9. Kapitel
April
›Nein!‹
Für einen, zugegeben, sehr flüchtigen Moment sträubte sich alles, was sie war und jemals hatte sein wollen gegen das herrische Gehabe dieses arroganten Widerlings, der leider so verdammt attraktiv war, dass ihr jegliches Denken fast abhandengekommen war. Sie wollte nicht vor ihm knien, wollte sich ihm nicht unterwerfen, wollte nicht der Verlierer in dieser Geschichte sein. Doch dann huschte Scotts Bild vor ihrem geistigen Auge an ihr vorbei. Dieser gewöhnliche Typ, der es mit diesem Mann nicht einmal hätte aufnehmen können, wenn es Nacht, dunkel, neblig und sie blind, taub und stumm gewesen wäre. Zuzüglich des nicht mehr vorhandenen Tastsinns. Dieser Arsch, dem sie über zwei Jahre treu gewesen war, während er sie – nach allem, was sie inzwischen annehmen musste – schon währenddessen betrogen hatte. Sie hatte ihn von ihrem spärlichen Gehalt miternährt, hatte seine verdammten Unterhosen gewaschen und seine schlechte Laune ertragen, wenn er mal wieder arbeitslos geworden war, weil ›die verschissenen Arschlöcher aus der Verwaltung nicht ganz dicht waren‹. Und sie hatte ihm mehr Blowjobs geschenkt, als er seine Zunge an ihrer Klitoris gehabt hatte. Das war die verdammte Wahrheit! Sie hatte es gern getan, weil sie ihn hatte verwöhnen wollen, aber es nie vor allem anderen begehrt.
Den Mann, der jetzt vor ihr stand, inzwischen ohne Hose, Schuhe, Socken und Boxershorts, den begehrte sie. Auch seine harte Erregung, die so einladend auf April wirkte, dass sie die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen zunehmen spürte. Ihr Mund war so trocken, dass sie sich, wie Greg zuvor, über die rissigen Lippen leckte, und sie schloss für einen Moment die Augen, um die Situation auf sich wirken zu lassen. Sie hier mit solch einem Mann, der ihr zwar nie wirklich gehören würde, aber zumindest momentan ihr Eigentum war.
Und sie seines.
Das in Verbindung mit dem Gin genügte, um sie langsam in die Knie gehen zu lassen. Sie schaute zu ihm auf, ihre Blicke trafen sich, bevor sie seine harte Erektion umfasste und ihre Zunge einmal über deren Spitze schnellen ließ. Er zischte vernehmlich und presste die Lippen aufeinander. Seine Finger vergruben sich in ihrem Haar, als sie ihn langsam zwischen ihre Lippen und in ihren Mund gleiten ließ, und wurden zu festen Fäusten, sobald sie ihre Zunge wirbelte und auf und abglitt. April schloss die Augen, gab sich ganz dem übermenschlich schönen Gefühl hin, diesen Mann zu verwöhnen. Sie hörte ein leises Stöhnen und war überrascht, als ihr aufging, dass es ihrer Kehle entstammte. Nur allmählich steigerte sie das Tempo, während er ihr mit den Händen in ihren Haaren unterstützend den Rhythmus vorgab. Seine Hüften stießen noch zusätzlich vor, wann immer sie ihn so tief wie möglich in sich aufgenommen hatte. Manchmal gelangte er so tief, dass sie ein Würgen nicht mehr unterdrücken konnte, was seine Erregung offenbar noch mehr anheizte. Er atmete jetzt heftiger, seine Hüften drängten immer schneller vor, seine Hände in ihrem Haar arbeiteten dagegen, und sie bewegte ihre Lippen immer fester und hektischer auf und ab. Als sie einen erstickten Laut hörte und kurz darauf seinen Samen schmeckte, schluckte sie, ohne lange nachzudenken und sah dann zu ihm auf. Ein Grinsen wollte sich auf ihren Lippen bilden, die nur leider anderweitig beschäftigt waren. Denn er wirkte nicht nur befriedigt, sondern … jenseits von dieser Welt.
