87. Kapitel
Greg
»Zwei Bier!«
Die beiden Männer setzten sich an ihren Stammplatz direkt am Tresen und Greg fühlte sich für einen kurzen Moment, als wären die vielen Monate, in denen er ohne Bar und vor allem ohne Terence hatte auskommen müssen, nie existent gewesen. Als wären sie innerhalb der vergangenen Minuten einfach gekillt worden.
Dann betrachtete er seinen Freund und wusste, dass sich die Zeit nun mal nicht ausradieren ließ. Ihm war klar, wie er selbst aussah – konnte er sein müdes, abgezehrtes Gesicht doch allmorgendlich im Spiegel bewundern. Und auch an Terence waren die vergangenen Wochen nicht spurlos vorbeigegangen. Er wirkte um Jahre gealtert; das noch bis vor Kurzem absolut faltenfreie Gesicht wies nun an der Stirn ein paar tiefe Runzeln auf. Auch der Anzug, den sein Freund sonst so gut wie nie in seiner Freizeit trug, verstärkte möglicherweise diesen Eindruck noch. Oder aber die Tatsache, dass nicht das geringste Lächeln in seinem Gesicht zu finden war. Und das bei einem Menschen, der Greg in der Vergangenheit mit seinem ewigen Gegrinse so manches Mal gehörig auf den Geist gegangen war. Terence war normalerweise der Mann mit dem Sonnengemüt, derjenige, der immer irgendetwas Positives an einer Situation fand. Selbst dann noch, wenn Greg sie schon längst als absolut negativ eingestuft hatte.
Nun ja, wenn man bedachte, wer genau über ihn gekommen war, oder wohl eher unter ihn, dann war die verheerende Veränderung nicht ganz so verwunderlich. Terence tat ihm leid, doch er hatte selbst genügend Probleme zu wälzen, als dass er sich auch noch mit den Kindereien der beiden auseinandersetzen konnte.
Als das Bier vor ihnen stand, prosteten sich die Männer schweigend zu und nahmen einen tiefen Schluck. Keiner machte Anstalten, irgendwas zu sagen. Schon die Verabredung war ungewohnt schweigsam vonstattengegangen.
Als Greg aus Hunters Kanzlei gekommen war, hatte er Terence eine kurze Textnachricht geschickt:
In einer halben Stunde, Bar?
Die Antwort war keine drei Minuten später eingetroffen.
Geht klar!
Nun beobachteten beide angestrengt den Barkeeper, der mit seinen Gläsern und Flaschen herumhantierte. Die Gedanken wirbelten diesmal nicht in Greg’s Kopf, sondern standen still. Geistige Schockstarre – so nannte er diesen Zustand.
Angesichts dessen, was mit dem heutigen Tag hinter ihm lag und ihm in naher Zukunft noch bevorstand, hatte sein Gehirn beschlossen, sich eine vorübergehende, umfassende Auszeit zu gönnen. Er wollte nicht denken, taktieren, planen oder grübeln. All das würde
zuverlässig und mit aller Macht am nächsten Morgen einsetzen, doch dieser Abend – und wenn es nach ihm ging, die kommende Nacht – gehörten ihm, seinem Bier und Terence.
Abgesehen von April hatte sich auch tatsächlich alles aus seinem Kopf verflüchtigt, was ihn mental in Beschlag nehmen konnte. Dafür war sie umso offensiver am Werk. Egal ob er die Augen schloss oder angespannt offenhielt. Immer sah er dieses Gesicht vor sich, das auf seine kaum geschminkte, leicht mitgenommene, so bleiche Art noch viel einprägsamer gewesen war, als wäre sie wie das blühende Leben in den Konferenzraum gerauscht. Dabei hatte sie sich durchaus Mühe gegeben, frisch, locker, lässig und provozierend wie üblich aufzutreten. Ein cleverer Anwalt – also nicht ihrer – hätte ihr geraten, sich ihren Gegnern in dezenter, aber durchaus exquisiter Kleidung zu präsentieren. April hatte ihr übliches Outfit gewählt und jedem der Anwesenden damit demonstriert, dass sie noch immer sie selbst war, dass niemand sie gebrochen hatte und dass sie aktiv für ihre Rechte eintreten würde. So, wie sie es immer gehalten hatte. Ohne sich darauf zu verlassen, dass andere dies für sie übernahmen, obwohl sie mit dieser Haltung häufig ins Hintertreffen geriet. Sie hatte sich einen vergleichsweise unbekannten und garantiert nicht kostspieligen Anwalt genommen, anstatt einen Rechtsverdreher aus der Upperclass zu engagieren, der die Stunde womöglich doppelt so teuer wie Hunter gewesen wäre – weil der ihnen mittlerweile Freundschaftspreise machte. Womit sie zum zweiten Mal die Regeln gebrochen hatte. Für Greg war es die ultimative Demonstration gewesen, dass sie nicht vorhatte, ihn auf Teufel komm raus auszunehmen, auch wenn dieser Graham vor lauter Gier und angesichts der Möglichkeiten fast gesabbert hatte.
