78. Kapitel
April
April hätte froh sein müssen, endlich ins Hotel fahren und diesen widerlichen Abend hinter sich lassen zu können. Doch sobald sie an die kühle Abendluft traten, lichtete sich ihr Geist ein wenig, was aber leider nicht für eine umfassende Amnesie sorgte. Und so fühlte sie leichte Beklemmungen, als sie nebeneinander in die Limousine einstiegen, die Joe kurz darauf in Richtung Hotel lenkte.
Sie wagte es nicht, Greg anzusehen, der sich mit leichter Distanz neben sie gesetzt hatte. Sollte heißen, diesmal berührte er nicht mit seinem ihr Bein, und auch sein Arm war nicht um sie geschlungen. April riskierte einen raschen, hoffentlich keineswegs unterwürfigen Blick zu ihm, weil dazu nicht der geringste Grund bestand. Überraschenderweise fand sie keine Wut, eher wirkte er sehr in Gedanken verloren.
Sie blickte aus dem Fenster und sah wieder nichts außer unzählige Straßenlaternen an sich vorbeifliegen, die in ihr Übelkeit verursachten, weshalb sie sich irgendwann auf Joes Hinterkopf einpegelte. Das war beruhigender. Für den Rest des Weges zum Hotel versuchte sie, sich für die kommende Schlacht zu wappnen.
Schweigend stiegen sie aus, schweigend gingen sie, flankiert vom immer wachsamen Joe, der auch jetzt noch hellwach und relaxt wirkte, zu dem VIP-Aufzug, wo er sich zu Aprils Bedauern verabschiedete. Mist, sie war sicher, demnächst einen fähigen Bodyguard gebrauchen zu können.
Mit einer Hand auf ihrem Rücken geleitete Greg sie in den Aufzug, ließ aber den Arm sinken, sobald sie die Kabine betreten hatten. Auch während der Fahrt nach oben sagte er kein Wort, was sich auf dem Flur zu ihrer Suite fortsetzte.
Langsam war April ein wenig seltsam zumute. Das war nicht der Greg, den sie zu kennen glaubte und der immer und jede Situation, in der sie allein waren, augenblicklich für eine Grundsatzdiskussion nutzte. Besonders nach einem Abend wie diesem.
Dass er auch im Innern der Suite nichts von sich gab, nicht der kleinste Vorwurf seine Lippen verließ, gab ihr echt zu denken. Er nahm keinen Anlauf, um sie nach allen Regeln wegen ihres unglaublichen Benehmens zusammenzustauchen. Auch fiel er nicht über sie her, sobald die Tür geschlossen war, um ihr das 2500-Dollar-Kleid vom Leib zu reißen, das Höschen folgen zu lassen und seinen harten Schwanz in sie hinein zu rammen. Ohne Rücksicht auf Verluste, weil sie schließlich gar kein artiges Mädchen gewesen war. Nichts davon geschah. All ihren unausgesprochenen Drohungen zum Trotz hatte April auf Letzteres gehofft. Aber es lief ja selten im Leben so, wie man es sich wünschte … Mist!
Greg kickte im Gehen seine Schuhe aus, ging ohne Pause in das Wohnzimmer der geräumigen Suite und dort an die Bar. Er schenkte sich einen großzügen Whisky ein und sah über die Schulter zu ihr. »Willst du auch was?«
»Ein Wasser?« Als sie sein Schmunzeln sah, sank Aprils Beklommenheit ein wenig. »Ich hatte heute schon genug Wein,
danke.«
»Also ein Wasser«, murmelte er und schenkte ihr das Gewünschte ein, bevor er mit beidem beladen zu ihr trat. Sie hatte sich inzwischen auf einem der Sessel niedergelassen, die Schuhe ausgezogen und massierte ihre schmerzenden Füße. Ehrlich, sie wusste schon, weshalb sie Boots, maximal Chucks bevorzugte. In diesen Fallen von Schuhen länger als fünf Meter zu laufen war blanke Folter. Und länger als zwei Stunden erst recht.
Als Greg das Glas vor ihr abstellte, musterte sie ihn argwöhnisch, doch er wich ihrem Blick aus, setzte sich in den anderen Sessel, der rund eineinhalb Meter von ihr entfernt stand, lockerte seine Krawatte und hob seinen Whisky. »Auf diesen wunderbaren, ereignisreichen Abend.«
Okay, das klang schon eher nach Greg.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, nahm sie einen winzigen Schluck von ihrem Wasser, während er fast sein gesamtes Glas leerte.
