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07:40 Uhr — Haus der Eltern des Babys

Maartje Verbeek saß auf dem Sofa. Sie rieb sich die rot geweinten Augen mit einem zerknüllten Papiertaschentuch und weinte lautlos. Ab und zu ein kleiner Schluchzer. Ihre Lippen zitterten. Auf der Wange hatte sie einen horizontalen Streifen getrockneten Schnodder, über den die Tränen liefen. Auf dem Salontisch vor ihr stand ein Duralex-Glas mit Tee. Daneben lag ein Keks in einem Schälchen. Beides hatte sie nicht angerührt.

Johan Verbeek saß neben ihr und legte ihr ab und zu hilflos den Arm um die Schultern. Währenddessen lauschte er einem Telefonat, das ein Polizist gerade führte.

»Okay, ja, das hab ich schon gesagt. Aber muss ich hier sonst noch irgendwas machen? … Wann? … Das werde ich sagen … Ja … Ich ruf an, sobald er hier ist … Ja, bis gleich.« Der Beamte legte auf. »Herr Verbeek, ich habe soeben die Bestätigung bekommen, dass das Geld morgen früh um neun Uhr da ist, mitsamt Albert-Heijn-Tüte. Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Sie müssen nur noch ein Formular unterzeichnen. Außerdem kommen gleich zwei Mitarbeiter von der Kriminaltechnik und ein Psychologe, für die ersten Vorbereitungen auf morgen. Passt Ihnen das so?«

Verbeek nickte. »Vielleicht muss der Hausarzt doch noch mal nach meiner Frau schauen.« Er blickte neben sich, legte wieder seinen Arm um seine Frau und versicherte ihr leise, dass alles wieder gut werden würde. Sie nickte mechanisch.

»Ich werd den Arzt mal anrufen«, sagte der Polizist und beauftragte seine Kollegin im Flüsterton, dass sie den Arzt anrufen sollte. Er gab ihr die Nummer.

»Hat der andere Mann schon in der Schule angerufen?«, fragte Maartje Verbeek auf einmal.

»Nein, leider noch nicht. Aber wir haben es im Blick; sobald jemand anruft, benachrichtigen wir Sie. Die Kollegen sitzen dort permanent neben dem Telefon.«

»Nur beim ersten Mal nicht«, sagte Maartje langsam. Es klang nicht mal wie ein Vorwurf, eher wie eine traurige Feststellung.

Dem Polizisten fiel daraufhin nichts Besseres ein, als zustimmend zu nicken.

Die Minuten krochen dahin. Jede Viertelstunde schlug eine Uhr bei den Nachbarn. Ein paar Mal fragte einer der Polizisten, ob der Herr oder die Dame Kaffee oder Tee wollte. Das wollten sie nicht. Nach einer Stunde kamen die Männer vom Technischen Dienst. Sie suchten die Jacke aus, die Johan Verbeek anziehen sollte, wenn er das Geld übergab. Sie trennten vorsichtig eine Naht im Futter auf, versteckten ein Mikrofon und einen Peilsender darin und nähten das Futter wieder fein säuberlich zu.

»Aber dieser Mann hat gesagt: keine Mikrofone oder Peilsender«, wandte der Vater ohne große Überzeugung ein.

»Nicht in die Tasche mit dem Geld«, sagte der Techniker, der die Leitung zu haben schien. »Die wird der Täter höchstwahrscheinlich kontrollieren, deswegen werden wir die Tasche nicht präparieren, denn wir wollen natürlich kein Risiko eingehen. Aber eine Leibesvisitation wird dieser Mann bei Ihnen nicht vornehmen, er hat es schließlich eilig, also bekommen Sie ein Mikrofon und einen Peilsender ins Futter dieser Jacke. Sie brauchen gar nichts zu tun, außer Ihre Jacke anzubehalten natürlich, aber das ist ja ziemlich logisch.«

»Sieht man auch nichts davon?«

»Nein, da ist nichts zu sehen.«