E in Sherman-Panzer der 44 . US -Infanteriedivision schob sich langsam über die schlammige Straße nördlich von Reutte in den Tiroler Alpen.

Der Panzer trug den Namen Glory B, der ihm von seinem Kommandanten, dem zweiundzwanzigjährigen Lieutenant Silas Hood aus Jamestown, Rhode Island, verliehen worden war.

Hood hatte den Befehl, die Straßen nördlich von Reutte zu patrouillieren. Er hatte zwar Infanterieunterstützung angefordert, die allerdings nicht verfügbar war. So war der Panzer allein auf den Waldwegen unterwegs.

Der deutsche Widerstand in der Gegend war zusammengebrochen, allerdings kam es immer wieder zu Verlusten durch Minen, die oft schon Monate zuvor im Boden vergraben worden waren.

Hood, der im Turm stand, suchte den vor ihm liegenden Weg mit seinem Fernglas auf verräterische Spuren ab, die auf versteckte Minen hinweisen könnten. Die Deutschen setzten diverse Minen ein. Die erste war die sogenannte Schützenmine, eine Antipersonenmine von der Größe einer Kaffeedose, die schon ausgelöst wurde, wenn man auf sie trat. Die zweite war eine Glasmine ohne Metallanteil, die mit Metalldetektoren nicht mehr geortet werden konnte. Wenn sie explodierte, fügten die Glasscherben den Umstehenden schreckliche Verletzungen zu, für eine Panzerbesatzung bestand aber keinerlei Gefahr. Die dritte war die Tellermine. Sie bestand aus einer großen Scheibe, die etwa so dick war wie eine gespreizte Männerhand und eine Ladung von einem Kilogramm Ammoniumdynamit enthielt. Sie konnte einem Sherman die Kette wegsprengen und das Laufwerk beschädigen, sodass das Fahrzeug bewegungsunfähig war. Im schlimmsten Fall wurde sogar die Bodenwanne durchschlagen, wodurch die Besatzung durch querschlagende Metallsplitter in Stücke gerissen wurde.

»Langsam«, befahl Hood dem Fahrer. Er visierte mit dem Fernglas den Weg etwa zwanzig Meter vor dem Panzer an. »Langsam«, wiederholte er. Es hatte zu nieseln begonnen. Hood zog sein Taschentuch heraus und wischte die Linsen trocken.

Abrupt hielt der Panzer an.

»So langsam nun auch wieder nicht«, blaffte Hood.

»Lieutenant«, kam es vom Fahrer unten, Elmer Hoyt. »Da steht ein Typ auf dem Weg.«

Hood legte erneut das Fernglas an. Plötzlich hatte er einen deutschen Offizier im Blickfeld. Einen großen, älteren Mann in einem langen graugrünlichen Mantel mit roten Ärmelaufschlägen und einer Schirmmütze mit goldenen Tressen. In einer Hand hielt er einen weißen Kopfkissenbezug, in der anderen eine lederbezogene Dokumentenrolle von der Länge und Dicke seines Arms. Er wirkte müde, als hätte er lange gewartet, bis endlich jemand vorbeikam. Aber er schien keine Angst zu haben.

»Ach, du Scheiße«, entfuhr es Hood. »Das ist, glaube ich, ein General.«

»Was zum Teufel macht er da?«, fragte Hoyt.

»Wahrscheinlich will er sich ergeben.« Hood winkte dem Mann zu, damit er näher kam.

Der General ging ohne sonderliche Eile dem Panzer entgegnen, hielt dabei die Arme von sich gestreckt, während das weiße Kissen schlaff in der feuchten Luft herabhing. Einige Schritte vor dem Stahlungetüm blieb er stehen. »Ich bin General Hagemann«, sagte er. »Und ich und meine Männer wollen uns ergeben.«

Hoyt unten im Fahrersitz lachte. »Sieht so aus, als wären seine Männer anderer Meinung gewesen.«

»Was haben Sie da dabei?«, fragte Hood und zeigte auf die Lederrolle. »Ist das eine Waffe?«

»Dokumente«, antwortete Hagemann. »Die für Ihre Vorgesetzten von Interesse sein dürften.«

»Und was ist mit den Männern, die angeblich zu Ihnen gehören?«

»Mit Ihrer Erlaubnis«, sagte Hagemann. Dann drehte er sich um und nickte in Richtung Wald. »Kommt raus.«

In den Wald kam Bewegung, fast so, als wollten sich die Bäume auf und davon machen. Aber dann tauchten Hagemanns Spezialisten aus den Schatten auf. Einer nach dem anderen kam mit erhobenen Händen heraus, bis etwa fünfzig von ihnen auf dem Weg versammelt waren.

Verblüfft sah sich Hood das alles an. Ihm entging auch nicht, wie anders dieser Tag für ihn hätte verlaufen können, wenn diese Männer zum Kampf entschlossen gewesen wären. »Umkehren«, befahl er seinem Fahrer.

Und so langsam wie zuvor ratterte Glory B nach Reutte zurück, gefolgt von General Hagemann und seinen erschöpften Männern, die hinter ihm hertrotteten.