April seufzte. »Hör zu, ich weiß, dass ich …«
Seine erhobene Hand stoppte sie. »Ich will keine Entschuldigung hören, denn … ich mache dir keinen Vorwurf. Du bist ihm auf den Leim gegangen, aber wie hättest du auch anders auf seine ewigen Provokationen reagieren sollen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Gelassen, weil ich von Anfang an wusste, dass er auf Teufel komm raus provozieren würde?«
Greg lachte. »Und in einer perfekten Welt wären BHs verboten und die Frauen würden nur noch in Spitzenhöschen umherlaufen. Obwohl …« Er kratzte sich am bereits wieder leicht stoppeligen Kinn und dachte nach. »Wäre möglich, dass ich dann nur noch selten Blut in meinem Gehirn …«
»Ist dir schon mal aufgefallen, dass du mich ständig behandelst, als wäre ich geistig nicht voll auf der Höhe?« April hatte nicht streiten wollen, aber das war, bevor er einen dieser widerlichen Machosprüche losgelassen hatte. Das käme diesem Chauvi gerade recht, wenn die Frauen auch noch ihre nackten Titten vor ihm schwenken würden. Ja, das käme ihm gerade recht! Schätzungsweise würde er nur noch sehr selten den Blick heben.
Verdutzt sah er sie an. »Ich kann dir mal wieder nicht ganz folgen, April!«, erwiderte er scharf.
»Ich kann dir mal wieder nicht ganz folgen, April!«, äffte sie ihn nach. »Komisch, ist mir schon häufig aufgefallen, das kannst du nämlich so gut wie nie. GREG.«
»Ich habe versucht, die etwas angespannte Situation mit einem leichten Spruch aufzulockern«, entgegnete er genervt. »Himmelherrgott noch mal!« Mit einem Schluck leerte er sein Glas und strebte sofort zur Bar, um sich einen nächsten Drink einzuschenken. Zu allem anderen, was April derzeit extrem an ihm ärgerte, kam auch noch hinzu, dass dieser Mann den Alkohol nach wie vor wie Wasser in sich hineinschüttete. Hatte er immer noch nicht bemerkt, dass er damit auch nichts änderte?
Sobald eingeschenkt war, wandte er sich wieder zu ihr um, der Gesichtsausdruck grimmig. »Ja, du hast es versaut, das ist die Wahrheit! Anstatt über seine dämlichen Sprüche erhaben zu sein, was ich jeden verdammten Tag zustande bringe, musstest du dich mal wieder aufführen, als wärest du bisher nur in Frittenlokale eingekehrt. Du hast ihn bestätigt, klar?« Damit ließ er sich in den Sessel fallen, nahm einen riesigen Schluck und als er wieder anhob, klang er völlig normal. »Wolltest du das hören?«
April starrte ihn an, mal wieder unfähig, sofort etwas zu sagen. Warum war sie nicht schlagfertiger, verdammte Scheiße? Dann stellte sie behutsam ihr Glas ab und
betrachtete ihn lange, bevor sie ihre Stimme erfolgreich wiedergefunden hatte. »Wenn ich mich recht erinnere, war sein erster Aufhänger das hier!« Damit deutete sie auf ihre Schulter. »Was allein du zu verantworten hast, oder hattest du sowieso vor, ihm den Zündstoff Freihaus zu liefern, damit er mich so richtig fertigmachen kann und nach Anlässen nicht lange suchen muss?«
Unwirsch fuhr Greg sich durch die Haare. »Das ist doch Bullshit!«
»Ach ist das so, ja?« April stand auf, plötzlich fand sie, viel zu nüchtern für diese verdammte Situation zu sein. Sie stürzte zur Bar, kippte sich jede Menge Gin in das nächstbeste Glas und nahm einen großen Schluck, bevor sie wieder zu ihm herumwirbelte.