April war eben April. Eine Person, die sich nicht kaufen ließ, unbestechlich in ihrem Wesen und trotzig an ihrem Glauben festhaltend, dass das Gute auf Erden noch lange nicht ausgestorben war. Wie sollte er Bill, der in seinem ganzen Leben noch keinen einzigen aufrichtigen Menschen getroffen hatte, den Charakter und die Denkweise dieser außergewöhnlichen Frau begreiflich machen?
Bill …
Greg nahm einen neuen Schluck von seinem Bier und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
Oh ja, Bill …
Es hatte lange gedauert – viel zu lange, wenn man es genau bedachte – aber inzwischen war Greg so zornig auf seinen Cousin, dass er ihm besser für die nächsten Wochen aus dem Weg ging. Noch musste er sich nämlich bedeckt halten, und wenn dieser Typ noch ein einziges Mal eine seiner Beleidigungen gegen April in die Atmosphäre entließ, dann würde Greg die Nerven verlieren. Seitdem er sie heute gesehen und dabei wieder einmal hautnah demonstriert bekommen hatte, wie anders sie war, als Bill es in seiner blumigen, vulgären Art immer umschrieb, hatte sich auch dieser spezielle Kreis geschlossen.
Keine Zugeständnisse mehr.
Greg verstand nicht, weshalb er so lange gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatte. Nun ja, er war nicht geradeheraus, er war nicht offen, und er war auch nicht von der Aufrichtigkeit seiner Mitmenschen überzeugt, sondern ein berechnender Bastard. Also, was wunderte er sich?
Als sein Handy summte, war er für einen langen Moment versucht, es einfach zu
ignorieren. Ein Blick auf das Display hätte ihn auch fast davon überzeugt – wenn man vom Teufel sprach –, doch dann rief er sich in Erinnerung, dass die Zeit, in der er ein Weichei war, endgültig der Vergangenheit angehörte und er meldete sich.
»Bill?«
Sein Cousin klang überhaupt nicht gut aufgelegt. »Wo bist du, verdammte Scheiße? Du solltest mit dem 16-Uhr-Flug kommen. Ich stehe hier an dem abgefuckten Airport, warte darauf, dass der Jet landet und erfahre gerade, dass der sich gar nicht in der Luft befindet.«
»Seit wann bist du meine Eskorte?«
»Wir wollen gleich zum Meeting weiterfahren, schon vergessen?«, knurrte er. »Wo BIST DU?«
»Nicht bei dir«, teilte Greg ihm grinsend mit, räusperte sich dann aber und fuhr etwas ernster fort. »Ich habe es mir anders überlegt. Die Sitzung fand erst heute statt, Hunter musste kurzfristig umdisponieren. Ich habe noch bis zum Ende der Woche in der Stadt zu tun, dann komme ich nach London. So lange werdet ihr euch gedulden müssen.«
»Negativ!«, knurrte Bill. »Du wirst sofort losfliegen!«
Greg lächelte. »Ich befinde mich mitten in einer Scheidung, die verdammt kostspielig werden wird. Und ich werde dann kommen, wenn ich hier alles Relevante geklärt und dafür gesorgt habe, dass ich danach nicht restlos pleite bin.«
»Das kannst du vergessen. Die kleine Schlampe bek…«
»Bye Bill, und grüß deinen Daddy von mir, er wird sich schon wieder beruhigen.«
Damit legte Greg auf, wobei der Zorn ihm die Kehle zuschnürte. Kalter Schweiß brach ihm auf der Stirn aus und er leerte sein Glas in einem Zug, wobei er bei dem Barkeeper bereits mit dem Finger Nachschub bestellte.
»Du wirst Ärger kriegen, schätze ich?«
Verdutzt sah Greg neben sich, entdeckte Terence, und erst jetzt fiel ihm ein, dass sein Freund ja auch noch anwesend war.