Schließlich ließ sie von ihm ab – seine Fäuste hatten sich glücklicherweise längst aus ihrem Haar gestohlen – und stand unter einigen Mühen auf. Inzwischen machte es ihr nichts mehr aus, halb nackt vor ihm zu stehen. Diese Barriere hatten sie erfolgreich gekappt. Der Typ – nein, er war kein Typ –, dieser wahnsinnig heiße Mann stand schließlich unten ohne vor ihr und seine Erregung schien nur sehr langsam abzuflachen, denn von schlaff konnte keine Rede sein. Immer wieder musste sie dorthin schielen und sich vergegenwärtigen, dass sie das Prachtstück gerade zwischen ihren Lippen gehabt hatte. Gut möglich, dass sie unauslöschlich ihr Mal auf ihm hinterlassen hatte, denn hin und wieder hatte sie ihre Zähne zum Einsatz gebracht. Wenn auch nicht brutal, dann doch so intensiv, dass sein Stöhnen dunkler und rauer geworden war.
Sein Räuspern riss sie aus ihren Gedanken zurück in die Gegenwart. »Das war … intensiv«, erklärte er, womit er ihre Gedanken zumindest teilweise wiedergab. »Ziemlich intensiv, um genau zu sein.« Er lehnte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und holte ein paar Mal tief Luft, bevor er sie wieder ansah und ihr auffordernd eine Hand entgegenhielt. »Komm!«
Sie schlug ein, ohne zuvor noch einmal darüber nachzudenken. Auch diese Barriere war wohl endlich gekappt worden. Anstatt einfach nur ihre Hand zu nehmen, zog er sie mit einem Ruck an sich, sodass sie wieder an seiner Brust lag. Nur das verdammte Hemd störte noch immer, weshalb sie unwillkürlich einen Flunsch zog. Die leichten Bewegungen ließen die Knopfleiste des Hemdes über ihre empfindlichen Nippel gleiten. Mit Sicherheit war das von ihm keine absichtliche Berührung und doch schoss sie ihr sofort zwischen die Beine. Die Lider halb gesenkt, biss sie sich auf die Unterlippe und genoss den Blitz, der durch ihre Adern raste.
»Was ist los, Baby?«, murmelte er und küsste zart ihre Stirn. Dieses sanfte Verhalten stand im vollen Gegensatz dazu, dass er gerade ihren Mund mit kontrollierter Alphatier-Sinnlichkeit gevögelt hatte. Seine Finger verwoben sich mit ihren, er nahm auch ihre andere Hand und tat mit dieser dasselbe. Dann lachte er auf. »Oh, lass mich raten, ich schulde dir etwas, richtig?«
April konnte nicht antworten, sie brachte es kaum fertig gleichmäßig Luft zu holen, wie hätte sie dann irgendeinen Beitrag von sich geben sollen? Zittrig atmete sie auf, als er seine Hände aus ihren löste und stattdessen ihre Taille umfasste. Einen Wimpernschlag später lag sie auf dem breiten französischem Bett und er war über ihr. Sein Blick glitt an ihrem Körper entlang, und sie meinte, Anerkennung darin zu finden. »Du hast zu viel an«, bemerkte er anklagend und verschwand aus ihrem Blickfeld. Als sie sich aufrichten wollte, ertönte sein leises Knurren. »Bleib, wie du bist!«
Nichts hätte sie dazu bringen können, sich zu widersetzen. Während er sie ihrer Hose entledigte, schloss April die Augen, riss sie aber gleich wieder auf, weil sich hinter ihren Lidern alles drehte. Das war eindeutig zu viel Gin gewesen, doch sie bereute es nicht. Nicht einen Schluck, den sie in der vergangenen Nacht getrunken hatte. Draußen war es hell und so sah sie das hübsch eingerichtete Schlafzimmer der Suite, die viel luxuriöser war als ihre eigene kleine Absteige. Doch sie nahm keines der Details wirklich wahr. Denn inzwischen waren auch ihre Boots und die darunter befindlichen Socken verschwunden. Anstatt ihr aber das Höschen auszuziehen – verdammt, hätte sie nicht eines nehmen können, das etwas heißer aussah? – spürte sie seine