»Es ist also totaler Bullshit, dass der Typ mich hinstellt, als wäre ich maximal drei und dabei in meiner Entwicklung zurückgeblieben? Das ist okay, ja?« Sie fasste sich an die Stirn. »Ach, ja, hatte ich ja fast vergessen, du hattest dazu ja nichts anzumerken, sondern hast lieber den Schwanz eingezogen.«
»Habe ich nicht.« Er schüttelte den Kopf und war dabei so bekotzt gelassen, dass April gleich noch ein bisschen saurer wurde. Wenn
sie wütend war, dann hatte er gefälligst auch zu toben. Oder in sich zu gehen, beschämt und verdammt demütig angesichts der Urgewalt, die sich vor ihm auftat! Aber er hatte nicht so verdammt überlegen zu tun. »Ich weiß nur, wann es Sinn ergibt, etwas zu sagen, und wann nicht. Du weißt das offensichtlich nicht.«
Langsam, wie ein wildes Tier, kurz bevor es aber so was von tödlich zuschnappte, pirschte April sich an ihn heran, ihr Glas dabei an den Lippen, damit er nicht sah, wie sehr sie bebten. »Ach nein?«, wisperte sie und kam erst direkt vor ihm zum Stehen. Er sah sie furchtlos an, was in ihren Augen bescheuert war, denn momentan wollte sie ihn wirklich und wahrhaftig killen. »Meinst du echt, ich hätte nicht bemerkt, was für eine miese Scheiße abläuft? Meinst du ehrlich, ich bin so bescheuert, wie er mich heute Abend hingestellt hat?«
»Davon war keine Rede«, sagte er, nachdem er in aller Gemütsruhe einen Schluck von seinem Drink genommen hatte. »Ich wollte eher zum Ausdruck bringen, dass du die hohe Kunst der Selbstdisziplin nicht beherrschst, was dich übrigens ehrt, denn genau das macht dich so unverwechselbar, einzigartig und originell.«
Sie ließ das Glas sinken und starrte ihn an. »Weil ich so witzig bin in meiner Gossenmentalität?«
»Nein, weil du unverbraucht genug bist, um dich noch zur Wehr zu setzen, auch wenn du deinem Gegner dabei in die Karten spielst. Jemand, der in dieser Disziplin bewandert ist, würde niemals angreifen. Du verstehst die Kunst des subtilen Krieges nicht, April, sondern gehst frontal auf dein Opfer los.« Er nahm einen nächsten Schluck. »Das wollte ich damit ausdrücken.«
Auf seine verdammt logische Art hatte er ihr mal wieder alle Munition geraubt, denn so sehr April es auch wollte, sie fand keinen Punkt, an dem sie hätte angreifen können.
Mit gesenktem Kopf schlich sie zurück zu ihrem Sessel und ließ sich ächzend hineinfallen, bevor sie einen Schluck von ihrem Gin nahm, der ihr auf einmal absolut nicht mehr schmeckte. Vielleicht, weil das Zeug pur war, möglicherweise aber auch, weil sie heute wahrlich schon genug Alkohol zu sich genommen hatte.
Irgendwann hob sie den Kopf. »Aber du hast mich hängenlassen, Greg. Du hast einfach geschwiegen, als dieser kleine Wichser sich über mich lustig gemacht hat. Und eines will ich dir auch noch sagen:« Sie hob einen Finger, der leider bebte, aber das war ihr egal. »Ich werde niemals akzeptieren, dass du nie zu Hause bist. Wenn die Frauen aus deinen Kreisen
so bescheuert sind, das zu tun oder es für eine Art Lifestyle halten, schön für sie, auf mich trifft das nicht zu. Dein Geld ist mir egal, was …« Verzweifelt hob sie beide Arme, vergaß dabei, dass sie das verdammte Glas noch in der Hand hielt, weshalb ein ordentlicher Schwall Gin auf den edlen Teppich schwappte.
»Scheiße!«, murmelte sie, nickte dann aber heftig. »Schön, dann hast du eben noch was für deine bescheuerte Liste über Aprils Unarten. Aber dir musste doch längst klar gewesen sein, dass ich nichts mit den über gelangweilten Tussis zu tun habe. Ich meine, du kannst doch nicht ehrlich der Ansicht gewesen sein, dass ich zu dieser abgefuckten Scheiße Ja und Amen sage, das kannst du doch nicht ehrlich gedacht haben!« Während ihrer Rede fuchtelte sie ungehalten mit ihrem Ginglas hin und her, weshalb noch mehr des durchsichtigen Zeugs auf dem Teppich landete. Greg entging kein – einziger – Tropfen. Inzwischen hatte er die Arme verschränkt, seine Miene war die übliche eisige Maske, was Aprils Wut weiter steigerte. Tatsächlich fühlte sie erste Tränen und das machte sie wiederum noch saurer, weil man alles, wirklich alles bei Greg tun konnte. Nur zu heulen, das war keine so gute Idee.
