09:51 Uhr — Kehrwagen
Wil fluchte aus tiefstem Herzen und begann, eine Reihe von Verwünschungen auf den Vollidioten loszulassen, der direkt vor ihm gebremst hatte, was ihn wiederum zu einer Notbremsung gezwungen hatte. Mitten im Fluchen verstummte er abrupt, als er nämlich seinen Bruder Harry aus dem Auto vor sich steigen sah.
»Verdammt, was willst du denn hier?«
Rinus saß ein bisschen verblüfft neben ihm auf dem Beifahrersitz. Er war mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geknallt und fühlte gerade nach, ob die Stelle blutete. Dann schaute er zur Seite und fragte Wil: »Kennst du den Vollidioten?«
»Das ist mein Bruder.«
»Tollen Bruder hast du da.«
Harry stand mittlerweile auf der Straße und gab wild gestikulierend zu verstehen, dass Wil aussteigen und zu ihm kommen sollte. Wil stieg aus, und Rinus wollte ihm schon folgen, wurde jedoch von Harry wieder in den Wagen zurückgeschoben.
»Ich muss ihn kurz allein sprechen. Nicht dich.«
Verdattert setzte sich Rinus wieder auf den Beifahrersitz. Harry zog Wil mit sich, bis sie außer Hörweite waren.
»Was ist denn los, Mann? Du versaust uns doch alles.«
»Das Baby ist wieder da.«
»Hä?«
»Das entführte Baby ist wieder da. Wo ist das Lösegeld?«
»Das muss ich noch abholen. Hier um die Ecke, am Ende der Straße.«
»Tja, das lässt du jetzt schön bleiben. Sie warten nämlich alle auf dich.«
Langsam drang es zu Wil durch, dass er nur eine Minute daran vorbeigeschrammt war, den größten Betrag seines Lebens zu sehen. Er konnte die Fünfziger fast schon zwischen seinen Fingern knistern hören. Geld für Bier, für einen neuen Fernseher, ein neues Auto und eine Saisonkarte für den Fußballclub Alkmaar. Aber jetzt musste er hier rechts abbiegen statt links und damit seine hunderttausend Euro in einem Abfalleimer liegen lassen. Die Tränen schossen ihm in die Augen.
Auch Harry kam es hart an. Der sah seinen brandneuen Wohnwagen dahingehen.
Wil stiefelte zurück zu seinem Fahrersitz, riss beinahe die Tür aus den Angeln, ließ den Motor an und drückte das Gaspedal durch. An der nächsten Ecke bog er rechts ab. Links von ihm sah er in der Ferne den Abfalleimer, in dem seine Träume lagen. Er meinte sogar, ein Stück von einer Supermarkttasche herausschauen zu sehen.
»Hej, Staaf, du fährst verkehrt.«
»Nein, wir leeren jetzt weiter aus, und du hältst deinen Schnabel.«
Rinus schaute ihn erschrocken von der Seite an und hatte zur Abwechslung keine Antwort parat.