55. Kapitel
April
»Gott, ich beneide dich so sehr!«
April betrachtete ihre Freundin mit einer zweifelnd erhobenen Augenbraue, wischte sich dann sorgsam mit einem Kleenex über das Gesicht, um die Milchreste zu entfernen. June hatte sie nach erfolgreichem Rülpser, den man bei einem Säugling liebevoll, aber total unangebracht ›Bäuerchen‹ nennt, abgesondert. Dann hob sie ihre Tochter in die Arme. Übrigens hätte sie geschworen, dass dieses kleine Monster, das ihrem Treiben bisher aus der Babywippe beigewohnt hatte, extrem triumphierend aussah.
»Ich lege sie mal hin«, verkündete sie, klang dabei aber keineswegs sehr hoffnungsvoll. June war jetzt drei Monate alt, und seit zwei Monaten und drei Wochen nicht mehr bereit, freiwillig zu schlafen. Schon gar nicht allein. Und ganz bestimmt nicht tagsüber. Okay, nachts auch nicht. Eigentlich niemals, wenn es angebracht war. Beim Autofahren, oh ja, da schlief sie sofort. Oder wenn April immer und immer wieder mit dem Kinderwagen das relativ kleine Grundstück vermaß, auf dem ihr hübsches Haus stand. Dann schlief June auch. Sehr gern schloss sie die Augen, wenn April sie auf dem Arm hatte. Nur eben leider niemals, wenn sie es sollte.
Daher stolperte die junge Mutter eher die Treppe zum Baby-Schlafzimmer hinauf, als dass sie lief. Zu erschöpft, um noch halbwegs geradlinig zu gehen. Sie liebte die Kleine abgöttisch und wollte sich keinen Tag mehr ohne sie vorstellen. Aber verdammt, sie hätte einfach mal gern geschlafen. Drei Stunden am Stück, ohne Unterbrechung durch lautstarkes Babygeschrei.
Junes Zimmer war bereits durch die Jalousien abgedunkelt. April versuchte im Grunde unentwegt, ihre Tochter zum Schlafen zu bringen. Das Baby gab keinen Ton von sich, als seine Mutter es sanft auf das Laken in der Wiege bettete. Auch ließ sie nicht das geringste Geräusch verlauten, als April die kleine Spieluhr aufzog, die zum Einschlummern Mozarts Kleine Nachtmusik
dudelte. In der Theorie jedenfalls sollte es beim Schlafen helfen, June schien nur leider resistent gegen derartige Taktiken. Dann strich sie liebevoll über die zarte Babywange, küsste sie kurz und wisperte ein: »Schlaf, Baby, schlaf«, bevor sie sich wie ein Dieb rückwärts aus dem Raum tastete.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie die Tür schloss und die Stirn im stummen Gebet daran lehnte.
Bitte, schlafe. Bitte, bitte, bitte. Ein paar Stunden, ach verdammt, eine halbe Stunde. Lass mich Luft holen, lass mich zu mir kommen, gib mir die Chance, mich daran zu erinnern, wer ich bin.
Bitte.
Oh, April wusste, wie jämmerlich sie klang und dass sie sich kindisch benahm und theatralisch und … nun ja, auch undankbar. Wo sie im Grunde doch alles hatte, was es benötigte, um wirklich glücklich sein zu dürfen. Doch momentan war sie so erschöpft, so am
Boden zerstört, dass sie nicht anders konnte.
Als sie June hinter dem Holz glucksen hörte, brannten ihre Augen vor Enttäuschung, doch das Geschrei, das üblicherweise als Nächstes folgte, blieb aus. Es gluckste noch einmal, fast klang es wie ein kleines Lachen, aber June weinte nicht.
Wie vom Donner gerührt zog April den Kopf zurück und betrachtete die in jungfräulichem Weiß gehaltene Tür.
Das war ihre Chance!
Ihr blieben circa drei Minuten, vielleicht fünf – möglicherweise sogar zehn.
Gott, was konnte man alles in diesem Zeitraum anstellen? Duschen? Das Haar waschen? SCHMINKEN!