»Schön!«, schrie sie. »Ist eben der Teppich versaut, das bezahlst du aus der Portokasse, denn wir führen zwar keine echte Ehe, und sehen uns auch kaum und deine Familie hält mich für eine hohle Nuss, dein verdammter Onkel meint sogar, mich ungestraft fingern zu können, was übrigens sogar stimmt, aber finanziell ist alles in bester Ordnung. Nur ist das nicht meine Meinung, das ist nicht das, was ich denke. Das bin nicht ich!«
Damit waren ihre Energien allesamt verbraucht. Sie sank zurück, schloss die Augen, nahm noch einen Schluck von dem Gin, den sie in ihrem Glas belassen hatte – er schmeckte immer noch ekelhaft – schluckte und riss die Augen ruckartig wieder auf. Man sollte seinem Tod ja immer besser in die mörderische Pupille schauen. Natürlich hatte sie sich ausgeliefert. Im Grunde schon, seit sie früher an diesem Abend freiwillig die Suite verlassen hatte. Ab diesem Moment war alles schief gelaufen, was hatte schieflaufen können. Bill bildete dabei nur den absoluten Höhepunkt. Aber sie war nicht eingeknickt, sie war aufrecht geblieben und hatte sich den dämlichen Doktrinen nicht unterworfen. Aufrecht in den Tod, das war …
Als er sich bewegte zuckte sie zusammen und der unaufhörliche Strom an Gedanken kam jäh zum Stillstand. Ohne sie aus den Augen zu lassen, stand er auf, das Gesicht jene eiserne Maske, die sie zugleich liebte, als auch fürchtete, wenn nicht sogar hasste.
Alles zusammen. Alles auf einmal, das war ja das Verwirrende!
Langsam ging er auf sie zu, die Arme hatte er sinken lassen, und dabei bewegte er sich so geschmeidig, dass April wieder den Raubtiervergleich zog. Auch wenn sie ohne Neid einräumte, dass er umso vieles besser aussah, als sie in ihrer bescheuerten Darbietung vorhin.
Erst direkt vor ihrem Sessel machte er Halt und blickte aus halb geschlossenen Augen zu ihr hinab. Sie sah diese Kiefermuskeln unter der nicht mehr ganz so glatten Haut spielen, sah, dass seine Nasenflügel beim Atmen leicht bebten und dass seine Stirn von einigen Falten verunziert wurde. Der Duft seines Aftershaves stieg ihr in die Nase, was wie üblich nicht ohne Wirkung blieb, wenn er ihr so nah war. Wie sollte sie seiner überwältigenden Präsenz auch widerstehen, wo sie diese doch viel zu selten wahrnehmen konnte? Eine Immunisierung war da gar nicht möglich!
Er beugte sich so urplötzlich zu ihr hinunter, dass ihr der Atem stockte. Seine Hände legten sich beidseitig auf die breiten Sessellehnen, und dann war sein Gesicht ihrem so nah,
dass sie trocken schluckte. Seine Lippen berührten leicht ihren Mundwinkel, bevor sie zu ihrem Ohr wanderten und auf dem Weg eine hauchzarte, feurige Spur zogen. Beim Sprechen berührte er ihr Ohr, was einen Schauer nach dem nächsten durch ihren Körper jagte.
