06:30 Uhr — Wils Wohnung
Um halb sieben klingelte der Wecker, aber da war Wil schon wach. Er hatte vor lauter Nervosität kaum geschlafen. Er stieg aus dem Bett, so leise er konnte, um seine Frau nicht zu wecken.
»Herr im Himmel, was du dich gestern Nacht im Bett rumgewälzt hast«, erklang es heiser neben ihm.
»Ich bin nicht der Herr im Himmel.«
»Ach, hau doch ab.«
Um zehn vor sieben ging er aus dem Haus. Er hatte keinen Bissen heruntergebracht. Nur eine Tasse Tee getrunken. Er bekam kaum den Autoschlüssel ins Schloss, so stark zitterten seine Hände.
Um Punkt halb acht stellte er sein Auto ab, und eine Minute später betrat er die Kantine der Stadtreinigung. Um nicht zu früh in die Arbeit zu kommen, war er eine halbe Stunde lang ziellos durch die Gegend gefahren.
Es saßen schon ungefähr zehn Kollegen an den Tischen, aber gegrüßt wurde so früh am Morgen noch nicht. Er holte sich einen Kaffee aus dem Automaten und suchte Schepper. Er fand ihn in seiner üblichen Ecke, über De Telegraaf gebeugt. Wil brummte irgendetwas Unverständliches. Schepper brummte zum Spaß genauso lang irgendetwas Unverständliches zurück. Das machte er jeden Morgen.
Wenig später stand Wil auf. »Komm, wir gehen.«
Schepper musterte ihn überrascht. »Bist du krank oder was?«
»Wieso?«
»In den zehn Jahren, die ich dich kenne, bist du noch nie als Erster losgegangen.«
Wil fiel auf, dass er sich tatsächlich anders verhielt als sonst. Er war schrecklich nervös.
Punkt Viertel vor acht kam der Chef ins Zimmer.
»Moorn, die Herren. Können eigentlich anfangen. Schönen Arbeitstag.«
Wil stand langsam auf. Er versuchte, die Dinge betont genau so zu tun, wie er sie sonst auch tat.
»Stimmt was nicht, Staaf?«, kam es von Schepper.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragte Wil in einem Ton, als hätte er sich auf eine Heftzwecke gesetzt.
»Was jetzt schon wieder ist? Du hast deinen Kaffee nicht ausgetrunken, und du nörgelst nicht.«
»Ich hab halt Schädelweh.«
»Na, dann leg doch einfach einen Krankheitstag ein, würde ich sagen. Du bist dieses Jahr erst sechs Mal krank gewesen.«
»Ach, halt doch die Klappe.«
»Ah, so erkenn ich dich wieder.«
Wil nahm die Schlüssel von Abfallwagen Nummer 23 vom Brett und ging zur Garage. Schepper ging grinsend hinter ihm her. »Du gehst auch schneller als sonst.«
Wil brummte etwas und wurde langsamer. Verdammt, jetzt aber mal mit der Ruhe. Immer mit der Ruhe … fluchte er innerlich.
Kurz darauf stiegen sie in ihren Wagen. Motor anlassen, Heizung anmachen, Radio einschalten. Langsam lenkte Wil den Wagen die Straße rauf, zum ersten Abfalleimer, den sie leeren mussten.
Es war der siebenundzwanzigste Mülleimer, hatte er ausgerechnet.