Ahhh, scheiß auf Make-up!
SCHLAFEN!
YEAH!
Einen Wimpernschlag später stürzte sie die Treppe hinab, das verräterische, hoch erfreute und so müde Herz führte in ihrer Brust einen afrikanischen Trommelwirbel auf, doch als sie die Couch ansteuerte, sah sie …
Helen.
Mist, die hatte sie ganz vergessen!
Ihre Freundin, die offenbar nicht die geringste Ahnung von Aprils womöglich einmaliger Chance auf etwas Schlaf hatte, deutete grinsend auf den Empfänger des Babyphones, der standardgemäß auf dem Couchtisch stand. »Sie scheint sich eine Geschichte zu erzählen. Das ist so putzig.«
»Ja.« April befahl ihren Tränen barsch, sich gefälligst im Hintergrund zu halten, als sie sich auf den Sessel fallen ließ. Die Beine über eine der Lehnen geworfen, den Kopf in den Nacken gelegt, die verräterischen Augen geschlossen, die immer noch überzulaufen drohten.
»Was hast du?«
»Ich?« April betrachtete ihre Freundin müde. »Was wohl? Ich hab so verdammt viel Glück, wie du eben festgestellt hast, dass mir permanent die Tränen der Rührung in die Augen schießen und meine Beine vor lauter Freude dauerwackelig sind.«
»Von Glück war keine Rede. Ich sagte nur, dass ich dich beneide«, wurde sie sanft korrigiert.
»Das ist doch vom Sinn her dasselbe!«, widersprach April, doch im Grunde war sie selbst zum Diskutieren viel zu müde. Manchmal und auch nur ganz heimlich, wünschte sie sich die Zeit zurück, in der sie nicht ständig müde und ausgelaugt gewesen und sich wie die Karikatur einer Frau vorgekommen war. Wie lange lag das zurück? Es fühlte sich wie ein ganzes Leben an.
»Warum stellt er keine Nanny ein?«
Der Angriff kam so unerwartet, dass April von ihm schlicht überrollt wurde. Sie richtete sich auf, für einen kurzen Moment war selbst die Erschöpfung verschwunden. »Das wollte er! Aber ich hab es abgelehnt. Übrigens: Wenn ich eine Nanny wollte, würde ich sie mir nehmen, egal, was er sagt. Aber ich traue keinen Fremden, und außerdem will ich keine von diesen langweiligen Tussis werden, nichts für ungut.«
»Na ja …« Helen spitzte die Lippen. »Sei mir nicht böse, aber das bist du schon längst. Den Zug hast du ve
rpasst.«
»Ach so? Also unter Langeweile stelle ich mir was anderes vor«, retournierte April trocken, zu müde, um laut und voller Spott zu lachen, was im Grunde angebracht gewesen wäre.
»Langeweile in anderer Form, aber trotzdem Langeweile«, sagte Helen auf ihre belehrende Art, die April immer den Eindruck vermittelte, die hochgewachsene Blondine mit den Modelmaßen wäre ihre Mutter. »Wann warst du das letzte Mal aus?«
April gähnte herzhaft und renkte sich dabei fast den Unterkiefer aus. »Keine Ahnung.«
»Aber ich hab eine!«, erwiderte Helen triumphierend. »Das war vor Junes Geburt. Lange
davor, weil du in den letzten Wochen ja kaum noch laufen konntest.«
»Scheiße! Erinnere mich bloß nicht daran!«, sagte April stöhnend und verdrehte entnervt die Augen. Es war eine verdammt anstrengende Zeit gewesen, den riesigen Bauch auf Beinen durch die Gegend zu tragen, die durch abgelagertes Wasser so angeschwollen waren, dass ihr kein Schuh mehr passen wollte.