»Ich vermisse dich auch«, räumte er so samtweich, so dunkel, so unendlich sehnsüchtig ein, dass ihr fast die Tränen gekommen wären. Aber nur fast. »Du hast keine Vorstellung, wie sehr du mir fehlst. In jeder beschissenen Minute, die ich ohne dich sein muss. Ich mache dir keinen Vorwurf, verdammt, wie könnte ich?« Sie hörte seinen Atem, spürte, wie er ihr Ohrläppchen sanft zwischen seine Zähne nahm, während seine Hände an ihren Seiten hinauf wanderten, über ihre Brüste bis zu ihrem Hals, wo er ihren Kopf in beide Handflächen nahm. Dann erst sah er sie wieder an. »Lass uns nicht streiten. Bitte – nicht jetzt. Nicht heute Abend.«
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, ihr Herz schlug so heftig gegen ihren Brustkorb, dass es fast schmerzte. »Okay!«, wisperte sie rau, vollkommen hypnotisiert von ihm. »Okay!« Damit schlang sie die Arme um seinen Nacken, presste ihre Lippen auf seine und … merkte, wie verzweifelt sie ihn wirklich vermisste. Ihn jetzt so nah zu spüren, zu schmecken, zu atmen, das war Leben für sie. Ohne ihn war sie wie tot.
Greg empfand wohl genau dieselbe rasende Sehnsucht wie sie, denn als hätten sie sich abgesprochen, hob er sie mit einem Mal hoch und ließ sich selber auf dem Sessel nieder. Ohne einmal seine Lippen von ihren zu lösen.
Sie keuchte als sie mit gerafftem Rock rittlings auf ihm zum Sitzen kam und sich die harte Erregung in seiner Hose an ihre empfindliche Mitte drückte. Sie glühte. Sie brannte, sie brauchte mehr.
»Oh Gott!« Mit diesem, nicht mehr zu unterdrückenden Stöhnen fuhren ihre Hände herab, sie öffnete die Hose, während sie seinen Hals küsste. Keuchend ließ er den Kopf zurücksinken und schloss die Lider. Schon glitt sie mit der Hand durch den Schlitz, sie brauchte ihn mit einem Mal so dringend wie nie davor. Es war ihre Versicherung, dass alles irgendwie doch in Ordnung war, dass sie alles doch irgendwie schaffen könnten und sich liebten.
Sobald sie seine samtige Haut berührte, die Hand um seine steinharte Erregung schloss und ein paar Mal auf und ab rieb, stieß er heiser hervor: »April .. Fuck …« Und das fuhr geradewegs zwischen ihre Beine. Sie pochte förmlich und ein heftiges Ziehen brachte sie um den Verstand. Sie wollte, nein, sie brauchte
ihn in sich. JETZT.
Ohne weiter darüber nachzudenken gab sie ihrem Verlangen nach, ging etwas nach oben, schob einfach ihr Höschen zur Seite und ließ sich auf seiner bereiten, pulsierenden Männlichkeit nieder. Langsam … denn er war groß und sie nicht vorbereitet. Dabei stockte der Atem in ihrer Kehle, sie biss sich lustvoll auf die Unterlippe, während Greg seine Fingerspitzen in die Haut über ihren Hüften bohrte und sie brennend anstarrte …
»Was tust … du … mit mir?«, fragte er abgehackt, als er noch gar nicht richtig in ihr war und stieß mit einem Ruck nach oben, sodass er sie komplett ausfüllte. Ihr entwich ein leises Kreischen, sie krallte sich in seinen Nacken, als er wieder die Führung übernahm, ihr Becken in eisernem Griff und nach oben stieß.
Hart.
Und schnell.
Und verzweifelt
.
Heilige Scheiße!
April fühlte den Orgasmus bereits jetzt kommen, warf ihren Kopf zurück, passte sich seinem Takt an und stöhnte lauter – jedes Mal ein wenig mehr. Immer heftiger wurde der Strom in dem beide mitgerissen wurden, immer intensiver ihr Stöhnen, immer zitternder ihre Hände … und immer drängender ihre Bewegungen.
»Ich komme gleich und, verdammt, ich will, dass du mit mir kommst.« Als sie seine heisere, angespannte Stimme hörte, öffnete sie die Augen und sah ihn an, diesen wunderschönen Mann unter ihr – ihren Mann. Er starrte sie intensiv und finster an, in seinem Blick glühte die Leidenschaft, während er mit einer Hand ihren Nacken packte und sie zu sich zog. Er küsste sie auf eine Art, dass sich alles in ihrem Kopf – in dem die Dinge ohnehin schon rotierten – noch mehr drehte. Mit dem anderen Arm umschlang er ihre Hüfte, drückte sie fest auf seinen Schwanz, sodass er ganz tief in ihr war, sie in Besitz nahm und kein Blatt zwischen sie beide passte, dirigierte ihre Hüften leicht nach vorne und hinten. Genau das hatte sie gebraucht.