Hände, die beidseitig an ihren Beinen hochstrichen, die bald durch feuchte, samtweiche Lippen ersetzt wurden und seinen heißen Atem auf ihren Schenkeln. Eilig presste sie die ihren zusammen, um nicht laut aufzuwimmern. Sie begehrte ihn so sehr, dass sie meinte, vor ihm davonzuschwimmen. Dann nahm sie ein Ziehen an dem simplen Baumwollstoff ihres Höschens wahr und begriff, dass er die Zähne einsetzte. April hielt die Luft an, während er langsam den Stoff über ihre Beine hinabzog. Sie hob nur unterstützend die Hüften an, was er diesmal nicht untersagte. Dann war der Stoff verschwunden und sie lag nackt vor ihm, ohne ihn sehen zu können. Ein weiteres Rascheln verriet ihr, dass er sich seines Hemdes entledigte und sie konnte ein zufriedenes Stöhnen gerade noch so unterdrücken. Wieder spürte sie die Finger hauchzart an den Außenseiten ihrer Beine hinaufgleiten, und gleichzeitig den heißen Atem, der sich zu ihr hinaufarbeitete, bis er am Zentrum ihrer Lust angelangt war. Sie kniff die Augen zusammen, riss sie wegen des Schwankeffekts gleich wieder auf, und verdrehte sie entnervt, bevor sie seine Zunge auf sich spürte. Wie seine Finger zuvor im Taxi fuhr er jetzt mit Zunge und Lippen an ihrer feuchten Länge hinauf und wieder hinab. Sein Atem fühlte sich beruhigend an, wann immer sie glaubte, unter seinen Liebkosungen zu verbrennen. Als er ihre Klitoris fand und seine Lippen sich um den kleinen Hautknoten schlossen, bevor er daran zu saugen begann, bäumte sie sich auf und stöhnte sinnlich. Er hielt ihre Beine fest, leckte sie und saugte wieder an ihr, bis sie nur noch ein stetiges Rauschen in ihren Ohren vernahm, als befände sie sich am Mittelmeer. Sie tastete nach seinem Kopf, fand sein erstaunlich seidiges Haar und verkrallte die Finger darin. Wie er zuvor, schob sie ihn noch näher an sich, hob zur weiteren Unterstützung die Hüften, ließ sie im Rhythmus seiner Zungenschläge kreisen und drückte den Kopf tief in die seidigen Kissen. Immer schneller bewegte er seine Zunge, immer heftiger saugte er und biss einige Male sogar in den kleinen, so verwundbaren Hautknoten, an dem alle Nervenenden zusammenzufinden schienen. Er spielte mit ihrer Lust, zog sie in die Spirale der Leidenschaft und tanzte den sinnlichsten aller Tänze. April spürte, wie sich ihr Höhepunkt anbahnte, bekämpfte ihn in den ersten Minuten überrascht und ließ los, sobald ihr klar wurde, dass sie gegen sich selbst arbeitete.
Jäh verschwand seine Zunge, und sie spürte einen zarten Windstoß an ihrem aufgeheizten Fleisch, bevor sich sein Finger unerwartet und tief in sie hineinschob. Urplötzlich dehnte er sie, es gab nichts, was sie auf diese Art der Reibung hätte vorbereiten können. Sie kam innerhalb eines Feuerwerkes, welches das Zimmer spontan zu entzünden schien. Um ihren Schrei zu dämpfen, hatte sie eine Faust zwischen ihre Lippen geschoben. Ihr Kopf war überstreckt und die Augen fest geschlossen. Es war viel zu viel, und lieber wollte sie riskieren, dass ihr übel wurde, als jemanden in diese wunderbare kleine Welt blicken zu lassen, in der sie sich gerade befand. Eine Welle nach der nächsten schlug über ihr zusammen und sie hörte ihn anerkennend seufzen, als er deutlich spürte, wie sich ihre Vagina um seine Finger zusammenkrampfte und ihn tiefer in sich zog. Er murmelte ein: »Ich wünschte, das wäre mein Schwanz!« Obwohl sie nicht auf Dirty-Talk stand, turnten sie diese Worte so an, dass sie ihre Zähne in die Faust grub, um den Schrei zu unterdrücken, und so war nur das nächste, diesmal sehr lang gezogene Seufzen zu vernehmen.