»Egal, auf jeden Fall ist es ziemlich lange her«, betonte Helen in ihrer unbarmherzigen Art. »War es das, was du dir für deine Zukunft vorgestellt hast?«
Langsam wurde April wütend. »Meine Tochter ist drei Monate alt. Zeig mir die Eltern, die zu diesem Zeitpunkt regelmäßig einen draufmachen oder auch nur mit der Gesamtsituation zufrieden sind, verdammt!«
»Du sagst es: die
Eltern«, erwiderte Helen ungerührt. Dann sah sie sich aufgesetzt suchend in dem schönen, nicht zu großen, ganz in hellen Tönen gehaltenen Wohnzimmer um. »Wo ist eigentlich der Erzeuger der süßen Tochter?«
»Das weißt du! Derzeit in Brüssel.«
»Ahhhh, ich dachte, es wäre Bern gewesen.«
»Das war letzte …« April unterbrach sich und studierte aufmerksam das Gesicht ihrer Freundin. »Das wusstest du natürlich, richtig? Du willst die liebe April nur ein bisschen verscheißern, damit die sich noch mieser fühlt als sowieso schon, ja?«
Letzteres überging Helen. »Sicher hab ich das gewusst, Alzheimer habe ich nicht. Ich hatte dir gesagt, dass ich den Kerl im Auge behalten werde.« Helen genehmigte sich einen Schluck von ihrem Cappuccino, nahm über den Tassenrand aber nicht den Blick von April und fuhr fort, sobald das Getränk ihre Kehle passiert hatte. »Wenn ich mich richtig entsinne, wollte er bei dir bleiben, nur in der Stadt bei seinem aufgeblasenen Halsabschneider-Konzern arbeiten, jedenfalls für den Anfang, war doch so, oder? Also schlag mich, aber der Anfang war ziemlich kurz.«
»Das weiß ich.«
»Und? Wie lautet seine Entschuldigung?«
Tja, wie lautete Greg’s Entschuldigung? April seufzte, denn es hatte faktisch keine gegeben, so wie sich ihr Ehemann niemals für irgendetwas entschuldigte. Es musste nun mal getan werden, was getan werden musste, und wer sich entschuldigte, hatte schon verloren. Allem voran natürlich seine Würde und
seinen Schwanz – seine Worte, nicht ihre.
Wenn sie es richtig verstanden hatte, war es Greg gelungen, die Basics der inneren Abläufe in der Führungsetage dieses internationalen Geldsargs – dem sein Onkel, der gefürchtete William McCarthy, vorstand – innerhalb weniger Wochen zu verinnerlichen. Und so war der Zeitpunkt, an dem Greg anfing, den Global Player zu spielen, eben früher als erwartet eingetreten. Er hatte sie nicht um Erlaubnis gefragt – so wie er das niemals tat –, allerdings hatte er April die Wahl gelassen, ihn zu begleiten. Doch die Aussicht darauf, mit ihrem ohnehin schon hypernervösen Säugling die Welt in einem Flieger zu vermessen
und ansonsten ständig in irgendwelchen fremden Hotelzimmern in fremden Städten zu hocken, wartend darauf, dass Greg vielleicht mal ein paar Stunden für sie erübrigen könnte, war geradezu gruselig gewesen. Nein! Sie würde ganz bestimmt nicht das dümmliche Frauchen an seiner Seite geben, das mit dem Kindchen im Hotel saß, während der geliebte Gatte die Weltherrschaft an sich riss, indem er auf die ganz große Jagd ging.
April liebte Greg sehr, doch sie war keineswegs bereit, sich selbst aufzugeben.
Und so war sie zurückgeblieben. Allein in diesem riesigen, aber nicht zu großen, wunderschönen Haus, mit ihrem ständig schreienden Baby, wartend auf ihn, der hin und wieder einmal vorbeikam. Etwas, das zuletzt vor zwei Wochen der Fall gewesen war, ohne Nennung eines nächsten Termins.