»Möglich«, erwiderte er kurz. »Interessiert mich aber nur am Rande.«
Die beiden Männer nahmen dankend ihre neuen Gläser entgegen und Greg registrierte ermattet, dass das Schweigegelübde wohl gerade rettungslos verloren gegangen war, denn Terence ergriff abermals das Wort. »So? Bisher hatte ich nicht den Eindruck, als würdest du auch nur irgendwas tun, was Onkel William nicht in den Kram passt.«
»Die Zeiten ändern sich«, sagte Greg, und im Grunde nur, um von diesem brisanten Thema abzulenken: »Wie ich hörte, steht es bei dir und Helen
…« Ihren Namen betonte er sehr deutlich. »… auch nicht sonderlich rosig.«
»Themenwechsel!«, knurrte Terence und nahm einen großen Schluck von seinem Bier.
Greg lachte und klopfte ihm auf die Schulter. »Lass alles raus, Kumpel, das entschlackt und entspannt unheimlich. Versuchs mal!«
»Nein!«, wurde er ruppig abserviert und es legte sich wieder Schweigen über die Männer, womit Greg sein Ziel erreicht hatte. Er trank sein Bier, bestellte dann und wann Nachschub, ohne den Plan, demnächst damit aufzuhören, und versuchte, einfach nichts zu denken. Schon gar nicht an Aprils Lippen, an ihre Haut und ihre verdammten Brüste, die sie heute wieder gegen ihn gepresst hatte – BH ohne Polster, was ja klar war … Nein, er dachte
einfach nicht daran, denn das hätte ihm in Erinnerung gerufen, dass sie in der Stadt, nur wenige Kilometer von ihm entfernt, in ihrem Bett lag und vielleicht auf ihn wartete.
Verdammt
!
»Sie ist eine Schlampe!«, knurrte Terence unvermittelt neben ihm los.
Greg zuckte zusammen und blinzelte, bevor auch er knurrte. »Das nimmst du zurück, ansonsten polier ich dir die Fresse, und wir wissen beide, dass du gegen mich chancenlos bist. Warum meint jeder, meine Frau …«
»Die doch nicht«, unterbrach Terence ihn mürrisch. »Obwohl ich zu der auch meine eigene Meinung hab. Nichts für ungut, aber wer schon fremdfickt …«
»Hat sie nicht!«, sagte Greg schneidend, doch sein Zorn war längst wieder verraucht. Kinder und Betrunkene durfte man nun mal nicht schlagen, außerdem hatte er ein paar verbale Waffen im Ärmel, die höchstwahrscheinlich ebenso zielsicher trafen, wie ein Faustschlag in die Leber.
»Wie, sie hat sich von dem Kerl nicht die Zunge in den Hals stecken lassen?«
»Woher …« Bevor er weitersprechen konnte, fiel Greg ein, dass er sich eines Abends in Den Haag in der Hotelbar vollaufen lassen, in seinem Rausch Terence angerufen und ihm sein Leid geklagt hatte. »Das war anders«, sagte er nun unwirsch. »Würde zu weit führen, dir das jetzt auseinanderzunehmen. Außerdem waren wir bei Helen. Lenk nicht immer ab!«
Terence musterte ihn zweifelnd, schüttelte den Kopf und nahm einen neuen großen Schluck Bier. Dann wischte er sich in identischer Geste wie Greg kurz zuvor über den Mund und sah ihn an. »Sie ist eine Schlampe!«, äußerte er in einem Das-ist-nun-mal-Fakt-Ton. »Eine dreckige, kleine, verhurte Schlampe, die sich von mir anbumsen lassen hat, als sie merkte, dass ich sie nicht heiraten will.« Er lachte glucksend auf und schüttelte wieder den Kopf. »Als würde ich so was heiraten. Das Miststück! Sie sind gut, um mal einen wegzustecken, das muss man ihnen ja neidlos zugestehen. Bei solchen Frauen kann man für den Moment vergessen, das kriegt keine anständige hin, weil sie es einfach nicht draufhaben. Hast du mit Keira jemals so heißen Sex wie mit April gehabt? Ach so, mit Keira hattest du vorsichtshalber ja erst gar nicht gefickt. Und ich wette, du wusstest warum. Diese Mädchen aus der Unterschicht sind irgendwie … anders, frivoler, nicht so zimperlich. Tja, bis sie dann beschließen, dich abzuzocken, dann sind sie auch nicht zimperlich, sondern kommen gleich mit der ganz großen Kelle. Ist ja nicht so, dass ihnen ein paar Tausender reichen würden, nein, die wollen gleich Haus und Kind und Ehe …« Er lachte auf. »Oh ja, eine gottverdammte Ehe, damit sie sich bei der Scheidung endgültig gesundstoßen können. Schätze, du weißt, wovon ich rede.«
Greg war mit jedem Wort ein wenig nüchterner geworden, obwohl das Bier zwischenzeitlich seinen Schädel ziemlich umwölkt hatte. »Was ist passiert?«, erkundigte er sich, als Terence einen Schluck von seinem Bier nahm. »Ich dachte, sie wäre es? Die Frau, nach der du nie gesucht hast? Die eine …«
»Hab ich nie gesagt!«, wurde er von Terence angefaucht.
