schon wieder Elfen im Ziegenstall.«

»Diese verdammten Viecher. Nervige kleine Scheißer. Sieht der andere Typ wenigstens schlimmer aus als du?« Er lächelte wieder zahnlos.

Raven seufzte. »Nun, er sah hungrig aus. Ich habe die Ziege in Sicherheit gebracht.«

»Gut gemacht. Wenn ich jetzt nur noch die Mähmaschine finden könnte.« Er schlenderte vor sich hinmurmelnd zum hinteren Teil der großen Scheune und hatte schon etwas anderes im Kopf.

Raven ging zur größeren Scheune, um zu sehen, ob sie beim Füttern der Ziegen helfen konnte, während sie sich immer noch über den Verbleib von Isaac Irving wunderte. Mit ihrem freien Arm packte sie eine Handvoll des verarbeiteten Weiderichs und warf es den kleinen Ziegen zu, die sich darauf stürzten, um es zu fressen. Der Restschmerz in ihrer anderen Schulter ließ sie scharf einatmen, aber sie ging weiter und lächelte die Ziegen an.

Sie schaute wieder zur Mauer und war in Gedanken versunken. Wenn ich doch nur den Hof da draußen sehen könnte … und William dazu bringen könnte, mit mir zu gehen.