Oh .
Mein.
Gott!
* * *
Als er über ihr auftauchte, starrte sie ihn an wie eine Erscheinung. Er hatte die linke Hand neben ihrem Kopf aufgestützt, seine Augen funkelten und seine feuchten Lippen, auf denen ihre Nässe glänzte, waren leicht geteilt und zu einem Grinsen verzogen. »Was?«, wisperte er. Noch immer befand er sich zwischen ihren Beinen, nur dass sie jetzt deutlich seine Erregung spüren konnte, an der er selbst sinnlich langsam auf und abstrich. »Ich hoffe, du hast noch nicht genug.«
Bevor sie etwas sagen konnte, hatte er sich bereits an ihrem Eingang platziert und sich im nächsten Moment in sie hineingeschoben. Nicht langsam, nicht vorsichtig, sondern mit aller Macht und so tief wie möglich. Ihr spitzer Aufschrei durchbrach die Stille, doch noch ehe sie sich ganz fassen konnte, hatte er ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand genommen und ihr Gesicht ihm zugewandt. »Das ist wirklich gut. Ich wusste, dass du mich wie eine Faust umschließen würdest«, murmelte er erstickt. Dann ließ er sie los, suchte ihre Hände, platzierte sie neben ihrem Kopf und verwob wieder seine Finger mit ihren. Er neigte sich zu ihr hinab, bis seine Lippen ihre fast berührten. »Du bist verdammt süß«, wisperte er, bevor er erneut in sie hineinstieß und gleichzeitig ihren Mund mit seinem verschloss.
Der Auftakt war leidenschaftlich gewesen, doch nun ließ er das Tempo sichtlich abflachen. Bald richtete er sich wieder auf, seine Hände nach wie vor in ihren, und begann, sich langsam und tief in einem uralten Rhythmus in ihr zu bewegen, wobei er ihren Blick für kein einziges Mal losließ. Irgendwann verzogen sich seine Lippen zu einem breiten Lächeln, er ließ die Hüften kreisen, bevor er sich wieder tief in ihr versenkte und ihr einen erneuten spitzen Aufschrei entlockte. Ihre Brustwarzen kribbelten und richteten sich auf, so steif und hart wie kleine Diamanten. Hätte sie den Atem dafür gehabt, hätte sie ihn angefleht, eine in den Mund zu nehmen und sie sanft zu beißen. Sie schloss wieder die Augen, nahm dankbar zur Kenntnis, dass diesmal die Welt nicht innerhalb eines gigantischen Bebens schwankte, und gab sich ganz dem Gefühl hin, ihn in sich zu haben. Immer wieder zog er sich aus ihr zurück, um dann mit aller Macht abermals in ihre Enge hineinzustoßen. Ihre Finger verkrampften sich um seine, sie hörte, wie sein Atem sich beschleunigte und fühlte, dass ihr der Schweiß auf der Stirn ausbrach. April spürte den neuen Orgasmus kommen, merkte sogar, dass sie ihn herbei provozierte, indem sie Greg ihre Hüften entgegenhob, um somit zu erzwingen, dass seine Haut mit den feinen dunklen Härchen über ihren Kitzler streifte. Trotzdem war sie nicht sicher, ob sie die Kraft hatte, diese Emotionsüberflutung nochmals lebend zu überstehen. Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als er sich ruckartig besonders tief in sie eintauchte und damit die bereits gesenkten Barrieren endgültig beseitigte. Mit einer nie zuvor erlebten Wucht überrollte April der Höhepunkt, sie meinte, sich schreien zu hören, hätte aber nicht beschwören können, auch nur den Mund geöffnet zu haben. April schwanden sprichwörtlich die Sinne, und das Einzige, was sich in ihrem Kopf an zusammenhängenden Gedanken über diesen kleinen Tod retten konnte, war ein frenetisches Wow!