»Ich habe nicht den geringsten Schimmer«,
hatte er bei ihrem letzten Abschied gesagt und andächtig einen Kuss auf ihre Nasenspitze getupft. »William ist ein mieser, alter Sack, der sich eher eigenhändig töten würde, als mir die Möglichkeit einzuräumen, mal weiter als eine Woche zu planen. OHNE Wochenende«
, hatte er auf ihren kurzfristig hoffnungsvollen Blick hin grimmig erwidert. »Ohne, Baby! Lass den Kopf nicht hängen, es wird besser, das schwöre ich dir. Noch schleift er mich, das ist am Anfang immer so. Ich schätze, er macht sich einen Spaß daraus, mich von dir fernzuhalten, weil er weiß, wie gern ich genau hier wäre … Okay, und hier.«
Beim ersten ›hier‹ hatte er einen Zeigefinger auf ihre Lippen gelegt, beim zweiten rasch und grinsend zwischen ihre Beine gegriffen. Und April hatte zurückgegrinst, sogar ein wenig die Hüften kreisen lassen und so getan, als würde sie gute Miene zum perfiden Spiel machen.
»Das ist nur der Anfang«,
hatte er wiederholt, als sie nebeneinander im Bett lagen. Noch immer außer Atem, die Haut von Schweiß überzogen, die Knochen nach einem gigantischen Orgasmus summend, die Herzen im gleichen Takt schlagend, erfüllt von dieser unendlich befriedigten Erschöpfung, die man nur nach besonders gutem Sex empfinden kann. »Sobald ich einmal in jeder Filiale gewesen bin, wird es ruhiger. Außerdem bleibt June ja nicht immer so klein.«
Nein, das würde sie natürlich nicht, doch April gab sich keinen Illusionen hin: Ihre Tochter würde zwar größer werden, deshalb aber auch bald in die Vorschule kommen, womit sie wieder abhängig sein würden. Über viele Jahre, denn ein Internat kam für Greg und sie nicht infrage. Niemals! Weshalb nicht von der Hand zu weisen war, dass sie für sehr, sehr lange Zeit eine Fernbeziehung führen würden.
Fand sie das schön?
NEIN!
Machte sie Greg daraus einen Vorwurf?
NEIN!
War sie trotzdem traurig?
Oh ja!
Sie hätte es Helen gegenüber niemals zugegeben, aber ihr fehlte Greg und das nicht nur nachts im Bett, wenn sie mit June im Arm versuchte, wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu tanken. Er fehlte in jeder Sekunde des Tages; wenn June lachte, und sie ihn nicht daran teilhaben lassen konnte, wenn sie wieder einmal in Tränen auszubrechen drohte, weil sie unendlich müde war und sich als Mutter so unendlich inkompetent fühlte. Ihr fehlten sein Zuspruch, seine Wärme und sein Anblick, der immer so vieles wieder gut gemacht hatte,
ohne dass ein einziges Wort gefallen war. Morgens, wenn seine Haare vom Schlaf so zerzaust waren, dass ihm stets dieser gewisse After-Sex-Look anhing, auch wenn sie gar keinen gehabt hatten. Seine muskulöse Brust, die sich zusätzlich anspannte, wenn sie mit den Fingern über die seidige Haut fuhr. Die sehnigen, braun gebrannten Arme, deren Muskeln bei jeder Bewegung spielten; die schmalen und dennoch sinnlichen Lippen, diese berühmt/berüchtigten Kiefermuskeln, die unheilverkündend unter der Haut pochten, wenn er sich mal wieder ärgerte. Vorzugsweise über April. Diese blitzenden Augen, die beim Sex noch etwas dunkler wurden, wann immer er so tief wie möglich in sie hineinstieß. Sie wollte mit ihm zusammensein wie vor der Geburt des Babys. April wollte, dass er an jedem Abend heimkam, dass sie gemeinsam die Nächte verbrachten, dass ihre Finger wieder durch sein dichtes Haar wandern konnten, dass er ihr tief in die Augen sah und ihr dann gestand, wie sehr er sie liebte. Auch jetzt, wo sie noch immer nicht die letzten Kilos der vergangenen Schwangerschaft abtrainiert hatte, weil die Chips, bei Frust in sich reingestopft, sogar doppelt so gut schmeckten. Auch jetzt, wo ihre Brüste merklich schlaffer geworden waren und ihren Bauch ein paar sehr unschöne Dehnungsstreifen verunzierten. April wollte, dass er bei ihr war, wie es seine verdammte Aufgabe war, die er spätestens bei seinem »Ja, ich will!« vor Gott und der Welt übernommen hatte. Und dass er es eben nicht war und nicht tat, was er vor Gott und der Welt versprochen hatte, schmerzte. Es schmerzte sehr, in Wahrheit so entsetzlich, wie sie sich nur sehr, sehr selten selbst eingestand und ganz bestimmt niemand anderem – auch nicht Greg. Denn in den langen, einsamen Nächten, in denen sie schlaflos mit ihrer Tochter im Arm durch die leblosen Gänge dieses Hauses tigerte, das für sie drei
und nicht nur für zwei konzipiert worden war, da blieben auch die Zweifel nicht aus. Zweifel an seiner Liebe zu ihr – Greg hatte es ihr seit Ewigkeiten nicht mehr gesagt. Zweifel an seiner Treue – und damit meinte sie nicht nur die körperliche, auch wenn der Gedanke von ihrem Ehemann mit einer anderen, sexy, unter seinen Liebkosungen stöhnenden und sich windenden Frau im Bett, die blutigsten Mordgelüste in ihr erwachen ließen.