»Oh Fuck …«, keuchte er direkt an ihrem Mund, sein Atem brach sich schwer an ihren Lippen, als er fühlte, wie sie sich um ihn herum zusammen zog … und auch er konnte es nicht mehr aufhalten.
Sie explodierten.
Sie flogen.
Sie fielen.
Und brachen danach von Schweiß überströmt, absolut erschöpft, aber genauso befriedigt zusammen …
* * *
April glaubte schon, dass er eingeschlafen wäre, als seine Stimme in der Dunkelheit ertönte. Überraschenderweise klang er überhaupt nicht schläfrig. »Du musst dich bei Bill vorsehen, er spielt mit gezinkten Karten. Jede deiner Äußerungen landet sofort bei William und wird unter Garantie gegen dich verwendet.«
April richtete sich auf und versuchte, sein Gesicht auszumachen, konnte jedoch nur die Augen erkennen, die wieder diesen eigentümlichen Glanz aufwiesen. »Also soll ich aufgeben? Also soll ich so tun, als wäre alles in bester Ordnung?«
Er schwieg für eine lange Weile, bevor er seufzte. »Alles andere würde die Dinge nur dramatisieren. Begreifst du nicht? Du kannst nicht mit dem Kopf durch die Wand – er würde dich sofort stoppen und das so, dass du es niemals wieder vergisst. All das habe ich dir aber bereits lang und breit erklärt! Verdammt, du kannst doch nicht davon ausgehen, dass wir immer und immer wieder die gleichen Diskussionen führen. Es wird sich nichts ändern, nur weil du das so einfach beschlossen hast, kapier das endlich! So funktioniert das nicht! Im Übrigen halte ich auch seinen Vorschlag, dass du wieder vermehrt ausgehen sollst, für eine Falle. Er geht davon aus, dass du dich … nun, dass du in alte Verhaltensmuster zurückfällst, dass du dich vielleicht zu Dingen hinreißen lassen könntest, die nicht unbedingt zu einer Ehefrau passen. Gerade du bist diesbezüglich gefährdet, wenn du Alkohol getrunken hast. Wer wüsste das besser als ich? Ich rate dir, nicht mit Helen die Clubs unsicher zu machen.«
April, deren Körper noch immer von seinen Berührungen summte, von der ein Teil ihres Kopfes noch immer in seinen gemurmelten Zärtlichkeiten schwelgte und in dem Gefühl, die
Eine, die Einzige für ihn zu sein, fühlte sich, als hätte jemand ihren Schädel mit Anlauf gegen eine riesige Betonwand gerammt.
Nichts wollte ihr einfallen, obwohl die Wut – wieder frisch entfacht – in ihrem Bauch grummelte. Sie schnaufte fast, weil der gesamte Frust irgendwie rausmusste, und als sie endlich wieder wenigstens verbale Fetzen in ihrem Hirn lokalisieren konnte, hörte sie seinen gleichmäßigen Atem.
Fassungslos beugte sie sich vor. »Greg?«
Er reagierte nicht, egal wie laut sie rief, und so musste sie schließlich einsehen, dass dieser ignorante Penner einfach eingeschlafen war.
Mitten in einer Grundsatzdiskussion!
Wenn sie sich bisher noch gefragt hatte, wie viel sie ihm wert war und wo genau sie auf seiner ganz eigenen Prioritätenliste kam – nun, diese Frage war hiermit wohl beantwortet. Auf jeden Fall nach seinem Schlafbedürfnis.
Außer sich vor Wut zog sie ins Wohnzimmer um und schaltete den Fernseher ein. Es gab sogar ein paar amerikanische Sender – na ja, bei dem Preis, den die hier pro Nacht aufriefen, war das ja wohl auch das Mindeste –, doch April konnte sich auf nichts konzentrieren. Weder auf die Tierdoku noch auf irgendeine belanglose Soap, die sie daheim längst als nicht sehenswürdig befunden hatte.
In ihr loderte so glühend die Wut, dass sie in dieser Nacht keinen Schlaf finden konnte, für keine einzige, verdammte Sekunde. Und da war sie hierhergekommen, um endlich mal länger als drei Stunden am Stück zu schlafen.
Perfekt!
Und wer war daran schuld?
Greg – das Arschloch – McCarthy.
Wer auch sonst?