Greg erreichte kurz darauf seinen Orgasmus, doch von ihm war nichts zu vernehmen, nicht das kleinste Stöhnen erreichte Aprils Ohren. Sie riss die Augen auf und entdeckte staunend, dass er die Lippen fest aufeinandergepresst hielt, während er wieder und wieder in sie hineinstieß, als wolle er das unweigerliche Ende noch eine Weile hinauszögern. Als sie langsam in die Realität zurückfand, spürte sie, wie seine gewaltige Erektion in ihr zuckte, fest umschlossen von ihren Muskeln. Schließlich zog er sich aus ihr zurück und legte sich neben sie auf den Rücken, doch eine Hand schob sich unter ihr hindurch und umfasste ihre Schultern. Sein hektischer Atem war in der Dunkelheit zu vernehmen, ebenso wie ihrer und sonst nichts. Wieder konnte sie nur eines denken, es schien zum heutigen Leitspruch zu werden: Wow!
* * *
Erst geraume Zeit später regte Greg sich neben April. Sie war gerade dabei, wegzudämmern, hatte sich schon halb in die wohligen Arme des Schlafes begeben. Mit einem angenehmen Pochen im Unterleib und dem bisher nur sehr selten erlebten Gefühl, restlos befriedigt und bestmöglich aufgehoben zu sein. Sein herber Duft in ihrer Nase sorgte dafür, dass sie sich endlos geborgen und zu Hause fühlte.
»Hast du Durst?«
Nein!, wollte sie sagen. Lass mich schlafen, lass mich träumen, lass mich … vergessen. Doch dann fiel ihr ein, dass ihre Zeit mit diesem Mann limitiert war und es daher an Dämlichkeit grenzen würde, wenn sie auch nur eine Sekunde davon verschenkte. Sie war jung, Schlaf eine total überbewertete Geschichte, besonders in dieser Stadt. Und so riss sie mit einiger Mühe die Augen wieder auf. Er betrachtete sie lächelnd, was ihr einen angenehmen Schauer über den Rücken jagte. »Also ja?«
April räusperte sich. »Ja«, brachte sie schließlich hervor.
»Sie hat tatsächlich eine Meinung. Das ist doch positiv!« Damit stand er auf und ging zur Bar. Hingerissen betrachtete sie ihn. Nackt wirkte er wie gemeißelt. Was sich unter Hemd und Hose so gut abgezeichnet und was sie mit Händen und Lippen bereits erfühlt hatte, bewies sich jetzt als restlos wahr. Er besaß eine Traumfigur. Mit muskulösen Armen und Schultern, einer schlanken Taille und nicht zu schmalen, aber keineswegs breiten Hüften. Sein Hintern war ein Gedicht aus Muskeln und durchtrainiertem Fleisch. Er wirkte so einladend, dass sie am liebsten aus dem Bett gehüpft und ihn berührt hätte. Verlangend streckte sie eine Hand nach ihm aus, zog sie aber schnell zurück, als er sich unvermutet zu ihr umwandte. Nun mit einer Flasche Sekt und zwei Gläsern bewaffnet. Oh! Das hatte sie nicht unbedingt gemeint, als sie ihre Antwort gegeben hatte. Eher hatte sie an reines Wasser gedacht, denn sie war bereits betrunken genug. Noch mehr Alkohol war garantiert nicht ratsam. Doch als sie sein schmales Lächeln sah, unterdrückte April jeden Protest und beobachtete schweigend, wie er gekonnt die Flasche entkorkte und das Sprudelzeug dann in die beiden Gläser einschenkte. Eines davon reichte er ihr. Sie richtete sich eilig auf und nahm es entgegen. Dann setzte er sich neben sie und war damit so nah, dass sich ihre Arme berührten. Allein das erzeugte die nächste wohlige Gänsehaut und sie spürte das Verlangen abermals in sich aufflammen. Das war neu, sonst genügte ihr einmal Sex.
In der Woche.