»Nicht mit diesen Worten, aber …«
»Auch nicht anders!« Terence rutschte näher und sah Greg ernst an. »Das. Habe. Ich. Nie. Gesagt!«
»Aber gedacht.«
»Nein.«
»Aber heimlich
gedacht«, beharrte Greg. »Alter, du warst wie ausgewechselt. Hast mir ständig vorgehalten, dass ich mich nicht entscheiden könne, und dass April mir weglaufen würde, und wie heiß das doch mit der Emanze …« Als er Terences sturen Blick sah, seufzte er. »Also war das neulich nicht nur ein St
reit?«
»Nope!«, sagte Terence und nahm einen Schluck von seinem Bier. »Das war ernst.«
»Und jetzt ist es vorbei?«
»Japp!« Wie schon zuvor ließ er das ›P‹ ploppen. »Ich hab ihr gesagt, was sie zu tun und zu lassen hat, sie hat auf mich verzichtet, ich hab ihr einen Tritt in den Arsch verpasst und ihr gesagt, dass ich mir eine andere Nutte suche.«
»Aha …« Ohne seinen Freund aus den Augen zu lassen nahm Greg einen neuen Schluck von seinem Bier. Irgendwie bezweifelte er, dass Terence ihr in den Arsch getreten hatte. Helen mochte eine widerliche Emanze sein, die an dem Vortrag dieses Graham heute einen erheblichen Anteil gehabt hatte. Aber dass diese Frau sich von irgendeinem Mann ungestraft abservieren ließ, konnte er nicht glauben.
»Und jetzt?«
»Jetzt hat sie mir die Rache geschickt«, murmelte Terence, fingerte in seiner Hose nach seinem Handy, und nachdem er gefühlte fünf Ewigkeiten mit einem nicht mehr ganz sicheren Finger gescrollt hatte, hielt er Greg ein Bild unter die Nase.
Dieser musste nur einen kurzen Blick riskieren, um zu wissen, worum es ging. Den Anblick hatte er aufgrund eines Schockmoments in seinem eigenen Leben für immer verinnerlicht.
»Verstehe ich nicht«, sagte er dumpf.
Terence verzog das Gesicht. »Was gibt es daran nicht zu verstehen? Sie hat sich absichtlich anbumsen lassen und mir heute das Bild geschickt!«
»Aber ich denke, du hast sie abserviert?«
»Ja, vorher habe ich sie noch flachgelegt, meinst du, ich bin irre? Ein Fick umsonst, den lass ich mir garantiert nicht entgehen.«
»Wow, Terence …« Greg stellte das Glas ab und musterte seinen Freund. »Was ist los mit dir? Irgendwie machst du mir gerade Angst. Wo ist mein allseits geliebter Terence, der Menschenfreund und Frauenversteher geblieben?«
»Der ist tot«, knurrte Terence. Und nach einer Weile: »Sie hat sich das Kind absichtlich machen lassen! Das war reine Berechnung. Bei unserem letzten Mal hat sie es drauf angelegt.«
»Sie hat dich also absichtlich heiß gemacht, obwohl du sie abservieren wolltest?«
Terence runzelte die Stirn und schwang unwirsch eine Hand. »Die Braut macht dich immer
heiß! Verdammt wenn sie nichts kann, das auf jeden Fall. Wenn sie vor dir steht, mit diesen Haaren – hast du schon mal ihr Haar angefasst …?«
»Verschon mich!«, knurrte Greg, doch Terence schien ihn überhaupt nicht zu hören.