April fühlte sich alleingelassen und zweifelte ihre Entscheidung an, bei diesem Mann geblieben zu sein. Bei einem Mann, den sie zwar über alles liebte, der nur leider nicht zuließ, ihm diese Liebe auch zu zeigen und nicht zuletzt zu schenken. Dass sie, gerade weil
sie ihn so sehr vergötterte, niemals eine Wahl gehabt hatte, vergaß April in solchen Momenten.
Sie hatte sich an einen Mann gebunden, den sie nicht gut genug kannte, um einen solchen Schritt zu wagen. Von ihrem sonnigen, rosa, pinkfarbenen, klebrigen Candy-Märchenschloss war jedenfalls so gut wie nichts übrig geblieben. Und mit jedem neuen Tag, an dem er nicht da und sie zwangsläufig allein war, starb ein wenig mehr von ihrer Zuversicht und all den kleinen, süßen Träumen, die sie sich über die Hochzeit hinweg bewahrt hatte. Der Zeitpunkt, an dem nichts mehr da sein würde, war nicht mehr weit, und sie vergaß für keine Sekunde, dass es nie zu spät war, einen begangenen Fehler zu bereinigen. Entscheidungen konnten rückgängig gemacht werden.
Fast jede!
Dass Helen gerade jetzt, wo April mental total am Boden lag, noch das Messer in der tiefen Wunde herumdrehen musste, empfand sie als rücksichtslos und ziemlich unfair.
»Es wird besser werden«, sagte sie und verlieh ihrer Stimme so viel Festigkeit, wie sie aufbringen konnte. »June ist kein einfaches Baby, auch wenn du mich um sie beneidest. Sie
kostet viel Kraft, ich kann Greg nicht mit ihr begleiten. Deshalb haben wir uns für diesen Weg entschieden, es ist ja nicht so, dass wir nicht miteinander sprechen und ich nicht mitentscheiden könnte.« Das war eine Lüge. »Greg ist über die Situation auch nicht glücklich!« Das sagte er zwar hin und wieder, aber April war sich schon lange nicht mehr sicher, ob es auch stimmte. »Mein Kind wird mit keiner Nanny aufwachsen, das stand von Anfang an für mich fest. Greg’s Meinung war da wirklich nur von untergeordneter Wichtigkeit. Und June wird auch nicht ewig ein Baby bleiben. So lange ist es eben schwierig. Ich habe mit Berta Hilfe im Haus, das reicht. Und was das Ausgehen betrifft …« Fahrig strich sie sich mit beiden Händen über das – wie sie sehr genau wusste – viel zu blasse Gesicht, berührte das ungeschnittene, neuerdings häufig leicht strohige Haar, weil sie nie Zeit für den Conditioner fand, und versuchte sich dann in einem Lächeln, mit dem sie ihre Freundin bedachte.
»Ganz ehrlich, ich bin so verdammt müde, dass mich keine zehn Pferde in eine Bar bekommen würden. Das Einzige, was ich momentan wirklich, wirklich, wirklich
will, ist …«