»Auf uns«, sagte er und stieß sein Glas flüchtig an ihres. Hingerissen beobachtete sie, wie er das Glas an die sinnlichen Lippen führte, die noch vor Kurzem ihre intimste Stelle verwöhnt hatten. Sein volles – wie sie jetzt wusste – sehr seidiges Haar trug diesen gewissen After-Sex-Look, mit dem er tatsächlich wie ein verdammter Sexgott wirkte. Entweder, er besuchte häufig das Solarium oder er hatte unlängst einen Karibikurlaub verlebt, denn seine Haut war gleichmäßig gebräunt, und zwar an allen Stellen. »Was ist?«, erkundigte er sich, nachdem er geschluckt hatte.
April erwachte wie aus tiefen Träumen. »Nichts!«, sagte sie eilig und nahm einen großen Schluck von ihrem Champagner, obwohl sie doch eigentlich nichts mehr hatte trinken wollen.
Er ließ sie nicht aus den Augen, während sie langsam ihre Gläser leerten, und April fühlte sich mit jeder Sekunde etwas eingeschüchterter. Soeben war ihr Blick auf seine Unterarme gefallen und sie hatte beklommen festgestellt, dass auch diese perfekt modelliert waren. Muskulös, offensichtlich stark, nicht übermäßig behaart. Die Hände wirkten schlank und in ihrer Schönheit fast feminin. Die Finger waren so ebenmäßig und makellos geformt, dass ihr wieder die Frage in den Sinn kam, ob der Typ vielleicht gemeißelt worden war. Und einer davon war vor nicht allzu langer Zeit in ihr gewesen.
Mist!
»Du warst wirklich gut«, sagte er und stellte das Glas auf den Nachttisch, bevor er auch ihres abnahm und mit ihm gleichsam verfuhr. Dann rückte er an sie heran und hob mit einem Finger ihr Kinn, sodass sich ihre Blicke begegneten. »Das sage ich nicht nur so dahin. Du bist eine echte Überraschung. Wenn man dich so sieht, würde man nie vermuten, was in dir steckt. Obwohl ich schon eine bestimmte Ahnung hatte. Stille Wasser sind bekanntlich tief.« Seine offenkundige Bewunderung wirkte derart entwaffnend, dass April lachen musste. Es wischte die Beklommenheit, die sich ihrer vorübergehend bemächtigt hatte, davon und gestattete ihr, sich wieder frei und ungezwungen zu fühlen. Möglich war natürlich auch, dass der Champagner daran Schuld war.
»Ich habe dich echt verblüfft, ja?«
Dass sie sprach, schien ihn flüchtig zu verwirren, doch dann nickte er. »Etwas. Aber wie gesagt, ich hatte eine gewisse Ahnung.«
»Und warum?«
Er zuckte mit den Schultern, sein Blick verließ für keine Sekunde ihr Gesicht. »Das Ganze konnte natürlich aufgesetzt sein, besonders, wenn man beobachtet hat, wie deine Freundin so drauf ist. Aber von Mädchen wie dir ist man so etwas nicht gewöhnt.«
»Mädchen wie ich? So, so.« Ein Grinsen verlangte danach, auf ihren Lippen zu erblühen, doch April zwang es mit aller Macht zurück. Schließlich hatte er sie gerade beleidigt, oder so ähnlich.
Greg zuckte mit den Schultern. »Ja. Soweit ich weiß ist der Typ Jeans und Lederjacke eher dem Sex abgeneigt.«
»Hey! Ich war nie dem Sex abgeneigt! Es ist ziemlich oberflächlich, von den Klamotten auf den Menschen zu schließen.«
»Bewahrheitet sich aber in den allermeisten Fällen, vertrau mir.« Seine Lippen zuckten und er ließ den Blick flüchtig über ihre nackten Brüste gleiten, bevor er sich wieder auf ihr Gesicht konzentrierte. »Wir brauchen das nicht zu diskutieren, es ist egal, denn inzwischen kennen wir ja die Wahrheit, und ich streite nicht gern. Viel lieber habe ich meine Ruhe. Geht es dir ähnlich?«
April nickte, ohne die Frage genauer zu hinterfragen. Niemand stritt gern und wenn es sich vermeiden ließ.
