E ine Stunde nachdem Kirow die Lubjanka verlassen hatte, war er wieder im Büro in der Pitnikow-Straße.
Pekkala teilte ihm mit, ein Wagen sei schon unterwegs, um sie zu einem Militärflugplatz am Rand von Moskau zu bringen. Bislang wusste keiner der beiden genau, wie sie nach Berlin kommen würden.
Düster ließ sich Kirow im Sessel am Ofen nieder. Baumwolle quoll aus der schäbigen Polsterung. Kirow selbst sah kaum besser aus als der Sessel. Er hatte seine Uniform bereits gegen die ihm ausgehändigte ungarische Kleidung getauscht und wirkte ungemein schäbig und verwahrlost.
»Sie sehen so schlecht nicht aus«, versuchte Pekkala ihn aufzumuntern.
»Sie haben leicht reden«, grummelte Kirow. »Sie können Ihre eigenen Sachen tragen.«
»Weil ich über eine gewisse universelle Qualität verfüge«, verkündete Pekkala.
»Er hat Sie als Barbaren bezeichnet.«
»Es gibt Schlimmeres.«
Da er in diesem Gespräch nie die Oberhand behalten würde, wandte Kirow sich der Pistole zu, die er von Lassarew erhalten hatte. »Ich kapier es einfach nicht«, sagte er. »Sonst muss man dort immer für alles unterschreiben. Und man hat eine Menge Scherereien, wenn man nicht das letzte Fitzelchen wieder zurückbringt. Warum plötzlich dieser Sinneswandel?«
»Warum soll man für eine Waffe unterschreiben, die man nie zurückbringen wird?«, entgegnete Pekkala.
»Aber natürlich werde ich sie zurückbringen«, widersprach Kirow.
»Nicht, wenn wir es nicht zurückschaffen.«
Kirow starrte ihn verwundert an. »Wollen Sie damit sagen, die gehen davon aus, dass wir nicht überleben werden?«
»Sieht für mich ganz danach aus.«
Kirow erhob sich, als hätte er vor, augenblicklich zur NKWD Zentrale zu marschieren, um eine Erklärung einzufordern. Als ihm allerdings die Nutzlosigkeit dieses Tuns bewusst wurde, ließ er sich wieder in den Sessel fallen.
In diesem Moment hörten sie das Quietschen von Bremsen.
Pekkala trat ans Fenster und sah zur Straße hinunter. »Zeit zum Aufbruch«, sagte er.