»Das ist … das ist so seidig, so … keine Ahnung, was für Zeug sie nimmt, aber so was habe ich noch nie berührt. Und diese Lippen, an denen kann kein vernünftiger Mann vorbeigehen. Sie schminkt sie auch immer noch so tiefrot …«
»Also hatte sie sich extra aufgedonnert, um dir den Todesstoß zu verpassen und sich noch anbumsen zu lassen? Ja, das sieht ihr …«
»Nein!«, sagte Terence. »Hatte sie nicht, sie hat schließlich den Babysitter für deine Tochter gegeben, weil ihr euch durch Europa vögeln musstet.«
Greg stöhnte, nahm einen Schluck von seinem Bier und stützte seinen Kopf in eine aufgestellte Hand, während Terence sich für die nächsten Minuten in Schwärmereien über Helen erging. Die Lippen waren ja der Wahnsinn, die Titten auch, und diese verdammten Beine – keine Frau hätte so lange Beine wie Helen. Diese Wespentaille – sie aß ja auch so
wenig, dass er sich schon immer gefragt hatte, wie sie damit überleben konnte. Ob er sich schon mal ihre Figur genauer angesehen hatte? Greg war nicht sicher, was Terence getan hätte, wäre das von ihm bejaht worden, denn in den folgenden Minuten stellte sich auch heraus, wie eifersüchtig er war.
»… irgendein Wichser seinen Schwanz in meine
Muschi steckt, bringe ich das Schwein um!«, knurrte Terence gerade. »Sie dieselt sich immer ein mit diesem Parfum, keine Ahnung, wie das heißt, ich nenne es nur den Schwanzversteifer.«
Es wurde Greg bei Weitem zu intim, er wusste bereits jetzt genug über diese Pseudo-Beziehung, um reichlich Material für ein Leben mit den widerlichsten Albträumen zu haben. Doch endlich redete Terence, und das war ja auch nicht zu verachten.
»Okay, anscheinend hast du einen Narren an ihr gefressen. Schon mal an die Möglichkeit gedacht, dass sie wirklich auch nur mit dir zusammen sein will?«
Terence sah ihn aus trüben Augen an, wobei er sich offenbar fragte, ob sein Kumpel noch ganz dicht war. Dann seufzte er und winkte ab. »Erstens hatte
ich einen Narren an ihr gefressen – geb ich ehrlich zu, auch wenns wehtut.« Er schwang verächtlich eine Hand. »Kommt ja in den besten Familien mal vor, oder? Zweitens: Ja, ich dachte auch, dass es bei ihr ähnlich liegt, lief ja auch alles wunderprächtig. Bis sie auf diese abgefuckte Idee mit der Hochzeit und so kam, das hat mir irgendwie die Augen geöffnet. Außerdem ist sie jetzt ja schwanger, und damit hat sich das Ganze sowieso erledigt.«
»Was hast du vor?«
»Was wohl? Ich werde erst mal abklären lassen, ob ich wirklich für das Drecksbalg …«
Greg hatte ihn schneller am Kragen, als er selbst darüber nachdenken konnte, und es ging ihm ganz bestimmt nicht um Helen, die Frau war ihm egal. Terence nicht.
»Jetzt reiß dich zusammen!«, knurrte er seinem Freund ins Gesicht. Erst als dieser genickt hatte, ließ er ihn wieder auf den Barhocker sinken und demonstrierte dem argwöhnischen Barkeeper seine offenen Handflächen. »Du vergisst dich, Mann!«, knurrte er weiter und orderte noch zwei Bier. »Vor ein paar Monaten hast du mir unentwegt die Ohren vollgesäuselt. Helen hier, Helen da, Helen seitwärts, Helen vorne. Es war unerträglich widerlich. Okay, nun ist es nicht mehr so, soll vorkommen, aber deshalb ist das noch lange kein Grund, dich derart über sie auszulassen. Das ist einfach … das ist … Scheiße!«
Terence musterte ihn lange mit seinen vom Bier getrübten Augen und sackte dann vor Greg förmlich zusammen. »Ich weiß«, knurrte er. »Können wir dieses Thema lassen? Das macht mich aggressiv!«
Nichts, was Greg lieber tat. Und so saßen die beiden für die nächsten Stunden mehr oder weniger schweigend nebeneinander und gaben sich die Kante.
Keiner der zwei Männer hatte auch nur einen Blick für die sexy Frauen übrig, die sehr zahlreich in der Bar vertreten waren und gegen einen unverbindlichen Flirt garantiert nichts einzuwenden gehabt hätten. Sie hatten bereits genügend Probleme, außerdem waren sie unabhängig voneinander davon überzeugt, dass diese immer
auf Frauen basierten.
Also die Probleme.