Sein Lächeln wurde breiter und damit so umwerfend, dass April sich unwillkürlich über die Lippen leckte, was ihm sichtlich gefiel. »Perfekt«, murmelte er. »Ich bin noch bis übermorgen in der Stadt. Wie lange hast du deine Zelte hier aufgeschlagen?«
»Ich hab …«, begann sie, als ihr siedend heiß Helen einfiel, die keine Ahnung hatte, wo sie abgeblieben war. Doch dann dachte sie daran, dass ihre Freundin sie einfach in einer fremden Stadt schutzlos zurückgelassen hatte und nicht mal so viel Anstand besessen hatte, sich zu verabschieden. Das tat sie immer. Sobald Helen in den Sexmodus schaltete, vergaß sie alle Regeln für einen komplikationslosen Umgang mit der besten Freundin. Es war höchste Zeit, sich mal zu rächen. Wie viel Urlaub hatte sie noch? Sechs Tage oder fünf – egal, es genügte auf jeden Fall. Unbemerkt hatte sich ein leichtes Kribbeln in ihrem Bauch eingestellt.
»Auch so lange«, wisperte sie erstickt und der nächste wohlige Schauer überzog sie, als sie meinte, ein leichtes Aufatmen bei ihm zu hören.
»Wie wäre es …«, begann er, stoppte aber, um die Decke, mit der sie zumindest den unteren Teil ihres Körpers bedeckt hatte, zurückzuschieben, sodass sie nackt vor ihm lag. Langsam ließ er einen Finger an ihr hinabgleiten, neckte ihre aufgerichteten Spitzen und wanderte dann zu ihrem Schoß.
April schloss hilflos die Augen, spürte, dass sie bereits wieder feucht wurde, nur weil er sich in die Nähe ihres Lustzentrums bewegt hatte. Sie war schon von seiner süßen Folter geschwollen und wund, aber unwillkürlich spreizte sie die Beine und hörte sein kehliges Lachen. »Heißt das ja?«
Sie hatte sich auf die Unterarme aufgestützt und warf den Kopf zurück, als sie den Finger an ihrer Feuchtigkeit spürte, auf direktem Weg zu ihrer Klitoris. Verzweifelt biss sie sich auf die Lippen und unterdrückte ein Stöhnen.
»June?«
April zuckte leicht zusammen. Was? Sie riss die Augen auf. Er hatte sich über sie gebeugt, war gerade im Begriff, seine Lippen dort zum Einsatz zu bringen, wo momentan nur seine Finger agierten. »Ich heiße nicht June!« Es kam viel empörter, als sie sich fühlte. Momentan befand sich doch alles in dieser seltsamen, realitätsfernen Sphäre, dass selbst der falsche Name nicht unbedingt von hochgradiger Bedeutung war.
Greg war offensichtlich Bestandteil dieses Paralleluniversums, denn er wirkte keineswegs alarmiert, eher entnervt, weil er gestört worden war. »Ach nein? Wie dann?« Sein Finger stand dabei für keinen Moment still. Er massierte ihre Klitoris mit einer Trägheit, als hätte er alle Zeit der Welt, und drang dann sanft in sie ein.
»April!«, stieß sie hervor.
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Wusste ich’s doch, dass es irgendein Monat war. Ich bin so betrunken, dass ich nicht mal meinen eigenen Namen kenne. Sorry dafür.«
Er war betrunken? Ja, sie hatte gesehen, wie er den Scotch in sich hineingekippt hatte. Dann der Schampus – das war in der Summe eine ganze Menge Alkohol gewesen, und er war nicht nüchtern gewesen, als er das B 52’s betreten hatte. Aber nichts an ihm ließ auf eine Volltrunkenheit schließen. Er lallte nicht, er schwankte nicht, seine Bewegungen waren koordiniert – April stöhnte, als er einen zweiten Finger zur Unterstützung hinzunahm – und wie koordiniert. Sie war betrunken, klar, aber er?
»Sorry«, wisperte er noch einmal, und das Letzte, was April sah, bevor sie abermals die Augen schloss, war, wie er den Kopf senkte. Dann spürte sie seine Lippen und vergaß, wo sie war, wer er war und ob sie nun June oder April hieß …